Die Selbsttherapie-Ecke von Bo

  • der LVBo-report


    heute morgen denkt sich der bo, fährste mal straba! bei dem neuschnee ist das doof mit dem fahrrad. außerdem will er am abend eh noch in die city. deshalb schnappt er sich gut gelaunt seine sachen und stapft los.


    als er gerade beim automaten ankommt, fährt die 2 vorbei. macht ja nix, sagt er sich. um diese zeit fahren die bahnen alle fünf minuten.
    bo drückt also entspannt auf einzelfahrkarte. nix passiert. er drückt noch einmal - wieder nix. nach genauem hinschauen stellt er fest, daß nur wochen- und monatskarten an sind, die restlichen menüpunkte offenbar ausgegraut. wow, staunt er, das hat er ja noch nie bei den fahrkartenautomaten gesehen. einer gewissen professionellen anerkennung kann er sich nicht erwehren, auch wenn er nicht weiß, warum es nicht geht. aber sei's drum. dann wird halt beim fahrer gekauft.
    nun stellt er sich an die haltestelle und lässt sich einlullen von funk-musik, die über cd-man in seine ohren ballert. irgendwann muss er ja auch mal wach werden.
    ab und zu schaut er wie jeder in die richtung, wo irgendwann, die nächste bahn um die ecke kommen muss. aber im moment ist noch keine zu sehen. naja, eine schneeflocke, dann gibt es die ersten verzögerungen. aber nicht so schlimm, sagt sich der bo, heute ist er ausnahmsweise mal pünktlich dran. er hat noch zeit.
    immer mehr leute kommen und schauen ebenfalls die straße herunter. keine bahn. bo bleibt locker. tief versunken lauscht er den ersten gitarrenriffs von einem seiner favoriten auf der cd. geiles stück, denkt er und wartet.
    er beobachtet eine adrett gekleidete frau, die über die straße stöckelt. ihr ziel offenbar der automat. aber auch sie stutzt nach wenigen knopfdrücken und kehrt langsam wieder zur haltestelle zurück. der strabafahrer bekommt einiges zu tun, denkt sich bo grinsend. wenn er denn mal kommen würde. in die andere richtung sind schon zwei bahnen durch. aber hier passiert nix. die leute schauen immer öfter, erst die gleise entlang, dann auf die uhr, dann wieder dahin, wo die bahn meist quietschend um die ecke gebogen kommt. aber zu hören sind nur die aufbrausenden motoren der autos, wenn die ampel auf grün schaltet.


    als die gitarrenklänge verebben, wundert sich der bo. das stück geht über zehn minuten! ein blick auf die uhr läßt nun doch langsam unruhe aufkommen. immerhin muss er noch in den 60er bus umsteigen. wenn er dort auch noch lange warten muss, wird es knapp.
    unter dem haltestellendach haben sich nun schon eine ganze menge leute angesammelt. sie drängen sich zusammen, als hätten sie angst vor den paar schneeflocken, die in der luft gemächlich herumwirbeln.
    bo steht am straßenrand - wie ein mann. selbst bei regen würde er draußen stehen. schließlich ist er nicht aus zucker. und frieren tut er sowieso nicht so schnell. außerdem fängt er langsam an zu kochen. jetzt will er einmal mit der straßenbahn fahren, und dann kommt die nicht mal. jedenfalls nicht pünktlich.


    nun steht er schon bald eine halbe stunde an dieser haltestelle. in der zeit hätte ich fast zur arbeit laufen können, flucht er still in sich hinein. die musik schaltet er aus, weil er keinen nerv mehr dafür hat. so auf krampf gute laune verbreiten, ne!
    doch plötzlich stürmen die wartenden an den straßenrand. da kommt ein straba um die ecke gebogen. eine von diesen alten, die besonders laut quietschen. na endlich! ein paar hundert meter noch, dann wird sie von den massen gestürmt werden. der arme fahrer kann sich jetzt bestimmt einiges anhören, denkt sich der bo, aber egal, selber schuld.
    jenseits der kreuzung hält die bahn noch einmal an. sie steht da, als lauerte sie auf den angriff, als müsste sie noch einmal tief luft holen, bevor sie nun endgültig vorfährt. aber sie fährt nicht los. bo schaut auf die ampel. eigentlich hätte sie grün! keine grund, noch länger zu warten. ein blick auf die uhr. bleib locker, redet sich der bo ein. jetzt bist du eh zu spät, also kommt es auf die eine minute auch nicht mehr an.
    hinter der straßenbahn biegen noch zwei um die kurve und stellen sich hintenan. na wunderbar! erst kommt ewig garkeine, und dann treten sie im rudel auf. aber eine würde ja nun schon reichen, wenn sie jetzt endlich mal in die haltestelle einfahren würde!


    plötzlich gehen bei der ersten straba die warnblinker an. der fahrer steigt aus, aber ignoriert die wartenden und wandert hinter zu den nachfolgenden bahnen, die ebenfalls ihre blinker eingeschaltet haben. ein raunen geht durch die menge. laute rufe ertönen, aber bei dem autoverkehr dürfte der strabafahrer die nicht einmal hören.
    egal. bo hat nun keine zeit mehr zum fluchen. er macht sich auf den weg durch die vereisten nebenstraßen, um die bushaltestelle zu erreichen. wenn er glück hat, kommt gleich einer, dann hätte er nur eine viertelstunde verspätung, wenn er auf arbeit ankommt. außerdem bräuchte er nur noch ein kurzstreckenticket kaufen. gleich noch was gespart. aber dafür muss er nun flitzen.


    jawoll! endlich klappt mal was! noch schnell über die vierspurige straße, und dann kommt auch schon der 60er bus. gelassen drängelt sich bo vor zum busfahrer und sagt, eure automaten funktionieren mal wieder nicht. ich brauch noch eine kurzstrecke.
    das geht nicht, erwidert dieser, ich verkaufe nur normalfahrkarten.
    moment mal, sagt der bo nun nicht mehr ganz so gelassen, ich renne hier quer durch die gegend, weil die straßenbahnen nicht fahren, die automaten verkaufen keine fahrkarten – und sie können mir nicht mal eine kurzstrecke geben? bo wird nun immer lauter. sollen ruhig alle hören.
    der fahrer bleibt cool. he, ich bin busfahrer! dafür kann ich nichts! und ich kann ihnen nur ein normalticket verkaufen. oder sie verlassen den bus!
    in bo steigt so langsam das gefühl auf, er könne gleich etwas ganz schlimmes tun. außerdem schauen ihn nun die anderen fahrgäste gereizt an. das kann doch nicht wahr sein! jetzt bin ich hier das arschloch, denkt er und ringt nach fassung. geil wäre jetzt so eine e-gitarre, wie er sie vorhin im kopfhörer hatte. und damit dann alle busfenster zerdeppern! wahnsinn! aber eine stimme in ihm wiederholt eindringlich immer wieder den satz: komm wieder runter, komm wieder runter! ja ja, das wäre schon schade um so eine schöne fender, das ist so eine geile gitarre.
    fast lächelt er, als er mit gedämpfter stimme sagt, okay, okay, ich nehme eine normalfahrkarte.
    der busfahrer nickt und nimmt das geld. als er bo das ticket in die hand drückt, erklärt er ihm, daß er nun eine stunde damit fahren und auch umsteigen dürfe.
    eine stunde? eine stunde? und wieso umsteigen? schon vergessen, ich wollte nur eine kurzstrecke, schreit der bo den fahrer an.
    der rest ist dann blackout...

  • /me fragt sich gerade, ob bo auch in Magdeburg wohnt :wow :wow :wow


    Das passiert hier dauernd :cry Auch hier gibts alte DDR-Relikte made in Czechoslovakia und schicke neue Niederflurwagen von Siemens (?). Die alten bleiben im Winder regelmäßig liegen, schon aus Prinzip aber nur mitten auf Hauptverkehrsknotenpunkten. Automaten, auch lustig - ab ca. - 0,5 Grad Celsius und kälter lassen die Dinger das Geld einfach durchplumsen... Trotzdem muß man beim Fahrer dann den "Schaffnerzuschlag" blechen...


    Ach bo, ich weiß genau was du durchgemacht hast :knuddel1

  • bo, die ist super. Therapier uns weiter mit solchen Geschichten. :-) Kleingedruckt oder nicht, allerdings hoffe ich mal, dass sie dich inzwischen nicht abholen, oder du bei den Verkehrsbetrieben Hausverbot bekommst.


    Busfahrer sind ein hartgesottenes Volk. Hier fahren welche rum, die schleifen auch schon mal einen Fahrgast ein paar Meter weit mit, wenn er nicht schnell genug aus den Automatiktüren rauskommt. Oder setzen Kinder mitten in der Pampa wieder aus, wenn die ihren Schülerausweis vergessen haben. :-(

  • gute geschicht .... jo
    nur gut, dass hier die fahrkartenautomaten in der tram sind.... :-]
    nur bei der s-bahn wird´s schwierig...


    aber ich frage mich wie es sein kann, dass der bussfahrer keine kurzstrecke verkaufen kann....*gruebel*
    typisch bussfahrer...
    aber eines haben bus-und tramfahrer gemeinsam: wenn man mit nem kinderwagen ein oder aussteigen will muss man aufpassen, dass die tuer nicht direkt zwischen kinderwagen und fahrgast schliesst oder man nicht in der tuer eingeklemmt wird....da ist son halteknopf fuer kinderwagen echt sinnlos...


    ist bo denn noch puenktlich zur arbeit gekommen oder hat er sich sehr verspaetet?


    gruss poem

  • Ja, bekommen wir da bos Abenteuer als Ersatz für BJ?
    Der Alltag und seine Tücken? Kleiner bo, was nun?
    Au ja.
    Ich will mehr lesen
    :wave
    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Wenn er dieses fortgesetzte böswillige Kleingeschreibsel noch lassen würde, dann könnte bo auch locker flockig beim Schreibwettbewerb antreten. So erkennt man ihn aber sofort. :-) Das März-Thema hätte doch wunderbar zu der tollen Story gepasst.


    Gruss,


    Doc

  • aber das ist doch nur selbsttherapie, wie tom immer so schön sagt! :lache außerdem schnell hingeschribselt...für eine richtige geschichte fehlt mir - noch - die geduld.


    bo


    PS: Wolke - es gibt noch keine geschichten! da müssen mich die leuts öfter wütend machen...


    PPS: aber vielen dank an alle! :knuddel1

  • Zitat

    Original von bogart
    PS: Wolke - es gibt noch keine geschichten! da müssen mich die leuts öfter wütend machen...


    Och Bo, du mußt doch nicht gleich wegen eines Wutanfalles schreiben, obwohl ich so richtig gemerkt habe, wie die Wut so langsam aber sicher in dir hochgekrochen ist.
    Die Geschichte hat mir jedenfalls sehr gut gefallen, du hast da ein verborgenes Talent ausgegraben. Mach weiter so! :knuddel1

  • okay, leuts!


    ich habe es wirklich versucht! ganz ehrlich!!!
    und ich war auch letzten freitag mit meinem 'dumm-gelaufen'-beitrag fertig! aber der hatte über 1500 wörter! und ich wußte beim besten willen nicht, was ich da kürzen sollte...bin halt eine labertasche...


    aber trotzdem will ich euch meinen beitrag außer konkurrenz in den rachen schmeißen!


    viel spaß!


    bo :-)


    PS: lob ist willkommen, kritik wird ernstgenommen, der rest ignoriert!


    Er kam sich vor wie in einem Zoo.
    Nach dem Umzug in die neuen Büroräume kamen sie alle, die sich sonst nie in der Abteilung blicken ließen. Sie laberten von erfolgreicher Umstrukturierung, klopften ihm und den anderen Verbliebenen auf die Schulter. Er grinste immer höflich und fragte sich, ob es auch Aktenvernichter für die Marke „überflüssiger Overhead-Fuzzi“ gab.
    Wenigstens konnte er mit dem neuen Arbeitsplatz zufrieden sein. Die meisten der Kollegen saßen doch recht gedrängt in dem neuen Großraumbüro. Er hatte seinen Schreibtisch ganz hinten an der Rückwand und somit etwas mehr Platz. Den Raum bis zum Eingang konnte er gut überblicken. Allerdings ließ die riesige Fensterfront zu seiner Linken jetzt im April schon erahnen, daß sich der gesamte Bereich im Hochsommer in eine Sauna verwandeln würde.


    Der Marketing-Manager schaute vorbei und steuerte sofort auf ihn zu. Der Meister der Inkompetenz, dachte er sich, versuchte aber, halbwegs nett zu grüßen. Doch der Mann schaute nur aus dem Fenster und sagte: „Weißt du, daß du den besten Platz hast?“
    „Ahm, nö! Wieso?“
    „Na guck doch mal! Da drüben im Nachbarhaus, nicht mal zehn Meter über den Innenhof, da sitzen die geilsten Tussis! Die hast du den ganzen Tag vor der Nase, brauchst nicht mal aufzustehen!“
    Er wendete betont gelangweilt den Kopf. Natürlich hatte er sie schon bemerkt! Die Vorzimmermädels da drüben konnte er nicht übersehen! Aber was hatte er davon? Das war nicht seine Liga.
    „Was interessieren mich die blöden Weiber“, antwortete er. Sein Ton klang zu scharf, um glaubhaft zu wirken.
    Der Manager grinste blöd.
    „Nun stell dich mal nicht so an! Mann, ich wäre froh, wenn ich während meiner Arbeit solch einen Ausblick genießen könnte! Aber ich habe nur so einen beschissenen Parkplatz vor’m Haus.“
    Ach, du arbeitest auch?, hätte er beinahe laut gefragt.
    Nun kamen noch andere Kollegen dazu und schauten aus dem Fenster. „He, wenn dir der Platz nicht gefällt, kannste ja mit mir tauschen“, meinte einer.
    Sie lachten. Er blickte auf seinen Monitor und hoffte, daß sie endlich verschwinden würden.


    Langsam kehrte der Alltag wieder ein. Die Deadline für das aktuelle Projekt rückte immer näher. Er hatte viel zu tun.
    Manchmal, wenn er von seinen Unterlagen aufsah und über etwas nachdachte, wurde ihm erst nach einiger Zeit bewußt, wo er hinstarrte.


    Sie saßen meist an ihren Computern oder schauten auch mal gemeinsam auf einen Monitor und diskutierten. Ab und zu stand eine von ihnen gleich am Fenster in so einer Art Kochecke, hielt eine Tasse in der Hand und schaute herüber. Ob sie ihn sehen konnte?
    Nein, sie waren wirklich nicht häßlich! Und noch ganz schön jung! Die eine, vielleicht eine Praktikantin, höchstens um die Zwanzig. Dagegen kam er sich schon steinalt vor. So eine würde ihn auf der Straße nicht einmal bemerken.


    An einem Morgen passierte es dann.
    Sein Rechner lief gerade hoch. Als er beim Warten hinüberblickte, sah er eine der Sekretärinnen hereinkommen. Sie war offenbar die erste, stellte ihre Handtasche ab und blickte zufällig in seine Richtung. Sicher war er sich nicht, aber es so sah aus, als ob sie ihm zunickte. Mehr automatisch als bewußt antwortete er auf dieselbe Weise und drehte sich weg.


    Sie kam fast immer zur selben Zeit wie er und nickte ihm zu. Manchmal schenkte sie ihm auch ein Lächeln, aber nur, wenn sie noch allein im Büro war. Was er davon halten sollte, wußte er nicht, aber mit der Zeit betrachtete er sie wie eine Kollegin, die man morgens einfach grüßte.
    Er hielt wirklich nichts von diesen „Büromiezen“. Viele in seiner Firma schienen alle Klischees, die einem für gewöhnlich dabei einfallen würden, in sich zu vereinigen. Dumme, oberflächliche Puten! Und fertig! Wenn er sich einredete, daß sie es nicht wert sind, brauchte er sich nicht zu ärgern, wenn sie ihn nicht beachteten.


    Doch nach einigen Tagen wartete er schon darauf, daß sie während der Arbeit mal aufsah und ihn wahrnahm. Manchmal, wenn die Frühlingssonne zwischen die Häuserfluchten lugte, konnte er die Frauen herumalbern hören, wenn sie am offenen Fenster standen und rauchten. Aber dann beachtete sie ihn kaum, warf ihm höchstens einen flüchtigen Blick zu, wenn die anderen gerade beschäftigt waren.
    Sie war anders als ihre Kolleginnen! Da war er sich sicher. Nicht so übertrieben elegant, so aufgemotzt, sondern eher leger. Ihrer Figur nach zu urteilen, trieb sie bestimmt Sport. Sie hatte garantiert mehr im Kopf als ihre Freundinnen, die sie samstags mit in die Disko schleppten, um sie mit irgendeinem Idioten zu verkuppeln.


    Ob er einfach mal rübergehen sollte? Aber was sollte er dann sagen? Hallo, ich bin der von da drüben und will Hallo sagen? Die schmeißen sich weg vor Lachen! Vor den Kolleginnen wäre ihr das bestimmt peinlich!
    Vielleicht ergab sich ja mal eine Gelegenheit. Aber auf der Straße hatte er sie noch nie gesehen. Wahrscheinlich kam sie immer mit dem Auto und parkte in der Tiefgarage.


    Seine Kollegen bemerkten nichts. Zwar kamen sie ab und zu an seinen Tisch, sprachen mit ihm über die anstehenden Probleme, schauten bemüht beiläufig hinüber, flachsten herum und gingen wieder. Dann war er wieder mit ihr „allein“! Dann bekam er, wenn er Glück hatte, sogar ein verführerisches Lächeln von ihr! In solchen Momenten glaubte er zu schweben. Irgendwann mußte er sie treffen!


    Seit ein paar Tagen war sie allein im Büro.
    Ab und zu kam eine Chefin vorbei. Das erkannte er daran, daß sie dann in Aktionismus verfiel, irgendwelche Papiere zusammensuchte, Wasser aufsetzte oder Telefonate führte. Er studierte ihre Gesten. Besonders mochte er ihre Nachdenkpose vor dem Monitor. Den Kopf leicht schräg gestellt, die Stirn in Falten, spielte sie meist mit dem Haargummi, wenn sie ihren Pferdezopf geöffnet hatte. Einmal mußte er laut auflachen, als sie aus Versehen den Gummi mit ihren Fingern durch das offene Fenster nach draußen schnippste. Erst schaute sie verdutzt, aber dann lachte sie mit und winkte ihm zu. Von nun an bekam er immer einen Winker zum Feierabend!


    Auch gestern! Aber noch intensiver als sonst!
    Es war spät geworden, aber das machte ihm nichts aus. Zuhause wartete niemand. Also saß er immer, bis sie Schluß machte. Vielleicht traf er sie ja doch einmal vor der Tür.
    Ihm stockte beinahe das Herz, als er sah, wie sie ein großes Blatt an die Fensterscheibe hielt und ihn angrinste. Darauf standen Zahlen. Eine Telefonnummer? Nein, es waren nur vier Ziffern, und außerdem so komisch angeordnet!
    Eine Drei, darunter eine Fünf und eine Sechs, und in der letzten Reihe eine Acht. Angeordnet waren sie wie auf einem Taschenrechner. Er schaute sie groß an und hob die Schultern. Dann bedeutete er ihr, sie solle das Fenster aufmachen, aber sie schüttelte den Kopf.
    Drei, Fünf, Sechs, Acht? Was wollte sie damit sagen?
    Sie zeigte noch einmal auf das Blatt, dann auf ihn und malte in der Luft einen großen Bogen zu ihr zurück. Er sollte rüberkommen? Jetzt? Aber wozu die Zahlen? Ihr Zeige- und Mittelfinger wanderten eine imaginäre Treppe hinauf, dann tippte sie auf die Ziffern und stach vier mal in die Luft, als wollte sie etwas eingeben. Danach öffnete sie theatralisch eine Tür.
    Er schlug sich mit der Hand an den Kopf, denn er begriff nun, was sie meinte. Lachend zeigte er auf seine Uhr und hob fünf Finger. Sie nickte und lächelte verschwörerisch.
    Noch schnell den Rechner runterfahren, den Kram zusammenpacken, und dann würde er sie endlich treffen! Nun konnte es nicht schnell genug gehen. Die Zahlen, wie waren noch einmal die Zahlen? Drei, Fünf, Sechs, Acht?
    Als er die Treppen hinunterrannte, schalt er sich einen Narren. Wenn sie nicht endlich die Initiative ergriffen hätte, wäre es wohl nie dazu gekommen.


    Der Eingang vom Nachbarhaus war noch offen. Er hastete die Treppen hinauf bis zum dritten Stock. Neben dem elektronischen Türschloß stand der Name einer Medienfirma, die er nicht kannte. Aber das war jetzt auch nicht wichtig. Er versuchte sich zu beruhigen und holte tief Luft. In wenigen Sekunden würde er ihr gegenüberstehen! Ihm fiel ein, daß er nicht einmal wußte, was er dann sagen sollte. Schließlich hatte er kaum Erfahrungen auf dem Gebiet. Aber nun war er so weit gekommen. Der Rest würde sich von allein ergeben.
    Er tippte die vier Zahlen ein. Das Summen signalisierte ihm, daß er die Tür nun öffnen konnte. Nachdem er sie aufgedrückt hatte, stand er in einem langen Flur. Keine Menschenseele war zu sehen. Er zitterte leicht und schritt nur langsam voran. Wenn er sich richtig orientierte, mußte ihr Arbeitsplatz weiter hinten sein. Am Ende des Ganges entdeckte er eine offene Bürotür.
    Er schloß noch einmal kurz die Augen, bevor er leise an die Tür klopfte.
    Nichts! Ein Blick in das Zimmer überzeugte ihn davon, daß er hier richtig war, aber sie konnte er nicht entdecken. Verwirrt schaute er sich um. Dann hörte er Stimmen, die näherkamen.


    Plötzlich stand sie im Türrahmen.
    Und hinter ihr eine ältere Frau, die offenbar die Chefin war und sehr erzürnt auf sie einredete.
    „Ich mache hier nicht umsonst Überstunden, damit wir das Problem in aller Ruhe regeln können! Du gehörst zu den wenigen, die Zugang zu den Räumlichkeiten haben. Die anderen waren die letzte Zeit nicht da. Also erkläre mir bitte, wer das ganze Zeug gestohlen haben soll! Und ich will keine Märchen hören, verstanden?“
    Der Schreck durchfuhr beide gleichermaßen, als sie ihn entdeckten.
    „Wer sind Sie denn?“, fragte die Ältere.
    Er versuchte zu sprechen, aber aus seinem Mund drang kein Laut. Langsam erhob er den Arm und zeigte auf sie.
    Nun drehte sich die Chefin zu ihr und fragte: „Kennst du den Mann? Hast du ihn hereingelassen?“
    Sie sah ihn kurz an. Dann schüttelte sie langsam den Kopf.

  • Okay bo, ich hab ein bischen Kritik, aber auch Lob. :-)


    Lob zuerst. Gute Idee und der Schluß ist pfiffig und sehr gelungen. Mir gefällt es gut, aber ein paar Kritikpunkte habe ich doch.


    Du hast an einigen Stellen zuviele "dann" verwendet, manchmal sogar in direkt aufeinanderfolgenden Sätzen. Unschön. Meiner Meinung nach hättest Du die Story locker auf 1000 Worte zusammenstreichen können. Gerade der Anfang ist unnötig lang geraten und auch im Mittelteil sehe ich enorm viel Kürzungsspielraum. Da sind noch viel zu viele Ausschmückungen drin, die die Geschichte nicht voranbringen und einfach unwichtig sind.


    Meine ehrliche Meinung: Du wärst mit der Story beim Wettbewerb ganz vorn mit dabei gewesen, wenn Du Dir ein Autorenherz genommen hättest und gestrichen und überarbeitet hättest, was das Zeug hält. Vorallem ist das Thema wunderbar getroffen.


    Gruss,


    Doc