In seinen Fußstapfen - Charles M. Sheldon

  • Ist unsere Vorstellung davon, was Nachfolge Jesu bedeutet, falsch? (Seite 215)


    317 Seiten, gebunden
    Originaltitel: In His Steps
    Aus dem Amerikanischen von Martin Schneider und Hildegard Zahnd
    Verlag: Gerth Medien GmbH, Aßlar 2009
    ISBN-10: 3-86591-378-4
    ISBN-13: 978-3-86591-378-4


    Unter dem Titel „WWJD“ wurde das Buch in einer in die heutige Zeit versetzten Fassung verfilmt. Gibt es derzeit nur als US-DVD. > hier der Link zur Produktseite bei Amazon.co.uk <.



    Zum Inhalt (Quelle: eigene Angabe)


    Ein Fremder taucht im Sonntagsgottesdienst der St. Lukas Kirche auf, nachdem er einige Tage vergeblich in der Stadt nach Arbeit gesucht hatte. Auch an die Tür des Pastors Henry Maxwell hatte er erfolglos geklopft. Er hält einen beeindruckenden Vortrag - und bricht todkrank zusammen. Wenige Tage später verstirbt er.


    Dieses Ereignis wird Maxwell aus der Bahn und er beginnt über sein Leben, seine Auffassung von Christentum und darüber, was wohl Jesus täte, würde er heute leben, nachzudenken. Am folgenden Sonntag lädt er die Gemeinde zu einem Experiment ein: ein Jahr lang solle man sich vor jeder wichtigen Entscheidung die Frage stellen: Was würde Jesus tun?, diese ehrlich für sich beantworten - und dann ohne Rücksicht auf die Folgen danach handeln.


    Die bisher so ruhige Welt der St. Lukas Gemeinde wird aus den Angeln gehoben, denn das hat ungeheure Folgen für die Gemeinde, die Gesellschaft, die Stadt. Aber läßt sich so etwas überhaupt durchhalten?



    Über den Autor


    Charles Monroe Sheldon wurde 1857 in Weltville/NY geboren. Er war Pastor und legte eine Predigtreihe von 1896 diesem Buch zugrunde.


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    Meine Meinung


    „Sie haben mich gut behandelt. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Jesus auch so gehandelt hätte.“ Mit diesen Worten stirbt der Fremde in des Pastor Maxwells Haus - und läßt diesen erschüttert und verwirrt zurück. Was ist geblieben von den guten Vorsätzen aus Studienzeiten in dieser reichen Gemeinde, die ihm ein gutes Auskommen bietet, selbstgefällig ist und vor Leid und Elend die Augen verschließt? Reicht es denn nicht zu predigen, einmal die Woche den Gottesdienst zu besuchen und das Gewissen mit Spenden an karitative Organisationen zu beruhigen? Bisher dachte er so.


    Was heißt es, in seine Fußstapfen zu treten? (Seite 18), so hatte der Fremde in der Kirche gefragt, bevor er zusammenbrach. Dieses Erlebnis wird für Pastor Maxwell und etliche der Gemeindemitglieder zum Wendepunkt in ihrem Leben. Er lädt die Gemeinde ein, für ein Jahr das Gelübde abzulegen, sich vor jeder Entscheidung zu fragen: „Was würde Jesus tun?“ - und dann danach zu handeln. Ohne Rücksicht auf die Folgen. Das birgt eine gewisse Sprengkraft und hat auch eine Spaltung der Gemeinde zur Folge. Kann man im Alltag, außerhalb der Mauern eines Gotteshauses, nach christlichen Grundsätzen leben? Kann man solcherart ein Geschäft erfolgreich betreiben, eine Zeitung herausgeben? Wird man nicht von allen anderen, die ihre Ziele rücksichtslos verfolgen, in die Enge und schließlich in den Bankrott getrieben? Oder anders: Ist ein konsequent christliches Leben überhaupt möglich?


    Wenn Jesus Christus der Welt ein Beispiel gesetzt hat, dem wir folgen sollen, dann muss dies auch möglich sein. (Seite 29) Mit dieser Prämisse beginnt das Experiment in der St. Lukas Gemeinde. Am Ende des Jahres wird sich für viele Menschen das Leben völlig verändert haben - zum Besseren oder, je nach Betrachtungsweise, zum Schlechteren. Das Buch folgt, neben dem Pastor, einigen weiteren auf ihrem Weg, der von der Frage: „Was würde Jesus tun?“ bestimmt ist. Da sind Victoria und ihr Bruder Rollin, ein Lebemann, reiche Erben eines großen Vermögens. Oder Rahel mit ihrer begnadeten Stimme, die ein Angebot eines großen Opernhauses hat. Da ist der Direktor des örtlichen Eisenbahnwerkes, oder auch Eduard Norman, der Eigentümer und Herausgeber der lokalen Abendzeitung.


    Sie begleiten wir auf ihrem schwierigen Weg, der nicht selten finanzielle Opfer verlangt. Das Buch ist zwar über hundert Jahre alt, aber von wenigen Stellen abgesehen - etwa wenn es heißt, daß man mit der Kutsche unterwegs ist - könnte das durchaus auch in der Jetztzeit spielen. Denn die Grundfrage, die im Buch behandelt wird, ist so aktuelle wie eh und je. Nur das starke Abheben auf die Kneipen und Whiskylobby erschien mir dem damaligen Zeitgeist bzw. den seinerzeitigen Umständen geschuldet.


    Von dem Buch ging auf mich ein eigenartiger Reiz aus. Zwar hatte ich immer wieder mal das Gefühl, der Text sei etwas „hölzern“ oder zu eng am englischen Original angelehnt (ein Blick in Letzteres scheint das zu bestätigen), aber dennoch entwickelte das Buch einen Sog, dem ich mich nur schwer entziehen konnte. Zwar ist die Erzählweise, abgesehen von den „philosophischen“ Abschnitten, sehr handlungsbezogen und kommt ohne weitschweifige Schilderungen aus, dennoch hatte ich alles sehr bildlich vor Augen - Figuren wie Handlungsorte - und ein ständiges Kopfkino am Laufen. Am Ende fiel mir auf, daß einige kleinere Nebenstränge nicht zu Ende geführt wurden, auch wurde der Konflikt in der Gemeinde nur sehr knapp thematisiert. Doch für die Haupthandlung und die Aussage des Buches ist das bedeutungslos; die hätte sich auch bei hundert bis zweihundert Seiten mehr, die man für die Ausführung gebraucht hätte, nicht geändert.


    Die Darstellung, auch der Probleme und Schwierigkeiten, die den Einzelnen bei der Erfüllung ihres Gelübdes erwuchsen, jedoch zwang auch mich als Leser, mir ständig wieder die Frage: „Was würde Jesus tun?“ zu stellen. Selten ist mir ein Buch begegnet, das dermaßen stark wirkt und eine Anfrage an das eigene tägliche Leben stellt wie dieses. Auch daß manches relativ (zu?) glatt zu laufen scheint, ändert daran nichts.


    Wenn das verschwindet, was der Mensch anbetet, hat er nichts mehr, wofür es sich zu leben lohnt. (Seite 247) Immer wieder wird man gezwungen, darüber nachzudenken, was man denn selbst anbetet, wie es um die eigene Einstellung bestellt ist, wie sich das, was Jesus gelehrt und vorgelebt hat, in die Praxis eines „ganz normalen Lebens“ umsetzen läßt, inmitten der Welt, wie sie nun einmal ist.


    Ein Buch, das aufrüttelt und beunruhigt. Denn letztlich läuft es auf die eine Frage hinaus, die man sich selbst für sein Leben stellen muß: Was würde Jesus tun?



    Kurzfassung:


    Ein Klassiker der christlichen Literatur, der das leben von vielen Menschen verändert hat - heute genauso lesenswert wie zur Zeit seines Ersterscheinens.
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")