Cassidys Mädchen – David Goodis

  • Bastei Lübbe, 1992
    Ins Deutsche übertragen von Reinhard Rohn



    Kurzbeschreibung:
    Rückseite: James Cassidy hat eine besondere Geschichte hinter sich: Er war ein geachteter Pilot bei einer großen Fluggesellschaft, als seine Maschine abstürzte und er wegen angeblicher Fahrlässigkeit gefeuert wurde. Seither arbeitet er als Busfahrer und lebt mehr schlecht als recht mit seiner Frau Margret zusammen. Kenrick, Margrets Freund, will Cassidy loswerden und lässt keine Gelegenheit aus, ihn fertigzumachen. Cassidy aber ist sein Leben längst gleichgültig geworden. Bis er das seltsame Mädchen Doris kennenlernt und sich haltlos in sie verliebt. Für Doris würde er alles tun – sogar einen Mord begehen.


    Über den Autor:
    Rückseite: David Goodis ist der große, dunkle Poet unter den amerikanischen Kriminalschriftstellern. Seine atmosphärisch dichten, sensiblen Schilderungen von Schattenexistenzen in Ausnahmesituationen haben ihm weit über die Grenzen des Genres hinaus höchsten Ruhm beschert – lange nach seinem frühen Tod.


    Mein Eindruck:
    David Goodis war in den 40 und 50 Jahren der Poet der schwarzen Serie, er gilt als ein Kultautor. Einige seiner Romane wurden verfilmt.
    Cassidys Mädchen ist 1951 geschrieben, für mich einer seiner stärksten Romane. Ich lese das Buch mehr als Milieustudie einer sozialen Unterschicht anstatt als Kriminalroman. Es gibt ja auch kaum einen Fall, die Andeutung auf einem Mord von der Buchrückseite ist eigentlich unzutreffend..
    Im Mittelpunkt steht die schwierige Beziehung des ehemaligen Piloten James Cassidy mit seiner Frau Mildred. Cassidy, der inzwischen als Busfahrer arbeitet, hat sich gefangen, nachdem er nach seiner ungerechtfertigten Entlassung als angeblicher Verursacher eines Flugzeug-Crashs zunächst den sozialen Abstieg erlebte. Er trank und saß wegen Landstreicherei sogar im Gefängnis. Er heiratete, doch die Ehe ist nicht glücklich. Nicht selten gibt es sogar handgreifliche Auseinandersetzungen, selbst wenn diese manchmal in eine gegenseitige körperliche Anziehungskraft übergeht.


    Es ist prägend für David Goodis, dass er sich stets „Helden“ wählt, die aufgrund außergewöhnlicher Situationen in Schwierigkeit geraten. Ihre Existenz ist immer brüchig und in Gefahr, doch Goodis Helden haben noch ihren Stolz und auch ihre Träume. So auch Cassidy, der sich aus der unglücklichen Ehe befreien will, nachdem er die Trinkerin Doris kennen gelernt hat.
    Typisch ist es auch, dass in Goodis Szenen der Regen unaufhörlich strömt, genauso übrigens der Alkohol.
    Goodis Poetik schöpft aber auch aus seinen Beschreibungen von der Stadt, den Straßen, die Felder und Flüsse, an denen Cassidy während seiner Busfahrten vorbeikommt.
    Es gibt auch ein unpathetisch romantisches Element, doch glaubt an als Leser nicht an ein konventionelles Happy End. Vielleicht ist auch das, was ihn aus der Masse heraushebt.
    Hinzu kommen noch die markigen Dialoge, mit denen die Protagonisten sich als toughe Persönlichkeiten geben.
    Das lässt sich bei aller Düsternis manchmal amüsant lesen. Doch natürlich überwiegt eine allgegenwärtige bedrohliche Atmosphäre, die suggeriert, dass urplötzlich die Gewalt losbrechen kann.


    David Goodis ist ein lesenswerter Autor. Ich befürchte aber, dass er langsam ein wenig in Vergessenheit geraten ist. Zeit, ihn neu zu entdecken!

  • Goodis war sicherlich einer der herausragensden Stilisten der "Schwarzen Serie" - aber wohl auch der "hoffnungslosesten" - ich kenne keinen der so düster und melancholisch schreibt.


    Lübbe und Union hatten früher einige Goodis-Titel in deutscher Übersetztung, und ich hoffe immer noch auf eine vollständige deutsche Ausgabe in einer vernünftigen Übersetztung.


    Bis dahin tut es auch das Original: