20 Jahre nach dem Mauerfall lebt W. immer noch in Ostberlin. Nicht einmal in den Westteil der Stadt zieht es ihn. Was als reines Desinteresse begann, wurde schließlich zur Obsession, so verlangt er bei Taxifahrten Umwege und kaufte sich alte Straßenkarten der geteilten Stadt, um bei den ganzen Neubauten den Überblick über den ehemaligen Grenzverlauf nicht zu verlieren. Auch sonst kommt W. nicht viel rum, sondern bleibt am liebsten in seinem Bezirk. Das wäre auch kein Problem, wenn er nicht Reisereporter wäre. Statt an die exotischen Orte zu reisen, die er in seinen Reportagen beschreibt, bedient er sich bereits vorhandener Lektüre über diese Orte. Das Buch beginnt damit, daß sein Treiben auffliegt, weil nach einer Reisereportage über Nordkorea ein Funktionär erklärt, daß W. überhaupt kein Visum hatte. Als W. dann auch noch nach einem Verkehrsunfall in einem West(!)berliner Krankenhaus landet, bricht seine Welt endgültig auseinander. In seiner Verzweiflung landet er zunächst in der nordkoreanischen Botschaft, um schließlich endlich zu einer ersten richtigen Reise aufzubrechen. Es geht - wie könnte es anders sein - zur berühmtesten noch existierenden Mauer, nach China.
"Kein Feuer, das nicht brennt" ist der zweite Roman von Rayk Wieland und schließt zeitlich wohl an den Vorgänger "Ich schlage vor, daß wir uns küssen" an, ist aber praktisch völlig eigenständig, es ist also nicht notwendig, den Vorgänger zuvor zu lesen.
Ich fand diesen kleinen Roman (ca. 150 Seiten) einfach wunderbar, Wieland hat einen tollen Sprachwitz, der allein das Buch schon zu einem besonderen Erlebnis macht. Ansonsten wird abgründig philosophiert, natürlich besonders über das (Nicht-) Reisen, aber beispielsweise auch über zulässige oder unzulässige Täuschung. Beim titelgebenden "Feuer", gemeint ist das TV-Kaminfeuer, holt er zwar ein bißchen zu weit aus, aber alles in allem ein sehr gelungenes Buch.
Klare Leseempfehlung für alle, die feinen, hintergründigen Humor und viel Sprachwitz mehr schätzen als den polternden Klamauk.