Leichtmatrosen
Tom Liehr
ISBN: 978-3352008535
Rütten&Loening
352 Seiten, 14,99 Euro
Über den Autor: Tom Liehr, geb. 1962 in Berlin, war Redakteur, Rundfunkproduzent und DJ. Seit 1998 Besitzer eines Software-Unternehmens. Er lebt in Berlin. Bislang erschienen bei Aufbau seine Romane „Radio Nights“ (2003), „Idiotentest“ (2005), „Stellungswechsel“ (2007), „Geisterfahrer“ (2008), „Pauschaltourist“ (2009) und „Sommerhit“ (2011). Im Frühjahr 2013 erscheint sein neuer Roman „Leichtmatrosen“. Mehr zum Autor unter: www.tomliehr.de.
Klappentext: „Im Flur drückte ich zum x-ten Mal die Wiedergabetaste des Anrufbeantworters. Patrick, ich bin morgen in Düsseldorf, danach dann im Allgäu. Ich freue mich auf die Pause bei meiner Familie. Hab dich lieb. - Hab dich lieb. Das sagt man zur eigenen, inzwischen sechzig Jahre alten Mutter, aber doch nicht zu dem Mann, mit dem man sechzig Stellungen aus dem Kamasutra ausprobiert hat.“ Patrick ist sich sicher, dass Cora ihn betrügt, und ausgerechnet jetzt hat er sich mit drei – sogenannten – Freunden verabredet, mit einem Hausboot die Havel hinaufzuschippern. Eine Idee, die ihm nun so klug vorkommt wie ein Landkauf auf dem Jupiter. Die Chaos-Crew: Henner, ein evangelischer Pfarrer, Mark, ein Verlierer, wie er im Buche steht, und Simon, der gerne die Welt erklärt, unzuverlässig ist und fünfundzwanzig Handys besitzt. Mit dem Schiff „Dahme“, das sie gleich in „Tusse“ umbenennen, stechen sie „in See“. Zehn absurde, chaotische und doch wunderschöne Tage auf dem Wasser, die bei den vier Männern etwas zum Vorschein bringen, das sie alle eigentlich längst wissen: So kann es nicht weitergehen.
Meine Meinung: Eigentlich war es eine Stammtischidee, die dazu geführt hat, dass Patrick, Simon, Mark und Henner sich als Charterboot-Touristen auf einem Hausboot auf der Havel wiederfinden. Eine Fahrt beginnt, auf der sich die Männer, deren oberflächliche Bekanntschaft gemeinsamen Badminton-Abenden geschuldet war, unweigerlich näher kennenlernen werden. So nahe, dass so manches zum Vorschein kommt, was man bisher erfolgreich verschwiegen, oder sogar verdrängt hatte. Vier Kerle unter sich – und natürlich müssen sie erst einmal ihre Erfahrungen mit dem Boot, mit anderen netten und weniger netten Hausbootführern machen und neben alkoholgeschwängerten abendlichen Gesprächen über Gott und die Welt, Katerfrühstücken und Schleusenerlebnissen bekommen sie unter anderem Besuch von Mücken und Spinnen, sowie von Damen mit zweifelhaftem Ruf…
Also ein ganz normaler Männerurlaub könnte man sagen, doch neben vielen amüsanten Abenteuern auf dieser Fahrt, begibt sich jeder der vier auch auf eine Reise zu sich selbst, was dann letztlich der anfangs sommerlich leichten Geschichte etwas mehr Tiefgang verleiht.
Es geht eben nicht nur um lockere Urlaubsfreuden, den Ausbruch aus dem Alltag mit all seinen Pflichten und Zwängen. Die innere Entwicklung der einzelnen Personen auf dem Boot ist sehr realistisch und teilweise nachdenklich stimmend dargestellt, ihre Dialoge und Diskussionen sind interessant und der Weg von anfangs flüchtigen Badminton-Partnern hin zu tatsächlichen Freunden gefiel mir gut.
Man merkt, dass diese Hausboot-Tour auf eigenen Erfahrungen des Autors beruht, denn die Schilderungen der Landschaft, die Beschreibung, wie es ist, den Abend an Bord ausklingen zu lassen, oder am frühen Morgen auf dem Wasser unterwegs zu sein, sind so greifbar, dass ich nach wenigen Seiten das Gefühl hatte, von der unweigerlichen Entspannung, die ein solcher Urlaub verspricht, angesteckt worden zu sein.
Das Buch macht richtig Lust darauf, einen ähnlichen Urlaub zu buchen, wobei ich auf Damen-Mücken- und Spinnenbesuch getrost verzichten kann.
Ich habe ein Buch gelesen, das mir wie ein erholsamer Urlaub vorkam und das mich, obwohl es mir an manchen Stellen zu harmonisch war, prima unterhalten hat. Auch wenn es kein ausschließliches Sommerbuch sein soll, bringt es so viel Urlaubsfeeling rüber, dass es sicherlich auch im Strandkorb (oder auf einer Bootsfahrt) ein guter Begleiter ist.