Bonita Avenue
Peter Buwalda
Übersetzer: Gregor Seferens
Rowohlt
ISBN: 978-3498006723
640 Seiten, 24,95 Euro
Über den Autor: Peter Buwalda, 1971 in Brüssel geboren, lebt in Haarlem. Sein Roman „Bonita Avenue“ wurde in Holland für zehn Preise nominiert und mehrfach ausgezeichnet. Über ein Jahr stand er auf der Bestsellerliste, erreichte 21 Auflagen und mehr als 250000 verkaufte Exemplare. Peter Buwalda ist die Entdeckung in der niederländischen Literatur.
Buchrückentext: Was, wenn die eigenen Kinder sich gegen einen wenden? Joni Sigerius, Stieftochter eines angesehenen Mathematikers und Rektors einer holländischen Universität, hat zusammen mit ihrem Freund Aaron ein Unternehmen aufgezogen, das sie vor anderen lieber geheim halten will. Als es auffliegt, fliegt in der Stadt Enschede, in der die Familie lebt, auch eine Feuerwerksfabrik in die Luft. Für Siem Sigerius, den Stiefvater, schlägt das plötzliche Wissen ein wie eine Bombe, erschüttert den Boden, auf dem er vermeintlich mit beiden Beinen steht. Da im Sommer desselben Jahres auch noch sein Sohn aus der Haft entlassen wird, bleibt in der Familie kein Stein mehr auf dem anderen, denn: Ist Nähe ein Garant dafür, dass man einander auch vertraut? ‹Bonita Avenue› – benannt nach einer Straße in Kalifornien, wo die Familie in früheren Jahren glücklich lebte – ist ein mitreißender, reich nuancierter, kraftvoll-bildhafter Roman über das Auseinanderbrechen einer Patchwork-Familie, über einen Vater, dessen Kinder die Erwartungen, die er an sie stellt, durchkreuzen, über Familiengeheimnisse, Wahrheit und Lüge, Schein und Sein.
Meine Meinung: Dieses Buch wird als „niederländische Antwort“ auf Jonathan Franzen bezeichnet und beworben. Natürlich sind die Parallelen sehr deutlich zu sehen, denn auch Buwalda erarbeitet, nein seziert auf intensive Weise die unterschiedlichen Beziehungsgeflechte seiner Figuren und zeigt eine Chronologie ihres gemeinsamen Scheiterns auf. Mit einem gigantischen Knall explodiert nicht nur die Feuerwerksfabrik in Enschede, sondern auch das bisherige Leben von Siem Sigerius. Gut gewählt ist dieser Zeitpunkt von Buwalda, denn obwohl keine tatsächliche Kausalität mit diesem Unglück besteht, so ist es doch als Wendepunkt im Leben aller Beteiligten anzusehen. Zitat:"Eine physikalische Katastrophe wie die Explosion der Feuerwerksfabrik ist ein Kreißsaal, in dem neue Katastrophen geboren werden."
Der ruhige unaufgeregte Schreibstil könnte von manchem Leser als langweilig empfunden werden und doch lauern auf den über 600 Seiten Mord und Totschlag und moralische Verfehlungen. Der Sohn von Siem ist ein Mörder, der immer wieder in das Leben seines Vaters drängt, seine Stieftochter ist ins Internetpornogeschäft eingestiegen und er, der Vater, sieht quasi hilflos zu, wie das alles seiner Reputation Schaden zufügen wird.
Buwalda setzt den Focus in jedem Kapitel auf ein anders Familienmitglied. Als Ich-Erzählerin fungiert teilweise Joni, die zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin- und her springt.
Oft wird den Geschehnissen schon vorgegriffen, weiß man schon, was geschehen wird, doch das mindert nicht das Interesse, das durch den beeindruckenden Stil des Autors über die gesamte Länge des Buches aufrecht erhalten wird.
Man kann sicher verschiedene Interpretationsansätze heranziehen – für mich zeigt das Buch deutlich den Konflikt zweier Generationen, die mit den Werten der jeweils anderen Generation hadern und versuchen ihren eigenen Weg zu finden. Gewinner sucht man allerdings vergebens.
Mein Fazit: Sein kluger Handlungsaufbau, die intelligente Sprache und ein beeindruckender Stil machen dieses Buch zu einem lohnenswerten Lesevergnügen. Für alle, die das Buch "Die Korrekturen" von Jonathan Franzen gern gelesen haben.