Cathi Unsworth: Opfer
Kurzbeschreibung (Verlagsseite)
Die verschlafene Idylle eines Küstenstädtchens im Norden
Englands wird von einem grausamen Ritualmord erschüttert. Am Tatort wird
die blutüberströmte Corrine Woodrow aufgegriffen und bald darauf zu
lebenslanger Haft verurteilt. Doch war die junge Außenseiterin
tatsächlich die Hohepriesterin eines Satanskults, wie es in der
Boulevardpresse hieß? Zwanzig Jahre später rollt ein junger
Privatdetektiv die Ermittlung wieder auf, denn neue Beweise belegen,
dass sich alles auch ganz anders abgespielt haben könnte …
Autorin (Verlagsseite)
Cathi Unsworth begann mit neunzehn Jahren für das legendäre Musikmagazin Sounds zu schreiben. Sie studierte am London College of Fashion und arbeitete als Kritikerin und Redakteurin u.a. für Melody Maker, Bizarre und The Guardian. Opfer ist ihr vierter Roman. Cathi Unsworth lebt in London.
Allgemeines
Originaltitel: Weirdo
Taschenbuch 384 Seiten
Erschienen am 11.03.2013 im Suhrkamp Verlag
Übersetzer: Hannes Meyer
Personale Erzählung auf zwei Zeitebenen: 1983/1984 und 2003
40 Kapitel auf vier Teile verteilt
Zum Inhalt
In Ernemouth, einer kleinen Küstenstadt im Norden Englands, kam es im Sommer 1984 zu einer schrecklichen Bluttat. Ein junger Mensch wurde brutal ermordet, seine Leiche wurde innerhalb eines mit seinem Blut gezeichneten Pentagramms aufgefunden. Neben der Leiche kauerte Corrine Woodrow, die wegen ihrer asozialen Mutter und ihres eigenen auffälligen Erscheinungsbildes schon immer mit Misstrauen betrachtet wurde. Da das Mädchen Bücher über Schwarze Magie besaß, war es für niemanden sehr verwunderlich, dass sie einen Ritualmord begangen haben sollte...
Im Jahre 2003 soll der Mordfall von 1984 wieder aufgerollt werden, denn dank neu entdeckter DNA-Spuren an den Beweismitteln haben sich Hinweise darauf ergeben, dass die seit 19 Jahren in einer geschlossenen Anstalt inhaftierte Corrine die Tat nicht allein verübt haben kann.
Sean Ward, der nach einer schweren Verletzung im Dienst der Polizei seinen Beruf an den Nagel gehängt hat und nun als Privatermittler seinen Lebensunterhalt verdient, soll auf Betreiben der Anwältin Mathers Corrine vernehmen und in Ernemouth alten Spuren nachgehen.
Die Journalistin Francesca unterstützt ihn, zumal sie ein persönliches Interesse an dem Fall hat. Schnell finden Sean und Francesca heraus, dass in diesem Fall nichts so ist, wie es nach den alten Akten scheint. Corrine ist seltsamerweise nicht erfreut über die Aussicht, dass sich durch die Wiederaufnahme des Verfahrens an ihrer Lage etwas ändern könnte. Außerdem gibt es in Ernemouth Leute, denen gar nicht an den neuen Ermittlungen gelegen ist und die keine Skrupel kennen, wenn es darum geht, diese zu unterbinden.
Eigene Meinung
Dieser Krimi schildert in abwechselnden Kapiteln die Ereignisse der Jahre 1983/1984 und die Nachforschungen des Privatdetektivs Sean Ward im Jahr 2003.
In den Achtziger Jahren versuchen die Jugendlichen durch extrem ausgefallene, provokante Outfits und lautstarke Partys die Langeweile ihres Lebens zu mildern. Nicht alle dieser jungen Leute kommen aus einem "stabilen" häuslichen Umfeld, vielmehr haben einige von ihnen mit großen Problemen zu kämpfen. Durch die intensive Bezugnahme auf die Jugendkultur und die Musik dieser Zeit fühlt sich der Leser, der die Achtziger Jahre aus eigener Erfahrung kennt, mitten ins Geschehen versetzt. Obwohl es sich bei diesem Buch nicht um einen blutigen Krimi handelt - selbst der spektakuläre Mord wird recht spannungsarm präsentiert - vermittelt der Roman eine Atmosphäre, die den Leser ebenso packt wie abstößt. Korruption, Drogen, Missbrauch und Prostitution Minderjähriger: alle diese Dinge spielen in der, oberflächlich betrachtet, biederen Kleinstadt eine verhängnisvolle Rolle.
Zunächst spekuliert der Leser, wer das im Titel angesprochene "Opfer" sein wird, dann wird immer deutlicher, dass es mehrere Opfer gibt und dass auch Täter in gewisser Weise Opfer sein können.
Der Erzählstil ist angenehm und flüssig zu lesen, gegen Ende des Romans werden die einzelnen Abschnitte allerdings immer kürzer und münden in so sprunghafte Szenenwechsel, dass man sich sehr konzentrieren muss, um nicht den Faden zu verlieren. Zum Schluss werden alle Details zusammengeführt und ergeben ein verständliches und sehr bedrückendes Bild.
Fazit
"Opfer" ist ein wenig blutrünstiger, aber sehr bedrückender und nachdenklich machender Kriminalroman, der konzentriertes Lesen verlangt und (mir) noch länger im Gedächtnis bleiben wird.
8 Punkte