Autorenpseudonyme - oder - Wie kurzsichtig ist der Durchschnittsleser?

  • Zitat

    Original von LeSeebär


    Weniger: Das Mehr Bücher pro Jahr Argument. Irgendwer schrieb, man mache sich damit selbst Konkurrenz, deshalb ein Pseudonym. Wenn man aber im gleichen Genre bleibt, macht man sich doch auch unter Pseudonym selbst Konkurrenz? Und bei verschiedenen Genres sehe ich die Gefahr der Konkurrenz nicht. Zudem ist gerade in den großen Ketten immer wieder zu beobachten, daß auf den Tischen möglichst alle Titel eines Autors (bzw eines Pseudonyms!) beisammen liegen. Wieso dürfen das denn dann nur zwei neue pro Jahr sein?


    Das muss man auf die Buchhändler beziehen, nicht auf die Endkunden. Die bestellen eben keine drei Bücher eines Autors, die bestellen eins und sagen: Mal sehen, wie es läuft. Wenn es der ultimative Kracher ist (verkaufstechnisch, also weit oben auf der Spiegel-BSL landet!) dann - und nur dann - wird vielleicht mehr von ihm geordert. WENN man sich dann noch erinnert, dass der Autor im anderen Verlag noch was hat.


    In die von dir beschriebene Situation - ein Tisch, auf dem alle Bücher des Autors liegen -, kommen eigentlich nur Bestsellerautoren, und selbst die freuen sich diebisch, wenn sie sowas entdecken. Meist ist sowas nur eine kurzfristige Geschichte, wenn der Autor z.B. eine Lesung hält oder der Buchhändler ein besonderer Fan ist :grin


    Zitat

    Original von LeSeebär
    Aber ich fühle mich ziemlich durch den Kakao gezogen, wenn Karsten Müller plötzlich als Emanuela Rigatoni schreibt. Hier wird dem Leser meiner Meinung nach etwas vorgespielt, was nix mit der eigentlichen Person zu tun hat. Irgendwo hier im Forum war mal ein schöner Artikel verlinkt, bei dem es genau um dieses Thema ging. Erklärung lautete ungefähr: Das ist billiger als ein richtiger Ausländer, z.B. wegen der Übersetzung. Deswegen werden solche Autoren jetzt einfach erfunden. Wer sich da als Leser für dumm verkauft vorkommt, hat mein vollstes Verständnis.


    Es war wohl lange Zeit so, dass man den deutschen Autoren unterstellte, alles mögliche nicht zu können. So hieß es: Deutsche Frauen können nicht über ferne Länder schreiben, schließlich wohnen sie in Deutschland und nicht in Afrika.
    Man merkte einfach, dass sich in dem Genre Autoren mit exotischen Namen besser verkauften - vollkommen unabhängig, wo die lebten und ob die ihr "literarisches Reiseziel" je besucht haben.
    Das zeichnete sich sehr deutlich ab, darauf musste man also reagieren. Angebot = Nachfrage.


    Wenn dir das nun gesagt bist und du deinen Roman so gern hast und ihm wirklich alle Chancen öffnen willst, damit er bekannt und gelesen wird - dann beharrst du nicht auf einen bestimmten Namen. Zumal das das Resultat hätte, dass die Verlage dann nur noch schnittige Namen einkaufen und du deine Mutter verfluchst, wenn sie bei der Heirat den namen Herkströter angenommen hat :keks

  • Es gibt übrigens noch weitere Gründe für Pseudonyme.
    Mein neues Pseudonym hab ich nur aus einem einzigen Grund: Ich wollte es :grin


    Das Buch ist grundlegend anders als meine anderen im gleichen Verlag. Die bisherigen waren alle ziemlich hart, gerne mal etwas provokant. Bücher, über die man streiten kann.
    Das Pseudonymbuch ist ein liebes Wohlfühlbuch.


    Mit meinem Namen drauf würden alle, die meine bisherigen SV-Bücher mögen, enttäuscht sein, aufgrund der Erwartungen.
    Alle, die Wohlfühlbücher suchen, würden dieses Buch nicht mit der Kneifzange anfassen, denn wer irgendwas von mir kennt, weiß, dass es das bei mir normalerweise nicht wirklich gibt. Kein Leser probiert das x-mal aus.


    Darf ich jetzt Zeit meines Lebens keine Wohlfühlbücher schreiben und darauf hoffen, dass sie sich annehmbar verkaufen?
    Nö. Da spiel ich lieber mit meinem süßen Pseudonym :wave

  • Zitat

    Original von Mulle
    Man merkte einfach, dass sich in dem Genre Autoren mit exotischen Namen besser verkauften - vollkommen unabhängig, wo die lebten und ob die ihr "literarisches Reiseziel" je besucht haben.
    Das zeichnete sich sehr deutlich ab, darauf musste man also reagieren. Angebot = Nachfrage.


    Und genau das ist das, was ich als Leser als Verarschung empfinde. Wenn ich einen Mercedes will, erwarte ich doch nicht, daß der Händler mir an den BMW einen Stern klebt, um meine Nachfrage zu befriedigen. :schlaeger

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von LeSeebär ()

  • Aber du vergleichst doch hier Äpfel mit Birnen.
    Denn während Mercedes und BMW vollkommen unterschiedliche Produkte bieten, liefern Autoren, die von Geburt oder Heirat an einen wohlklingenden portugiesischen Namen haben, kein anderes Argentinien-Buch ab, als solche, die eben Hildegart Knöckenbutter heißen.
    Hildegart wird trotzdem benachteiligt, selbst wenn ihr Buch besser ist.
    Ist doch verständlich, dass die das nicht möchte, oder?

  • Zitat

    Original von LeSeebär
    Und genau das ist das, was ich als Leser als Verarschung empfinde.


    Tja, bis vor Kurzem habe ich ähnlich gedacht. Ich habe die beiden Pseudonym-Threads verfolgt und hätte von mir auch die nicht mehr hochgeholt. Aber wenn es denn schon da ist: ich habe geschrieben:

    Zitat

    Original von SiCollier, und zwar > von hier <
    Als Leser stört es mich dennoch inzwischen gewaltig. Ich habe da eine Autorin im Kopf, mit deren Schreibstil ich nicht zurecht kam. Wenns jetzt dauernd neue Pseudonyme gibt, darf ich immer wieder (auf meine Kosten - Bücher müssen ja bezahlt werden) feststellen, daß das nichts für mich ist?


    Je mehr mit das mit den Pseudonymen auffällt, je mehr denke ich in der Tat daran, mich auf meine Buchbestände zu beschränken, nur um das Risiko, daß mir das mit dem Nichtgefallen unter mehreren Namen passiert, auszuschließen.


    Nicht zuletzt nach der Äußerung von SabineW habe ich in der Folge mein Verhalten beobachtet (soweit man sich eben selbst beobachten kann). Und mußte zu meinem großen Bedauern (und vor allem Überraschung) feststellen, daß die Argumentation der Autoren und Verlage etwas für sich hat. Und zwar ziemlich viel. Ich war überrascht, wie sehr ich selbst eben auch so reagiere und, wenn ich weiß, daß jemand "Vampirzeugs" ( ;-) ) geschrieben hat, ich in die nächsten Threads eigentlich erst gar nicht reinschaue, weil ist doch eh klar, was das für ein Buch ist, und das ist nicht mein Interessengebiet...


    Und dann gibt es Autoren, da lese ich grundsätzlich in jeden Thread hinein, egal in welcher Rubrik die auftauchen, auch wenn die mal ein Buch schreiben, was nicht so mein Fall ist.


    Um es kurz zu machen: so, wie "der Markt" heute ist, und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß Verlage Wirtschaftsunternehmen sind, die vom Verkauf der Bücher leben wollen (ja ich weiß, Autoren, Buchhändler, Verlagsvertreter und wer weiß wer noch auch, von den Druckern ganz zu schweigen, die IT-Fachleute für die E-Books nicht zu vergessen usw. usf.) habe ich einsehen müssen, daß es - zumindest auf absehbare Zeit - mit den Pseudonymen so bleiben wird. Und auch eine gewisse Notwendigkeit dafür besteht.


    Ob mir das als Leser paßt, ist wieder eine ganz andere Frage.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Mulle
    Denn während Mercedes und BMW vollkommen unterschiedliche Produkte bieten,


    Bist Du Dir da sicher??? Ich glaube nicht, daß die Autos (edit: dieser beiden Marken!) der gleichen Wagenklasse sich mehr unterscheiden als zwei Bücher des gleichen Genres.


    Zitat

    liefern Autoren, die von Geburt oder Heirat an einen wohlklingenden portugiesischen Namen haben, kein anderes Argentinien-Buch ab, als solche, die eben Hildegart Knöckenbutter heißen.
    Hildegart wird trotzdem benachteiligt, selbst wenn ihr Buch besser ist.
    Ist doch verständlich, dass die das nicht möchte, oder?


    Ich vermute, die Leute bevorzugen in erster Linie den wohlklingenden ausländischen Namen, weil sie denken, daß diese Person aus dem Land kommt und nicht, weil das schöner klingt als Knöckenbutter. Wenn auf dem Titel gleich erklärt würde, daß die Frau mit dem schönen portugiesischen Namen in Neukölln oder Garmisch geboren und aufgewachsen ist, wären die Verkäufe meiner Ansicht nach zumindest aufgrund des Namens nicht anders als bei Karsten Maier. Im Fall von Frau Knöckenbutter empfehle ich in der Tat ein Pseudonym, wenn sie nicht gerade in der Sparte Humor veröffentlicht.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von LeSeebär ()

  • Als Leser habe ich aber eben auch die Möglichkeit über mein Kaufverhalten meinen Unmut zu zeigen. :-)

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von LeSeebär



    Ich vermute, die Leute bevorzugen in erster Linie den wohlklingenden ausländischen Namen, weil sie denken, daß diese Person aus dem Land kommt


    Richtig. Das ist die erste Assoziation. Das klingt einfach stimmig, als würde es passen.
    In den allermeisten Fällen ist diese Annahme heutzutage aber falsch.
    (Und nein, niemand kontrolliert das dann in der Autorenbio.)
    Trotzdem reagieren Leser immer noch darauf, sowie sie ja auch auf ein schön gestaltetes Cover reagieren, das mit dem Inhalt nun wirklich gar nicht mehr zu tun haben muss.
    Und das schränkt Autoren ein.
    Das würde dann dazu führen, dass ein Timo Franz, der vielleicht so wunderbare Lanschaftssagas schreiben kann, nur Krimis an den Verlag bekommt, und eine Phillippa de la Rosa, die ihre Stärke in Leipzig-Regionalkrimis sieht, sich gezwungen sieht, Love & landscape zu schreiben, weil man unter ihrem Namen nur das kaufen würde.
    Autoren, die nicht ihre Stärken umsetzen, sondern das, was sie unter ihrem Namen verkauft bekommen, wären für die Leser ein viel größerer Verlust als Pseudonyme.


    Was deinen Vergleich mit den Autos betrifft:
    Gut, nehmen wir an, sie wären gleichwertig. Dann hinkt der Vergleich aber immer noch, denn unsere Hildegart bekommt ja kein falsches Etikett, z.B. den Namen einer Sarah Lark, aufgedruckt, sondern ein komplett neues, eigenes.
    BMW bietet ein neues Modell an.

  • Jetzt mal umgekehrt gefragt: Wer würde einen Fantasy-Krimi kaufen, auf dem ein deutscher Frauenname steht? :gruebel Die Frage ist wirklich ernst gemeint. Ich habe mein Manuskript fertig und bin nun auf Agentursuche. Da grübelt man schon, inwieweit der eigene Name gut oder hinderlich ist.

  • Brigitte Melzer fällt mir da auf Anhieb ein, sie ist auch ziemlich bekannt, aber wie erfolgreich sie wirtschaftlich ist, kann ich dir natürlich nicht sagen.
    Sie ist ja auch hier im Forum, vielleicht fragst du sie nach ihren Erfahrungen? Ich glaube, sie heißt "Melzi".


    Auch Sabine Wassermann (SabineW) hat unter ihrem Namen veröffentlicht.

  • Zitat

    Original von Rosha
    Jetzt mal umgekehrt gefragt: Wer würde einen Fantasy-Krimi kaufen, auf dem ein deutscher Frauenname steht? :gruebel Die Frage ist wirklich ernst gemeint. Ich habe mein Manuskript fertig und bin nun auf Agentursuche. Da grübelt man schon, inwieweit der eigene Name gut oder hinderlich ist.


    Wenn es keiner der hier erwähnten Knotenknötterich-Namen ist :lache, sollte das eigentlich kein Problem sein. Deutsche Fantasy ist ja etabliert. Außerdem musst du dir darüber keine Gedanken machen, das werden dann Agentur und Verlag für dich tun.


    Das Problem ist eher, dass Fantasy derzeit platt am Boden liegt und eigentlich von Agenturen nicht mehr gesucht wird. Zumindest im Moment.

  • Zitat

    Original von SabineW
    Das Problem ist eher, dass Fantasy derzeit platt am Boden liegt und eigentlich von Agenturen nicht mehr gesucht wird. Zumindest im Moment.


    Kann ich irgendwie nicht ganz nachvollziehen. Gerade Urban Fantasy, Dystopien usw. boomt meiner Meinung nach. Aber Fantasy und Science Fiction waren wohl schon immer heikle Genres.


    Nun ja, die Hoffnung stirbt zuletzt. Und nein, ich habe zum Glück keinen Knottenknötterich- oder Zirzelmeyer-Namen... :grin

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Nicht zuletzt nach der Äußerung von SabineW habe ich in der Folge mein Verhalten beobachtet (soweit man sich eben selbst beobachten kann). Und mußte zu meinem großen Bedauern (und vor allem Überraschung) feststellen, daß die Argumentation der Autoren und Verlage etwas für sich hat. Und zwar ziemlich viel. Ich war überrascht, wie sehr ich selbst eben auch so reagiere und, wenn ich weiß, daß jemand "Vampirzeugs" ( ;-) ) geschrieben hat, ich in die nächsten Threads eigentlich erst gar nicht reinschaue, weil ist doch eh klar, was das für ein Buch ist, und das ist nicht mein Interessengebiet...


    Ich kritisiere doch gar nicht, daß Leser auf Autoren achten. Auch wenn ich selbst sehr uninteressiert bin, was den Autoren betrifft, solange mir nur die Story zusagt, so kann ich durchaus nachvollziehen, daß man bestimmte Vorurteile hat. Für diese Fälle habe ich durchaus Verständnis. Es ging mir ausschließlich darum, daß in mittlerweile wohl nicht ganz wenigen Fällen ein Pseudonym verwendet wird, daß dem Käufer eben etwas nicht vorhandenes suggeriert. Wie gesagt, wenn sich Karsten Müller in Thomas Maier umbenennt, um nicht mehr mit den Fantasy-Krimis von Herrn Müller identifiziert zu werden, kann ich das noch irgendwie nachvollziehen. Wenn er sich aber an einem Italo-Liebesroman versucht und sich deshalb Emanuela Rigatoni nennt, um den Käufer zu signalisieren: Ich bin Italienerin und deshalb voll im Thema Liebe in Italien drin, finde ich das Leserverarschung.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Zitat

    Original von Mulle
    Richtig. Das ist die erste Assoziation. Das klingt einfach stimmig, als würde es passen.
    In den allermeisten Fällen ist diese Annahme heutzutage aber falsch.


    Und Du kannst immer noch nicht verstehen, daß man sich davon als Leser verdummkaspert vorkommt?


    Zitat

    Trotzdem reagieren Leser immer noch darauf, sowie sie ja auch auf ein schön gestaltetes Cover reagieren, das mit dem Inhalt nun wirklich gar nicht mehr zu tun haben muss.
    Und das schränkt Autoren ein.


    Ja, sicher reagiert mancher / womöglich viele Leser darauf, genau wie überall im Werbefernsehen, wo versprochen wird, das mit Waschmittel X die Wäsche noch weißer wird etc pp. Das macht die Sache aus meiner Sicht aber keinen Deut besser, weil man hier etwas unter Vorspiegelung falscher Tatsachen verkauft. Wie gesagt, ich habe ja nix dagegen, wenn die Wünsche der Leser berücksichtigt werden, aber doch nicht einfach durch ein falsches Etikett (das gleiche gilt selbstverständlich genauso für irreführende Cover!).


    Zitat

    Das würde dann dazu führen, dass ein Timo Franz, der vielleicht so wunderbare Lanschaftssagas schreiben kann, nur Krimis an den Verlag bekommt, und eine Phillippa de la Rosa, die ihre Stärke in Leipzig-Regionalkrimis sieht, sich gezwungen sieht, Love & landscape zu schreiben, weil man unter ihrem Namen nur das kaufen würde.
    Autoren, die nicht ihre Stärken umsetzen, sondern das, was sie unter ihrem Namen verkauft bekommen, wären für die Leser ein viel größerer Verlust als Pseudonyme.


    Wieso Timo Franz' Landschaftssagas nicht funktionieren, verstehe ich gerade nicht. Weil er ein Mann ist? Oder weil die Landschaften in Südamerika/Afrika/Asien/... sind? Oder wegen der Namensähnlichkeit zu einem gewissen Andreas, der Krimis schrieb?


    Bei der de la Rosa ist ein Pseudonym, sofern sie tatsächlich in Leipzig wohnt, aus meiner Sicht angebracht, weil der Name in diesem Fall dem Käufer genau das falsche suggeriert. In dem Fall ist das aus meiner Sicht keine Verarschung.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Zitat

    Bei der de la Rosa ist ein Pseudonym, sofern sie tatsächlich in Leipzig wohnt, aus meiner Sicht angebracht, weil der Name in diesem Fall dem Käufer genau das falsche suggeriert. In dem Fall ist das aus meiner Sicht keine Verarschung.


    Aber jetzt beißt du dir doch in den Schwanz, oder?


    Wenn Susi Rot sich Susanna de la Rosa nennt, weil in ihrem Genre verstärkt zu Autoren mit exotischem Namen gegriffen wird, fühlst du dich verarscht?
    Aber wenn Susanna de la Rosa sich Susi Rot nennt, weil das am Krimi schnittiger wirkt, dann ist das okay?


    Wir reden doch hier nur über den Namen. Der weckt Assoziationen.
    Franz z.B. klingt hart - ich würde kein romantisches Buch mit weicher Landschaft vorne drauf kaufen, wenn dieser harte Name auf dem Titel steht. (Okay, mag daran liegen, dass ich mal selbst so hieß.)
    Trotz dieser Assoziation weiß im Grunde jeder mündige Mensch, dass ein exotischer Name nicht bedeutet, dass man je über Holland hinausgekommen ist, weil auch de la Rosas und Rigatonis über die halbe Welt vertstreut sind, weil Menschen auswandern, heiraten, ihre Namen ändern ... und ausreichend oft ja auch erwähnt wird, dass es sich um ein Pseudonym handelt.
    Eine vollkommen andere Sache sind Lügen in der Bio, sowas hat aber mit Pseudonymen nichts zu tun.

  • Zitat

    Original von Mulle: Aber du vergleichst doch hier Äpfel mit Birnen. Denn während Mercedes und BMW vollkommen unterschiedliche Produkte bieten, liefern Autoren, die von Geburt oder Heirat an einen wohlklingenden portugiesischen Namen haben, kein anderes Argentinien-Buch ab, als solche, die eben Hildegart Knöckenbutter heißen. Hildegart wird trotzdem benachteiligt, selbst wenn ihr Buch besser ist. Ist doch verständlich, dass die das nicht möchte, oder?


    Die Frage nach Consuelo Velazquez (Achtung: Dieses Pseudonym ist erdacht.) oder Hildegart Knöckenbutter ist nicht das eigentliche Problem der Auswüchse der Pseudonymeritis. Der Dreh- und Angelpunkt von Zweit- und Drittnamen in den letzten Jahren besteht darin, dass dem Leser vorgegaukelt wird, einen Roman einer einheimischen Schriftstellerin/eines Schriftstellers in den Händen zu halten. Der anspruchsvolle Leser wird dann schnell bemerken, was es mit der Landsmannschaft des Schreibenden auf sich hat. Oftmals wenig bis gar nichts.
    Mit Glück hat der/die Schriftsteller/-in das beschriebene Land überhaupt zu Gesicht bekommen und die fiktive Geschichte erhält wenigstens einen Hauch eines fremden Landes.


    In der letzten Zeit habe ich Unmengen an Reiseliteratur gelesen; Essays, Erzählungen, Romane, die lange zurückliegen. Die Verfasser haben nachweislich lange in den von ihnen beschriebenen Ländern gelebt und dieser Umstand wird in ihren Büchern spürbar. Wenn ich nun in der heutigen Belletristik stöbere, dann erlebe ich nur sehr, sehr wenig von diesem Zauber, von der Atmosphäre, dem Alltagsleben und einer vernehmbaren Sozialkritik.
    Um es ganz deutlich zu sagen: Ich erlese aus einem Roman mit exotischer Kulisse ganz deutlich, ob der Verfasser oder die Verfasserin jemals in ihrem Leben ein Reis- oder Teefeld gesehen, gerochen und mit allen Sinnen aufgenommen hat.

  • Zitat

    Original von Salonlöwin


    Um es ganz deutlich zu sagen: Ich erlese aus einem Roman mit exotischer Kulisse ganz deutlich, ob der Verfasser oder die Verfasserin jemals in ihrem Leben ein Reis- oder Teefeld gesehen, gerochen und mit allen Sinnen aufgenommen hat.


    Das verstehe ich.
    Aber wir leben in einer weitestgehend globalisierten Welt. Ein spanischer Name im Ausweis hat schon lange nicht mehr den geringsten Aussagewert, ob ich mal in Spanien war.
    Mein Nachname kommt aus dem Polnischen. Der Großvater der Oma meines Mannes war Pole und nach ihm war aus der Familie auch niemand mehr da.
    In Indien, Argentienien, Mexiko, Afrika oder weiß der Teufel wo leben Dutzende Maiers, Müllers oder Schneiders und in Hamburg und Berlin und selbst hier aufm Dorf finden sich die exotischsten Namen (als Pseudonyme klingen die ausgedacht).


    Wenn es dir etwas bedeutet, ob der Autor das Land bereist/ Geschichte studiert oder als Polizist gearbeitet hat oder gar aus dem Land stammt, dann hilft dir der Name nicht, da wirst du dich auf die Angaben über den Autor verlassen müssen.

  • Ich behaupte man kann das aus einem Buch nicht ablesen, ob der Autor gut Sekundärliteratur studiert hat, oder eigene Lebenserfahrung hat. ganze Historikergenerationen streiten sich darüber, ob Messer Millione tatsächlich in China war, oder nur Reiseberichte referiert hat- slikritisch oder inhaltlich sind ihm keine Fehler nachzuweisen, nur verwundert bei der chinesischen Datenlage, dass dort keine Primärzeugnisse seiner Anwesenheit zu finden sind.

  • Zitat

    Original von Mulle


    Aber jetzt beißt du dir doch in den Schwanz, oder?


    Wenn Susi Rot sich Susanna de la Rosa nennt, weil in ihrem Genre verstärkt zu Autoren mit exotischem Namen gegriffen wird, fühlst du dich verarscht?
    Aber wenn Susanna de la Rosa sich Susi Rot nennt, weil das am Krimi schnittiger wirkt, dann ist das okay?


    Nein, wenn es nur darum geht, das es schnittiger klingt, ist das nicht OK. Es geht mir um die Assoziation, die geweckt werden soll. Wenn Susanna de la Rosa eine spanische Autorin ist, die Leipzig nur einmal (oder auch öfter) wegen der Buchmesse besucht hat und dann Regio-Krimis von Leipzig schreiben will, ist ein deutsch klingendes Pseudonym irreführend. Wenn sie aber gebürtige Leipzigerin ist, sehe ich durchaus ein Problem, daß dem durchschnittlichen Leser zu vermitteln. Deshalb würde ich in dem Fall ein deutsches Pseudonym akzeptieren.


    Zitat

    Trotz dieser Assoziation weiß im Grunde jeder mündige Mensch, dass ein exotischer Name nicht bedeutet, dass man je über Holland hinausgekommen ist, weil auch de la Rosas und Rigatonis über die halbe Welt vertstreut sind, weil Menschen auswandern, heiraten, ihre Namen ändern ... und ausreichend oft ja auch erwähnt wird, dass es sich um ein Pseudonym handelt.


    Wenn das alle Leute so genau wissen, verstehe ich nicht, wieso man noch ein Pseudonym braucht. Dann kann man doch auch zum Buch von Lisa Müller greifen, die vielleicht gebürtige Argentinierin ist. Ich glaube immer noch, daß mit den exotischen Namen dem Leser vorgegaukelt werden soll: Guck mal, die kommt von da, die weiß wovon sie erzählt. Und ich glaube auch, daß der Durchschnittsleser dies tatsächlich, obwohl ihm migrationsbedingte Namen durchaus bekannt sind, erwartet, wenn er des Autors wegen zu so einem Buch greift. Wie gesagt: Ich vermute stark, wenn es anders wäre, wäre es nicht nötig, exotische Pseudonyme zu erfinden.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von LeSeebär ()