Im Tal der träumenden Götter - Carmen Lobato

  • „Im Tal der träumenden Götter“ setzt die mit „Im Land der Gefiederten Schlagen“ begonnene Familien- und Liebesgeschichte um die Tochter deutscher Auswanderer Katharina und deren große Liebe Benito fort. Die Handlung beginnt etwa 20 Jahre nach dem 1. Teil. Josefa, Katharinas Tochter, wird volljährig. Sie fühlt sich, nicht nur wegen ihres Aussehens, nicht dazugehörig, nicht verstanden und nicht geliebt und fühlt sich steht hinter Anavera, Benitos leibliche Tochter zurückgesetzt. Sie will ihr eigenes Leben leben und geht nach Mexiko-Stadt. Dort lernt sie den jungen Jaime, Sohn des brutalen und unberechenbaren Großgrundbesitzers Felipe Sanchez Torrija, Nachbar der Alvarez‘, kennen und verliebt sich in ihn, letzten Endes ist sie ihm fast schon hörig. Jaime ist aber vom Hass zerfressen. Er hasst alle Einheimischen, sieht sie als Wilde an und benutzt Josefa nur, um Benito, der inzwischen Gouverneur ist und sich stark für die sozialen Belange der Arme einsetzt, zu kränken und zu brechen.


    Dieser Roman ist kein typischer Auswandererroman, wie man aktuell so viele in den Regalen des Buchhandels findet. Dieser Roman ist etwas Besonderes. Er vereint auf sehr angenehme Weise einen gut recherchierten historischen Roman, eine Familien- und eine Liebesgeschichte, die sich in den historischen Rahmen sehr gut einfügen und durch den geschichtlichen Hintergrund beeinflusst werden. Sehr glaubwürdig ist Josefa, die Tochter Katharinas beschrieben, ihre innere Zerrissenheit, die schließlich darin mündet, dass sie sich dem ärgsten Widersacher ihres Stiefvaters an den Hals wirft und alles um sie herum vergisst. Diese ziemlich einseitige Liebesgeschichte ist für mein Verständnis in keiner Weise kitschig. Die Historie, die von der Autorin sehr anschaulich beschrieben und vermittelt wird, dient diesem Roman nicht nur als Kulisse, sie ist das Gerüst, an dem sich die Handlung orientiert und mit der sie sich entwickelt. Dieser historische Roman enthält also alles, was von einer guten Familiensaga erwartet wird. Ich habe dadurch eine Familie kennen lernen dürfen, die mich, trotz aller Widrigkeiten und der diversen persönlichen Schwächen, die die einzelnen aufweisen (oder vielleicht gerade deshalb), sehr beeindruckte. Jede einzelne Figur ist ein Kind ihrer Zeit und hat Charakter, keine ist stereotyp oder hölzern. Alle durchlaufen eine persönliche Entwicklung. Bei der beeindruckenden Zahl von handelnden Personen gebührt der Autorin dafür ein extra dickes extra Lob.


    Durch die wechselnden Perspektiven beim Erzählen lenkt Carmen Lobato den Blick des Lesers immer wieder auf die Sichtweise anderer Personen, so dass nach und nach eine Art Vertrautheit zu allen Hauptfiguren aufkommt. Neben all dem überzeugt die Autorin auch durch einen sehr angenehmen gefälligen Sprachstil. Die Handlung war nie vorausschaubar, bis zum Schluss gab es Wendungen und Ereignisse, mit denen ich so nicht gerechnet hätte. In meinem Kopf waren die Karten schon gespielt, als mich die Autorin mit ihrem Ende noch einmal völlig überraschte.


    Obwohl das Buch „nur“ ein Taschenbuch ist, überzeugt es doch durch seine Aufmachung. Zusätzlich sind ein Glossar und ein umfangreiches Personenverzeichnis in dem Roman enthalten.


    „Im Tal der träumenden Götter“ ist ein gelungener historischer Roman, der sich sehr positiv von der Masse der Romane dieses Genres abhebt und eine sehr schöne Liebesgeschichte und eine komplexe Familiengeschichte enthält. Er unterhält den Leser über fast 600 Seiten und wenn man das Buch aus der Hand gelegt hat, kann man mit Fug und Recht behaupten, einen Roman für Herz und Verstand gelesen zu haben.


    Über den Autor (Quelle: amazon.de)


    Carmen Lobato ist Romanistin und hat sich zeitlebens für den lateinischen Teil Amerikas interessiert. Durch ihre mexikanisch-andalusische Schwiegermutter entdeckte sie ihre Passion für die faszinierende Vielfalt Mexikos. Carmen Lobato ist als Dozentin tätig und lebt mit ihrer Familie in verschiedenen europäischen Städten. Ihr erster Roman "Im Land der gefiederten Schlange" war ein großer Erfolg.

  • Vielen, vielen Dank, Karthause.


    Ueber Deine tolle Rezension freuen wir beide uns so sehr - wie wir Dir ja auch schon an anderer Stelle gesagt haben, aber nicht oft genug sagen koennen.


    Alles Liebe!
    Charlie&Carmen

  • Nachdem ich schon vom ersten Band „Im Land der gefiederten Schlange“ begeistert war, musste ich natürlich auch „Im Tal der träumenden Götter“, den zweiten Teil dieser Familiensaga lesen. Ich durfte das Buch im Rahmen einer Leserunde genießen und habe schnell gemerkt, dass auch dieser zweite Teil Lesespaß pur ist.


    Karthauses toller Rezension kann ich mich nur komplett anschließen. :write :write :write Schöner könnte ich meine Gedanken zu diesem Buch nicht ausdrücken.


    Hinzufügen möchte ich nur noch, dass ich richtig traurig bin, von den mir so vertraut gewordenen Figuren und von Mexiko, Abschied nehmen zu müssen.



    Dieser wunderbare Roman, den ich kaum aus der Hand legen konnte, bekommt 10 von 10 Eulenpunkten von mir. :anbet


    Auf das nächste Buch von C.L. freue ich mich jetzt schon. :-]

  • Auch mich hat dieses Buch stark beeindruckt, denn die Verfasserin verstand es wieder einmal, eine emotionsgeladene Geschichte "kleiner Leute" vor dem Hintergrund ereignisreicher Historie so spannungsreich zu servieren, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.
    Sie legte eine Fährte mit vielen durchaus logisch möglichen Gedankenabzweigungen und zum Schluss noch eine wirklich nicht vorhersehbare Extrakurve vor.
    Beziehungsprobleme regen dazu an, sich eigene Gedanken zu machen, wie man sich selbst verhalten würde, befände man sich denn in einer ähnlichen Situation wie anscheinend gerade die rasch ans Herz gewachsenen Akteure.
    Und ganz nebenbei erfährt man wieder etwas über die politischen Gegebenheiten in Mexiko vor ca. 130 Jahren und ihre Auswirkungen auf arme und reiche, Ureinwohner und Einwanderer.
    Glossar und Personenregister mit Kenntlichmachung der historisch nachgewiesenen Personen runden das Ganze ab, das übrigens mit einem ansprechenden Cover versehen ist.
    Das Buch ist ganz bestimmt auch ohne den Vorgänger verständlich, den man sich allerdings nicht entgehen lassen sollte.
    Eigentlich Gegner von Fortsetzungen hätte ich hier gerne eine gehabt.
    Ich habe bereits gestern im ersten Posting meine 10 Eulenpunkte angeklickt - wo die meiner Vorschreiberinnen abgeblieben sind, weiß ich leider nicht.

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Original von maikaefer
    Ich habe bereits gestern im ersten Posting meine 10 Eulenpunkte angeklickt - wo die meiner Vorschreiberinnen abgeblieben sind, weiß ich leider nicht.


    Danke für den Hinweis, maikaefer :knuddel1 Bin manchmal etwas vergesslich :alter :grin

  • Ich bedanke mich - natuerlich auch im Namen meiner Sekretaerin, die sich in alles einmischen muss - ganz ganz herzlich bei Euch!
    Ich freue mich ganz besonders ueber Eure so positiven Rezensionen zu diesem Buch. Es hat mir mehr Freude gemacht, als Buecher mir normalerweise machen - und ich find's himmlisch, wenn es Euch auch ein bisschen Freude macht.
    Besonders schoen ist, dass Ihr auch Band Drei noch gern gelesen haettet - wie gesagt, ich haette den ganz doll gern geschrieben und haette die Epoche extrem interessant gefunden.
    Wenn doch noch ein Erbonkel aus der Versenkung auftaucht oder mir jemand das Lottoticket mit dem Sechser schenkt, schreib ich ihn hundertprozentig. Und das ist ganz und gar ernst gemeint.


    Vielen Dank!
    Alles Liebe von Carmen

  • Auch ich durfte im Rahmen der Leserunde dieses tolle Buch genießen. Am Liebsten würde ich meine Koffer packen und nach Mexiko reisen. Aber leider fehlt mir da ein wenig Kleingeld. Schiffspassagen dürften heute teurer sein als ein Flugticket. :lache


    Ich durfte wieder mit Benito und Kathi leiden, lieben und mich freuen aber auch weinen.


    Von mir gibt es die vollle Eulenpunktzahl!

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Vielen Dank, Lesebiene!


    Wenn wir im Lotto gewinnen, fahren wir, ja?


    Ich hatte mir schon als junge Frau vorgenommen, nie nie nie in Laender zu fahren, die eigentlich zu teuer fuer meine Verhaeltnisse sind, weil ich mich immer so intensiv in Orte verliebe und dann da tausendmal hin muss.


    Und was ist mir nun passiert? Mexiko. Bumms knall peng. In meinem reifen Alter nochmal die grosse Liebe.
    Ich weiss, ich sollte verflucht dankbar sein, dass ich da zweimal hindurfte. Aber ich bin ein viel zu gieriger Mensch. ICH WILL DA WIEDER HIN!


    Also werde ich jetzt endlich anfangen, Lotto zu spielen.


    Dir noch einmal vielen, vielen Dank fuers Mitlesen und Kommentieren. Ich habe mich sehr darueber gefreut.


    Alles Liebe von Carmen und/oder Charlie (so ganz sicher sind wir uns nicht immer)

  • Auch ich durfte dieses Buch im Rahmen der schon erwähnten LR genießen.


    Die Fortsetzung von "Im Land der gefiederten Schlange" beginnt 20 Jahre nach dem ersten Roman und beschreibt die Geschichte von Katharina und Benito Alvarez und deren Kindern. Besonders die Halbschwestern Josefa und Anavera könnten vom Aussehen und vom Charakter nicht unterschiedlicher sein. Und genauso unterschiedlich sind ihre Handlungen und Taten...


    Die "fiktive" Geschichte der Alvarez ist wieder wunderbar in die "tatsächliche" Geschichte Mexikos eingebettet. Es wird die Zeit nach der Revolution gezeigt, in der der neue Präsident Diaz in Mexiko-Stadt regiert. Durch Benito bekommt der Leser einiges dieser neuen Regierung mit, aber durch Katharina's Erzählungen wird auch die mexikanische Landbevölkerung dargestellt. Die Lebensweisen der Armen und Reichen sind nicht beschönigend beschrieben - und besonders in Mexiko-Stadt sind die Lebensbedingungen der Armen schon ziemlich heftig...


    Das Buch, das man auch gut ohne den Vorgänger kennen zu müssen, lesen kann, überzeugt durch glaubhafte Charaktere, die spannende, schöne und auch traurige Szenen erleben. Besonders Anavera und Franzi haben es mir angetan - von den beiden würde ich auch gerne ein weiteres Buch als Fortsetzung lesen... ;-)


    Für mich 9 von 10 Eulenpunkte :-)! Und ich will auch wieder nach Mexiko! :rofl


    Vielen Dank an Charlie für dieses wunderschöne "Fernweh-mach-Buch" und die Begleitung der LR! :wave

  • Du kommst in unserer Lotto-Gruppe mit, okay?


    (Koennt Ihr mich mal alle daran erinnern, dass ich mir endlich ein TICKET kaufe? Sonst wird das nie was mit unserer Lotto-Reise ...)


    Vielen Dank fuers Mitlesen, fuers Kommentieren und natuerlich fuers Rezensieren - ich freue mich sehr und wuerde mich noch mehr freuen, wenn Du auch das naechste Mal wieder an Bord waerst.
    Selbst wenn wir nicht im Lotto gewinnen und deshalb an Europas Grenze bleiben muessen ...


    Alles Liebe von Carmen
    und Sekretaerin

  • Ich hatte auch den ersten Band gelesen und durfte den zweiten jetzt in der Leserunde genießen.


    Nach einem Zeitsprung ins Jahr 1888 haben wir mit Katharina, Benito, ihren Kindern und ihrem ganzen Umfeld eine aufregende Zeit erlebt.


    Die Liebe war vor allem ein ganz großes Thema bei Josefa und Anavera. Nach dem großen Verrat von Josefa war ich etliche Male dagesessen und wollte sie nur noch schütteln und zur Vernunft bringen. Anavera hat mir dagegen sehr gut gefallen und auch die eher praktisch veranlagte Franzi. Aber mein absoluter Held war natürlich Benito.


    Tja, auch ich hätte gegen einen dritten Band nichts gehabt :chen


    :danke an Charlie fürs Begleiten der LR


  • Aber klar doch! Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Band von Carmen oder von Charlie! :anbet

  • 587 Seiten



    Meine Meinung:
    Dieser zweite Teil beginnt über 20 Jahre nach dem ersten Teil und erzählt die Geschichte von einem Jahr, von 1888 bis 1889.


    Katharina und Benito Alvarez leben noch immer in Mexiko. Josefa die Tochter von Katharina feiert ihren 21. Geburtstag, fühlt sich aber immer gegenüber Anavera, der leiblichen Tochter Benitos, aufgrund ihres Aussehens zurückgesetzt und ungeliebt. Sie zieht sich von allem zurück und geht nach Mexiko-Stadt zu ihrem Stiefvater, um ein eigenständiges Leben zu beginnen.


    Benito ist nun Gouverneur und lebt hauptsächlich in Mexiko-Stadt. Er setzt sich vor allem für die Armen ein, was aber einigen nicht besonders gefällt. Vor allem Jaime, der Sohn des Großgrundbesitzers Felipe Sanchez Torrija, hat es auf die Einheimischen abgesehen, die für ihn nur Wilde sind. Leider ist er noch dazu der Nachbar von Katharina auf El Manzanal. Und ausgerechnet Josefa lernt ihn kennen und verliebt sich in ihn. Benito hat nun einen sehr schweren politischen Stand, weil Jaime über Josefa versucht, in bloßzustellen und zu beleidigen.


    Obwohl es nur ein Zeitraum von einem Jahr ist, ist die Geschichte vollgepackt mit Überraschungen und vielen Wendungen. Die Seiten, in sehr schöner Sprache geschrieben, fliegen nur so dahin, man kann das Buch kaum aus der Hand legen. Die Personen sind einem bereits vertraut und mit viel Liebe und Intensität dargestellt, man lebt, leidet und freut sich mit ihnen. Sehr gut recherchiert und wieder wunderbar mit eingeflochten die Situation in Mexiko zu dieser Zeit. Abgerundet wird das Buch noch mit einem herrlichen Cover und am Ende findet man noch ein Glossar und ein Personenverzeichnis.


    Ein würdevoller Nachfolger und von mir aus könnte es auch noch einen dritten Teil geben.




    Herzlichen Dank Charlie für dieses wunderbare Erlebnis und schreib bitte in dieser Richtung weiter.


    10 Punkte

  • Ich muss sagen, nach den ersten 70 Seiten hätte ich das Buch am liebsten weggelegt.
    Noch so ein Mexicobuch, noch eins über Diktatoren, machtbesessene Menschen, die andere, vor allem die Ureinwohner als Dreck betrachten, und dem gegenüber natürlich die Guten, die gegen die Bösen kämpfen und von so edlem Charakter sind.


    Mittlerweile bin ich mittig angelangt, meine Meinung ist immer noch dieselbe, allerdings will ich doch unbedingt wissen, wie und wo und ob Josefa ihre Ahnin trifft, die einen Neffen erwartet :grin
    Das gönn ich ihr.


    Das Buch entwickelt wie immer bei Charlies Büchern einen Sog, dass man nicht mehr aufhören kann. Auch wenn die Gutmenschen einfach zu gut sind.


    So, bin ja schon ne Weile fertig und eines kann man von dem Buch auf jeden Fall nicht sagen, dass es nur eine Sekunde langweilig ist.


    Sogar die Herzensbrecher und Schurken wachsen einem hier ans Herz, man fiebert und hofft und bangt mit allen Beteiligten, ja und manche Szenen oder Sätze können nur so von Charlie geschrieben werden, man erkennt sie immer und überall.


    Und dann doch gute 9 Punkte ;-) für beste Unterhaltung

    "Leute die Bücher lesen, sind einfach unberechenbar." Spruch aus "Wilsberg "
    smilie_winke_039.gif

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Findus ()

  • Hallo,


    Erst mal: Ich liebe den ersten Teil der Geschichte:
    - Schöne Mischung historischer Roman und Familiensaga
    - Gelungene Beschreibung aller Personen, man konnte sich sehr gut in diese hineinversetzen
    - Facettenreichtum der Personen, keine Schwarz-/Weißmalerei
    - Schöne, glaubwürdige Liebesgeschichte - und das von mir, der schnell mal etwas zu kitschig wird
    - Man hat die Charaktere lieb gewonnen, mitgefiebert - auch wenn das sehr erwünschte Ende zu erahnen war ;-)
    - Tolle Beschreibungen der Landschaften, Städte, Lebensumstände etc.


    Das für mich nahezu perfekte erste Buch schraubte meine Erwartungen für das zweite gewaltig in die Höhe, was sicherlich das Hauptproblem war.


    Denn im zweiten vermisste ich leider ein paar der genannten Punkte.


    Schreibstil wieder wundervoll, die Verwebung von Historie und Familiensaga, die Beschreibungen der Natur, Orte etc wieder wunderbar, aber die Personen erschienen mir tw nicht rund, ihre Handlungen nicht nachvollziehbar:
    - Katharina und Benito: Schöne, glaubwürdige Weiterentwicklung meiner Lieblinge, hätte gerne mhr von ihnen gelesen. Nur Benito war mir etwas zu perfekt, im ersten Buch hatte er schon auch seine Launen und war nicht sooo verständnisvoll gegenüber Demütigungen... Josefa hätte er ruhig auch ein paar Mal anschreien dürfen und bei dem Gespräch mit Jaime zumindest nicht sofort so versöhnlich und vertrauensvoll.
    - Katharinas Familienseite: Hätte gerne präsenter sein dürfen ;-) Vor allem Marthe, Jo und Stefan. Felices Wandlung zur "alten, überkorrekten" Jungfer entschließt sich mir nicht ganz, da wäre mehr Hintergrund schön gewesen.
    - Benitos Familienseite: Perfekt, vor allem Carmen. Schön, wie gut sie sich mit Katharina versteht!
    - Martina und Co: Immer noch super - vor allem Tómas: er hat Josefa für mich zurecht gestutzt ;-)
    - Therese Gruber: Unsympathisch,man kann ihre weiche Seite erahnen, ein wenig mehr davon wäre toll gewesen. Hier eine Frage: War es in Tirol wirklich üblich, bei Frauen ein "in" an den Nachnamen zu hängen?
    - Franzi: Super gezeichneter Charakter, schön, dass sie ihren Frieden gefunden hat!
    - Vicente, Elena und Co: Sympathisch und glaubwürdig
    - Josefa: Der scheinbare Hauptcharakter in der ersten Hälfte. Muss leider sagen, ich fand sie bis zum Schluss eher unsympathisch und hätte sie gern nach Tirol geschickt ;-) Wurde einfach nicht warm mit ihr. Ich verstehe ihren Konflikt bez ihres Gefühls nicht dazuzugehören, ihre Angst vor Ablehnung etc. Das entschuldigt ihre unreifen, dummen Handlungen, ihre verwöhnte, egoistische Art unzureichend. Schreckliche Person ;-), für mich ist es in keinster Weise nachvollziehbar, wie hörig sie Jaime wird und wie sehr sie für ihn ihre Familie verrät! Sowas macht man nicht, wenn man noch einen Funken Liebe für diese Menschen empfindet, egal wie wütend man ist! Zudem hat ihr doch Tomàs vor Augen geführt, wie Jamie Menschen behandelt. Aber das verliebte Dummchen sieht ja nur was es sehen möchte. Nur warum? Im Gegensatz zu Anavera hat sich Jamie ihr gegenüber immer wie ein kompletter Idiot verhalten, sie und die Ihren beleidigt und gedemütigt, sie beschimpft und erniedrigt. Ihr von Beginn an gesagt alles wäre nur ein Spiel. Und so einem verfällt eine 21-jährige? 19. Jahrhundert hin und her. Aber er ist ja so gutaussehend... Das ganze konnte ich noch bei Valentin eher verstehen. Er hat Katharina eine Spur besser behandelt und sie fühlte sich komplett alleine, das war für mich glaubwürdiger, wenn ebenfalls nicht nachvollziehbar. Aber zumindest hat sie ihre Familie nicht öffentlich verraten und bloßgestellt.
    - Anavera, wohl im letzten Drittel die Hauptperson. Dafür hätte sie davor aber, meiner Meinung nach, noch stärker aktiv auftreten sollen, dass die beiden Geschichten wirklich parallel verlaufen. Egal, aufjedenfall fand ich sie toll und glaubwürdig, auch ihr scheinbarer Perfektionismus ;-) Schön wie sie Jaime Kontra gibt. Das sie sich verlieben, kam glaubwürdig. Dass sie sich nach ein paar Wochen schon für die große Liebe halten war für mich angesichts ihres Alters nicht so realistisch, aber da bin ich immer strenger ;-) Hier wäre schön gewesen, wenn man ein bisschen mehr von dem Monat im Krankenhaus mitbekommen hätte, um vll in Dialogen oder noch besser in Handlungen in Yucatán etc Jaimes Läuterung und begonnene Wandlung besser zu sehen.
    - Jaime: Bis zur Zugfahrt habe ich leider außer dem kurzen Moment auf dem Platz am Karfreitag keine positiven Seiten gesehen. Mochte ihn lange gar nicht, mit der Zeit mit Anavera wurde es besser als man über seine davor nur angedeutete Vght lernte. Ein wirklich facettenreicher Charakter! Hätte er diesen auch gegenüber Josefa gezeigt, hätte ich sie vll etwaw verstehen können. Die Gefühle zwischen ihm und Anavera kann ich hingegen nachvollziehen, wenn es auch schön gewesen wäre die Ergebnisse seiner Wandlung mitzuerleben. Etwa indem er vor ihren Augen verhindert, dass seine Arbeiter misshandelt werden, neue Regeln einführt etc. Wie schnell ändern sich Menschen, vor allem wenn etwas so festgefahren und verinnerlicht? Hätte mir gefallen seine ersten Schritte in die richtige Richtung noch zu erleben. So bleibt en bisschen das Gefühl: Ändert er sich wirklich oder fällt er in alte Verhaltensmuster zurück?Wie reagiert sein Umfeld auf die Änderung?


    Fazit: Ein sehr gutes Buch, aber das Ende ist für mich zu offen, zu vieles ist ungeklärt. Jaimes beginnende Wandlung, der Konflikt Anavera-Jaime-Josefa ist zu wichtig. Das Buch wirkt leider unabgeschloßen, angedachte Fortsetzung hin oder her. Das erste Buch hat eine runde Geschichte, das zweite weniger. Der Handlungsstrang Anavera-Jaime kam mMn viel zu spät und der Gruberstrang kam letztendlich zu kurz, bedenkt man den Vorlauf. Beides hätte mehr Zeit und Raum verdient.
    Das Ende war leider etwas enttäuschend. Ich habe kein Problem mit offenen Enden, mache mir gern selbst Gedanken, aber hier fehlt mir einfach zu viel.


    Dennoch ein schönes Buch, das gut unterhalten hat!

  • Vielen, herzlichen Dank, Buecherwurm!
    Es ist mir ein Beduerfnis, das mal zu sagen:
    Auch wenn Dir das Buch nicht gefallen hat, war es fuer mich ein Heidenvergnuegen, Deine Eindruecke zu lesen, und ich war richtig traurig, als es zu Ende war. Es ist einfach umwerfend, so genau und ausfuehrlich mitzuerleben, was Leser sich zu den Figuren, die hier von diesem Schreibtisch (nee, von dem im alten Haus, but never mind) in die Welt marschiert sind, so denken. Haach. Ich hoffe, ich darf sowas von Dir mal wieder lesen!


    Zu Deiner Kritik kann ich jetzt leider gar nicht mehr so viel sagen, ausser: Stimmt, hat sie recht, warum hab ich dies oder das eigentlich nicht anders gemacht (hoechstens Benito fand ich, glaube ich, nicht so gut wie du. Ich fand ihn partiell ziemlich bloed, zumindest aus Sicht von Katharina und seinen Kindern)? Ich hab das Buch damals furchtbar gern geschrieben, alle beide Buecher, unsere Zeit in Mexiko war wundervoll und hat mir den Mut gegeben, zaghaft ueber meinen europaeischen Tellerrand hinwegzuklettern. Das hat mein Leben veraendert, und dafuer (sowie fuer vieles andere) werde ich dem Verlag immer dankbar sein. Einen dritten Teil haette ich auch noch gemocht, aber das gaben die Zahlen nicht her, und so bin ich umgestiegen.
    Und das war der gluecklichste Zufall, der mir in meiner ganzen Geschreibsel-Story je passiert ist.


    Das Buch ist jetzt schon recht weit weg von mir, ich weiss nicht mehr so ganz genau, warum ich dieses oder jenes gemacht hab. Dass es sehr schoen war, weiss ich noch, dass ich Mexiko - vor allem Yucatan, vor allem Chichen Itza - sehr geliebt und mich riesig gefreut habe, dass mein grosser Sohn in diesem Jahr auf Hochzeitsreise wieder hingefahren ist. Inzwischen aber bin ich in einem anderen Teil der Welt gelandet, der zu mir auf den ersten Blick gesagt hat: Und ich bin nun deiner.
    Da bleib ich.
    Fuer die zweiten fuenfzig Jahre von meinem Leben.


    Und falls (! ) Du mein Buch von dort irgendwann auch lesen moechtest, lass mich bitte wissen, wo ich mir hinterher diese wundervolle Figuren-Liste anschauen kann! Auch wenn Dir das Buch nicht gefaellt.


    Alles Liebe von Charlie (und Carmen, die aber unhoeflich ist und sich nie bedankt)

  • Liebe Carmen und Charlie,


    Zitat

    Auch wenn Dir das Buch nicht gefallen hat, war es fuer mich ein Heidenvergnuegen, Deine Eindruecke zu lesen, und ich war richtig traurig, als es zu Ende war. Es ist einfach umwerfend, so genau und ausfuehrlich mitzuerleben, was Leser sich zu den Figuren, die hier von diesem Schreibtisch (nee, von dem im alten Haus, but never mind) in die Welt marschiert sind, so denken. Haach. Ich hoffe, ich darf sowas von Dir mal wieder lesen!


    Entschuldige, das ich mich so missverständlich ausgedrückt habe. Das Buch hat mir schon sehr gut gefallen, es haben mich nur die paar genannten Punkte und das sehr offene Ende etwas gestört, aber das ist ja Geschmackssache. Muss sagen, dass ich den Vorgängerroman direkt davor gelesen habe. Wäre mehr Zeit dazwischen gewesen, hätte ich sicher weniger streng ;) bewertet :) Das erste Buch gehört ganz weit oben zu meinen Lieblingsromanen und ich lese sehr viele Bücher :)


    Meine genauen Eindrücke rühren von deinen umwerfenden Beschreibungen. Ich hatte in beiden Büchern das Gefühl nicht nur Epochen, Orte, sondern auch die von dir beschriebenen Menschen richtig kennenzulernen. Es war ein Eintauchen in eine andere Welt, ich war traurig sie wieder verlassen zu müssen. Es gibt Bücher, die liest man, schließt nach der letzten Seite recht schnell damit ab und beginnt ein neues. Deine Bücher aber berühren, man denkt darüber nach. Ich habe einige Charaktere so lieb gewonnen, dass es mir fast unglaublich scheint, dass sie erfunden sind ;)


    Ich habe meine Rezension auch vor allem deshalb geschrieben, um dich vll noch mehr zu einer Fortsetzung zu motivieren :-] Bin so neugierig wie die Geschichte weitergeht! Bin ein großer Fan von historischen Romanen und komplexen Familiengeschichten - du vereinst beides!


    Zitat

    Benito fand ich, glaube ich, nicht so gut wie du. Ich fand ihn partiell ziemlich bloed, zumindest aus Sicht von Katharina und seinen Kindern


    Zugegebenermaßen hast du es geschafft, dass ich mich ein wenig in ihn verguckt habe ;) Deshalb betrachte ich ihn wohl etwas milder ;)


    Man merkt übrigens, dass du selbst in Mexiko gewesen warst. Die Beschreibungen waren umwerfend, als wäre ich auch dort gewesen :-]


    Zitat

    vor allem Chichen Itza


    Danke besonders für diese Stelle im Buch. Es ist schon lange mein Traum dort einmal hinzukommen. So faszinierend! Der Fund muss das Weltbild vieler Menschen völlig umgekrempelt haben. Es gibt nichts spannenderes als Geschichte!


    Zitat

    Inzwischen aber bin ich in einem anderen Teil der Welt gelandet, der zu mir auf den ersten Blick gesagt hat: Und ich bin nun deiner. Da bleib ich. Fuer die zweiten fuenfzig Jahre von meinem Leben. Und falls (! ) Du mein Buch von dort irgendwann auch lesen moechtest, lass mich bitte wissen, wo ich mir hinterher diese wundervolle Figuren-Liste anschauen kann! Auch wenn Dir das Buch nicht gefaellt.


    Oh, das klingt ja schon mal toll :-] Bin sehr gespannt und natürlich werde ich das Buch lesen! Freu mich schon darauf!


    Liebe Grüße,
    Bücherwurm :)

  • Das, was du zu Chichen Itza geschrieben hast, finde ich ungewöhnlich schön und treffend. Ich wünsche dir sehr, dass es dir gelingt, dorthin zu fahren. Ich bin sicher, dass du nicht enttäuscht wirst, sondern dort von dem, was du beschrieben hast, viel findest.
    Meine Familie und ich hätten ohne das Buch dort nicht hinfahren können,und wir sind sehr dankbar. Es war unsere erste Fernreise. Ohne meine Verlegerin hätte ich mir das nicht zugetraut: ein ganz neues Land anschauen, eine seiner Geschichten aufheben und zu erzählen versuchen. Ich war eher der Schuster-bleib-bei-deinem-Leisten-Typ. Jetzt bin ich so froh, dass meine Welt keine Scheibe mehr ist.


    Den dritten Teil kann ich nicht mehr schreiben, ich habe das nie bereut, weil ich dafür ja mein Lieblingsbuch geschenkt bekommen habe. Aber ganz ehrlich, wenn ich das lese,wie schön und klug du über die zwei Bücher schreibst, wünsch' ich mir, ich hätte ihn geschrieben.


    Und klar, Benito mochte ich auch gern. Aber in diesem Buch stand er auch für etwas, das Henry Miller einmal gesagt hat:"Wer sich um die Probleme der ganzen Welt schert, hat Angst vor seinen eigenen."


    Herzlich
    Charlie