Ein großartiger letzter Abschnitt, der fast alle Motive des Buches aufgreift.
"Jeder hat seine eigene Geschichte" und "Mach die Augen auf! Nur so erkennst du Hund oder Wolf!" - das sind für mich die entscheidenden Leitgedanken in diesem Abschnitt.
Mich hat Irinas Erbe noch eine Weile beschäftigt. Sie hat wohl nie in einer Gemeinschaft gelebt, in der die Mitglieder fürsorglich zueinander sind. Je mehr sie von den Graugänsen las, um so einsamer kam sie mir vor. Sie wurde bestimmt ebenfalls als Kind missbraucht und konnte sich mit 18 Jahren befreien oder weggehen, hat sich dann aber durch die Wahl ihres Lebensentwurfes selbst an einen neuen Felsen gefesselt. Inklusive Dasein im Rollstuhl. Die Sehnsucht nach Beziehungen zu anderen Menschen konnte sie nie befriedigen.
Karl erbt das Graugansbuch und bei ihm ist es in guten Händen. Er hat das beste Erbe erwischt, denn er hat die Hände frei zum gestalten.
Der Besuch bei Elsa hat mich sehr berührt. Die tiefe, unerwiderte Liebe, die Karl empfindet, das gemeinsame Wissen ohne Schuldzuweisungen, den Respekt, den die beiden sich zollen, all das kommt so deutlich rüber. Aber auch die endgültige Gewissheit, dass sie eben nicht zusammen gehören. Sehr traurig, aber auch erlösend. Karl ist in der Beziehung zu elsa absolut Hund, ein treuer Freund. So empfindet sie das ja auch.
Elsas neuer Felsen ist die Farm. Schweine-Willi konnte sie zwar von den Ketten und dem Ungeheuer befreien, nun ist sie aber in einer neuen Abhängigkeit. Ob Elsa jemals auf eigenen Füßen stehen kann? Sie hat sich von den Bandagen befreit, vielleicht schafft sie es eines Tages, einen eigenen Weg zu gehen. Das braucht manchmal ganz schön viel Zeit.
Zu dem Hund-Wolf-Motiv habe ich mich ja im letzten Abschnitt schon geäußert. Mir hat sehr imponiert, wie gut durchkomponiert dieser Roman ist. Rosenfeld zeigt viel Fingerspitzengefühl, wann ein Motiv noch trägt, wann es fallen gelassen wird, was gesagt wird, was offen bleibt.
Ein wirklich ungeheuer gutes Buch.