Algerische Trilogie Band 2: Der Brand – Mohammed Dib

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  • Verlag: Progress (1956)
    Gebundene Ausgabe: 311 Seiten
    Originaltitel:L’ incendie


    Kurzbeschreibung:
    Nur wenige Kilometer von der Stadt Tlemcen entfernt, am Rande der Ebene in den Gebirgshang eingebettet, liegt Bni Bublen, ein winziges Dorf nur und doch eine Welt, eine seltsame, erregende Welt für einen elfjährigen, der aus der dumpfen Enge eines Mietshauses plötzlich hinaustritt in die überwältigende Weise der algerischen Landschaft.


    Über den Autor:
    Mohammed Dib war ein algerische Schriftsteller. Er wurde vor allem durch seine "Algerische Trilogie" ("Das große Haus", 1954, dt. 1956; "Der Brand" 1954, dt. 1956; "Der Webstuhl" 1957) bekannt. Weitere Romane: "Gott bei den Berbern" (1970), "Abel" (1977), "Die Terrassen von Orsol" (1985), "Die maurische Infantin" (1994); auch Novellen und Essays. 1994 erhielt er als erster nordafrikanischer Schriftsteller den Großen Preis der Francophonie der Académie française.


    Mein Eindruck:
    Es ist Sommer 1939. Omar, der Junge aus dem ersten Teil der Trilogie ist inzwischen 11 Jahre alt und kommt raus aus der Stadt aufs Land, wo er einen Sommer lang eine ganz andere Welt kennen lernt. Doch auch hier ist die gesellschaftspolitische Lage schlecht, da die Franzosen die ohnehin hungernden Bauern enteignen. Die Fellachen beschließen zu streiken. Der Streik wird gewaltsam von den Kolonialisten niedergeschlagen. Es kommt daraufhin zu Unruihen.


    Auffällig an diesem Band ist, dass im Gegensatz zu Band 1 und 3, sich de Handlung nicht alleine auf Omar konzentriert. Die Bewohner des Dorfes und Umgebung werden stärker einbezogen, in manchen Abschnitten wirkt Omar nur am Rand mit.


    Für Omar werden die Beobachtungen dieser Zeit Teil eines politischen Bewusstseins.


    Auch in der Stadt gibt es jetzt in der Zeit de Krieges noch mehr Armut. Die hungernden Kinder klauben sich Essensrest aus den Mülltonnen zusammen. Omar empfindet sogar Scham, wenn er aus Hunger ein Stück Brot isst, während seine Mutter und Schwestern zu Hause hungern.


    Sprachlich hat sich der Ton leicht geändert, er wirkt heller. Passagenweise spürt man jetzt mehr, dass der Roman schon älter ist.
    Natürlich ist es immer noch ein realistisch erzählter Roman, doch Dib erzeugt ein noch umfassenderes Bild als zuvor. Er zeigt ein Stück algerische Geschichte, die Vorbote auf den späteren Unabhängigkeitskrieg ist.
    Es hat sich gelohnt, sich mit diesem Buch zu beschäftigen.

  • Im zweiten Band der Trilogie hat sich der Blickwinkel geändert. Nicht Omar steht im Mittelpunkt, sondern ein neutraler Erzähler, dadurch können die Dialoge und Gedanken der verschiedenen beteiligten Personen dem Leser ein detailierteres Bild der Vorgänge in Algerien vermitteln.
    Das bringt Licht in die komplizierten Beziehungen der Fellachen, Städter, Kleinbauern und Großgrundbesitzer zueinander.
    Französische Kolonisten haben der Urbevölkerung, den Fellachen, ihr Land weggenommen mit der Begründung, die wären zu faul, zu dumm, zu altmodisch in ihren Methoden. So häuften die Siedler immer mehr Vermögen an, während ein großer Teil der einheimischen Bevölkerung in unmenschlicher Ausbeutung und Unterdrückuung ein elendes Leben am Rand des Hungertodes führt. Noch reden die Menschen im Geheimen, doch die Seele Algeriens ist in Aufruhr. Während die einen die Zeit reif für Veränderungen sehen, mahnen andere zur Ruhe, da alles ja Gottes Wille oder Vorsehung ist. Manche wollen einfach nur die früheren Zustände zurück, bevor die Fremden ihnen ihre "Zivilisation" aufgezwungen haben.


    Dib benützt die Beschreibung der Augusthitze, um auch die innere Atmosphäre der Menschen zu verdeutlichen, eine unerträgliche Hitze, die die Menschen lähmt und jedes Denken unmöglich macht. Steinerne Ruhe, Gleichgültigkeit und Depression müssen überwunden werden, um endlich den langen Reden Taten folgen zu lassen.


    Gegen Ende tritt wieder Omar in den Mittelpunkt. Dadurch erlebt man als Leser wieder hautnah mit, wie sich die Zustände bis ins private Leben einer Familie auswirken. Doch trotz aller Widrigkeit behält Omar seinen Stolz und eine innere Stärke.


    Mich beeindruckte, wie Dib eine Folterszene auf eine surrealistische Weise beschreibt, in der der Leser kaum noch zwischen Realität, Traum und Erinnerung unterscheiden kann. Dabei ging es ihm nicht um grausame Einzelheiten, sondern um die Wahrnehmung und innere Vorgänge des Häftlings, in dem schließlich ein Neuanfang reift.


    Überhaupt war ich von diesem Buch sehr beeindruckt, weil ich vorher nicht die Ausmaße der Missstände in Algerien um 1939 kannte. Hier habe ich etliches dazugelernt.