Inhalt (Klappentext):
Um zu wahrer Größe zu gelangen, muss man über Leichen gehen ...
Nach dem gewaltsamen Tod seiner Mutter und seines Bruders hatte Prinz Jorg von Ankrath blutige Rache geschworen. Nun ist er König, doch der Krieg ist für ihn noch lange nicht zu Ende, denn eine gewaltige Armee marschiert auf sein Reich zu – angeführt von einem scheinbar unbesiegbaren Krieger. Jeder gute König wäre wohlberaten, die Waffen zu strecken und das Knie vor diesem Krieger zu beugen, und sei es nur, um das Leben des eigenen Volkes zu schützen. Doch Jorg ist kein guter König ...
Meine Meinung:
Vor gut zwei Jahren erschien mit 'Prinz der Dunkelheit' ein ganz außergewöhnliches, tiefschwarzes Juwel von Buch am Fantasy-Himmel. Es ist das Epos des vierzehnjährigen Prinzen Jorg von Ankrath mit seiner grausamen, blutrünstigen Seele, der sich quer durch 500 Seiten mordete, und der trotz seiner Verdorbenheit eine derartige Faszination auf den Leser ausübte, dass man den Roman nicht nur kaum aus der Hand legen konnte, sondern Jorg auch noch wünschte, er möge über seine Feinde triumphieren. Was er dank Rücksichtslosigkeit, der Bereitschaft zu irrwitzigem Risiko und grandioser Bauernschläue auch tat.
Nach so einem Buch fürchtet man sich fast vor dem Nachfolger, denn es ist schwer, solche Meisterschaft würdig fortzuführen. Doch 'König der Dunkelheit' schafft es mit Leichtigkeit. Die Fortsetzung der Geschichte von Jorg von Ankrath ist sogar noch besser als der Vorgänger, in der Art, wie guter Wein durch Reife gewinnt. Der neue Band weiß ab der ersten Seite zu fesseln und kann - wie schon der erste - unmöglich aus der Hand gelegt werden, bevor man nicht das übrigens ausgesprochen unvorhersehbare Ende erreicht.
Aus Jorg, dem grausamen Kind, ist beinahe ein Mann geworden, und die neue Reife tut ihm gut. Er ist immer noch rau und rücksichtslos, besitzt immer noch einen mitunter kranken Sinn für Humor und einen grausam-sezierenden Blick auf Dinge, bei denen andere den Blick abwenden. Doch die ziellose Grausamkeit ist von ihm gewichen. Es scheint, als müsse er sich nicht mehr unablässig etwas beweisen. Er hat an Stärke gewonnen, und die Stärke erlaubt ihm den Luxus von Mitgefühl und einer vernünftigen Sichtweise auf manche Dinge. Seine Taten und seine Erlebnisse haben ihn geformt, er ist nun achtzehn Jahre alt. Er hat den Hauch einer Ahnung davon, was Verantwortung bedeutet. Er schämt sich nicht mehr für eine weiche Regung.
Zu einem gütigen König macht ihn das trotzdem nicht, nicht einmal zu einem weißen Ritter. Der Dreck bleibt auch weiter an ihm kleben, aber man spürt den Menschen darunter und das schafft beim Lesen eine ganz unerwartete Sympathie.
'König der Dunkelheit' wird abwechselnd in zwei Zeitebenen erzählt - Jorg im Hier und Jetzt, seine Burg, die er am Ende des ersten Bandes eroberte, von einer gigantischen Streitmacht von zwanzigtausend Soldaten bedroht, denen er mit kaum dreihundert Kämpfern gegenüber steht. Die Mischung aus Plan, Glück und plötzlicher Eingebung, mit der er dennoch dem Angreifer entgegentritt, statt zu kapitulieren, ist rasend spannend und leitet sich in ihren Bausteinen vielfach aus vergangenen Erlebnissen her. So springt Jorg auch immer dann, wenn man sich erhofft, auf der nächsten Seite die vorläufige Auflösung zu lesen, vier Jahre in der Zeit zurück, zu einem Parallelstrang an Ereignissen, die nicht minder spannend sind.
Eine wichtige Rolle spielt hierbei ein kleines Kupferkästchen in seinem Besitz, das Erinnerungen von ihm enthält und das er - wie Pandoras Box - um keinen Preis öffnen darf. Dabei könnten diese Erinnerungen der Schlüssel dafür sein, wie dieser schier ausweglose Kampf zu gewinnen ist -
'König der Dunkelheit' ist rasend gute Fantasy mit einem unwiderstehlich charismatischen und unbeschreiblich glaubwürdigen Protagonisten, mit einer nervenzerreißend spannenden Story voller unerwarteter Wendungen und Rätsel, oft besser als ein verwickelter Kriminalfall. Beiläufige Grausamkeiten lassen einem ebenso den Atem stocken wie überraschend emotionale Momente, die vor dem Kontrast umso stärker wirken. Einer Erwähnung wert ist auch die außerordentlich gut gelungene deutsche Übersetzung - unverkennbar war hier jemand am Werk, der mit Sprache virtuos umzugehen weiß und das merkt man dem Buch deutlich an.
Wer sich vor unmittelbarer Gewalt und einer doch sehr erwachsenen Düsternis im Buch nicht scheut, den erwartet ein atemberaubender Ritt durch Jorgs dunkle Welt.
Dies ist Fantasy von einer Tiefe und Qualität, wie man sie nur selten findet.