Strasse der Toten - Joe Lansdale

  • Der Autor: Joe Lansdale ist nicht nur in jedem Genre zuhause, er nimmt gerne auch mal zwei oder mehr und mixt sie zusammen.
    Sein „Hauptwerk“ – so könnte man sagen – spielt in der Zeit der Grossen Depression in seiner Heimat Texas.
    Doch auch seine anderen Romane verlassen selten seine Heimat, und manch ein Weg führt direkt zu Lansdale nach hause....


    Das Werk: Als Reverend Jebidiah Mercer nach Mud Creek kommt will er eigentlich nur seinem Pferd etwas Ruhe gönnen und selber ein wenig verschnaufen. Er ahnt nicht das das Böse bereits erwacht ist, und es ist hungrig.


    Und es dürstet nach Rache!



    Meine Rezension: „Western“ waren immer schon die Mythologie der Amerikaner. Die genreüblichen Klischees sind so alt wie der Westen selber, und beide hatten kaum etwas miteinander gemein, allerdings überlebten hauptsächlich die „Legenden“.
    Und irgendwann fingen einige Leute an diese Mythologie zu verwenden, um ihre eigene Sichtweise zu schildern, sie rührten solange verschiedene Zutaten und Gewürze in den Westernmythensuppentopf, bis alles ihrem Geschmack entsprach.


    Und warum sollte ein indianischer Medizinmann nicht dieselbe Rolle einnehmen wie in Europa ein Druide, Hexer oder Zauberer? Sollte Vampire und Zombies der Zutritt zum „Wilden Westen“ verwehrt bleiben, nur weil sie keine breitkrempigen Hüte auf dem Kopf und einen Colt an der Hüfte tragen sondern genau diese Utensilien das einzige sind, was sie von ihren Opfern zurücklassen – zumindest was Zombies angeht – die essen keinen Filz.
    Und auch untote Cowboys können cool sein....


    Diese vollständige Ausgabe der Jebidiah-Mercer-Geschichten sind eine Hommage an einige der Pulp- und „Weird-Western“- Geschichten, welche Joe Lansdale lange begleiteten und ihn – was das Aufzeigen von literarisch Möglichem angeht – bis heute prägen.


    Immer wieder durchbricht Joe Lansdale die Genregrenzen, seine Werke können kaum in nur eine Schublade gesteckt werden – mit Ausnahme dieses Buches: Es kommt in die Lade mit dem abgefahrenen, coolen Zeugs, das sonst nirgendwo reinpasst!


    Die Zutaten sind bekannt, auch wenn die Figuren vor ihrer Verwendung gelansdaled wurden. So haben wir zwar Zombies, Vampire und ähnliches, welche allerdings – in der Tradition wurzelnd – den Gegebenheiten der Geschichten angepasst wurden.


    „Strasse der Toten“ ist pure „Weird Western Pulp“ – Literatur, hier ist alles erlaubt was (den Lesern solcher Geschichten) Spaß macht und gruselig ist.


    „Pulp-Literatur“ sollte hier allerdings keinesfalls mit der heute üblichen minderwertigen Groschenheftliteratur a la „Lassiter“ usw verwechselt werden. Immerhin waren diese „Pulps“ der kreative Nährboden für manchen bedeutenden Autor, viele der Figuren sind heute noch populär und leben in Comics, Filmen und Büchern weiter.


    (Nun, meine absolut unkritische Verehrung für Joe Lansdale hat sich sicherlich schon herumgesprochen – würde jemand „Joe Lansdale“ auf das Telephonbuch von Nacogdoches schreiben würde ich auch das mit Begeisterung lesen.)


    „Strasse der Toten“ macht einfach Spaß, weil es sich an keine Regeln ausser den eigenen hält, weil es spannend und spaßig zugleich ist, die Figuren ebenso Klischee wie Joes eigene Erfindung sind.


    Hier zeigt sich eine andere Seite von Joe Lansdale, welche in Meisterwerken wie „Die Wälder am Fluß“ nur ansatzweise zu erkennen ist – wenn es zB. um grausige Details eines Mordes geht.
    Dieses Buch trifft sicherlich nicht jedermanns Geschmack, auch der ein- oder andere Lansdale-Fan könnte hier passen wollen.
    Alle anderen werden ihren Spaß haben!


    Also schwingt eure Ärsche in den Sattel, auf nach Texas!

  • Eine Storysammlung, die ohnehin bei mir auf dem Bestellzettel steht. Aber jetzt habe ich noch mehr Lust bekommen sie mir zu holen.


    Zitat

    Original von Bodo
    ...viele der Figuren sind heute noch populär und leben in Comics, Filmen und Büchern weiter.


    ...würde jemand „Joe Lansdale“ auf das Telephonbuch von Nacogdoches schreiben würde ich auch das mit Begeisterung lesen.


    Landsdale hat auch einige Weird-Western-Comics getextet, u.a. Jonah Hex: Two Gun Mojo.
    Aber vermutlich weißt du das schon.

  • Zitat

    Original von Märchenonkel
    Eine Storysammlung, die ohnehin bei mir auf dem Bestellzettel steht. Aber jetzt habe ich noch mehr Lust bekommen sie mir zu holen.



    Landsdale hat auch einige Weird-Western-Comics getextet, u.a. Jonah Hex: Two Gun Mojo.
    Aber vermutlich weißt du das schon.


    Jeah, er hat auch zu "Conan" einige Texte verfasst - er hatte das Glück diesen "Helden seiner Jugend" seinen Stempel aufdrücken zu dürfen.

  • Yeah Bodo! Ich bin deinem Aufruf gefolgt und habe meinen Arsch auf einen Sattel geschwungen und bin nach Texas geritten. Geradezu auf dem direkten Weg in die Hölle!


    Ein Vampir-Wild West Roman? Au weja! Darf man die komplett unterschiedliche Genres der Western mit dem Horror von Zombies, Werwölfen und anderen dämonischen Kreaturen mischen? Grundsätzlich wohl eher nicht aber in trashigen Film-B-Movies wurde genau dies in den 70er/80er Jahren gemacht und warum sollte das die Literatur nicht auch dürfen? Wenn man es so erzählt wie Joe R. Lansdale in diesem Buch tut macht es sogar einen Heidenspass. Eigentlich müsste man diese Art Roman Schundliteratur nennen aber so unglaubhaft es vielleicht klingt, es ist durchaus lesenswert was ich hier vorgefunden habe. Potentielle Leser/-innen seien jedoch vorgewarnt, es fliesst viel Blut und es wird viel gestorben in diesen Geschichten aber auf die spezielle, gekonnte Weise wie Joe R. Lansdale es schreibt und in eine zwielichtige Umgebung einbettet ist es zu ertragen. Vielleicht weil er das Böse als gegeben hinnimmt und sich nicht daran sinnlos ergötzt? Keine Ahnung wie ich es beschreiben soll, Lansdale kanns einfach. Punkt.


    Reverend Jebidiah Mercer ist ein Gesandter Gottes, ein finsterer Bote des Herrn und gleichzeitig hasste er diesen zynischen Scheisskerl im Himmel von ganzem Herzen! Er interpretiert die Bibel ganz nach dem Alten Testament: Gnadenlos, unerbittlich, rachsüchtig und kompromisslos. Jebidiah ist erwählt oder besser gesagt dazu verdammt worden gegen das Böse anzukämpfen wo immer es seinen Weg kreuzt. Er ist Hammer und Amboss des Herrn, sein rechter Arm, seine donnernde Faust. Das scharfe Schwert und sein krachendes Gewehr. Der einsame Cowboy der mit Bibel und Colt auf brutale Art alles wieder ins rechte Lot bringt was dunkle Mächte oder der Teufel an unheimlichen Orten verrückt haben.


    Es gibt insgesamt fünf gespenstische Wild West-Geschichten die der Schriftsteller Joe R. Lansdale mit Prediger Jebidiah Mercer als Protagonist geschrieben hat und alle sind in diesem Buch enthalten das der Golkonda Verlag übrigens sehr schön gestaltet hat. Eine längere Geschichte über knapp 130 Seiten und vier kürzere à je rund dreissig bis vierzig Seiten. Bei der ersten Geschichte geht es um Zombies die von einem toten indianischen Schamanen oder Medizinmann geführt werden, bei der Zweiten um einen toten Imker der als Bienenmann sein Unwesen am Wegesrand treibt, bei der Dritten sind es Werwölfe die eine Geisterstadt terrorisieren, bei der Vierten ein schlammiges undefinierbarer Ding aus einem Brunnen bei einer abgelegenen Klein-Ranch und bei der Letzten um Kobolde in einer Silbermine nahe eines Goldgräberstädchens.


    Die vier kürzeren Geschichten enden mir etwas gar schnell, ich hätte sie gerne etwas ausführlicher gehabt. Ja ich weiss, ein doofer Einwand von mir. Kurzgeschichten sollen kurz und knapp sein sonst wären es ja keine Kurzgeschichten. :grin Ich bin es mir halt nicht gewöhnt da ich eigentlich immer ganze Romane lese. Dennoch erlaube ich mir dafür und die plakativen Figuren einen kleinen Abzug in der Gesamtwertung zu machen. Lesen sollte man dieses Buch natürlich Nachts oder alternative an einem trüb-grauen Regentag oder kurz vor einem Gewitter. Dann entfalten sie ihre Wirkung am Besten.


    Diese Erzählungen sollen nicht zum Nachdenken anregen sondern sie dienen der reinen Unterhaltung. Es sind traditionelle und zügig zu lesende Storys und wenn man sich dabei etwas gruselt umso besser. Zwischendurch gab es Szenen bei der ich vor Freude spontan die Faust geballt habe oder vor Begeisterung johlend auf den Lesesessel gestanden bin und mit dem Arm lassoschwingende Kreisbewegungen vollzogen oder mit dem Zeigfinger wie ein Revolverheld auf imaginäre untote Kreaturen geschossen habe. Yessssss! Geil! Ich möchte sicher nicht dauernd so etwas lesen aber Ausnahmsweise ist es schon eine vergnügliche Sache. Wertung: 8 Eulenpunkte

  • Zitat

    Original von sapperlot
    Yeah Bodo! Ich bin deinem Aufruf gefolgt und habe meinen Arsch auf einen Sattel geschwungen und bin nach Texas geritten. Geradezu auf dem direkten Weg in die Hölle!


    Achje, ihr Schweitzer! Man schwingt den Arsch in den Sattel! Oder sich aufs Pferd! :chen


    Im Herbst plant Golkonda die Veröffentlichung eines weiteren Lansdale-Romans - "Lost Echoes"! :wave





    Is cool in Texas, oder?

  • Zitat

    Original von Bodo
    Achje, ihr Schweitzer! Man schwingt den Arsch in den Sattel! Oder sich aufs Pferd! :chen


    Wenn Du Schweizer zukünftig ohne tz schreibst werde ich mich auch in einen Sattel der auf einem Pferd ist schwingen. :chen :wave


    PS der Golkonda Verlag gestaltet echt schöne "Lansdale" Bücher.

  • Titel: Strasse der Toten
    Autor: Joe R. Lansdale
    Verlag: Golkonda
    Erschienen: 2013
    Seitenzahl: 285
    ISBN-10: 3942396564
    ISBN-13: 978-3942396561
    Preis: 16.90 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    Reverend Jebediah Mercer weiß die Bibel ebenso gut zu handhaben wie seine Revolver. Von seinem schlechten Gewissen verfolgt hetzt er durch den Wilden Westen und legt sich mit allem an, was sich ihm in den Weg stellt: indianischen Zombies, hungrigen Ghulen, Gespenstern, Werwölfen und anderen grässlichen Geschöpfen. Und doch ist er stets nur auf der Suche nach innerem Frieden ...


    Der Autor:
    Joe R. Lansdale hat zahlreiche Romane und Stories in den Genres Krimi, Horror und Western verfaßt und zahlreiche Anthologien herausgegeben. Er wurde mit dem British Fantasy Award, dem American Mystery Award, dem Edgar Award und sechsmal mit dem Bram Stoker Award ausgezeichnet. Er lebt mit seiner Familie in Nacogdoches, Texas.


    Meine Meinung:
    Ein wunderbares Buch. Horror-Trash vom Feinsten. Brutal, leicht melancholisch und einfach gut erzählt. Mit seiner sparsamen Erzählweise zieht der Autor seine Leser schnell in seinen Bann. Das Böse wird gnadenlos aufgemischt und der Reverend ist immer unterwegs als „Lonesome Rider“, immer vorwärtsgetrieben von seiner Mission. Bei der Person des Reverend Jebidiah Mercer hatte ich immer Clint Eastwood vor Augen und zwar in seiner Rolle als Prediger in „Pale Rider“. Dieses Buch von Joe R. Lansdale ist mehr als nur einer dieser hinlänglich langweiligen „Knall-Bumm-Umkipp-Western“ – es ist viel mehr. Es verbindet klassische Westernelemente mit klassischen Horrorelementen und mischt sie so geschickt zusammen, dass etwas Neues entsteht.
    Eigentlich ist es auch ein im Grunde sensibles Buch, wobei sich die Sensibilität fast nicht sichtbar hinter einer dicken Wand aus Horror und Brutalität versteckt – aber sie (die Sensibilität) ist da. Ein Buch aber auch über die Abgründe im Menschen, über die Perversion des menschlichen Handelns und Denkens – ein Buch das es einfach lohnt gelesen zu werden. 8 Punkte für das vielleicht „etwas andere“ Buch.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.