Verdeckte Blicke - Kaye Gibbons

  • Dieser Roman ist zwar schon 1997 auf deutsch herausgekommen und nur noch antiquarisch erhältlich, dennoch möchte ich hier darauf aufmerksam machen.


    Aus der Perspektive eines zwölfjährigen Mädchens wird das Leben der Familie mit der Mutter, die an einer schweren manisch-depressiven Erkrankung leidet, beschrieben. Wie tief diese Erkrankung das Leben der Kinder und des Ehemannes beeinflusst und aus dem Konzept bringt, wird klar, offen und bildhaft erzählt, ohne Pathos. Einige der Szenen sind auch mit leisem hintergründigen Humor geschildert.
    Schockierend, bedrückend und sehr traurig war für mich die Art der Behandlung, die die Mutter durchstehen muss, um nicht ins Gefängnis zu kommen, nachdem sie in einer ihrer manischen Phasen einen Unfall verursacht hatte. Sie wird als geheilt entlassen, und das Leben nach der Heilung gezeigt. Und das ist schwer auszuhalten.
    Ich wunderte mich, wie aus der Sicht der Tochter so viel Verständnis und Einblick in die Gedankenwelt der Mutter möglich sein soll, selbst wenn dies aus der Sicht der inzwischen erwachsenen Tochter erzählt wird. Ich recherchierte ein bisschen und fand, was ich schon vermutet hatte: die Autorin, Kaye Gibbons, 1960 geboren, leidet selbst an einer manisch-depressiven Erkrankung. Sie studierte an der Universität North Carolina und schrieb ihre Romane während ihrer manischen Phasen.


    Bekannt geworden in den USA und auch außerhalb ist Kaye Gibbons mit ihrem ersten Roman "Ellen Foster oder Tausend Arten, meinen Vater zu töten". "Verdeckte Blicke" ist ihr fünfter Roman, war in den USA ein großer literarischer Erfolg und kam auch in anderen Ländern/Sprachen heraus.


    Im Nachhinein gesehen würde ich diesen Roman mit 9 oder 10 Eulenpunkten bewerten, denn die Bilder in meinem Kopf sind auch nach Jahren noch immer sehr intensiv. Auch habe ich inzwischen andere Romane gelesen, in denen die bipolare Störung thematisiert wird, aber keins davon war so beeindruckend echt.