Dichterliebe - Petra Morsbach

  • Verlag: Albrecht Knaus Verlag, 2013
    Gebundene Ausgabe: 288 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    Ein hintergründiger Roman über deutsche Befindlichkeiten und sensible Künstlerseelen.


    Der Lyriker Henry Steiger war in der DDR ein Star. Dann kam die Wende und mit ihr ein unsanftes Erwachen. Im Westen liest niemand Gedichte, sagt sein Verleger und rät zu einem Liebesroman. Aber Henry hält Prosa für unter seiner Würde. Bis die junge West-Kollegin Sidonie seine Phantasie beflügelt. Ein deutsch-deutscher Roman, der der Welt der DDR die raue Wirklichkeit nach der Wende gegenüberstellt, treffsicher und voll subtiler Komik.


    Für Henry Steiger bedeutet die Wende 1989 nicht nur Befreiung. Der so eigensinnige wie angesehene DDR-Lyriker ist nun ein auf Stipendien angewiesener Hungerkünstler. Ein alter silberner Porsche ist das letzte Relikt der Hoffnung, den Ruhm in die neue Zeit retten zu können. In Wahrheit steckt Henry in einer Lebenskrise. Mit anderen Stipendiaten führt er in einer Künstlerenklave bei billigem Wein lächerliche Kämpfe um die wahre Kunst, buhlt um jeden Rock und trauert seinem alten Status hinterher. In Dichterliebe fragt Petra Morsbach ernst und ironisch zugleich nach dem Platz des Künstlers in der Gesellschaft. Dabei gelingt ihr ein überraschend klarer und humorvoller Blick zurück auf eine vermeintlich „gute alte Zeit“, als die Welt, auch die der Literatur, noch in Ordnung schien.


    Über die Autorin:
    Petra Morsbach, geboren 1956, studierte in München und St. Petersburg. Nach ihrer Promotion über Isaak Babel arbeitete sie zehn Jahre als Dramaturgin und Regisseurin, seit 1993 lebt sie als freie Schriftstellerin in der Nähe von München. Bisher schrieb sie mehrere, von der Kritik hoch gelobte Romane, u.a. "Plötzlich ist es Abend" und "Opernroman". Ihr Werk wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.


    Mein Eindruck:
    Mit Dichterliebe schreibt Petra Morsbach eine Satire auf den Literaturbetrieb und beleuchtet insbesondere die Situation eines ehemalig erfolgreichen DDR-Lyrikers. Obwohl kein Staatsdichter war Henry Steiger vielfach preisgekrönt. Ein paar Jahre nach dem Mauerfall ist es mit seinem Ruhm vorbei, er ist pleite, von seiner Frau ist er getrennt und für neue Gedichte hat er keinen Abnehmer.
    Um über die Runden zu kommen arbeitet er an Auftragsarbeiten, wie eine Nachdichtung und wohnt ur zeit in einer Künstlerenklave.


    Diese Idee, das Zusammenleben der Schriftsteller auf diesen engen Raum zu zeigen, ist gelungen.


    Doch mein Hauptproblem ist, dass die Hauptfigur anscheinend exemplarisch sein soll. Henrys Ton als ist die ganze Zeit hindurch klagend. In einer Tour jammert er. Er ist heruntergekommen und doch manchmal arrogant. Das gilt insbesondere darin, wie er auf die Schriftstellerin herunter sieht, die gerade erst debütiert und in die er sich verliebt.


    Der Protagonist ist als Parodie vielleicht ansatzweise glaubhaft, aber zumindest ich kann das nicht genießen.
    In besseren Passagen musste ich immerhin an Christoph Hein denken, aber da kommt Petra Morsbach letztlich doch nicht ran.
    Eigentlich verrät die Autorin mit ihrer spöttischen Gestaltung sogar ihre Hauptfigur, weil er manchmal wie eine Comicfigur agiert. Nicht nur wegen seinem Vornamen habe ich mir immer den Schauspieler Henry Hübchen vorgestellt.
    Somit wird er als Figur realen Schriftstellern nicht gerecht und deswegen frage ich mich, was das Buch eigentlich soll.


    Wie Lyrik, die den Figuren so viel bedeutet, in den Text integriert sind, ist dann aber als positiv zu vermerken. Oft deklamieren sie Gedichte von Peter Huchel, Günter Kunert, Wolfgang Hilbig, Franz Führmann, Friedericke Mayröcker, Bertold Brecht und vielen anderen.
    Am Ende des Buches sind die zitierten Gedichte mit Informationen verzeichnet.

  • Vielen Dank für die Rezi, auch wenn sie für mich zum Ausschlusskriterium wurde. Seinerzeit habe ich "Der Cembalospieler" von Morsbach gelesen und war vom Stil der Autorin überzeugt.


    War ihr Prota auch dort nicht gerade sympathisch, so doch zumindest glaubwürdig. Eine Karikatur als Hauptfigur muss ich nicht haben.

  • Von Petra Morsbach habe ich schon lange nichts mehr gelesen. Herzlichen Dank für diese sehr interessante Buchvorstellung. Auch wenn das Buch bei dir nicht so wahnsinnig gut wegkommt, werde ich es trotzdem mal auf meine Wunschliste setzen. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.