"Die statistische Wahrscheinlichkeit von Liebe auf den ersten Blick" von Jennifer Smith

  • Empfohlenes Alter: 12 - 15 Jahre


    Kurzbeschreibung:
    Hadley könnte sich wirklich etwas Schöneres vorstellen, als auf der Hochzeit ihres Vaters Brautjungfer zu spielen. Dass sie dann allerdings ihr Flugzeug verpasst und erst einmal auf dem überfüllten New Yorker Flughafen festsitzt, hat sie dann doch nicht gewollt. Und genauso wenig hatte sie vor, sich ausgerechnet hier unsterblich zu verlieben: in den Jungen mit den verwuschelten Haaren und dem Puderzucker auf dem Hemd, der wie sie nach London muss. Hadley bleibt genau eine Fluglänge Zeit, um sein Herz zu gewinnen ...


    Über die Autorin:
    Jennifer E. Smith wuchs in der Nähe von Chicago auf und studierte an der Colgate University. Sie hat bisher fünf Jugendbücher veröffentlicht, die in über 20 Sprachen übersetzt wurden. Heute lebt und arbeitet Jennifer E. Smith in New York City.


    Meine Meinung:
    Ich war eigentlich auf der Suche nach seichter Unterhaltung für zwischendurch. Daher habe ich zu einem Jugendbuch gegriffen, dass sich eigentlich nach einem Kitschbuch anhörte, das man mal eben so im Zug nebenher lesen kann. Vorab kann ich schon sagen, dass ich es nicht gefunden habe und es auch innerhalb eines Tages durchlesen musste.


    Hadley ist ein Scheidungskind. Sie lebt mit ihrer Mutter in New York, während der Vater die Familie verlassen hat und jetzt mit einer neuen Frau in London wohnt. Hadley hat ihn bewusst ewig nicht gesehen, weil sie immer noch unglaublich wütend auf ihn ist. Mit 17 ist sie zwar fast erwachsen, aber trotzdem hat sie das Gefühl, dass ihr Vater sie irgendwie im Stich gelassen hat.


    Als ihr Vater dann erneut heiraten will, bittet er Hadley natürlich, zur Hochzeit zu kommen. Dazu hat sie allerdings so gar keine Lust, lässt sich dann aber irgendwie doch dazu überreden. Selbst ihre Mutter ist auf der Seite ihres Vaters und redet ihr gut zu. Sie versucht Hadley deutlich zu machen, dass sie es sonst sicher irgendwann bereuen würde. Also macht sich Hadley sehr widerwillig auf den Weg nach London.


    Es geht absolut alles schief. Sie verpasst ihr Flugzeug um 4 Minuten und muss dann am Flughafen auf das nächste warten. Das heißt aber auch, dass sie es kaum noch pünktlich zur Hochzeit schaffen kann. Das alles frustriert sie immer weiter und ihre Lust, überhaupt noch nach London zu fliegen, geht gegen Null. Zumindest bis sie Oliver kennenlernt.


    Er will ebenfalls nach London zu einer Familienfeier und teilt also ihr Schicksal. Die beiden verbringen den Flug im selben Flieger und kommen sich ein bisschen näher. Doch irgendwann ist der Flug leider vorbei, jedoch Hadleys Abenteuer noch nicht. So oder so wird sie London nicht so schnell vergessen.


    Jennifer Smith hat meiner Meinung nach ein wunderbares Buch geschrieben. Die Protagonistin ist so vielschichtig, dass man mit ihr lachen, weinen, lieben und hassen kann. All ihre verwirrten Gefühle sind so toll beschrieben, dass man gar nicht anders kann, als alles durch ihre Augen zu sehen und die guten und schlechten Momente zu erleben.


    Auch die männliche Hauptperson, Oliver, ist so schön gezeichnet, dass man tatsächlich den Eindruck bekommt, dass er eine Art Traummann ist. Natürlich auch nicht ohne Fehler, aber interessant und sensibel und einfach ein Typ, den man gern mal im Flieger, in der Bahn oder im Bus kennenlernen würde. Ich hätte nichts dagegen.


    Die Trennung der Eltern ist für jedes Kind ein Albtraum. Hadley hat damit offensichtlich ebenfalls ihre Probleme. Sie glaubt, dass ihr Vater ihr fremd ist und ihn zum ersten Mal nach einer langen Zeit auf seiner Hochzeit zu treffen, ist natürlich auch nicht ganz glücklich. Vor allem dann nicht, wenn man die neue Frau noch nie gesehen hat.


    Jennifer Smith schafft es, mit den Themen Liebe und Trennung der Eltern so umzugehen, dass man als Leser am Ende des Buches das Gefühl hat, dass man mit den hier gewählten Lösungen sehr gut leben kann. Wenn ich was zu meckern habe, dann höchstens, dass das Buch zu kurz war.


    Von mir gibt es die volle Punktzahl.

  • Wow! Was für ein Buch! Als ich zum ersten Mal von “Die statistische Wahrscheinlichkeit von Liebe auf den ersten Blick” erfahren habe, war ich vom Buchtitel und vom Cover sehr angetan. Leider hat es dann doch etwas gedauert, bis ich das Buch gelesen habe. Gelohnt hat es sich auf jeden Fall, denn die Geschichte nimmt den Leser mit auf einen Flug, bzw. einer Reise nach London, der es in sich hat.


    Jennifer E. Smith hat einen sehr schönen, flüssigen und angenehmen Schreibstil, der mich von der ersten Seite an begeistert hat. Sie beschreibt die Charaktere, deren Gefühle und Gedanken sehr ausführlich und authentisch, sodass mir Hadley und Oliver auf Anhieb sympathisch waren und ich sie sehr gerne auf ihrem Flug nach London begleitet habe. Dazu finde ich es sehr schön, dass die Dialoge alles andere als oberflächlich, sondern sehr interessant und intelligent sind. Hadley und Oliver bieten sich so manchen Schlagabtausch, den man sehr gerne beobachtet. Die beiden Protagonisten vertrauen sich recht schnell aneinander an und man erfährt so einiges über die Familie des jeweils anderen. Auffällig ist dabei allerdings, dass Oliver verschwiegener als Hadley ist. Die Erzählung aus der Ich-Perspektive aus Hadleys Sicht sorgt zusätzlich dafür, dass man Hadley und ihre Situation ausführlich kennen lernt. Vor allem ihre Sorge, ihre Wut und ihre Zweifel bzgl. ihrer neuen Stiefmutter, die sie bis zur Hochzeit nicht persönlich kennengelernt hat, sind sehr authentisch.


    Wie schon gesagt, die Charaktere sind unglaublich gut und waren mir auf Anhieb sympathisch. Dazu sind sie sehr authentisch, intelligent, alles andere als naiv und stehen trotz ihrer Probleme mitten im Leben, was man nicht unbedingt immer von Protagonisten aus Jugendbüchern erwarten kann. Hadley muss nach London, um an der Hochzeit ihres Vaters teilzunehmen, was ihr jedoch alles andere als passt, da sie ihrem Vater immer noch nicht verziehen hat, dass er die Familie für eine andere Frau verlassen hat. Oliver ist dagegen Brite und studiert lediglich in den USA, muss jedoch auch eher unfreiwillig zurück nach London, da auch er an einem Familientreffen teilnehmen muss. Seine familiäre Situation scheint ähnlich schwierig zu sein, jedoch geht er vollkommen anders mit Situation um.


    Ihre Gespräche haben mich zudem tief berührt. Sie sprechen offen über Probleme und Ängste, ohne wirklich etwas vom anderen zu erfahren, aber dennoch sind sie sich gleichzeitig so nah, als würden sie sich schon seit Jahren kennen. Besonders Oliver konnte bei den Dialogen bei mir punkten, denn er wirkt sehr charmant und zuvorkommend und beweist eine enorme Reife für sein Alter, die aber auch gleichzeitig für Hadley gilt.


    Nach dem Flug verlieren sie sich am Zoll sehr schnell aus den Augen und Hadley weiß mit der neuen Situation gar nicht umzugehen: Liebe auf den ersten Blick, die Hochzeit ihres Vaters, vollkommen neue Verwandte, eine fremde Stadt, die Sorge um ihre Mutter, die sie zu der Teilnahme an der Hochzeit ermuntert hat und die Sehnsucht nach Oliver, obwohl sie sich noch keine vierundzwanzig Stunden kennen. Dabei ist es sehr interessant, wie Hadley mit allem umgeht. Obwohl sie den Kopf nicht wirklich frei bekommt, schafft sie es, alles unter einem Hut zu bekommen und nimmt nicht nur an der Hochzeit teil, sondern findet auch noch Oliver wieder und erfährt dabei die Wahrheit über seine Familie. Dadurch werden die Gespräche noch intimer und noch berührender, sodass man als Leser gar nicht drumherum kommt, als die beiden Jugendlichen ins Herz zu schließen.


    Einen kleinen Kritikpunkt gibt es jedoch: Das Ende kam viel zu schnell und somit endete die Geschichte aus sehr abrupt. Hadley und Oliver stecken mitten in einem sehr interessanten Gespräch und plötzlich ist alles vorbei. An sich ist das Ende ganz okay, aber es lässt für mich zu viele Fragen offen, was ich sehr schade finde, denn anscheinend ist auch keine Fortsetzung zu “Die statistische Wahrscheinlichkeit von Liebe auf den ersten Blick” geplant. Schade.


    Das Cover gefällt mir sehr gut. Auf den ersten Blick wirkt es sehr blass und nicht wirklich aussagekräftig, je mehr man jedoch in die Geschichte eintaucht, umso mehr kann man die Situation erkennen und als passend ansehen. Die Kurzbeschreibung hat mir ebenfalls sehr gut gefallen und diese animiert zum direkten Weiterlesen.


    Insgesamt hat mich “Die statistische Wahrscheinlichkeit von Liebe auf den ersten Blick” tief beeindruckt zurückgelassen und ich kann es kaum erwarten, weitere Werke der Autorin zu lesen. Interessante Charaktere, eine absolut authentische Handlung und eine gewisse Tiefe, die ich zuvor nicht erwartet habe, machen das Buch zu einem großartigen Lesespaß, an den ich noch lange zurückdenken werde. Absolute Kauf- und Leseempfehlung!


    Ein kleiner Aufreger zum Schluss:
    Carlsen verlegt das Buch im Mai 2013 erneut, allerdings als Taschenbuch und unter einem völlig anderen Titel, was ich sehr schade finde. Der neue Titel lautet “Punktlandung in Sachen Liebe”, was mir leider überhaupt nicht gefällt, da ich den deutschen Titel bislang sehr ansprechend fand. “Punktladung in Sachen Liebe” klingt dagegen sehr einfallslos. Da die Taschenbuchausgabe allerdings gerade einmal 6,99 EUR kosten wird, kann ich mir vorstellen, dass da einige Leser zuschlagen werden.


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