Für ihr Debüt hat sich Becky Masterman eine ungewöhnliche Hauptfigur ausgesucht. Während in vielen Thrillern junge und dynamische Personen im Mittelpunkt stehen, die jedes Hindernis mal mehr, mal weniger leicht überwinden, lernt der Leser nun die in den Ruhestand getretene FBI-Agentin Brigid Quinn kennen. Diese 59-jährige Frau hat schon vieles erlebt und musste letztlich aus gesundheitlichen Gründen ihre Arbeit beim FBI beenden. Doch ihre größte Niederlage beschäftigt Brigid noch immer: bei ihrer Jagd nach dem berüchtigten Route-66-Killer ist eine junge FBI-Agentin, die von Brigid persönlich ausgebildet wurde, entführt und ermordet worden. Dieses Ereignis lässt Brigid nicht zur Ruhe kommen und nun, nach vielen Jahren, gibt es eine neue Spur zu geben. Die Chance den Serienkiller vielleicht endlich zu fassen?
Schon bevor ich die ersten Seiten des Buches gelesen habe, war ich sehr gespannt. Wann liest man schon einmal einen Thriller mit einer weiblichen Hauptperson im Alter von 59 Jahren, auf die nicht die Beschreibung rüstige Frau im mittleren Alter passt? Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt schon einmal einen solchen Thriller gelesen habe. Natürlich erwartet man bei einer solchen Person, dass sie über viel Lebenserfahrung verfügt und vor allem nach den vielen Dienstjahren beim FBI weiß wie der sprichwörtliche Hase läuft. Auf Brigid Quinn trifft dies leider weniger zu. Beim Lesen dieses Buches habe ich mehr als einmal vor Unglauben nur den Kopf schütteln können und mich gefragt: müsste sie es bei ihrer Erfahrung nicht eigentlich besser wissen? Dass jemanden mit ihrer Lebenserfahrung solche gravierenden Fehler unterlaufen, kann ich irgendwie nicht glauben. Der zweiten Hauptfigur, Lauren Coleman, die gerade am Anfang ihrer Karriere beim FBI steht, hätte ich diese Fehler eher zugetraut. Brigid wirkt streckenweise sehr naiv, sowohl in ihrem Eheleben wie auch in ehemals beruflichen Dingen.
Wenn man von diesem Manko bezüglich der Hauptfigur einmal absieht, ist „Der stille Sammler“ ein spannend geschriebener Thriller, der den Leser kaum zur Ruhe kommen lässt. Dass Brigid die Geschichte selbst erzählt, hat seine Vor- und Nachteile. Auf der einen Seite versteht der Leser auf diese Weise besser, was in der Frau vorgeht und warum sie so handelt. Auf der anderen Seite hätte ich gerne gewusst wie andere Personen über Brigid denken. Wenn zwei Personen die Geschichte erzählt hätten, wären vielleicht am Ende einige Dinge klarer geworden und das Buch hätte einen runderen Abschluss gefunden.
Insgesamt hat mich das Buch gut unterhalten. Das Ende war sehr überraschend und zumindest für mich nicht wirklich nachvollziehbar. Wie Brigid zu ihrer Lösung gekommen ist, habe ich nicht komplett verstanden und irgendwie fand ich diesen Abschluss etwas zu konstruiert um realistisch zu sein. Daher gibt es von mir 7 Eulenpunkte für dieses durchaus gelungene Debüt.