Der kuriose Fall des Spring Heeled Jack - Mark Hodder

  • Der Autor: Mark Hodder war Redakteur, WEB-Gestalter und Journalist (u.a. für die BBC) bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Im August erscheint bei Lübbe sein zweiter Phantastikroman um das Ermittlergespann Burton und Swinburne.


    Das Buch: Die Konfrontation mit seinem ehemaligen Freund und Partner Speke war lange geplant, doch dann erreicht den Entdecker und Abenteurer Richard Burton die Nachricht, das sich sein Kontrahent eine Kugel in den Kopf geschossen hat.
    Nicht nur das, es scheint so als hätte jemand nicht nur den beinahe Toten entführt, die diensthabende Schwester wurde hypnotisiert und kann sich an nichts mehr erinnern.


    Im Auftrag des Königs (wer in Geschichte aufgepasst hat wird hier zum ersten mal stutzig) soll Burton die seltsamen Fälle von Wolfsmenschattacken untersuchen, unter denen der Londoner Slum zu leiden hat.


    Dort trifft er auch zum ersten mal den „Spring-Heeled Jack“ , eine Figur aus diversen Schauermärchen. Dieser fordert Burton auf ihn endlich in Ruhe zu lassen – doch Burton ist diesem Wesen nie vorher begegnet. Auch der Unfall Spekes scheint den seltsamen Gesellen sehr zu verwirren….


    Zusammen mit seinem Freund, dem Dichter Algernon Swinburne macht sich Burton nun auf, die Fäden dieses seltsamen Falles zu entwirren, was die Grenzen seiner Vorstellungskraft allerdings zu sprengen droht.


    Meine Rezension: Kein Künstler – kein Autor – erscheint einfach so und bringt etwas originelles zustande ohne durch frühere Künstler – Autoren – irgendwie beeinflusst worden zu sein.
    Mark Hodder zählt in seinem kurzen Geleitwort einige Autoren der klassischen Phantastik auf, welche er gelesen hat, ohne – das betont er – selber schreiben zu wollen.
    Bis er es dann doch tat.


    Hodders Werk als eine Art „Sammlung“ der Texte von Wells, Doyle, Burroughs usw. zu bezeichnen würde diesem Buch allerdings kaum gerecht werden. Von all den genannten und vielen mehr finden sich Spuren in diesem Buch, die Art allerdings wie sie zusammengefügt und um viele großartige eigene Ideen ergänzt wurden lässt den Schluss zu, das Hodder sich vieles auch selbst hätte ausdenken können – andere waren nur zufällig früher da.
    Darüber hinaus ist dieses Buch auch eine Hommage, eine Verbeugung vor all denen, die diese Art von Literatur – dieses Genre – erschaffen und geprägt haben.
    Hodders Phantasie und sein Talent diese Geschichte zu erzählen sind wahrhaftig beeindruckend, sein Erfindungsreichtum sucht seinesgleichen. Vom Schauerroman und der klassischen Detektivgeschichte durch den Steampunk zum Horror – all das wirkt hier wie aus einem Guss. Vieles habe ich hier gar nicht erwähnt, so viele Kleinigkeiten soll die Leserin/der Leser (so ich denn jemanden davon überzeugen konnte dieses Buch zu lesen) selber entdecken.


    Ich begann gestern Abend dieses Buch zu lesen und habe es tatsächlich nicht aus der Hand gelegt bis die letzte Seite umgeblättert war.


    Deswegen schreibe ich auch nicht weiter sondern versuche noch ne Mütze voll Schlaf zu kriegen.

  • Zitat

    Original von Rattentod
    Das klingt, obwohl 'mal wieder' Steampunk im üblichen London, sehr interessant. !


    Ja, die Kombination Genre/Schauplatz ist durchaus etwas ausgelutscht - aber gerade das düstere, nebelverhangene London ist schon so sehr Standartschauplatz für Romane dieser Art, das es einfach irgendwie dazugehört.


    Ich bin tatsächlich auf die Meinungen zu all den literarischen Vorbildern und ihrer Verwendung in diesem Roman gespannt - zwischen "Hommage an" und "Geklaut von" ist ein schmaler Grat! :gruebel

  • Danke für die Rezi, Bodo. Hört sich interessant an.
    In der amazon-Kurzbeschreibung heißt es über Swinburne:


    Algernon Charles Swinburne: ein talentierter Poet, stets auf Nervenkitzel aus und ein Anhänger des Marquis de Sade. Der Schmerz ist für ihn Lust und der Brandy sein Untergang.


    Meine Frage nun: Wie viel der hier aufgeführten Eigenheiten spielen im Buch eine Rolle? Torkelt der gute Poet ständig betrunken durch den Roman und peitscht sich selber aus? Das wäre ja mal eine originelle Figur! :lache

  • Zitat

    Original von Rosha
    Danke für die Rezi, Bodo. Hört sich interessant an.
    In der amazon-Kurzbeschreibung heißt es über Swinburne:


    Algernon Charles Swinburne: ein talentierter Poet, stets auf Nervenkitzel aus und ein Anhänger des Marquis de Sade. Der Schmerz ist für ihn Lust und der Brandy sein Untergang.


    Meine Frage nun: Wie viel der hier aufgeführten Eigenheiten spielen im Buch eine Rolle? Torkelt der gute Poet ständig betrunken durch den Roman und peitscht sich selber aus? Das wäre ja mal eine originelle Figur! :lache


    Er ist schon recht häufig besoffen, seine andere "Neigung" wird allerdings eher humoristisch verarbeitet. (Warte es ab! :chen )


    Er ist eher der typische lustige Sidekick neben dem ernsten Richard Burton.

  • Zitat

    Original von Bodo
    Er ist schon recht häufig besoffen, seine andere "Neigung" wird allerdings eher humoristisch verarbeitet. (Warte es ab! :chen )


    :yikes Warum sagst du sowas? Ich habe eigentlich grad gar keine Zeit für das Buch...


    Aber gewunschzettelt ist es und wer weiß ... so ein Fingerchen über dem kindle-Einkaufskorb zuckt manchmal ganz schön schnell... :rolleyes

  • Taschenbuch: 528 Seiten
    Verlag: Bastei Lübbe (Bastei Verlag); Auflage: 1 (15. Februar 2013)
    ISBN-13: 978-3404206995
    Preis Taschenbuch: 15.00 Euro
    Preis Kindle E-Book: 8.80 Euro


    Autor


    Mark Hodder hat als Autor für die BBC gearbeitet, war als Redakteur, Journalist und Web-Gestalter tätig. Seine Erfahrung mit den neuen und traditionellen Medien wandte er bis 2008 in London an, ehe er nach Valencia umzog, um sich vom Stress zu erholen und Romane zu schreiben. Meist trifft man ihn dort am Fuß einer Palme an, wo er auf die Tasten seines Notebooks einhämmert.


    Kurzbeschreibung/Klappentext


    Sir Richard Francis Burton: Entdecker, Gelehrter und geschickter Schwertkämpfer. Sein Ruf ist befleckt, seine Karriere zerstört. Und sein ehemaliger Partner wahrscheinlich tot. Algernon Charles Swinburne: ein talentierter Poet, stets auf Nervenkitzel aus und ein Anhänger des Marquis de Sade. Der Schmerz ist für ihn Lust und der Brandy sein Untergang.

    Gemeinsam sollen sie die Machenschaften des "Springheeled Jack" untersuchen: Eine mysteriöse Gestalt, die wie aus dem Nichts auftaucht und sich an jungen Frauen vergeht. Ihre Nachforschungen führen sie zu einem der bedeutsamsten Ereignisse des Jahrhunderts und zu der Entdeckung, dass die Welt, in der sie leben, besser gar nicht existieren sollte.


    Meine Meinung


    „Jedes Mal, wenn wir vor einer Entscheidung stehen,
    und das geschieht jede Minute des Tages,
    fassen wir einen Entschluss und handeln danach.
    Doch was ist mit den verworfenen Optionen? Sind sie wie ungeöffnete Türen?
    Liegt hinter ihnen eine verborgene Zukunft? Wie weit würden wir vom eingeschlagen Kurs abweichen,
    gingen wir zurück und öffneten, nur ein einziges Mal, Tür A statt Tür B?“


    Zitat aus diesem Buch


    Spring Heeled Jack ist eine der grossen urbanen Legenden und zugleich Rätsel der viktorianischen Zeit in England. Er war eine Schreckgestalt, ein Märchengespenst mit dem Mütter ihren unartigen Kinder drohten "Benimm dich! Oder Spring Heeled Jack kommt dich holen!" Die Kreatur fiel während eines Zeitraumes zwischen 1837 und 1888 unverhofft über arglose Bürger her. Auf Deutsch übersetzt bedeutet sein Name etwa "Sprungfeder-Jack". Sein bizarres Aussehen und seine Fähigkeit riesige Sprünge zu vollführen erschreckte die Menschen zutiefst. Der Schriftsteller Mark Hodder hat um diese Sagengestalt eine wirklich gute Geschichte geschrieben bei dem Fantasy-Elemente eine ebenso grosse Rolle spielen wie reale historisch bekannte Personen die zahlreich in diesem Roman auftreten. Irgendwo in diesem verworrenen Netz der Geschichte könnte möglicherweise eine unentdeckte Wahrheit im Verborgenen liegen die eine Erklärung für das unerklärliche Phänomen sein könnte.


    Die Hauptfigur Sir Richard Francis Burton war ein berühmter Afrikaforscher, Offizier, Konsul und Übersetzer. Er wird vom Premierminister höchstselbst damit beauftragt nach Spring Heeled Jack zu suchen und ihn wenn möglich zu verhaften. Unterstützt wird er vom jungen Dichter Algernon Charles Swinburne der alsbald zum Enfant terrible der Literaturszene wird, dem Alkohol alles andere als abgeneigt ist und körperliche Schmerzen als enorm lustvoll empfindet. So stöbern sie im Auftrag des britischen Empires und als Agenten des Königs in übelst stinkenden Londoner Stadtteilen ebenso rum wie auf dem malerischen Lande.


    Das Buch ist im Prinzip in einer recht einfachen und leicht verständlichen Sprache geschrieben. Inhaltlich ist es allerdings alles andere als leicht zu lesen und zu verstehen. Es dauert etwas bis man begreift worauf der Autor hinaus will aber es gewinnt während des Lesens laufend an Konturen. Es ist ein Mix aus klassischem Schauerroman, bei dem auch Werwölfe nicht fehlen, und einer Detektivgeschichte. Es ist randvoll mit hochinteressanten Szenen und Remineszenzen an bekannte Schriftsteller dieser Epoche und es spielt mit den Standpunkten der Genetiker, Technokraten und den Freigeistern der Libertins. Mit den vielen philosophischen Themen die angeschnitten werden dürften jugendliche Leser wahrscheinlich mehrfach überfordert sein und sich teilweise langweilen und so ist es für mich trotz des Covers ein Buch das ich ausschliesslich Erwachsenen Lesern empfehlen würde. Wobei ich von mir selbst nicht behaupten kann, jegliche Anspielung verstanden zu haben und ihr gewachsen zu sein.


    Das Roman als Ganzes ist mir einen Tick zu lang geraten. Man hätte hie und da die eine oder andere ausführlich erzählte Szene etwas kürzen können oder ganz weglassen. Aber das ist Kritik auf hohem Niveau und tut dem Lesevergnügen insgesamt keinen Abbruch und ich will dafür auch nicht gross Punkte abziehen. Wertung 9 Eulenpunkte.