Lange Zeit hatte ich überhaupt keine Zeit zum lesen, nun hat es endlich wieder geklappt und ich freue mich so sehr, dass ich mich für dieses Buch entschieden habe. Die Lesezeit war sehr kurz, da das Buch eine regelrechte Sogwirkung entwickelt, dass man es einfach nicht mehr aus der Hand legen kann, aber die Nachwirkungen halten erstaunlich lange an. Ich bin nun seit 2 Tagen fertig und die Botschaft des Buches beschäftigt mich noch immer. Lebe und genieße jeden Tag deines Lebens, lass dich nicht von Ängsten aufhalten, sei mutig, geh raus in die Welt.
Mir gefällt an Lou und Will so gut, dass sie so natürlich sind.
Hätte Will diesen Unfall nicht gehabt und wäre nicht im Rollstuhl gelandet, dann hätten sie sich nie im Leben getroffen, so unterschiedlich wie sie auf allen Ebenen sind und in so unterschiedlichen Kreisen wie sie sich bewegt hätten. Am Anfang sieht es zwar nicht unbedingt so aus, als ob beide von ihrem Zwangszusammensein profitieren könnten (Will kann sich nicht wehren, dass seine Mutter Louisa als seine Pflegekraft einstellt und Louisa kann nicht kündigen, weil sie das Geld als Unterstützung für ihre Familie braucht), aber im Laufe der Geschichte können beide unheimlich viel vom anderen lernen. Ihre Gespräche, sarkastisch, ironisch, schlagfertig, sind meistens sehr erheiternd, obwohl sie oft im Kern bitterernst sind. Gut gefallen hat mir ziemlich am Anfang die Aussage von Louisa, Will bräuchte sich nicht wie ein Arsch verhalten, auch wenn er behindert wäre.
Mir hat sich auch eher ein Vergleich zu "Ziemlich beste Freunde" aufgedrängt als zu "Zwei an einem Tag" und ich war froh, dass es beides nicht ist. Die Geschichte um die Behinderung hat zwar Parallelen zu "Ziemlich beste Freunde", aber hier ist das zentrale Thema ein völlig anderes. Und die Liebesgeschichte zwischen Lou und Will ist eine ganz andere als die zwischen Em & Dex. "Zwei an einem Tag" zeigt zwei Menschen in Kurzauschnitten über viele Jahre ihres Lebens, hier haben wir nur den Ausschnitt eines ganzen halben Jahres und zwei Menschen, die währenddessen viele Dinge ihres Lebens überdenken, vom anderen lernen, teilweise auch Dinge annehmen, die wahrscheinlich von keiner anderen Person in ihrem Umfeld anzunehmen gewesen wären, aber auch das festhalten an persönlichen Überzeugungen und der Unantastbarkeit des freien Willens.
Ich bin begeistert, das Buch hat mich sehr zum nachdenken angeregt, ich habe so gelacht (Szene im klassischen Konzert, ich wäre beim lesen von Louisas Kommentar im Bezug auf ein störendes Etwas in Wills Hemdkragen fast vor lachen von der Couch gefallen) und ich habe an vielen Stellen sehr geweint und mit beiden gefühlt. Für mich hat das Buch auch ein Happy End, zwar vielleicht nicht im klassischen Sinne, aber ich denke, der Botschaft des Buches entsprechend ist es ein Volltreffer.
Von mir 10/10 Punkte.
Ein Wort noch zum Cover: Wunderschön.