Autorenpseudonyme - oder - Wie kurzsichtig ist der Durchschnittsleser?

  • Zitat

    Original von LeSeebär


    Dennoch gibt es da ein Problem: Die meisten Bücher werden offenbar an Leute verkauft, die sich eben nicht so sehr wie die Eulen mit den Büchern befassen, sondern einfach ins Geschäft gehen und nicht mal die erfundene Identität des Autoren lesen, sich statt dessen ausschließlich vom Namen leiten lassen (was die Person des Autors angeht, in erster Linie lassen sie sich natürlich vom Schmetterlingscover leiten). Solange die Pseudonyme also von den meisten Käufern nicht mal als solche erkannt werden (Du selbst brachtest das Beispiel der "Australierin Lark"), wird sich also im Kaufverhalten der breiten Masse gar nix ändern können.


    Eben weil es der breiten Masse meines Erachtens egal ist - und deshalb betrachte ich den Schwindel als nicht besonders tragisch. Wer es wirklich wissen will, der kriegt es raus.


    Dann mag Irmie Hinterhuber sich einen arabisch klingenden Namen zulegen, so what? Es leben heutzutage genug arabischer Mädchen in Deutschland, die Berlin in- und auswendig kennen und noch nie in Kairo waren. Ein Name sagt im Zeitalter der Migration nicht mehr sehr viel aus. Grenzwertig wird es für mich, wenn da steht: die Autorin hat Orientalistik studiert, mehrere Jahre in Ägypten verbracht usw. Während Irmie in Wahrheit Versicherungsfachfrau ist und vor Jahren mal einen Arabischkurs an der Volkshochschule machte, weil sie sich in einen Ägypter verliebt hatte. Da wird ein Fachwissen vorgetäuscht, das nicht vorhanden ist. Zwar kommt es am Ende natürlich auf das Buch an, aber mir wäre es als Autorin unangenehm, derart zu mogeln, und ich würde mit allen Mitteln versuchen, das dem Verlag auszureden.


    Wenn es nur um eine gefakete Identität geht, sehe ich die Dinge aber wieder nicht so schlimm. Dafür mag es Gründe geben, die mit dem Buch selbst garnichts zu tun haben. Nehmen wir mal an, eine angesehene Anwältin oder Frau Studienrat an einem Gymnasium in einer konservativen Gegend schreibt in ihrer Freizeit heiße Erotik à la Shades of Grey. Die MUSS ihre wahre Identität doch bedeckt halten, wenn sie ihren Brotjob nicht gleich an den Nagel hängen will. Da gibt sie eben einen anderen Wohnort an und eine andere Ausbildung. Das ist doch eigentlich egal, oder?


    Tereza

  • Zitat

    Original von LeSeebär
    Auch dem Punkt "Kaufverhalten" stimme ich zu. Ich bin zwar nicht die Zielgruppe für die L+L-Romane, aber der von mir erwähnte Franzosen-Krimi z.B. hätte mit einem etwas interessanteren Inhalt durchaus mein Interesse geweckt - völlig egal, ob das ein Deutscher, ein Russe oder ein Franzose schreibt, solange er ehrlich ist. In diesem Falle finde ich aber, daß der Kunde vom Verlag oder dem Autoren definitiv nicht ernst genommen wurde und werde Bücher dieses Autoren künftig ebenso meiden wie die falsche Thriller-Autorin, die hier von anderer Seite verlinkt wurde.


    Das Problem an Bannalec ist für mich weniger, nicht ernst genommen zu werden, sondern die Mogelpackung.


    Ich weiß gar nicht, ob es in Frankreich das Genre Regionalkrimi überhaupt gibt. Aber ich kenne und schätze französiche Krimis, auch wenn die oft ganz anders sind als deutsche. Von russischen ganz zu schweigen.


    Bannalec habe ich gelesen, als mir noch gar nicht klar war, dass es da eine Diskussion gibt. Und ich wollte mal sehen, wie ein Bretone die Bretagne sieht, welches Verbrechen er sich ausdenkt.
    Und, ich wiederhole mich, ich musste dann einen vom Aufbau, Schreibstil, Tonfall durch und durch deutschen Regionalkrimi lesen. Da hab ich also Lavendelhonig gekauft und Zuckerrübensirup gekriegt :-(

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

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    Original von Tereza


    Eben weil es der breiten Masse meines Erachtens egal ist - und deshalb betrachte ich den Schwindel als nicht besonders tragisch. Wer es wirklich wissen will, der kriegt es raus.


    Ich glaube, der breiten Masse der Käufer wäre es nicht so egal, aber da sie nicht auf die Idee kommen, daß der Name nicht echt ist, wird man sich nicht informieren. (wie gesagt, ich gehörte bis vor vier Jahren auch zu dieser Masse uninformierter Leser - bis ich die Eulen entdeckt habe) Dann kommt noch dazu, daß es ja bei L+L fast alle machen, demzufolge ist es gerade hier schwer, auszuweichen, wenn einem das Genre gefällt.


    Zitat

    Dann mag Irmie Hinterhuber sich einen arabisch klingenden Namen zulegen, so what? Es leben heutzutage genug arabischer Mädchen in Deutschland, die Berlin in- und auswendig kennen und noch nie in Kairo waren. Ein Name sagt im Zeitalter der Migration nicht mehr sehr viel aus..


    Richtig, dennoch denke ich, daß man als Käufer durchaus bei den Namen etwas im Hinterkopf hat und das ist bei einem arabischen Namen mit einem in Arabien spielenden Buch vermutlich nicht gerade die Migrantentochter aus dem Ruhrgebiet.


    Zitat

    Wenn es nur um eine gefakete Identität geht, sehe ich die Dinge aber wieder nicht so schlimm. Dafür mag es Gründe geben, die mit dem Buch selbst garnichts zu tun haben. Nehmen wir mal an, eine angesehene Anwältin oder Frau Studienrat an einem Gymnasium in einer konservativen Gegend schreibt in ihrer Freizeit heiße Erotik à la Shades of Grey. Die MUSS ihre wahre Identität doch bedeckt halten, wenn sie ihren Brotjob nicht gleich an den Nagel hängen will. Da gibt sie eben einen anderen Wohnort an und eine andere Ausbildung. Das ist doch eigentlich egal, oder?


    Wie gesagt, gegen eine Umbenennung von Irmie Hinterhuber in Lisa von Blumenfeld habe ich nix. Da wird meiner Ansicht nach keine falsche Illusion aufgebaut. Und wenn die Erotik-Autorin ihren Wohnsitz von Flensburg nach Koblenz verlegt, ist das sicher auch kein Problem. Ob man da überhaupt einen Brotjob veröffentlichen muß, halte ich sowieso für fragwürdig.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Was ich mich seit einigen Seiten frage:
    Gibt es das genre des Love&Landscapes/ Landschaftssaga/ historische Auswanderliebesromane oder wie man es nennt, weltweit?
    Gibt es überhaupt Australierinnen, die romantische Auswandergeschichten schreiben, die in Australien spielen?
    Gleiches auf Indien, Afrika oder Mexiko bezogen?


    Es ist nicht mein Genre, daher weiß ich das wirklich nicht, klärt mich jemand auf?

  • Zitat

    Original von DraperDoyle


    Bannalec habe ich gelesen, als mir noch gar nicht klar war, dass es da eine Diskussion gibt. Und ich wollte mal sehen, wie ein Bretone die Bretagne sieht, welches Verbrechen er sich ausdenkt.
    Und, ich wiederhole mich, ich musste dann einen vom Aufbau, Schreibstil, Tonfall durch und durch deutschen Regionalkrimi lesen. Da hab ich also Lavendelhonig gekauft und Zuckerrübensirup gekriegt :-(


    Steht denn auf dem Buch drauf, dass er Bretone ist? Oder bist du nur nach dem Namen gegangen? Ich kenne in dem Fall weder Buch noch Autor, würde mich aber nie darauf verlassen, dass jemand mit französischem Namen auch typisch französische Krimis schreibt.


    Bei diesen L&L-Romanen bitte ich noch zu bedenken, dass hier die exotische Welt hauptsächlich aus der Perspektive von Europäern geschildert wird. Daher sehe ich keinen Grund, warum Europäer das nicht schreiben dürften. Ein Genre dieser Art gibt es auch in den jeweiligen Ländern nicht unbedingt, jedenfalls nicht mit Schwerpunktthema deutsche Auswanderer.


    Eines der ersten und erfolgreichsten Bücher dieses Genres, der Chile-Roman von Carla Federico, ist übrigens auch schon auf Spanisch erschienen. Gerade in Chile soll er sehr erfolgreich gewesen sein. Hätte die Autorin keine Ahnung von dem Land gehabt - wer sollte das bitte besser merken können als die Chilenen?


    Tereza

  • Zitat

    Original von LeSeebär


    Richtig, dennoch denke ich, daß man als Käufer durchaus bei den Namen etwas im Hinterkopf hat und das ist bei einem arabischen Namen mit einem in Arabien spielenden Buch vermutlich nicht gerade die Migrantentochter aus dem Ruhrgebiet.


    Das ist nicht ganz verkehrt. Es wird hier mit Assoziationen jongliert. Aber warum dütfte z.B. ich (als übrigens tschechische Migrantentochter) mich zwar wie eine Deutsche nennen, aber nicht wie eine arabische, spanische, mexikanische oderwasauchimmer Migrantentochter? Wäre ein englisches Pseudonym hingegen für dich wieder akzeptabel? Oder irgendewas neutral-kosmopolitisches wie etwa Susannah Simon oder so? Das eine ist nicht mehr gelogen als das andere - und irgendwann wir die Sache haarspalterisch.:grin


    Abgesehen davon hat Mulle recht: schon die deutsche Hauptfigur lässt vermuten, dass hier jemand schreibt, der stark in Deutschland verwurzelt ist. Ich glaube wirklich nicht, dass die meisten meiner Leser mich für eine Mexikanerin halten, nur weil da ein spanisch klingelnder Name auf meinem Mexiko-Buch steht.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Zitat

    Original von Mulle
    Was ich mich seit einigen Seiten frage:
    Gibt es das genre des Love&Landscapes/ Landschaftssaga/ historische Auswanderliebesromane oder wie man es nennt, weltweit?
    Gibt es überhaupt Australierinnen, die romantische Auswandergeschichten schreiben, die in Australien spielen?
    Gleiches auf Indien, Afrika oder Mexiko bezogen?


    Es ist nicht mein Genre, daher weiß ich das wirklich nicht, klärt mich jemand auf?


    Dort heißt es wohl eher romance/landscape,
    interessant ist der Artikel bei Wikipedia
    *klick* über die Entwicklung im Bereich der Liebesromane ("romances"):


    Zitat

    By 2000, the covers had begun to evolve from featuring a scantily clad couple to instead showing a view of the landscape featured in the novel.


    Um 2000 zeigten mehr und mehr Titelbilder eher Landschaftszenen als ein spärlich bekleidetes Paar.


    und gleich darunter:


    Zitat

    Some publishing companies in Germany refuse to allow their romance authors to use their own names, fearing that the German audience will not buy a romance novel that does not have an Anglo-American pseudonym.


    Einige deutsche Verlage verweigern den Autoren die Verwendung ihres eigenen Namens, weil sie befürchten, dass Liebesromane sich nur mit einem anglo-amerikanischen Pseudonym verkaufen.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

  • Natürlich gibt es in Ländern mit entwickeltem Verlagswesen jede Menge Genres. Wahrscheinlich gibt es sogar persische Regionalkrimis und 19.-Jahrhundert-Liebesromanzen auf Urdu. Russische YA, chinesische Vampirschnulzen, portugiesische Sci-Fi. Mich z.B. überraschen immer wieder die hochpolitischen Jugendbücher aus Lateinamerika.
    Alles da, würde ich sagen.


    Historische resp. Auswanderer-Romane von australischen Autorinnen:
    Anna Jacobs schreibt herzerwärmende Schnulzen über englische Einwanderer in Australien im 19. Jahrhundert. Guckt mal unter 'Swan River Saga', sie hat immer gleich Mehrteiler.
    Ein Beispiel von vielen.
    Ich empfehle auch die Website der 'Romance Writers of Australia'.


    Regionalkrimis in Frankreich findet man auch immer wieder, Gisèle Guillo schreibt bretonische. Zum Beispiel.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Tereza


    Steht denn auf dem Buch drauf, dass er Bretone ist? Oder bist du nur nach dem Namen gegangen? Ich kenne in dem Fall weder Buch noch Autor, würde mich aber nie darauf verlassen, dass jemand mit französischem Namen auch typisch französische Krimis schreibt.


    Ich habe das Buch leider weitergegeben, deshalb kann ich nicht mehr den genauen Wortlaut wiedergeben. Jedenfalls wird da der Autor als Halb-Bretone mit deutscher Mutter verkauft, und es wurde auch suggeriert, dass er lange dort gelebt hat/dort aufgewachsen ist.
    Selbst ich als erfahrene Leserin bin voll drauf reingefallen und habe erst während des Lesens gemerkt, dass da was nicht stimmen kann.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von magali
    Regionalkrimis in Frankreich findet man auch immer wieder, Gisèle Guillo schreibt bretonische. Zum Beispiel.


    Argh, die hab ich sogar im SUB :yikes


    Ich muss ja dringend Russisch-Hausaufgaben machen. Leider habe ich jetzt "Die Schöne von Carnac" aus dem Regal gezogen :cry

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von Tereza
    Das ist nicht ganz verkehrt. Es wird hier mit Assoziationen jongliert. Aber warum dütfte z.B. ich (als übrigens tschechische Migrantentochter) mich zwar wie eine Deutsche nennen, aber nicht wie eine arabische, spanische, mexikanische oderwasauchimmer Migrantentochter?


    Weil es aus meiner Sicht um die Assoziation geht. Wenn sich eine Migrantentochter (egal welcher Nationalität), die in Deutschland aufgewachsen ist, ein deutsches Pseudonym gibt, wird hier das assoziiert, was vorliegt. Wenn man aber ein Pseudonym wählt, daß zwar theoretisch auch in Deutschland denkbar ist, aber vom Leser eben doch eher im Ausland angesiedelt wird, sollen meiner Ansicht nach dem Leser falsche Versprechungen gemacht werden. Wenn dann noch eine gefälschte Biografie dazukommt, ist es aus meiner Sicht Verarschung pur.


    Zitat

    Wäre ein englisches Pseudonym hingegen für dich wieder akzeptabel?


    Für einen deutschen Autoren? Eindeutig nein.


    Zitat

    Oder irgendewas neutral-kosmopolitisches wie etwa Susannah Simon oder so?


    :gruebel Keine Ahnung.


    Zitat

    Abgesehen davon hat Mulle recht: schon die deutsche Hauptfigur lässt vermuten, dass hier jemand schreibt, der stark in Deutschland verwurzelt ist. Ich glaube wirklich nicht, dass die meisten meiner Leser mich für eine Mexikanerin halten, nur weil da ein spanisch klingelnder Name auf meinem Mexiko-Buch steht.


    Sehe ich recht ähnlich - wer überlegt, kann gerade beim Thema der Auswandererromane schnell drauf kommen, daß die von deutschen Autorinnen sind. Um so bemerkenswerter, daß viele Verlage trotzdem glauben, die Auswandererromane nicht unter deutschen Namen verkaufen zu können.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Zitat

    Original von sapperlot
    LeSeebär Ob ein Buch von einer deutschsprachigen Schriftsteller/-in stammt oder von eine(r) anderssprachigen siehst Du ganz einfach daran obs eine Übersetzung gab oder nicht. :wave


    :gruebel Hast Du diesen Thread gelesen?


    Es wurden mind. zwei Bücher genannt, in denen ein Übersetzer genannt wurde, obwohl es das angebliche Original nicht gab.


    Zudem habe ich vielfach darauf hingewiesen, daß sich der Durchschnittsleser eben nicht auf detektivische Spurensuche im Impressum, bei Amazon oder sonstwo begibt, sondern einfach im Buchladen Cover-Titel-Autor-Klappentext begutachtet und kauft.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Nö, hab längst nicht alles gelesen. War mir zu viel Blabla...


    Wenn der Roman im Original in einer andere Sprache veröffentlicht wurde steht in der Regel vorn im Buch der Originaltitel, welcher Verlag es war in dem das Original veröffentlicht wurde bzw. der Rechteinhaber und der/die Übersetzer/-in.


    Der Durchschnittleser macht sich auch längst nicht soviele Gedanken wie ihr. Viele Leserinnen von L&L wissen wahrscheinlich das der Name/Pseudonym ein Kunstprodukt ist aber es ist ihnen Wurscht. Solange sie kaufne ist doch alles in bester Ordnung :wave

  • Zitat

    Original von sapperlot
    Nö, hab längst nicht alles gelesen. War mir zu viel Blabla...


    Um dann die ollen Kamellen noch mal durchzukauen? :gruebel


    Sorry, alles, was Du schreibst, wurde bereits mehrfach erklärt - bitte erstmal einlesen, damit ich nicht alles wiederholen muß.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Zitat

    Original von LeSeebär


    Sehe ich recht ähnlich - wer überlegt, kann gerade beim Thema der Auswandererromane schnell drauf kommen, daß die von deutschen Autorinnen sind. Um so bemerkenswerter, daß viele Verlage trotzdem glauben, die Auswandererromane nicht unter deutschen Namen verkaufen zu können.


    Sie würden sicher auch unter dem deutschen Namen was verkaufen - nur gehen sie davon aus, dass sie mit dem exotischen Namen MEHR verkaufen.
    Und zwar nicht, indem durch den Namen ein bemerkenswertes Fachwissen über Land und Leute vorgetäuscht werden soll, sondern indem das Buch rein optisch ein bestimmtes Feeling vermittelt, einen Eindruck macht, der gefällt. Das sind diese unbewussten Prozesse, von denen Mulle sprach. Nein, die Leute denken sich wohl kaum: die ist garantiert Mexikanerin, wenn sie so heißt, die weiß genau, wovon sie schreibt. Viele L&L-Leser stellen sich diese Frage vielleicht überhaupt nicht. Sie sollen nur auf die Optik des Buches anspringen. Dazu gehört nun einmal auch der Autorenname.


    Das hat nichts damit zu tun, dass man Leser generell für blöd hält und verschaukeln will. Solche Sachen werden von Leuten, die sich mit Werbung und Marketing befassen, untersucht. Der Vergleich mit dem Flirten, den Mulle brachte, war recht treffend. Da springt man auch auf bestimmte optische Signale an, die keinerlei Logik unterliegen. Und wer sich nicht genau damit befasst, merkt es an sich selbst vielleicht gar nicht. Das ist meines Erachtens der Hintergrund dieser ganzen exotischen Autorennamen bei L&L (die im Übrigen ganz normale Namen aus anderen Ländern sind, keine vor Kitsch und Pathos triefenden Schmalzprodukte. Wer nach Rosa Zapato googelt, findet durchaus Leute, die wirklich so heißen - und dann noch viele, viele Bilder von rosa Schuhen. :lache)


    Ansonsten habe ich den Eindruck, dass jetzt wirklich alles durchgekaut wurde, auch wenn wir sicher nicht alle einer Meinung sind. Aber der thread muss sich nicht zur neverending story entwickeln.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Im Grunde sprechen Verlage damit die periphere Route der Informationsverarbeitung an. (Siehe: Elaboration Likelihood Model)


    Zentrale Verarbeitung setzt eine hohe Motivation der Leser voraus, sich mit den Informationen, die für oder gegen ein Buch sprechen, auseinanderzusetzen und auch ein gewisses Vorwissen und Fähigkeiten, Argumente zu beurteilen und abzuwägen. Dann müssen die Informationen qualitativ besser sein, um zu überzeugen. Aber das will ja gar nicht jeder Leser.


    Bei manchen Lesern ist die Motivation vielleicht niedrig, sich beim Buchkauf genauer mit Argumenten, die für oder gegen das Buch sprechen, auseinanderzusetzen, oder sie haben auch gar nicht das Wissen und die Fähigkeiten. Dann sind periphere Hinweisreize besser, weil qualitativ hochwertigere Informationen eh nicht verarbeitet werden wenn die Motivation fehlt, sich genauer Gedanken zu machen. Ein Cover, das dem Buch ähnlich ist, das man kurz vorher begeistert verschlungen hat, ein exotisches Pseudonym, das zum Handlungsort passt, ein Titel, der suggeriert, dass das Buch "sowas ist, wie..." sind im Grunde oberflächliche Hinweisreize, die die periphere Route der Verarbeitung ansprechen.


    Da periphere Hinweisreize auch bei zentraler Verarbeitung immerhin dazu beitragen, überhaupt erstmal Aufmerksamkeit auf das Buch zu lenken, und die Motivation erzeugen können, sich überhaupt mit dem Buch auseinanderzusetzen, fahren die Verlage mit der Strategie vermutlich im Großen und Ganzen ganz gut.