Die Landkarte der Finsternis - Yasmina Khadra

  • Verlag: Ullstein Hardcover
    Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
    2013


    Originaltitel: L' Équation Africaine
    Übersetzt von Regina Keil-Sagawe


    Kurzbeschreibung:
    Nach dem tragischen Tod seiner großen Liebe ergibt sich der Frankfurter Arzt Kurt Krausmann dem Kummer. Ein Freund überredet ihn zu einem Segeltörn Richtung Komoren, damit er vergessen und neu anfangen kann. Doch als das Schiff am Horn von Afrika von Piraten überfallen wird, verwandelt sich die Reise von einer Sekunde auf die andere in einen Alptraum. Die beiden Deutschen werden verschleppt, geschlagen und gedemütigt. Sie erleben ein Afrika voller Gewalt und Elend. Ganz allmählich öffnet Kurt dabei seinen Blick in eine ihm unbekannte, faszinierend lebendige Welt.


    Über den Autor:
    Yasmina Khadra ist der Künstlername des 1955 geborenen Autors Mohammed Moulessehoul. Er zählt zu den wichtigsten literarischen Stimmen der arabischen Welt und ist einer der erfolgreichsten Autoren Frankreichs. Zuletzt erschien auf Deutsch "Die Schuld des Tages an die Nacht". Yasmina Khadra lebt in Paris und wurde u.a. mit dem Literaturpreis der Académie française ausgezeichnet.


    Über die Übersetzerin: Regina Keil-Sagawe, Jahrgang 1957, lebt als literarische Übersetzerin und Kulturjournalistin (u.a. ARTE, NZZ) in Heidelberg. In Bonn und Paris hat sie Romanistik, Germanistik und Hispanistik studiert und sich früh auf frankophone Literatur aus dem Maghreb spezialisiert. Sie hat Yasmina Khadra und Azouz Begag ins Deutsche übersetzt, Leïla Marouane und Boualem Sansal, Habib Tengour und Mohammed Dib, Albert Memmi und Paula Jacques, Driss Chraïbi, Mahi Binebine und viele mehr.


    Mein Eindruck:
    Yasmina Khadra hat wieder einmal ein riskantes Buch geschrieben, das ihm viel Lob, aber vielleicht noch mehr Kritik einbringen wird. Denn er ist mit seinen Thesen angreifbar. Einerseits war ich mehrere Stunden lang wie gefesselt von dem Buch, andererseits wusste ich lange nicht, worauf Khadra hinaus will.


    Es ist ein schwerer Weg, den der deutsche Arzt Kurt Krausmann durchmacht, um Afrika kennen zu lernen. Zusammen mit dem Großindustriellen Hans wird auf dessen Schiff von somalischen Piraten überfallen, entführt und verschleppt. Monatelang eingesperrt, wissen sie nicht einmal genau, in welchem Land sie sind. Es könnte in Somalia, Äthiopien, Dschibuti oder der Sudan sein. Dadurch dass Khadra das lange im Unklaren lässt, will er etwas Universelles betonen. Die Lage in vielen Afrikanischen Länder ist schlecht.
    Doch in Darfur, eine Region im Sudan, geht es besonders hart zu.


    Die Entscheidung des algerischen Autors für deutsche Protagonisten hat mich zuerst überrascht, aber er entwirft wirklich glaubhafte Figuren.


    Kurt ist der Ich-Erzähler, der Leser sieht alles durch seine Augen. Seine afrikanischen Entführer sind ihm fremd wie Außerirdische. Kurt war ausschließlich mit sich selbst beschäftigt, als trauernder Witwer ist er nach Afrika gereist.
    Es gibt viele Dialoge zwischen Hans, seinem französischen Mitgefangenen und den Entführern, die unberechenbar und aggressiv sind.
    Die gegensätzlichen Lebensauffassungen scheinen unüberwindlich.
    So ist es anscheinend teilweise auch der europäische Blick auf Afrika (gilt vermutlich auch für Asien und Lateinamerika), der voreingenommen ist. Bei aller Brutalität der Rebellen, ist auch die Verantwortlichkeit der europäischen Länder vorhanden, Der Sudan z.B. war britische Kolonie.

    Ich bin von Yasmina Khadras Büchern immer begeistert gewesen und bei diesem hier geht es mir auch so. Er ist ein Autor, der zugänglich schreibt, mit einem poetischen Stil. Er setzt sich intensiv mit Themen von Relevanz aus.
    Die Landkarte der Finsternis ist ein Entführungsdrama, das mich an den Film Capture von Brillante Mendoza erinnert, der von Entführten auf den Philippinen handelt.
    Der Roman ist ähnlich hart, aber auch gefühlsam geschrieben!

  • KLAPPENTEXT:





    Nach dem tragischen Tod seiner großen Liebe ergibt sich der Frankfurter Arzt Kurt Krausmann dem Kummer. Ein Freund überredet ihn zu einem Segeltörn Richtung Komoren, damit er vergessen und neu anfangen kann. Doch als das Schiff am Horn von Afrika von Piraten überfallen wird, verwandelt sich die Reise von einer Sekunde auf die andere in einen Alptraum. Die beiden Deutschen werden verschleppt, geschlagen und gedemütigt. Sie erleben ein Afrika voller Gewalt und Elend. Ganz allmählich öffnet Kurt dabei seinen Blick in eine ihm unbekannte, faszinierend lebendige Welt.


    AUTOR:
    (Quelle: Ullstein)







    Yasmina Khadra ist der Künstlername des 1955 geborenen Autors Mohammed Moulessehoul. Als hoher Offizier der algerischen Armee veröffentlichte er seine ersten Bücher wegen der strengen Zensurbestimmungen unter den beiden Namen seiner Frau. Yasmina Khadra zählt heute zu den wichtigsten literarischen Stimmen der arabischen Welt und ist einer der erfolgreichsten Autoren Frankreichs. Zuletzt erschien auf Deutsch Die Schuld des Tages an die Nacht. Yasmina Khadra lebt in Paris und wurde 2011 u.a. mit dem Literaturpreis der Académie française ausgezeichnet.


    EIGENE MEINUNG:


    „Damals, als ich der Liebe begegnete, hatte ich gedacht, ja das ist es, ich lebe, statt zu existieren, und ich hatte mir geschworen, alles zu tun, um mein Glück für immer und ewig zu bewahren.“


    Mit diesem Satz beginnt Yasmina Khadras neuster Roman, der so voll ist von Widersprüchlichkeiten , von Gegensätzen, die erst im Zusammenhang, in einer Gegenüberstellung, aufzeigen, wie viel sie im einzelnen bedeuten.


    Der Frankfurter Mediziner Kurt hat den Eindruck eines der schlimmsten Gefühle seines Lebens erfahren zu haben, denn seine Frau hat Suizid begangen. Schon seit geraumer Zeit hatte sie sich ihm mehr und mehr entzogen, doch ihr Tod hat ihn so unvorbereitet getroffen, dass er kaum weiß damit fertig zu werden. Ein langjähriger Freund, der weiß was es heißt die geliebte Frau zu verlieren nimmt ihn mit auf einen Segeltörn nach Afrika. Dort soll er auf andere Gedanken kommen. Doch was er dort erlebt übersteigt seine schlimmsten Alpträume …


    „Jeden Tag wird gestorben. Das ist nichts, was den Herrgott um seinen Nachtschlaf bringt.“


    Kurt hat Angst vor den Gefahren des Lebens, die jedoch jederzeit auftreten und manchmal mit unerwarteter Härte zuschlagen können. Man hat ein wenig das Gefühl er lebt unter einer Gasglocke. Naiv und scheu wie er ist, hat er es mir anfangs nicht leicht gemacht einen Draht zu ihm zu finden. Doch dann passiert etwas, dass ihn dazu bringt, sich zu drehen, die Augen zu öffnen, und sein Leben zu überdenken. Es ist eine Art Schocktherapie, die ihn in die brutale Realität der Welt holt. Eigentlich will er mit dem Segeltörn der Präsenz des Todes entkommen, doch dieser scheint ihn zu verfolgen und holt ihn letztendlich ein. Auge und Auge sieht er sich nun seinem ärgsten Feind, seiner tiefsten Angst entgegen.


    Kurt durchlebt während des Romans einen Wandel, den vermutlich nur solche schockierende und einschneidende Erlebnisse ausüben können. Nicht nur, dass er einer unglaublichen Brutalität gegenüber steht, es ist vor allem der Gedanke über das „Warum?“, das ihm zusetzt. Er begegnet Menschen, die in einer völlig anderen Kultur leben als er selbst. Die täglich ums Überleben kämpfen und auf einem Kontinent leben, der so widersprüchlich ist, wie die Mentalitäten der Menschen, die dort leben. Dort herrscht eine völlig andere Wertigkeit als im behüteten Deutschland, in dem Kurt lebt. Ich frage mich, ob der Autor ausgerechnet einen deutschen Protagonisten ausgewählt, weil Deutschland eins der Länder ist, in denen die sozialen Rechte besonders gut geschützt sind? In denen die Chance zu überleben größer ist als in vielen anderen Ländern. Die Piraten, die Kurt und die anderen Gefangenen demütigen, schlagen und psychisch misshandeln,leben in einer Welt, in der das Leben einer Ziege manchmal mehr Wert ist als das eines Menschen. Die täglich mit Tod und Überleben konfrontiert sind und die mit dem Anblick der ungerechten Verteilung leben müssen …

    „Wenn der Tod sich wie ein Vampir in deinem Geist festbeißt, dann muss das Leben reagieren; es geht um seine Glaubwürdigkeit, sonst wäre es nicht das Leben.“


    FAZIT:


    „Die Landkarte der Finsternis“ war mein erstes Buch des preisgekrönten Schriftstellers Yasmina Khadra, der mich mit seiner poetischen und nachdrücklichen Schreibe nicht nur auf emotionaler Ebene unglaublich berühren konnte, sondern auch zum nachdenken über viele philosophische, politische und menschliche angeregt hat. Ein eindrucksvoller Roman eines eindrucksvollen Autors, der den Leser sowohl in bedrückter, als auch bedrückter Stimmung, vor allem aber sprachlos, hinterlässt.