Die Gabe der Leere - Mohammed Bennis

  • Edition Lyrik Kabinett bei Hanser, 2012
    Gebundene Ausgabe: 88 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    Die Poesie von Mohammed Bennis aus Marokko zählt zu den schönsten, aber auch eigenwilligsten Dichtungen der Gegenwart. Der Dichter aus Arabien hat sowohl den klassisch-islamischen Bildungsweg durchlaufen als auch das frankophone Schulsystem, und beides verbindet sich in seinem Werk zu einer untrennbaren Einheit von großer, oft komplexer Verdichtung. Der Titel "Die Gabe der Leere" ist durchaus programmatisch zu verstehen: Unversehens beginnen die Worte zu leben und das Leben zu preisen, das sich den Gefahren der Erstarrung sowie jeder sprachlichen und gedanklichen Unterdrückung widersetzt.


    Über den Autor:
    Mohammed Bennis ist ein marokkanischer Dichter.
    Er wurde 1948 in Fez geboren.
    Sein Werk umfasst 30 Titel, darunter Dichtung, Prosa und Essay als auch Übersetzungen,


    Über den Übersetzer:
    Der 1975 geborene Islamwissenschaftler und Germanist Stephan Milich übersetzte zum Beispiel schon Mahmud Darwisch.
    Die Arbeit an der Übersetzung von Die Gabe der Leere wurde von Stefan Weidner begleitet, der Adonis übersetzte.

    Mein Eindruck:
    Arabische Lyrik ist dem westlichen Leser in der Regel fremd und der marokkanische Lyriker Mohammed Bennis schreibt außerdem in einer nicht sofort greifbaren Art. Vieles, sehr vieles wirkt auf den ersten Blick unverständlich. Die Sätze ergeben für sich genommen keinen erklärbaren Sinn, dafür fließen sie und beinhalten Emotionen, denen der Leser nachspüren kann.
    Daher sollte man sich als Leser an der Sprache selbst schon begeistern können.
    Ich habe noch nicht alles gelesen, da so ein komplexes Lyrikband etwas für Jahre ist, aber einen guten Eindruck habe ich schon gewonnen.


    In den Gedichten können Motive spürbar werden, eindeutige Entschlüsselung hingegen halte ich für sehr schwer. Im guten Nachwort des Übersetzers gibt es zwar ein paar Hinweise, doch das enträtselt nicht im Detail. Zutreffend ist, dass die Bennis Lyrik zwar nicht politisch ist, aber klar nach Freiheit strebt.
    Bennis Stil ist nicht ausschweifend, das zeigen schon die Titel der Gedichte, die jeweils nur ein Wort umfassen.


    Trotzdem, Mohammed Bennis feiert die Sprache selbst, wie schon der Beginn “Unmögliches” zeigt.


    Dabei irritiert mich allerdings manchmal die Verwendung einiger mir unbekannter deutscher Worte in der Übersetzung, z.B. auf Seite 5 ist mir die folgend erwähnte Blume unbekannt:
    “Unter den Planeten unseres nächtlichen Wachens
    Erlosch die Ghonbasblume nicht”
    Auf Seite 53 und 60 wird wieder von der Ghonbasblume gesprochen. Verwirrend.


    Davon abgesehen überzeugt mich die Übersetzung, soweit ich das beurteilen kann. Es werden Bilder erzeugt, die stark wirken.
    Mohammed Bennis Lyrik tönt und leuchtet, doch ohne aufdringlich zu sein.

    Der Vergleich zu dem syrischen Dichter Adonis liegt auf der Hand, doch Mohammed Bennis hat, glaube ich, eine noch ganz andere Note,


    Neben den Gedichten, die aus dem Band “Die Gabe der Leere” von 1992 stammen, ist in diesem Buch auch noch ein Zyklus mit dem Titel “Beinahe” aus einem neueren Gedichtband enthalten.
    Diese empfinde ich als etwas düsterer, so schreitet der Erzähler z.B. zwischen den Gräbern seiner alten Freunde, oder es spricht ein Blinder, der keine Worte mehr hat. Es ist Sehnsucht nach einem anderen Ort, vielleicht dem Jenseits, spürbar. Ich kann durchaus was mit diesen späten Gedichten anfangen.
    Ganz deutlich wird die morbide Stimmung dann in “Verleugnung“:


    War ich auf dem Weg zu dir
    oder durchstreifte ich die Dunkelheit
    bis ich gar mein Aug
    verleugnete
    ein Stück Nichts begleitete mich
    die Zeit lag näher als
    das Fieber
    im Fluss traf ich auf die Leere



    Wer noch weitere Kostproben von Bennis Lyrik lesen möchte, empfehle ich die Leseprobe auf der Website des Verlags oder gleich das Buch kaufen.