Gebundene Ausgabe: 112 Seiten
Verlag: Rowohlt, 2013
Kurzbeschreibung:
«Ich leide an Verfolgungswahn. Das ist das Einzige, was mich von meinen Verfolgern unterscheidet.» So beginnt der lang erwartete dritte Band von Martin Walsers Meßmer-Büchern – eine Sammlung irrlichternder Gedanken, Sinnsprüche, Seelennotate. «Jeder weiß, wie alt du bist. Nur du nicht», heißt es da melancholisch oder: «Ich bin die Asche einer Glut, die ich nicht war.» Meßmers Momente sind Augenblicke, die bemerkenswert sind – wegen ihrer Schwere. Sie leben vom Selbstausdruck mit jedem Risiko, und genau dieses Risiko birgt auch die Schönheitschance, die Erlösung. «Ich muss mich meiden. Wie meidet man sich?» Je dunkler seine Stimmung ist, desto heller leuchtet, was dieser Meßmer durchs In-Worte-Kleiden daraus macht. Und tatsächlich, Meßmers Momente sind ein Balanceakt: schwebende Momente der Schwere, leuchtende Momente des Dunklen, durch sprachlichen Ausdruck zum Funkeln gebrachte Düsternis. Hier, nur scheinbar verborgen hinter dem Namen Meßmer, zeigt sich ein Ich im Widerstreit zwischen Welterkundung und Subjektivität, Wirklichkeit und Wunsch.
Über den Autor:
Martin Walser, geboren 1927 in Wasserburg, lebt in Überlingen am Bodensee. Für sein literarisches Werk erhielt er zahlreiche Preise, darunter 1981 den Georg-Büchner-Preis und 1998 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Außerdem wurde er mit dem Orden «Pour le Mérite» ausgezeichnet und zum «Officier de l’Ordre des Arts et des Lettres» ernannt.
Mein Eindruck:
Jedes neue Buch von dem inzwischen 86 Jahre alten Martin Walser ist ein Ereignis, so auch dieses ungewöhnliche Buch.
Mit diesem dritten Band nach Meßmers Gedanken von 1985 und Meßmers Reisen von 2003 habe ich nicht mehr gerechnet. Überraschender aber noch ist das Buch selbst, denn es ist mit Abstand das radikalste der Reihe. So wie Meßmer hat lange keiner mehr gelitten und seinen seelischen Verletzungen Ausdruck gegeben. Dreh- und Angelpunkt ist neben Meßmers Empfindungen immer wieder die Literatur.
Im Gegensatz zur Leseauffassung manch anderer Kritiker fällt es mir schwer, zwischen Meßmer und Martin Walser zu unterscheiden, denn letztlich sind das alles Notizen aus seinen Tagebüchern, die er für das Meßmer-Band zusammengetragen hat.
Angekündigt als Band von Aphorismen sehe ich das Buch doch eher als ein Band voller Lyrik, jedenfalls lyrischer Momente, denn nicht selten sind die Abschnitte verschlüsselt und ergeben sich sinngemäß am leichtesten in einer gesprochenen Form.
Auch ist das schmale Buch nicht zu unterschätzen. Auf 103 Seiten befindet sich so viel, das kann man nicht auf einmal verarbeiten. Streckenweise war ich genervt von Meßmers unablässigen Klagen, seien sie auch auf noch so hohem Niveau, dann wieder hat mich das Präzise und Einfallsreiche der kleine Texte, die zwischen einem Satz und einer knappen Seite variieren, doch ganz schön beeindruckt. Es ist sprachlich brillant. Manches von dem Buch werde ich sicher noch einmal lesen.
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ASIN/ISBN: B00JXQOGL6 |