John Boyne - Das Vermächtnis der Montignacs

  • Kurzbeschreibung
    Erscheinungstermin: 12. Februar 2013
    London, 1936. Owen Montignac, der attraktive, charismatische Spross aus gutem Haus, erwartet bang die Testamentsverlesung seines unlängst verstorbenen Onkels. Doch Owen wird nicht berücksichtigt. Die Alleinerbin ist seine schöne Cousine Stella, zu der er eine etwas fragwürdige Zuneigung empfindet. Zudem plagen ihn hohe Spielschulden – und so ersinnt Owen einen teuflischen Plan …


    Über den Autor
    John Boyne, geboren 1971 in Dublin, wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, seine Bücher wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Der internationale Durchbruch gelang ihm mit »Der Junge im gestreiften Pyjama«, das für das Kino verfilmt und von der Kritik als »ein kleines Wunder« (The Guardian) gefeiert wurde.


    Meine Meinung:
    Hm... einerseits haben wir hier einen wirklich sehr gut geschriebenen historischen Roman, rund um die obere Gesellschaftsschicht Londons. Andererseits haben wir hier viele Seiten Langeweile für mich. Ich mag Boyne, sein "Haus zur besonderen Verwendung" hat mich damals fasziniert und begeistert, "Der Junge im gestreiften Pyjama" war phantastisch. Hier fehlte es für mich an seiner üblichen Finesse, an den Überraschungen, den Wendungen und der Unvorhersehbarkeit des Endes. Denn das steht bereits nach wenigen Seiten für den Leser fest, zwar bleibt eine kleine Sache am Ende offen, die mir zeigte, daß dieses Buch eben doch ein Boyne ist, aber das war mir zu wenig, um den ganzen Text zu retten. Seitenweise ziehen sich die Erlebnisse um Stella und Owen und all die anderen dahin und der Leser langweilt sich, weiß er doch schon immer weit im Voraus was hier noch passieren wird. Natürlich, die Charaktere sind fein und gekonnt gezeichnet, die Entwicklungen der Personen sind schlüssig, die Dialoge gut und glaubwürdig, aber fesseln konnte es mich dennoch nicht so, wie die Vorgänger. Eine strenge Kürzung hätte hier Wunder gewirkt und zumindest dazu geführt, daß ich mehr Spaß beim Lesen gehabt hätte. Hier dauerte mir alles zu lange und war zu weit im Voraus ersichtlich.
    Sicherlich kein schlechtes Buch, ganz im Gegenteil, rein handwerklich sogar sicherlich ein Gutes, aber eben für mich zu langsam, zu behäbig, zu langweilig... leider.

  • Klappentext:


    London, 1936. Owen Montignac, der attraktive, charismatische Spross aus gutem Haus, erwartet bang die Testamentsverlesung seines unlängst verstorbenen Onkels. Doch Owen wird nicht berücksichtigt. Die Alleinerbin ist seine schöne Cousine Stella,
    zu der er eine etwas fragwürdige Zuneigung empfindet. Zudem plagen ihn hohe Spielschulden – und so ersinnt Owen einen teuflischen Plan …


    Autor:
    (Quelle: Piper)


    John Boyne, geboren 1971 in Dublin, wo er auch heute lebt, studierte Englische Literatur und Kreatives Schreiben. Seine Bücher wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Der internationale Durchbruch gelang ihm mit seinem Roman »Der Junge im gestreiften Pyjama«, der in vielen Ländern auf den Bestsellerlisten stand, für das Kino verfilmt und von der Kritik als »ein kleines Wunder« (The Guardian) gefeiert wurde.


    Eigene Meinung:


    John Boyne ist für mich einer der facettenreichsten Autoren, der sich ebenso zielsicher in den verschiedenen Epochen der deutschen Geschichte bewegt, wie in den verschiedenen Genres der Schriftstellerei.


    Auch mit „Das geheime Vermächtnis der Montignacs“ ist ihm wieder ein Roman gelungen, der den Leser tief in die Geschichte hinein ziehen kann. Zunächst hat man das Gefühl einem Erzähler aus der moderne zu begegnen, doch schon recht zügig ist man gepackt vom Flair der 30er Jahre. Man hat das Gefühl mitten in einem schwarz-weiß Gangsterfilm zu landen und als einer der Figuren am Geschehen teilzunehmen.


    Boyne hat in diesem Roman eine Gesellschaft gezeichnet, die vom politischen Einfluss und Machtspielchen abhängig ist und danach agiert, was Ansehen und Reichtum einbringt. Nur wenige von Ihnen handeln danach was Recht und Unrecht ist oder den einzelnen Personen wirklich gut tut. Immer geht es darum, was die anderen wohl von einem denken. Dabei werden solch dicke Mauern aufgebaut, dass es ein leichtes ist dahinter dunkle Geheimnisse zu verstecken. Und davon gibt es in dieser Geschichte mehr als ausreichend …


    Obwohl man an manchen Stellen das Bedürfnis hat, die ein oder andere Handlung oder Beschreibung zu reduzieren, ist der Roman keineswegs langweilig. Dank seiner Erzählkunst, seiner Art zu schreiben, gelingt es Boyne immer wieder ausdrucksstarke Charaktere zu entwickeln und mit diesen die Geschichte mit Leben zu füllen.


    Fazit:


    Boyne gehört für mich zu den ganz großen Erzählern. Er ist facettenreich, tiefgründig und einfallsreich. Mit jedem neuen Roman hält er eine Überraschung bereit, der Leser weiß nie, was ihn darin erwartet und dennoch verfügt er über einen unverwechselbaren Stil. Eine Leseempfehlung für alle, die gerne John Boynes Erzählungen lauschen und all jene, die verwinkelte Geschichten voller Geheimnisse mögen.

  • Das Buch von John Boyne besticht durch seinen schönen und ausführlichen Schreibstil. Mir gefällt die Art, wie er die Dinge und Handlungen beschreibt.
    Das hat zwar ein etwas gemächliches Tempo - aber meinen Geschmack trifft er damit schon weitestgehend.
    Als Leser wird man ausführlich in die Geschichte eingeführt, es gibt immer wieder die eine oder andere Rückblende, welche dann so manche Handlungsweise verständlicher oder deutlicher macht.


    Der Roman spielt im Jahr 1936, die Abdankung König Eduards VIII aus Liebe zu der geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson steht kurz davor. Die geschichtlichen Hintergründe werden überzeugend in die Story mit eingebaut.
    Eine der Hauptpersonen, Owen Montignac, der sich um sein Erbe betrogen fühlt, hat mich ein ums andere Mal mit seinen Handlungen überrascht.


    Insgesamt kann ich sagen, dass ich wirklich gut unterhalten wurde. Gerade durch den ausführlichen Aufbau der Geschichte ist man gefesselt und "mittendrin". Im letzten Drittel nimmt die Geschichte an Fahrt zu - die Ereignisse überschlagen sich, nicht immer unerwartet, im Gegenteil, oft hat man nur genau darauf gewartet - und man erhält Einblicke in die Machenschaften derer, die Macht besitzen. Macht, jemanden zu manipulieren, Macht, die Dinge nach eigenem Vorteil zu verändern.


    John Boyne schafft es, tatsächliche historische Begebenheiten sehr gekonnt in einen Unterhaltungsroman einzubauen. Für mich war "Das Geheimnis der Montignacs" ein empfehlenswertes Leseerlebnis.


    8 von 10 Punkten.

  • Hmmm, die beiden andern die BJ erwähnt habe ich ja mit Spannung gelesen, das Vergnügen mussste den Themen entsprechend leiden.
    Mal sehn ob ich das mal ausgeliehen bekomme, interessieren würde es mich schon, meckern kann ich dann hinterher. :-]

  • Owen Montignac fühlt sich vom Leben betrogen. Nur mit Mühe konnte er den Aufschub für die Rückzahlung seiner Spielschulden erringen. Dazu benötigt er das Erbe des gewaltigen Montignac-Vermögens, das traditionell nur die männlichen Nachkommen berücksichtigt. Doch nun bekommt seine Cousine Stella alles und er geht leer aus. Als er Gareth Bentley auf einer Party kennenlernt, scheint er ihn von den familiären Fesseln befreien zu wollen, als er ihm einen Job in seiner Galerie anbietet. Der Sohn des Richters hat Jura studiert und sollte in die Kanzlei seines Vaters eintreten.


    Richter Roderick Bentley hat aber außer den familiären Problemen noch weitaus schwierigere zu lösen. Als Anwalt hat er in dem Mordfall zu urteilen, in dem der Cousin dritten Grades des Königs angeklagt ist. Für ihn ist der 25-jährige eindeutig schuldig und gehört an den Galgen. Dieses Urteil sorgt für Schlagzeilen, die aber nur kurz von der Beziehung Edward VIII. zu der Amerikanerin Wallis Simpson ablenken. Die Mehrheit der britischen Oberschicht sieht die Möglichkeit, eine geschiedene Bürgerliche als Königin zu haben als Affront an.


    Mit diesen beiden Handlungssträngen beginnt John Boyne einen regelrechten Gesellschaftskrimi, der in die Tiefen der Psychologie abtaucht. Zunächst führt er seinen Lesern Situationen vor, die eindeutig in richtig oder falsch einsortiert werden können. Ein Mörder gehört aus den verschiedensten Gründen bestraft. Im Fall des entfernten Verwandten des Königs stimmt man noch uneingeschränkt zu. Im Verlauf der Handlung kommt nun aber der Sohn des Richters in exakt dieselbe Situation. Nun werden noch weitere Aspekte berücksichtigt und eigentlich weiß der Leser auch, dass ihm der Mord nur in die Schuhe geschoben werden soll. Der Richter jedoch kann nur auf ein mildes Urteil für Gareth im Prozess hoffen. Der innere Zwiespalt zwischen Familienbande und der Integrität zum Gesetzbuch ist spürbar herausgearbeitet.


    Owen Montignac verkörpert den jungen Spross einer aristokratischen Familie, der sich um wenig Sorgen machen muss. Nach seinem Studium wählt er die Arbeit in einer Galerie und vertreibt sich unter anderem im Spielkasino die freie Zeit. Wofür die Kinder der unteren Mittelschicht hart arbeiten müssen, fällt ihm in den Schoß. Er glaubt von jeher, dass ihm ein bestimmter Platz im Leben allein durch Geburt zusteht. Nur so ist es zu erklären, dass er immer wieder auf den Verlauf mancher Ereignisse Einfluss nimmt.


    Die Kulisse dieser Familiengeschichte bildet die Affäre um Edward VIII. mit der Amerikanerin Wallis Simpson. Eine Heirat konnte vom Parlament nicht akzeptiert werden. Da es auch hier zwei Lager gab, musste die Mehrheit entscheiden. Auch hier setzt Boyne den fiktiven Fädenzieher Keaton ein, der den belegten Ausgang der Historie lenkt. Originalgetreu wurde die seinerzeit im Rundfunk übertragene Rede des Königs übernommen. Die Epoche wird dadurch mit all ihren gesellschaftlichen Veränderungen vorstellbar. Eine detaillierte Zeichnung der Hauptfiguren sorgt ebenfalls für ein besseres Verständnis. Wie bereits in den vorhergehenden Büchern des Autors wählt er die genau passende Anzahl an Charakteren, die einen abgerundeten Schluss bilden. Wenn sich die Nackenhaare wieder gelegt haben, bleibt nur noch die Frage, ob man selber anders gehandelt hätte. Da der Autor die Geschichte des Owen Montignacs als Trilogie angelegt hat, dürfte es wohl ein Wiedersehen mit ihm geben.

  • Das Buch war für mich schon allein durch die zeitlich Platzierung ein Pageturner. Boyne ist ein äußerst achtsamer Beobachter, der auch gut formulieren kann. Das Geheimnis war für mich eines der Lesehighlights 2013.

  • Genialer Schmöker!


    Hier und da etwas vorhersehbar, aber atmosphärisch dicht mit sehr interessanten Charakteren und amüsanten Wendungen.
    Boyne gelingt, woran viele Autoren scheitern: Mit wenigen prägnanten Strichen lebendige und vielschichtige Figuren zu erschaffen. Und das Schöne ist, dass er nicht in Schwarzweiß zeichnet und diese Menschen dadurch umso realer erscheinen.


    Das Setting ist gut gewählt, der historische Hintergrund hübsch in die Handlung eingebunden.
    Der Roman fängt das England der 1930er wunderbar ein: die Borniertheit, Verstaubtheit und Tradition neben Glitter und Modernität des Machine Age. Ein bisschen noblesse oblige, ein bisschen Old Bailey, ein bisschen Krimi, ein bisschen Jazz Age, ein bisschen tristesse. Gelungen.


    Ein Buch wie ein unterhaltsamer Silver Screen Klassiker mit guter Besetzung bis in die Nebenrollen. Liest sich runter wie Öl. Unaufdringlicher, teilweise augenzwinkernder Schreibstil. Gelungene Dialoge.
    Der deutsche Titel hätte etwas weniger banal sein dürfen. Zumal es nicht um ein Vermächtnis geht, sondern um ein Testament.


    Hier und da bleibt eine Frage offen, aber das Ende ist in jeder Hinsicht zufriedenstellend. Thumbs up!


    Hat sich schon jemand die Filmrechte gesichert?

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Es fällt mir etwas schwer, meine Gedanken bzw Kritik auf den Punkt zu bringen. Zum einen ist dieses Buch durchaus interessant, es beleuchtet eine für mich sehr interessante Epoche in der englischen Geschichte. Auch die Einblicke in den komplexen Charakter des Hauptakteurs sind gelungen. Ebenso gefällt mir die Einbettung der realen Geschehnisse um die Abdankung Edwards VIII. Und doch...


    Irgendwie hat mich das Buch nicht glücklich gemacht. Es ist streckenweise behäbig erzählt und in weiten Teilen unglaublich vorhersehbar. Gerade die Geschichte um den Richter war so denkbar durchschaubar eingefädelt. Schon als sein Sohn in die Geschichte eingeführt wurde, war klar, das er ein Opfer sein wird. Zudem geht alles denkbar einfach für den guten Owen. Alles klappt nach Plan. Mich hat auch gestört, das einige Erzählstränge nicht wirklich ausgearbeitet wurden. Seine Beziehung zu Stella hätte doch etwas mehr Tiefe und Ausleuchtung gutgetan.


    So bin ich nicht wirklich zufrieden mit dem Buch. Ich kenne noch nicht viel von Boyne, mein erstes Buch von ihm war "Das späte Geständnis des Tristan Sadler", das ich als ganz wunderbar empfand. Aber schon das erst kürzlich von mir gelesene "Haus der Geister" konnte mich nicht überzeugen. Ich bin nicht sicher, ob ich noch mehr von dem Autor lesen werden. Meine letzten beiden Leseerfahrungen waren mir doch zu behäbig geschrieben und nicht wirklich befriedigend in der Storyentwicklung.

  • Zitat

    So bin ich nicht wirklich zufrieden mit dem Buch. Ich kenne noch nicht viel von Boyne, mein erstes Buch von ihm war "Das späte Geständnis des Tristan Sadler", das ich als ganz wunderbar empfand. Aber schon das erst kürzlich von mir gelesene "Haus der Geister" konnte mich nicht überzeugen. Ich bin nicht sicher, ob ich noch mehr von dem Autor lesen werden. Meine letzten beiden Leseerfahrungen waren mir doch zu behäbig geschrieben und nicht wirklich befriedigend in der Storyentwicklung.


    Bei mir ist es genau umgekehrt.
    Das späte Geständnis des Tristan Sadler fand ich recht langatmig.
    Dieses hier jedoch sehr gut.
    John Boyne ist ein unheimlich vielseitiger Romanautor.
    Tipp: Lies mal Der Schiffsjunge von ihm.
    Die Meuterei auf der Bounty aus einer etwas anderen Sichtweise.

    "Es gibt Dinge, die sind einfach gesetzt: die Existenz Gottes, das Pferd als schnellstes Transportmittel, die gesellschaftliche Funktion der Frau und die Beschaffenheit des Geldes." Samuel Bernard, frz. Bankier, 1716

  • Derfel, genau dieses Buch steht noch auf meiner Wunschliste. Ebenso das Crippen-Buch, aber da schrecken mich die Kritiken derart ab, das ich es von meiner WL streichen werden. Vielleicht gebe ich aber tatsächlich Boyne nochmal eine Chance mit dem Schiffsjungen, wenn es mir mal günstig über den Weg läuft.

  • Zitat

    Original von Darcy
    Derfel, genau dieses Buch steht noch auf meiner Wunschliste. Ebenso das Crippen-Buch, aber da schrecken mich die Kritiken derart ab, das ich es von meiner WL streichen werden. Vielleicht gebe ich aber tatsächlich Boyne nochmal eine Chance mit dem Schiffsjungen, wenn es mir mal günstig über den Weg läuft.


    Es lohnt sich, ich denke, dies ist sein bestes Buch.

    "Es gibt Dinge, die sind einfach gesetzt: die Existenz Gottes, das Pferd als schnellstes Transportmittel, die gesellschaftliche Funktion der Frau und die Beschaffenheit des Geldes." Samuel Bernard, frz. Bankier, 1716