'Nachtauge' - Seiten 001 - 080

  • So, ich habe nun auch gestern Abend mit dem Buch angefangen und mir geht es eigentlich so wie allen hier - ich bin absolut gefesselt und habe auch einfach mal über die Abschnittsgrenze hinweggelesen.


    Es ist auch mein erstes Buch von Titus, also von mir auch keine Vergleiche zu anderen Büchern, aber ich bin gespannt, wie vor allem die Geschichte um Eric weitergeht

    und wie auch schon Jupp gesagt hat, wie das alles dann zusammenpasst.
    Eigentlich mag ich so viele unterschiedliche Handlungsstränge nicht, vor allem wenn es einfach zu zack-wumm mitten in die Handlung reingeht, aber das fand ich hier jetzt nicht so schlimm.


    Ich glaube, das ist eher was für den zweiten Abschnitt, aber es ist glaub ich nichts schlimmes, wenn ich das hier schreibe ;-):
    Mir sind die verwandtschaftlichen Beziehungen mancher Personen untereinander nicht gleich so klar gewesen, wie ich das hier bei euren Kommentaren schon rausgelesen habe... Aber ich erkenn auch in den Krimis die Mörder meist immer erst, wenn sie abgeführt werden :lache

  • So, ich bin jetzt auch dabei.
    Ein unglaublich spannender Beginn!
    Ich fürchte, Nachtauge ist zu entschieden "gut", um Eric weniger als tödlich getroffen zu haben, halte ihm aber natürlich die Daumen.
    Die "Schweinwerfer" habe ich - wohl der Spannung geschuldet - überlesen.
    Aufgefallen ist mir aber wieder die so schön bildhafte Sprache des Autors, zB die gefächerten Schienen auf Seite 45.
    Da ich beim Einstieg immer auch zuerst das Drumherum lese und der erste Ansturm hier bereits vorüber ist, möchte ich Titus Fragen zu seinen Erläuterungen stellen:
    Das Geschehen im Nazistaat ist ja heute bekannt, trotzdem - wie hast du das verkraften können, denn bei deinen Recherchen bist du ja nicht nur auf nüchterne Geschichtszahlen oder zumindest teilweise erdachte Schicksale wie zB in "Holocaust", "Exodus" oder dem kürzlichen ZDF-Dreiteiler gestoßen?
    Hat das evtl. auch etwas mit deinem bereits an anderer Stelle erwähnten Glauben zu tun? Und: Was ist aus dem Kind geworden, das aus der Beziehung zwischen dem gehängten polnischen Zwangsarbeiter und der in Ravensbrück umgekommenen Deutschen stammte? Ist vielleicht dumm, in Anbetracht der Millionen Opfer der Zeit so etwas zu fragen, aber weißt du da etwas? Und: Jener Wachmann Robert, der einige Zwangsarbeiterinnen vor dem Ertrinkenstod bewahren, sich selbst aber nicht retten konnte - hatte der Familie und wurde die von den Nazis drangsaliert bzw später von der BRD finanziell irgendwie bedacht?
    Danke! :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

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  • Der erste Abschnitt ist beendet - und ich kann's nun kaum erwarten weiterzulesen. Mich hat die Geschichte sofort gefangen genommen und das ungewöhnlich schnell, möchte ich fast sagen.


    Zunächst zur Optik: Das Cover gefällt mir schon mal sehr gut. Ich finde, das Bild sieht ein wenig so aus wie diese nachcolorierten Fotos, die man so aus der Nachkriegszeit kennt.
    Und wie Johanna ist mir natürlich auch dieses wunderschöne Bild von der Talsperre im hinteren Einband aufgefallen. Ich könnte es auch immer wieder betrachten (wohl aufgrund des Wolkenspiels). Die Ausstattung ist insgesamt einfach toll. :anbet


    Mit dem Vorfall von Bethnal Green findet die Geschichte einen erschütternden Einstieg. Es ist ein Wahnsinn, dass sich das wirklich so zugetragen hat. (Die Sache mit den Schweinwerferkegeln habe ich im Leseeifer überlesen - musste aber reichlich schmunzeln, als ich Tanzmaus' Hinweis hier las. :grin)


    Die Jagd nach Nachtauge war ja sehr spannend beschrieben! Man war sofort mittendrin im Geschehen und die Vorgänge waren sehr plastisch beschrieben. Dabei waren die Zusammenhänge keineswegs verworren, sondern logisch aufeinander aufbauend dargestellt. Ich finde, die Bedrohung, die durch die deutschen Agenten in England ausgeht, ist geradezu spürbar. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass Nachtauge Eric tatsächlich tödlich getroffen hat (die Gedanken, die Eric zum Schluss an seine Frau und seine Kinder hat, haben mich schon ein wenig traurig gestimmt). Nach Durchsicht der bisherigen Posts hier denke ich aber auch, dass Erics Ende eher offen gehalten wurde... Ich frage mich jedoch, ob man ihn in diesem verlassenen Haus wirklich schnell genug finden wird? :gruebel


    Der nächste Handlungsschauplatz zeigt dann natürlich die Sicht der Deutschen auf den Krieg. Georg ist als Nicht-Parteimitglied eher ein aufgeklärter Zeitzeuge, der lieber weiter als Lehrer unterrichten möchte als die Aufsicht über osteuropäische Zwangsarbeiterinnen zu haben. Nadjeschka scheint schon ein wenig aufmüpfig zu sein, mal sehen, wozu das noch führen wird. Wachmann Plöger ist parteitreu und lebt seine Überlegenheit gerne aus.
    Es ist eine beklemmende Stimmung, die dem Leser aus dem Lager (und überhaupt) übermittelt wird. Aber gleichzeitig ist es faszinierend, Geschichte so nah "erlesen" zu können.


    Erstaunt war ich, dass es schon vor dem Krieg Eisdielen gegeben hat - ich dachte immer, die hätten sich erst mit den Gastarbeitern in den 50er Jahren hier etabliert. Wieder was dazu gelernt. ;-)


    maikaefer : Beziehen sich deine Fragen auf Begebenheiten in den nachfolgenden Abschnitten? Dann wäre es eventuell doch gut zu spoilern...

  • Ich habe diesen Abschnitt auch endlich beendet. Wenn man erst einmal angefangen hat zu lesen, kommt man in einen Sog rein, nur leider war meine Lesezeit in den letzten Tagen etwas begrenzt.


    Den Beginn mit London und Nachtauge fand ich super. Da ich vor drei, vier Wochen gerade in LOndon war, hatte ich die Stadt sogleich vor Augen. Und die Tube ist wirklich gut beschrieben worden, wie sie hereinfährt.


    Die erste Szene direkt hat mich fast zu Tränen gerührt. Der Luftschutzbunker und das Gedränge auf den Treppen konnte ich so gut nachvollziehen, dass mir bei der drohenden und dann eingetroffenen Katastrophe, fast die Tränen kamen. Aber es gab auch die anderen Momente in dem Londonabschnitt.
    Als Eric schon vor der Sirene Bescheid wusste, dass ein Agriff aus der Luft kommt, ebenso in dem Moment, in dem es ihn nicht im sicheren Bunker hielt als Geheimdienstagent, musste ich schmunzeln. Da ich mit einer Freundin auch Geschichten in diesem Geheimdienstbereich in London schreibe, kam mir diese Reaktion nur allzu bekannt vor.


    Der Cliffhanger am Ende, als Eric getroffen wurde, ist jedoch wirklich fies. Am Anfang hatte ich da keine Lust den Wechsel nach Deutschland gedanklich vorzunehmen und mich da hineinzudenken.


    Die Szenen in Neheim fand ich bisher aber auch super, nachdem ich den Länderwechsel auch gedanklich geschafft hatte. Sehr eindringlich und doch nicht übertrieben werden die recht festen Strukturen aufgezeigt, die vorherrschen. Wie mit Menschen Handel betrieben wird und sie teilweise nur als Ware für die Fabriken gesehen werden. Und das alles, ohne, dass der Einzelne es wirklich begründen könnte, warum es gerade so gemacht wird. Vielmehr wird es von einer Behörde auf die andere geschoben. Deshalb finde ich auch die Figur des Georg sehr interessant. Er hat sich zwar in die Strukturen eingefügt, verweigert aber die Parteizugehörigkeit und versucht für die Menschen, die er beaufsichtigt, zumindest noch etwas Gutes herauszuschinden. Aber halt nur in dem Rahmen, in dem es geht. Ich sehe ihn auch als Opfer der Umstände an, der jedoch noch versucht sich seine eigenen Gedanken und seine Unabhängigkeit zu bewahren.


    Die vorherigen Beiträge werde ich später lesen und gegebenfalls drauf eingehen. Gerade braucht mein Hefeteig mich wieder. :wave

  • Zitat

    Original von LeseBär
    maikaefer : Beziehen sich deine Fragen auf Begebenheiten in den nachfolgenden Abschnitten? Dann wäre es eventuell doch gut zu spoilern...


    Nein!
    Das hätte ich nie gemacht.
    Sie beziehen sich auf vom Autor im Nachwort erwähnte reale Schicksale, welche ihm während seiner Recherchen bekannt wurden. :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Original von maikaefer


    Nein!
    Das hätte ich nie gemacht.
    Sie beziehen sich auf vom Autor im Nachwort erwähnte reale Schicksale, welche ihm während seiner Recherchen bekannt wurden. :wave


    Ah, okay! Ich konnte das nicht einordnen, da ich bis auf den ersten Abschnitt noch nichts gelesen habe. ;-) Dann bin ich jetzt auch mal auf die Antworten gespannt, denn das, was du fragst, hört sich interessant an! :wave

  • Zitat

    Original von imandra777
    ...
    Die erste Szene direkt hat mich fast zu Tränen gerührt. Der Luftschutzbunker und das Gedränge auf den Treppen konnte ich so gut nachvollziehen, dass mir bei der drohenden und dann eingetroffenen Katastrophe, fast die Tränen kamen.
    ...


    Bei mir kullerten auch welche. :wave


    [SIZE=7]Edit: falsch zitiert[/SIZE]

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

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  • Zitat

    Original von LeseBär
    Erstaunt war ich, dass es schon vor dem Krieg Eisdielen gegeben hat - ich dachte immer, die hätten sich erst mit den Gastarbeitern in den 50er Jahren hier etabliert. Wieder was dazu gelernt. ;-)


    Hallo Lesebär,


    ja, das fand ich auch spannend. Mit den italienischen Eisdielen kamen auch die neue Eissorten nach Deutschland (bis ca. 1930 kannte man nur Vanille, Erdbeer, Schokolade, und dann kam plötzlich Nusseis, Zitroneneis usw. dazu).


    Herzlich,


    Titus

  • Zitat

    Original von maikaefer
    Das Geschehen im Nazistaat ist ja heute bekannt, trotzdem - wie hast du das verkraften können, denn bei deinen Recherchen bist du ja nicht nur auf nüchterne Geschichtszahlen oder zumindest teilweise erdachte Schicksale wie zB in "Holocaust", "Exodus" oder dem kürzlichen ZDF-Dreiteiler gestoßen?
    Hat das evtl. auch etwas mit deinem bereits an anderer Stelle erwähnten Glauben zu tun?


    Die Schicksale, von denen ich erfahren habe, haben mich berührt. Und glaub mir, manchmal beim Schreiben heule ich ...


    Zitat

    Original von maikaefer
    Und: Was ist aus dem Kind geworden, das aus der Beziehung zwischen dem gehängten polnischen Zwangsarbeiter und der in Ravensbrück umgekommenen Deutschen stammte? Ist vielleicht dumm, in Anbetracht der Millionen Opfer der Zeit so etwas zu fragen, aber weißt du da etwas? Und: Jener Wachmann Robert, der einige Zwangsarbeiterinnen vor dem Ertrinkenstod bewahren, sich selbst aber nicht retten konnte - hatte der Familie und wurde die von den Nazis drangsaliert bzw später von der BRD finanziell irgendwie bedacht?
    Danke! :wave


    Zum Wachmann kann ich dir nichts Weiterführendes sagen, seine Geschichte habe ich im Buch "Wasserkrieg" von Helmuth Euler gelesen (Neuauflage noch dieses Jahr). Beim Kind müsste ich in meinen Büchern zu Hause nachschauen, aber ich bin gerade auf Lesereise. Wobei's auch nicht leicht wird, die entsprechende Stelle wiederzufinden ... Tut mir leid, maikaefer, ich kann deine Frage gut verstehen! Wüsste es selbst gerne.


    Herzlich,


    Titus

  • Zitat

    Original von Titus Müller
    Beim Kind müsste ich in meinen Büchern zu Hause nachschauen, aber ich bin gerade auf Lesereise. Wobei's auch nicht leicht wird, die entsprechende Stelle wiederzufinden ... Tut mir leid, maikaefer, ich kann deine Frage gut verstehen! Wüsste es selbst gerne.


    Herzlich,


    Titus


    Danke für deine Antwort, Titus, und bitte, mach dir keine Extraarbeit, denn wahrscheinlich ist es ohnehin nur eine Art Versuch, dieses Schreckliche irgendwie zu verarbeiten, indem man sich an Einzelschicksalen "aufhängt".
    Außerdem ist ja bekannt, wieviele Unschuldige starben und wieviele Schuldige davongekommen sind. In deinem Nachwort erwähntest du ja auch einen Befehlsgeber, der nie zur Verantwortung gezogen wurde.
    Was einen natürlich auch wieder zu der Frage mit dem "ersten Stein werfen" bringt. Und dass niemand von uns die Hand dafür ins Feuer legen kann, dass er sich damals richtig verhalten hätte.
    Wie du ja auch irgendwo schreibst, dass im Krieg keiner ohne Schuld bleibt.
    Naja, so ein Kind fällt da wohl nicht drunter, aber trotzdem.
    Auf jeden Fall gibt auch dieses Buch von dir wieder genug Stoff zum Nachdenken.
    Achja, ich vergesse es immer wieder: Das Bild hinten drin ist wirklich gut!
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)


  • Jetzt, wo es noch mal erwähnt wird, fällt es mir auch auf, dass es davor ja noch nicht groß Eisdielen in Deutschland gab. Eine interessante Kleinigkeit, die ich fast überlesen hätte. :gruebel

  • Nachdem ich in den letzten Tagen keine Zeile gelesen habe bin ich jetzt der Hinterherschleicher. Die Ereignisse von Bethnal Green und die Jagd auf Nachtauge treiben am Anfang den Adrenalinspiegel hoch, während die Schilderungen um die Zwangsarbeiterinnen eher die Depressionsphase befördern. Da lernt man gleich alle Arten unserer Eltern/ Großelterngeneration kennen, vom glühenden Nazi bis zum Widerstand spielenden Opportunisten.

  • Hallo Beowulf,


    für dich als "Hinterherschleicher" gibt's eine Belohnung: Ich habe nämlich vergessen, auf eine Karte zum Roman hinzuweisen (die ich extra anfertigen lassen habe, die's aber nicht mehr ins Buch geschafft hat). Wenn du dir mehr Orientierung beim Lesen wünschst, kannst du sie hier herunterladen:


    http://www.randomhouse.de/cont…heim_karte_1943_37036.pdf


    Liebe Grüße! :wave


    Titus


  • Das ist aber schade, dass die nicht im Buch gelandet ist - gibts dafür einen Grund? Oder wollte das der Verleger auch nicht? ;-) Damit hätte er den zweiten Minuspunkt bei mir :lache
    Ich finde, selbst wenn man nicht alles auf so Karten darstellen kann, das doch immer zur Orientierung besser, und vor allem kann ich mir dann auch alles besser vorstellen, vor allem wenn es sich eben um reale Orte handelt, bei denen es Sinn macht, dass man sich nicht "irgendwas" vorstellt.

  • Ich kann mich eigentlich nur anschliessen. Kaum angefangen mit lesen und schon gefesselt. Ich habe schon einige Bücher von Titus gelesen und bin fasziniert von seiner Begabung. So freue ich mich auf die nächste Lesestunde. Spannend, packend und geschichtlich sauber recherchiert. Kompliment, Titus!

  • Das Buch fängt gleich spannend an mit Eric und seiner Familie. Eric ist einer der gefährlichsten deutschen Spionin auf der Spur. Sie kann ihm knapp entkommen. Hoffentlich hat es ihn nicht zu stark getroffen und man erfährt wie es mit ihm und Nachtauge weiter geht.


    Dies ist mein erstes Buch von Titus Müller und bis jetzt bin ich sehr positiv überrascht. :-)