Autorenpseudonyme - oder - Wie kurzsichtig ist der Durchschnittsleser?

  • Zitat

    Original von Tereza


    Nö, das war's nicht. Ja, es klingt etwas ähnlich - aber wo ist da die Verballhornung? Na ja, egal, nicht schlimm.


    Ich hatte gedacht, dass Salonlöwin sich den Namen "Rosa Zapato" spontan ausgedacht hat, um keine spezifische Autorin zu nennen und hab erst später gemerkt, dass es tatsächlich ein Buch unter dem Namen gibt.


    Zapato, Lobato, das hört sich für mich alles gleich an.

  • Zitat

    Original von Delphin


    Zapato, Lobato, das hört sich für mich alles gleich an.


    Dann sei mal froh, dass du in keinem spanischsprachigen Land wohnst, sonst könntest du die Namen nicht auseinander halten. :lache


    Sich einen Autorennamen auszudenken, wäre völlig okay gewesen - eine ganz witzige Veräppelung der Pseudonymeritis. Einen konkreten zu nennen, fand ich hingegen...hab ich schon gesagt...halte jetzt den Mund.


    Ich habe mich jedenfalls wieder beruhigt und wünsche euch allen einen schönen Abend.


    Tereza

  • Zitat

    Original von Tereza


    Ich schon. Die Erwähnung von Rosa Zapato war überflüssig, taktlos und gemein. Es hätte auch gereicht, darauf hinzuweisen, dass viele der Unterhaltungsromane, die in Massen auf den Markt geschmissen werden, später im Ramschkisten landen


    Die Namensnennung war in der Tat überflüssig und ein Schlag unter die Gürtellinie.


    Es geht hier lediglich um eine grundsätzliche Meinungsumfrage und nicht um einzelne Autoren.


    Es ist ja auch nicht so, dass jeder Autor, der ein Pseudonym wählt, gleich als Buhmann gebrandmarkt werden muss. Die Gründe sind vielfältig, oftmals durchaus nachvollziehbar.


    In diesem Thread geht es darum, ob der Leser Autorenpseudonyme durchschauen kann, durchschauen will oder gänzlich emotionslos damit umgeht.

  • Ich stelle mir nur grad vor, dass Autor X in einem Jahr fünf Bücher gemacht hat und die fünf bei unterschiedlichen Verlagen.



    Buch A ein Ratgeber über Kakteen.
    Buch B ein Erstlesebuch mit bunten Pferden
    Buch C ein blutiger Thriller
    Buch D ein Reisetagebuch über Guatemala
    Buch E ein ChickLit mit grellrosa Cover


    Wenn ich an meine Buchhandlung denke, verteilen sich diese Genre auf unterschiedliche Regale und zwei Stockwerke.


    Würden dem Leser bei der Suche nach z.B. Buch A überhaupt die anderen Bücher interssieren? Gäbe es hier Genreverwechslungspotential?
    Würden sich Interessierte an Buch B mit Grausen abwenden, weil der Autor auch noch Buch C und E geschrieben hat (die er vielleicht gar nicht zu Gesicht bekommt?)


  • Hm, ich habs anders gelesen . Vorwürfe find ich das falsche Wort...
    Eher ein Ausdruck von Gefühlen .
    Der Leser´(war glaub ich Voltaire?) fühlt sich verarscht, und ich finde ,anstatt das persönlich zu nehmen bzw sich zu rechtfertigen , könnte man sich doch vll mal Gedanken darüber machen, warum der Leser sich so fühlt und ob/was man evtl daran ändern könnte.....



    Als ich vorhin gelesen hab , dass Mulle unter einem Pseudonym was rausbringt fühlte ich mich nicht verarscht , aber ich war iwie enttäuscht....
    Die Gründe für ein Pseudonym kann ich durchaus nachvollziehen , grade bei dem Argument Jugend+ Erotik, aber
    Ich mag Jennifer Benkau gern lesen und würde eher 5 im Jahr mit ihrem Namen drauf kaufen , als einen "neuen" Autor auszuprobieren....auch wenn ich weiß dass es nur ein Pseudonym ist....

  • Hier wurden immer wieder Pauschalurteile über Buchhändler abgegeben, ich glaube alle negativ.


    Nun, ich bin einer, und ich würde hier gerne berechtigterweise alle zusammenscheißen, die meinen Berufsstand hier dermaßen runtermachen....



    ...aber ehrlicherweise muß ich zugeben: Ihr habt (fast) immer recht!


    Das sich Qualität durchsetzt ist Quatsch, manches gute Buch geht unter, der immer gleiche Massenramsch erobert alle Bestsellerlisten.


    In den neuen Verlagsvorschauen sieht der Buchhändler eine Neuerscheinung von "Maria Hastenichgesehen", schaut in sein WWS, sieht: "Das erste Buch lief nicht" also wird es nicht bestellt....


    .... und schon ist eine hoffnungsvolle Karriere den Bach runter...


    Buch III ( so der Verlag mit der Autorin weitermacht) läuft dann unter "Carmen Habichdochgesehen" - kennt keine Sau, wird eingekauft, da der Name nicht negativ behaftet ist.



    Ein klitzekleines Argument für "meine" Seite: Ich bekomme jeden Monat ca. 120 neue Taschenbuchtitel rein! Und ich kann mich nicht um jedes dieser Bücher kümmern. Ich habe sicherlich viele großartige Bücher aus den verschiedensten Gründen nicht einmal angesehen, Massen wie diese kann man teilweise nur noch verwalten.


    Man schmeißt den Teller an die Wand und sieht zu was kleben bleibt.


    Das ist oft Scheiße - mir gefällt das auch nicht - aber deswegen für weniger Bücher zu plädieren ist denke ich auch nicht der Weg.


    Einige Titel werden halt zu "Darwin-Titeln": Derr starke überlebt....

  • Zitat

    Original von piper1981
    Der Leser´(war glaub ich Voltaire?) fühlt sich verarscht, und ich finde ,anstatt das persönlich zu nehmen bzw sich zu rechtfertigen , könnte man sich doch vll mal Gedanken darüber machen, warum der Leser sich so fühlt und ob/was man evtl daran ändern könnte.....


    Ich mag Jennifer Benkau gern lesen und würde eher 5 im Jahr mit ihrem Namen drauf kaufen , als einen "neuen" Autor auszuprobieren....auch wenn ich weiß dass es nur ein Pseudonym ist....


    Das kann ich als Autorin nun nicht so ganz verstehen, denn du weißt ja, wer das Buch wirklich geschrieben hat, auch wenn ein anderer Name draufsteht.


    Wir Autoren weisen, wenn möglich, im Forum auf unsere Pseudonyme hin. Falls der Verlag es uns ausdrücklich untersagt, weil er ein geschlossenes Pseudonym wünscht, wären wir vertragsbrüchig, wenn wir das täten. Würdet ihr euch gegenüber eurem Arbeitgeber so verhalten?


    Und nein, ich würde nicht ALLES tun, um ein Buch veröffentlicht zu bekommen. Aber ein Pseudonym anzunehmen, zur Not auch ein geschlossenes, scheint mir akzeptabel.


    Dass Leser sich dadurch verarscht fühlen, kann ich in gewisser Hinsicht verstehen. Nur ist, nachdem ich offen auf mein Pseudonym hingewiesen habe, hier eine Diskussion in Gang gekommen, die teilweise einen derart giftigen, angriffslustigen Ton angenommen hat, dass ich mich fragte, ob ich nicht besser den Mund hätte halten sollen. Die Leute, die meine Bücher wirklich mögen, wussten ja ohnehin schon Bescheid.


    Verlage sind in erster Linie wirtschaftliche Unternehmen, die möglichst viel Gewinn machen wollen. Wenn sie ein geschlossens Pseudonym wünschen, haben sie ihre Gründe dafür.


    Nehmen wir mal ein - recht extremes - Beispiel: eine Autorin namens Liese Müller hat einmal angefangen, historisch angehauchte Nackenbeißer zu schreiben. Weil ihr gesagt wurde, dass das gut läuft. Und weil es ihr Spaß macht, das zu schreiben. Es läuft tatsächlich gut. Leute, die gern literarische Bücher lesen, rümpfen zwar die Nase, aber viele andere Leser sind begeistert. Sie ist erfolgreich. Sie hat einen bekannten Namen. Und dann fällt ihr plötzlich ein, was sie ursprünglich mal machen wollte: ein richtig literarisches Bich schreiben, so etwas im Stil von Margaret Atwood oder Joyce Carol Oates. Sie kann es. Sie macht es gut genug, um einen einschlägigen Verlag dafür zu finden. Und dann steht auf dem Buch Liese Müller drauf.
    Wie viele Leute, die eigentlich Zielgruppe wären, werden das Buch links liegen lassen, denn 'die schreibt doch eh nur Schrott'?
    Wie viele Fans von Liese Müller werden das Buch kaufen (obwohl es komisch aussieht) und dann enttäuscht sein?


    Sicher gibt es auch Leser, die flexibel genug sind, um beides zu schätzen. Aber wenn der Verlag ein Pseudonym will, dann geht er eben aufgrund seiner Erfahrungen davon aus, dass die breite Masse der Leser anders reagiert.


    Das nur mal als Denkanstoß.


    Viele Grüße


    Tereza

  • Du sprichst hier zwei Dinge an die offenbar bisher wenig bis keine Beachtung fanden: Die "Breite Masse" und das "Wirtschaftsunternehmen".


    Den Verlagen ausschließlich das "Geldscheffeln" zu unterstellen (wie es - nicht von Dir! - immer wieder anklang) ist sicherlich zu kurz gedacht.
    Aber ohne Geld ist ein Wirtschaftsunternehmen handlungsunfähig - das wäre für und alle schon blöd...


    In allen Verlagen sitzen viele Leute die sich für ganz viele Bücher den Arsch aufreissen! Aus Überzeugung! Ich hatte das Vergnügen und Privileg einige davon kennenzulernen und mit ihnen zu arbeiten.


    Die "Breite Masse" ist ein Haufen Leute, die unbesehen alles kaufen was irgendwie mit ihrem "Beuteschema" zu tun hat. Denen ist es scheißegal was für ein Name auf dem Buch steht, solange die Gesamtaufmachung ihnen suggeriert: "Das ist ein Buch was Dir gefällt!" - weil es so aussieht wie alles andere an austauschbarer Massenware, die bisher konsumiert wurde.
    Ich habe Kunden die ihre Taschenbücher nach dem Lesen wegschmeißen - soviel zur breiten Masse....


    Nur: Das sind die Leute, mit denen die Verlage die Kohle machen! Und: Ohne Moos nix los!


    Das bedeutet aber auch, das viele "gute" Autoren und viele "gute" Bücher ohne Rücksicht in diese Massenschublade gestopft werden.


    Wir brauchen diese "Breite Masse" - sie finanziert die guten Sachen, die auch als solche erkennbar sind. Ohne diese Leute könnte so manches tolle Buch garnicht erscheinen.

  • Zitat

    Original von Tereza
    Das kann ich als Autorin nun nicht so ganz verstehen, denn du weißt ja, wer das Buch wirklich geschrieben hat, auch wenn ein anderer Name draufsteht.


    Nur ist, nachdem ich offen auf mein Pseudonym hingewiesen habe, hier eine Diskussion in Gang gekommen, die teilweise einen derart giftigen, angriffslustigen Ton angenommen hat, dass ich mich fragte, ob ich nicht besser den Mund hätte halten sollen. Die Leute, die meine Bücher wirklich mögen, wussten ja ohnehin schon Bescheid.


    Liebe Tereza, du irrst. Die Diskussion gab es schon lange vor deinem Pseudonym, sie hat also gar nichts mit dir zu tun.


    Und nein, nicht alle Leute, die deine Bücher wirklich mögen, kriegen (sofort) mit, wenn du unter einem Pseudonym veröffentlichst, vor allem dann nicht, wenn das Genre gewechselt wird. Deswegen fand ich es super, dass du es unter der Autorenecke nochmal für alle gesagt hast. Über sowas habe ich mich in einem ganz anderen Fall nämlich einmal sehr, sehr geärgert. Von daher sind Pseudonyme immer auch eine Gefahr, auch wenn es noch so gute Gründe dafür geben mag.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Zitat

    Original von Tereza


    Nehmen wir mal ein - recht extremes - Beispiel: eine Autorin namens Liese Müller hat einmal angefangen, historisch angehauchte Nackenbeißer zu schreiben. Weil ihr gesagt wurde, dass das gut läuft. Und weil es ihr Spaß macht, das zu schreiben. Es läuft tatsächlich gut. Leute, die gern literarische Bücher lesen, rümpfen zwar die Nase, aber viele andere Leser sind begeistert. Sie ist erfolgreich. Sie hat einen bekannten Namen. Und dann fällt ihr plötzlich ein, was sie ursprünglich mal machen wollte: ein richtig literarisches Bich schreiben, so etwas im Stil von Margaret Atwood oder Joyce Carol Oates. Sie kann es. Sie macht es gut genug, um einen einschlägigen Verlag dafür zu finden. Und dann steht auf dem Buch Liese Müller drauf.
    Wie viele Leute, die eigentlich Zielgruppe wären, werden das Buch links liegen lassen, denn 'die schreibt doch eh nur Schrott'?


    Ich gestehe, dass ich zu denen gehöre, die denken: die schreibt doch eh nur Schrott. ...........aber. Sollte das nicht dem Leser überlassen bleiben? Es gibt tatsächlich Autoren, von denen ich allein darum nichts lese, weil ich sie in Interviews unsympathisch und arrogant finde und mir denke: nö, da kann das Buch noch so gut sein, an mir verdient diese Person nicht einen Cent, das lese ich nicht! Jo, das ist nicht ok, ich habe eben als Mensch so meine Vorurteile. Ob die Gründe, warum man von diesem Autor was liest und von jenem nicht, nachvollziehbar oder vernünftig sind, sollte man doch mir als Leser überlassen. Wenn ich von Liese Müller nichts lesen möchte, dann möchte ich von der nichts lesen. Fertig. In anderen Berufen kann ich doch auch nicht den Namen wechseln, wie ich grad lustig bin, und dann jedes mal auf einen Neuanfang hoffen.
    Und, mal ehrlich, wenn es nicht gerade um Bestsellerautoren geht. Wer, der historische Nackenbeißer für Schrott hält, weiß schon, was Liese Müller sonst noch so alles geschrieben hat? Dass man Autoren festlegt auf ein Genre gibt es doch sicher nur bei solchen Autoren, die auch irgendwie berühmt sind über die Genregrenze hinaus. Wenn ich also die Liese Müller entdecke im Regal, schadet ihr das nicht, wenn da ihr Name drauf steht. Es sei denn, sie war vorher mit ihrem Schmachtfetzen auf irgendwelchen Bestsellerlisten vertreten. Sonst weiß ich doch gar nicht, wer da was schreibt in Genres, die ich eben nicht lese.
    So ganz nachvollziehen kann ich also die Argumente der schreibenden Zunft nicht, aber ich als Leser fühle mich verarscht. Wenn ich Schweinefleisch kaufen will und auf der Packung steht auch Schweinefleisch und drin ist aber dann Pferd, das merke ich aber erst beim Essen und nicht beim bloßen Draufschauen. Oder vielleicht sogar erst hinterher, wenn irgendwer das Fleisch näher untersucht hat und mich aufklärt. Dann ärgert mich das. Und so geht es mir mit Autoren auch. Da kann die Liese Müller plötzlich noch so super schreiben, wenn ich beschlossen habe für mich, von der nichts lesen zu wollen, haben Autor, Verlag etc. das so zu akzeptieren und mir da nicht eine Mogelpackung unterzujubeln.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • Zitat

    Original von Tereza


    Das kann ich als Autorin nun nicht so ganz verstehen, denn du weißt ja, wer das Buch wirklich geschrieben hat, auch wenn ein anderer Name draufsteht.


    Ist einfach ne Gefühlssache , kann ich iwie nicht so gut beschreiben....



    Zitat

    Original von Tereza
    Wir Autoren weisen, wenn möglich, im Forum auf unsere Pseudonyme hin. Falls der Verlag es uns ausdrücklich untersagt, weil er ein geschlossenes Pseudonym wünscht, wären wir vertragsbrüchig, wenn wir das täten. Würdet ihr euch gegenüber eurem Arbeitgeber so verhalten?


    Nein natürlich nicht....Vertrag ist Vertrag , aber den hat man ja -hoffentlich ;)- vorher durchgelesen und entweder für akzeptabel befunden oder nicht.


    Zitat

    Und nein, ich würde nicht ALLES tun, um ein Buch veröffentlicht zu bekommen. Aber ein Pseudonym anzunehmen, zur Not auch ein geschlossenes, scheint mir akzeptabel.


    Ich denk mal dass muss jeder für sich selbst entscheiden und nur vor sich selbst verantworten .Für dich ist es in Ordnung , für andere nicht ,auch mit dieser Meinung musst du leben können ,,, solange man dabei nicht persönlich verletztend wird, ist es doch ok....


    Zitat

    Dass Leser sich dadurch verarscht fühlen, kann ich in gewisser Hinsicht verstehen. Nur ist, nachdem ich offen auf mein Pseudonym hingewiesen habe, hier eine Diskussion in Gang gekommen, die teilweise einen derart giftigen, angriffslustigen Ton angenommen hat, dass ich mich fragte, ob ich nicht besser den Mund hätte halten sollen. Die Leute, die meine Bücher wirklich mögen, wussten ja ohnehin schon Bescheid.


    Das wusste ich nicht.....


    .

    Zitat


    Nehmen wir mal ein - recht extremes - Beispiel: eine Autorin namens Liese Müller hat einmal angefangen, historisch angehauchte Nackenbeißer zu schreiben. Weil ihr gesagt wurde, dass das gut läuft. Und weil es ihr Spaß macht, das zu schreiben. Es läuft tatsächlich gut. Leute, die gern literarische Bücher lesen, rümpfen zwar die Nase, aber viele andere Leser sind begeistert. Sie ist erfolgreich. Sie hat einen bekannten Namen. Und dann fällt ihr plötzlich ein, was sie ursprünglich mal machen wollte: ein richtig literarisches Bich schreiben, so etwas im Stil von Margaret Atwood oder Joyce Carol Oates. Sie kann es. Sie macht es gut genug, um einen einschlägigen Verlag dafür zu finden. Und dann steht auf dem Buch Liese Müller drauf.
    Wie viele Leute, die eigentlich Zielgruppe wären, werden das Buch links liegen lassen, denn 'die schreibt doch eh nur Schrott'?
    Wie viele Fans von Liese Müller werden das Buch kaufen (obwohl es komisch aussieht) und dann enttäuscht sein?


    Ich kann da nur für mich antworten , aber wenn es in mein bevorzugtes Genre passt , würde ich es trotzdem lesen , egal was Liese Müller sonst noch geschrieben hat....
    Och, ich war auch schon entäuscht über Bücher vom selben Autor , die ins Genre passten
    ...
    Wobei ich auch iwie bezweifle dass der Durchschnittsleser "der 2 Bücher im Jahr liest"=die breite Masse laut Mulle , da wirklich nen Überblick hat , wer was geschrieben hat - dafür kommen einfach zuviele Bücher auf den Markt.

  • Zitat

    Original von Frettchen
    Wenn ich von Liese Müller nichts lesen möchte, dann möchte ich von der nichts lesen. Fertig. In anderen Berufen kann ich doch auch nicht den Namen wechseln, wie ich grad lustig bin, und dann jedes mal auf einen Neuanfang hoffen.


    Als Privatperson darfst du das nicht bzw. es wäre wohl illegal (wird aber sicher trotzdem manchmal gemacht.) Liese Müller wird dem literarischen Verlag sagen müssen, dass sie vorher Nackenbeisser geschrieben hat, denn er ist ja ihr Arbeitgeber und will über ihre Vita Bescheid wissen.
    Wenn es um Bücher geht, dann sind sie allerdings Produkte, die ein Verlag auf den Markt bringt, keine Personen. Ich habe mal im Callcenter eines Onlinehändlers gearbeitet. Der hatte zwei Firmen, die unter unterschiedlichen Namen liefen, obwohl sie grossteils identische Produkte verkauften. Das Konzept war jeweils anders, vermutlich wollte der Inhaber ausloten, was besser läuft. Uns war es - quasi unter Androhung von Todesstrafe - untersagt, am Telefon darauf hinzuweisen, dass sich hinter den zwei Firmen derselbe Unternehmer verbirgt. Wer sich da zu oft verplapperte, flog raus.
    Legal ist sowas also schon. Aus Sicht der Unternehmer auch eventuell sinnvoll. Als Verbraucher kann man es natürlich Verarsche nennen. Der Vergleich zum Fleischskandal hinkt meines Erachtens aber etwas, da ein Autorenname nur bedingt etwas über den Inhalt eines Buches aussagt. Genauso könnten sich ja die Fans von Liese Müller veralbert fühlen, wenn sie sich eine heisse Lovestory mit einem tollen Typen erhoffen und dann kommt da so komplizierter, stinklangweiliger, unverständlicher Murks. :-)


    Viele Grüsse


    Tereza

  • Aus Lesersicht kann ich den Aerger partiell nachvollziehen.
    Aus Autorensicht stellt sich fuer mich die Frage gar nicht. Wenn man bei MacDonald arbeiten will, muss man eine unheimlich scheussliche Uniform anziehen. Ich kann mich da hinstellen und sagen: Die wuerd' ich ja nie im Leben anziehen. Aber ich will ja auch nicht bei MacDonald arbeiten ...


    Wenn ich meine Buecher weiterhin veroeffentlichen will, muss ich das Pseudonym, das der Verlag mir verordnet, akzeptieren (wobei ich es mir selbst aussuchen durfte. Und dass sich hier jemand den Namen Lobato nicht merken kann, tut mir zwar leid, aber fuer mich ist das einfach, weil's der Name meiner Schwiegermutter ist). Ich gebe freimuetig zu, dass ich, seit ich Romane veroeffentliche, so einige Dinge tue, von denen ich frueher gesagt habe, das wuerde ich nie tun. Und sicher kommt man irgendwann an eine Grenze, ueber die man nicht mehr geht, sodass die Leser dann froh sein koennen, weil von Liese Mueller - und auch von Lizette Mullere oder Lisabetta Mulleroni - keine Buecher, die sie nicht lesen wollen, mehr erscheinen. Bei der Pseudonym-Frage war dieser Punkt noch nicht fuer mich erreicht, aber irgendwann kommt der bestimmt.
    Denn natuerlich ist die Chance nicht so gross, dass Autoren, die mit dem einen Namen geflopt sind, mit dem zweiten den Flop vermeiden. Im Endeffekt entscheiden immer die Leser. Nur nicht weil sie sich hier ueber Pseudonyme aufregen, sondern weil sie das zweite Buch von Lisabetta Mulleroni eben nicht kaufen, wenn sie beim ersten denken: Iihh, das ist ja so doof wie das von der Mueller.
    Das Pseudonym kann eine Chance sein, aus Fehlern zu lernen - so habe ich es gesehen. Ob man die letztendlich aber nutzen kann oder nicht, haengt vermutlich weit weniger davon ab, ob man Mulli, Bulli oder Lumpi heisst, sondern davon ob man das Zeug eben hat oder nicht. Dass man sich nach einer vertanen Chance aber eine zweite wuenscht, finde ich nicht ehrenruehrig. Ich zumindest habe zwanzig Jahre gebraucht, um einen veroeffentlichungsreifen Roman zu schreiben (vielleicht sagt das ja auch schon alles ...) - und einen Traum, der mehr als zwanzig Jahre alt ist, gibt man, denke ich, ganz so einfach nicht auf. Zumindest nicht, wenn man in MacDonalds Uniform noch ein oder zwei Jaehrchen weiter traeumen duerfte.


    Charlie

  • Zitat

    Original von piper1981


    Wobei ich auch iwie bezweifle dass der Durchschnittsleser "der 2 Bücher im Jahr liest"=die breite Masse laut Mulle , da wirklich nen Überblick hat , wer was geschrieben hat - dafür kommen einfach zuviele Bücher auf den Markt.


    Jein.
    Die meisten Endkunden wissen es nicht oder es interessiert sie nicht.
    Aber der BUCHHÄNDLER weiß es und der argumentiert (oft) so.


    Und damit will ich gar nichts gegen den Buchhändler sagen - oder gar gegen Bodo :lache
    Der muss halt schauen: Ich hab x Tische, pro Tisch passen 10 Titel drauf - angeboten werden 150. Natürlich nehme ich die Zahl x mal 10, von denen ich mir die meisten Verkäufe erwarte.


    Interessant ist ja auch: Wenn Bücher vorgestellt und vorbestellt werden, ist der Inhalt oft noch nicht fertig. Manchmal gibt es 100 Seite Leseprobe, oft aber nicht einmal das. Dann sind der Katalogtext (Werbung für das Buch), der Klappentext, das Cover, Titel und Autorenname die einzigen Punkte, an denen der Buchhändler entscheiden muss, ob er das Buch bestellt oder nicht.
    Und wenn man nun bedenkt, dass weit mehr Bücher angeboten werden als der Buchhändler einkaufen und unterbringen kann, dann kann man nachvollziehen, dass der Buchhändler als erstes potentielle "Störer" aussortiert: ein Name z.B. der irgendwie unangenehm auffällt (weil der Autor früher schlecht verkauft wurde / mit einem konträren Genre in Verbindung gebracht wird / oder weil Hildegard Herkströter einfach kacke auf einem Afrika-Love& Landscape aussieht).


    Zusammenfassend kann man sagen: Alles, was am Buch AUßEN gemacht wird (name, Titel, Cover, Klappe), wird nicht nur für den Leser gemacht sondern überwiegend für den Buchhändler. Denn wenn der nicht vorbestellt, kommt der Roman nicht in die Läden und dann hat das Buch einen ganz, ganz schweren Stand, egal wie gut oder schlecht es ist.

  • Zitat

    Original von uert


    :write So verständnisvoll wie sich die Autoren immer für die vom Verlag aufgedrängten Pseudonyme geben...sie wollen sich doch recht viel erklären.


    Autoren sind von Natur aus neugierige Menschen.
    Manchmal geht es mit uns durch und wir schließen von uns auf andere; und mich persönlich interessieren die Hintergründe von Entscheidungen, die ich komisch finde.
    Ich finde sowas interessant.


    Von daher war das hier kein Versuch, mich zu rechtfertigen. Ich war lediglich der (vielleicht falschen) Auffassung, diese Hintergründe könnten euch interessieren, damit ihr seht: es geht nicht darum, euch (die Leser) zu verarschen; es geht nur darum, unseren Büchern die besten Chancen mitzugeben, damit sie überhaupt dort zum Ausliegen kommen, wo ihr sie findet.

  • Zitat

    Original von Mulle
    ...


    Autoren sind von Natur aus neugierige Menschen.
    Manchmal geht es mit uns durch und wir schließen von uns auf andere; und mich persönlich interessieren die Hintergründe von Entscheidungen, die ich komisch finde.
    Ich finde sowas interessant.


    Von daher war das hier kein Versuch, mich zu rechtfertigen. Ich war lediglich der (vielleicht falschen) Auffassung, diese Hintergründe könnten euch interessieren, damit ihr seht: es geht nicht darum, euch (die Leser) zu verarschen; es geht nur darum, unseren Büchern die besten Chancen mitzugeben, damit sie überhaupt dort zum Ausliegen kommen, wo ihr sie findet.


    Vielen Dank, Mulle, für die Einblicke.
    Ich finde das sehr interessant, denn als ich als Lieschen-Müller-Leser habe ja keine Ahnung von den Hintergründen der Branche.
    Ich komme immer mehr zu dem Schluss, Bücher anzulesen, mit meiner Buchhändlerin vor Ort ins Gespräch zu kommen, auf Empfehlungen zu reagieren und weniger nach dem äußeren Schein zu kaufen.
    Und natürlich Bücher der nettesten und zugleich besten Autoren zu kaufen und zu verschenken! :grin

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin




  • Danke Mulle, für Deine Antwort. :wave
    Deine Erklärung kann ich nachvollziehen.

    Liebe Grüße :schuechtern


    Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne. -Jean Paul-


    :lesend

  • Zitat

    Das Pseudonym kann eine Chance sein, aus Fehlern zu lernen - so habe ich es gesehen. Ob man die letztendlich aber nutzen kann oder nicht, haengt vermutlich weit weniger davon ab, ob man Mulli, Bulli oder Lumpi heisst, sondern davon ob man das Zeug eben hat oder nicht. Dass man sich nach einer vertanen Chance aber eine zweite wuenscht, finde ich nicht ehrenruehrig. Ich zumindest habe zwanzig Jahre gebraucht, um einen veroeffentlichungsreifen Roman zu schreiben (vielleicht sagt das ja auch schon alles ...) - und einen Traum, der mehr als zwanzig Jahre alt ist, gibt man, denke ich, ganz so einfach nicht auf. Zumindest nicht, wenn man in MacDonalds Uniform noch ein oder zwei Jaehrchen weiter traeumen duerfte


    Dies ist wirklich der einzige für mich akzeptable Grund, wenn es dem Autor nützt - noch mehr natürlich, wenn ihm sonst das endgültige Aus in diesem Beruf droht. Frustrierend finde ich daran, dass die Massenware inzwischen soviel Platz einnimmt, dass für kleine feine Schmuckstücke, wie z.B. die Bücher von Charlie, die Nischen immer enger werden und die Verlage sich immer stärker nach den Umsatzzahlen richten und richten müssen. Dies ist natürlich von Verlag zu Verlag etwas unterschiedlich und betrifft leider nicht nur diesen Teil des Lebens, sondern die Unterhaltungsbranche insgesamt (ich arbeite öffentlich-rechtlich beim Fernsehen und wir dürfen ja auch noch kleine feine Filmchen für Minderheiten machen, die ein privater Sender gar nicht erst in Erwägung zieht, da sie keine Einschaltquoten bringen) und m.M. nach sämtliche Bereiche des Lebens, wo Großkonzerne die kleinen Schlucken und die Vielfalt für den Einheitssumpf auf der Strecke bleibt.


    Und der Frust bleibt, dass ich NICHT immer mitkriege, wenn geliebte Autoren unter Pseudonym was auch immer schreiben und ich dies immer noch sehr sehr schade finde.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich hoffe, daß die Gemüter sich inzwischen etwas abgekühlt haben und ich den Thread mal wiederbeleben kann. :wave


    Nachdem ich den Thread nun noch einmal durchgelesen habe, muß ich sagen, ich kann die hier vorgebrachten Gründe für Pseudonyme mehr oder weniger nachvollziehen.
    Mehr: Den Neustart nach einem Flop;
    Weniger: Das Mehr Bücher pro Jahr Argument. Irgendwer schrieb, man mache sich damit selbst Konkurrenz, deshalb ein Pseudonym. Wenn man aber im gleichen Genre bleibt, macht man sich doch auch unter Pseudonym selbst Konkurrenz? Und bei verschiedenen Genres sehe ich die Gefahr der Konkurrenz nicht. Zudem ist gerade in den großen Ketten immer wieder zu beobachten, daß auf den Tischen möglichst alle Titel eines Autors (bzw eines Pseudonyms!) beisammen liegen. Wieso dürfen das denn dann nur zwei neue pro Jahr sein?


    Aber ein Aspekt kommt in der ganzen Diskussion bisher aus meiner Sicht viel zu kurz:
    Ich fühle mich nicht verarscht, wenn Karsten Müller aus oben genannten Gründen plötzlich Thomas Maier heißt. Aber ich fühle mich ziemlich durch den Kakao gezogen, wenn Karsten Müller plötzlich als Emanuela Rigatoni schreibt. Hier wird dem Leser meiner Meinung nach etwas vorgespielt, was nix mit der eigentlichen Person zu tun hat. Irgendwo hier im Forum war mal ein schöner Artikel verlinkt, bei dem es genau um dieses Thema ging. Erklärung lautete ungefähr: Das ist billiger als ein richtiger Ausländer, z.B. wegen der Übersetzung. Deswegen werden solche Autoren jetzt einfach erfunden. Wer sich da als Leser für dumm verkauft vorkommt, hat mein vollstes Verständnis.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)