Mit freundlicher Genehmigung von Tom haben wir von seiner HP die Biographie und das Foto übernommen.
Tom Liehr
Jahrgang 1962, selbständiger Kaufmann und freier Autor, zwischen 2002 und 2005 Vorsitzender der Autorengruppe "42erAutoren - Verein zur Förderung der Literatur e.V.".
Als pubertierender 14jähriger besuchte ich einen Schreibmaschinenkurs bei der Volkshochschule, Anfänger I bis Fortgeschrittene II - zum Schluß als Hahn (genaugenommen als Hähnchen) im Korb inmitten angehender Sekretärinnen, als einziger Teilnehmer mit leichtem Testosteronüberschuß, statistisch gesehen zumindest. Ich wollte unbedingt so schnell tippen können wie nur irgendmöglich. Das Ergebnis war ein halbes Jahr später mein erstes Romanmanuskript, 350 Seiten, natürlich Science Fiction, was schreibt man sonst als Halbwüchsiger (von zappeliger Liebeslyrik und Songtexten abgesehen): "Der Aufstand der Menschen", auf der laut rasselnden elektrischen Schreibmaschine heruntergetippt, nachts unter der Bettdecke. In irgendeinem Umzugskarton steckt das Ding noch, natürlich haben meine Geschwister das Buch geliebt, aber genauso natürlich hatte das nichts zu sagen, obwohl ich ihnen für die Motivation dankbar war - und immer noch bin. Ein paar krude Kurzgeschichten sind ebenfalls in dieser Zeit entstanden, etwa das kleine Märchen "Bobo, der frierende Kühlschrank"; die Story habe ich letztens wiedergefunden und mich schlappgelacht. Dann das ambitionierte große Werk: "Letzte Bestandsaufnahme", mit 18. Die kompakte Weisheit eines jungen Mannes, der bereits alles gesehen, gehört und erlebt hat, wie er glaubte, sich zumindest berufen fühlte, über all das zu schreiben: Beziehungskrisen, Suizidgedanken, Drogen, diese Dinge. Zwei oder drei Male überarbeitet, dann in die Tonne. Irgendeine Fassung dieses wirklich schlimmen Monstrums hockt ebenfalls in irgendeiner Kiste; besser nicht danach suchen. Daß ich weder eine Beziehungskrise, noch Selbstmordabsichten oder Drogenkonsum (jedenfalls keinen, den man ernsthaft als solchen bezeichnen könnte) selbst erlebt hatte, schien mir irrelevant. Schreiben ist Fiktion, dachte ich mir. Stimmt ja auch, aber ...
Danach die lange Schaffenspause; jeder wirklich große Autor braucht das <g>. Sie hat bis 1988 gedauert, da war ich immerhin schon 26. Der "Playboy" schrieb 1990 seinen ersten Short-Story-Wettbewerb aus, jenen, aus dem später der "Gratwanderpreis" wurde. Ich reichte zwei Stories ein, eine erotische, praktisch für das Magazin geschrieben ("Hallo, Liebling, hier spricht Harry"), und eine, die später als "Thriller" bezeichnet wurde, "Auf Sendung mit dem letzten Schuß", in der es, wie in meinem kommenden Roman, um Radio ging. Die Erotik landete auf Platz eins, der Radiothriller auf Platz drei, schon eine Leistung bei mehreren hundert Beiträgen. "Von mir waren Fotos im Playboy", konnte ich kurze Zeit später behaupten, und obwohl ich glücklicherweise nicht nackt abgebildet war, hatte es der hochambitionierte, erstmals von einem großen Magazin beauftragte Fotograf geschafft, superpeinliche Bilder zu schießen (Ja, ich habe sie noch, nein, ich werde sie hier nicht 'reinstellen). Immerhin erschienen beide Stories, toll illustriert - meine Freunde kauften den "Playboy", und erstmals nahm man ihnen die Erklärung ab, es hauptsächlich wegen des Literaturteils zu tun. Leute interviewten mich für RTL und andere Sender, ein Agent rief an, und fragte, was ich sonst noch in petto hätte. Nix. Aber der nette Agent nahm mich trotzdem unter Vertrag. Ein paar Short Stories landeten etwas später in Anthologien bei Heyne, Lübbe und anderen, darunter "Auf Sendung mit dem letzten Schuß" unter dem Originaltitel "Der Besucher" im Heyne-Krimi-Jahresband 1992. Der erfolgreiche Erstlingsroman blieb in einer Schublade meines Hinterkopfes. Ich hörte wieder auf, der Agent ging seiner, ich meiner Wege. Zweite Schaffenspause.
Ein Forum bei "CompuServe" schrieb dann Mitte der Neunziger einen kleinen Wettbewerb aus - das Internet war noch neu und aufregend, CompuServe-Foren standen einer kleinen Gruppe von Nutzern zur Verfügung. "Phantastic!" hieß dasjenige mit dem Wettbewerb. Es ging darum, eine Story fortzusetzen, deren Anfang Deutschlands seitenstärkster SF/F-Autor - Wolfgang Hohlbein - vorgegeben hatte. Irgendwas mit Aliens. Ich hackte eine satirische Story herunter, am Abend vor Abgabe, und wurde, glaube ich, zweiter. Viel interessanter als der Wettbewerb war das Forum selbst, in dem es eine kleine Gruppe von Hobbyautoren gab, die sich über ihre Texte austauschten: "42 - Writer's World". Das war enorm spannend, und ich fing wieder an. "So cool" entstand, ein sehr heftiges, brutales, leider aber auch richtungsarmes Buch um zwei misanthrope Spaßvögel. Immerhin schaffte ich es, über das Manuskript einen Agenten auf mich aufmerksam zu machen - Michael Meller. Aus dem Buch wurde zwar nichts, und auch der Nachfolger, "Am Leben bleiben", kam über den Status "lustig, aber ungenießbar" nie hinaus. Aber Meller drängte und schubste mich, wies auf die Schwächen hin und lobte die Stärken.
Parallel erwuchs u.a. aus der "42 - Writer's World" eine sehr große Internet-Autorengruppe, die "42erAutoren", eine Mailingliste zur wöchentlichen Besprechung des Textes eines der - inzwischen weit über zweihundert - Mitgliedsautoren. Eine befreundete Schriftstellerin, Mareen Göbel, gründete ihr Internet-Textarbeitsprojekt "Phoenix", eine kleine, sehr fein besetzte (abgeschlossene) Gruppe. Ich begann mit der Arbeit an "Radio Nights", plottete und recherchierte, gab jedes Kapitel in den Reißwolf der "Phoenixe". Im September 2001 war dann die erste Rohfassung fertig - dank der Phoenixe, insbesondere der fantastischen Mareen Göbel und der hochtalentierten Iris Kammerer. Mein Agent war froh, ich war froh, und im März 2003 erschien der Roman bei "Aufbau".
Der nächste ist bereits in Arbeit.