Das Haus am Abgrund - Susanne Gerdom

  • Kurzbeschreibung:


    Wie ein dunkler Schatten steht das alte Haus auf der Klippe am Meer. Adrian, der an einer unheilbaren Krankheit leidet und der sich in einem kleinen Cottage in der Nachbarschaft erholen soll, lässt der Anblick nicht los. Etwas an dem Haus ist seltsam und beunruhigt ihn - und das hat nichts mit den Halluzinationen zu tun, die ihn aufgrund seiner Erkrankung heimsuchen. Und warum stößt er bei seinen Nachforschungen immer wieder auf die rätselhafte November? Das Schicksal des Mädchens scheint auf unheilvolle Weise mit dem Haus verbunden zu sein Halluzination und Wirklichkeit vermischen sich zunehmend, während Adrian nach und nach ein dunkles und unglaubliches Geheimnis aufdeckt.


    Über die Autorin:


    Susanne Gerdom, geboren 1958 in Düsseldorf, wuchs am Niederrhein auf. Nach einer Buchhändlerlehre arbeitete sie als Regisseurin und Schauspielerin an verschiedenen Düsseldorfer Theatern.


    Meinung zum Buch:


    Adrian ist ein 17jähriger Junge, der statt einem gleich zwei Väter hat und er ist schwer krank. Um ihm seine letzten Tage so angenehm wie möglich zu machen, ziehen seine Väter daher mit ihm in ein altes Kutscherhaus nach St. Irias. Ein inoperabler Tumor in seinem Kopf lässt ihn halluzinieren. Für Adrian selbst ist diese „kalte Stelle“, wie er sie nennt, Teil seines Lebens geworden. Auch seine ganzen halluzinierten Personen, mit denen er sich Wortgefechte liefert, Angst vor ihnen hat oder manchmal sogar Rat sucht.
    Kurz nach seinem Umzug nach St. Irias begegnet Adrian im Garten des Hauses einem wunderschönen Mädchen – November Vandenbourgh. Scheinbar kommt sie direkt aus dem verlassenen und verfallenen Herrenhaus – hat Adrian eine neue Halluzination?


    Doch kurz darauf trifft er genau das gleiche Mädchen im Ort wieder, aber sie war nicht im Herrenhaus. Wie alle Dorfbewohner meidet sie das Haus.
    November wohnt bei einer Bekannten im Museum des Dorfes und ist dennoch irgendwie mit dem Haus verbunden.


    Adrian wird von dem Haus, der Geschichte des Hauses und November magisch angezogen. Doch kann er das Geheimnis des Hauses lüften? Und was hat es mit November auf sich, die zwar ein ganz normales Mädchen zu sein scheint, jedoch eine schwere Last mit sich trägt? Adrian macht sich auf die Suche nach Antworten …
    Die äußere Gestaltung, aber auch die Klappentexte (innen wie außen) machen dem Leser schnell klar, dass es sich hier um ein mystisch-düsteres Buch handelt.


    Der Einstieg in die Geschichte fiel mir persönlich etwas schwer. Alles ist sehr verwirrend, da man zunächst die ganzen Personen und Halluzinationen sortieren muss. Adrian kategorisiert seine Halluzinationen in Laren (Gut) und Lemuren (Böse).
    Den Prolog bildet der Monolog des Bräutigams. Was es damit auf sich hat, wird dann im Laufe der Geschichte deutlich. Danach geht es mit Adrian und seinem Versuch ein Tagebuch zu schreiben weiter. Man lernt Adrians Vergangenheit bzw. den Grund für den Umzug kennen und wird gleich mit den Laren und Lemuren konfrontiert. Mir gelang es erst nach und nach herauszufiltern, wer ein Lar, ein Lemur und ein lebender Mensch ist.


    Die Geschichte wird aus der Sicht von Adrian, Novembers Tagebuch und November erzählt.
    Neben seiner Krankheit hat Adrian, gerade in einem so beschaulichen Dörfchen, mit den Vorurteilen wegen seiner beiden Väter zu kämpfen. Ein moderner Männerhaushalt wird nicht gerne gesehen und so wird Adrian schnell zum Außenseiter. Lediglich November begegnet im freundlich und nett. Es ist daher nicht verwunderlich, dass zwischen Adrian und November eine kleine Romanze entsteht.


    Letztlich muss Adrian aber kämpfen und sich entscheiden zwischen dem Haus, seiner Liebe zu November und dem Tod.


    Ich habe mich sehr auf das neuste Buch von Susanne Gerdom gefreut und war erst mal von dem ganzen Durcheinander zu Beginn des Buches irritiert. Fast schon wollte ich aufgeben und das Buch zur Seite legen, aber der Schreibstil und die Tatsache, dass mir bisher immer alle Bücher von ihr gefallen haben, ließen mich dranbleiben.


    Nach etwa 50 Seiten hatte ich dann alle Personen, Halluzinationen und Gegebenheit sortiert und konnte in die Geschichte eintauchen.
    Susanne Gerdom versteht es, ihre Leser zu fesseln und mit in die Geschichte reinzunehmen. So habe ich nicht nur Adrian und November begleiten dürfen, sondern wurde Teil des Duos und habe bei der Aufklärung der Geheimnisse um das Haus mit gerätselt.


    Die Geschichte beinhaltet viele Wendungen, Geheimnisse und Spannungspunkte. Auf den ersten Blick ist nie eindeutig klar, was passiert gerade in der Gegenwart und was liegt im Vergangenen. Als Leser wird man immer bei der Stange gehalten, mitzudenken. Im letzten Drittel zieht die Autorin die Spannung noch einmal an
    Sprachlich ist das Buch in der heutigen Sprachgebung geschrieben und daher einfach und leicht lesbar.


    Fazit:


    Ein verwirrender Einstieg bildet das Tor zu einer Gänsehautgeschichte mit Suchtfaktor.
    Hat man die Personen sortiert, kann man nicht mehr von dem Buch lassen. Daher von mir eine Empfehlung.



    Altershinweis:


    Vom Hersteller empfohlenes Alter: 14 - 17 Jahre


    Durch den Stil der Autorin ist das Buch für erwachsene Leser ebenfalls wunderbar geeignet und man merkt nicht übermäßig, dass es für jugendliche Leser geschrieben wurde.

  • Die Informationen innerhalb der Spoilermarkierungen kann man mitlesen, muss es aber nicht tun. Sie enthalten keinen Geheimnisverrat, sondern lediglich weitere Informationen zu Personen und Handlungsverlauf.


    * * * * *


    Susanne Gerdom: Das Haus am Abgrund, München 2013, bloomoon/arsEdition BmbH, ISBN 978-3-7607-8666-7, Softcover/Klappenbroschur, 391 Seiten, Format: 20,8 x 14,2 x 4, EUR 14,99 (D), EUR 15.50 (A).


    „Wer sollte denn dahinterstecken?“, fragte ich nüchtern (…). „Das müsste doch jemand sein, der jahrhundertelang …“
    „Der Teufel möglicherweise“, unterbrach mich Skegg mit funkelnden Augen. „Ich glaube genausowenig daran wie du, mein Junge. Aber das ist etwas. Etwas Altes und Böses. Und es wohnt in Heathcote Manor.“
    (Seite 158)


    Der siebzehnjährige Schüler Adrian leidet an einem inoperablen Gehirntumor und hat nicht mehr lange zu leben. Sein Vater, der Schriftsteller Tobias Smollet und dessen Lebensgefährte, Literaturprofessor Jonathan Magnusson sind mit ihm vom hektischen London nach St. Irais an die Küste Cornwalls gezogen. Dort wohnen sie im Kutscherhäuschen des inzwischen leerstehenden Herrenhauses Heathcote Manor.


    Es ist Adrian bewusst, dass seine Krankheit bei ihm Halluzinationen hervorruft und er Gestalten sieht, die außer ihm niemand wahrnimmt. Da ist der Roshi, ein weiser alte Japaner und der gestrenge Genius, der sich wahlweise als riesiger blauer Muskelmann oder als schrill zurechtgemachte Punkerin zeigt. Ferner der bösartige, gewalttätige Joker, der wie eine Figur aus den Batman-Comics aussieht. Und neuerdings auch noch Azrael Moriarty, ein etwas umständlich und altmodisch daherredender älterer Herr, der wie ein Bestatter gekleidet ist. Dennoch ist Adrian davon überzeugt, dass mit dem Herrenhaus von gegenüber ganz real etwas nicht stimmt. Meist sieht es aus wie eine Ruine, doch in manchen Nächten ist es hell erleuchtet und wirkt bewohnt. Und dieser Spuk findet nicht nur in seinem Kopf statt.


    Die fünfzehnjährige Nova Vandenbourgh, eine Nachfahrin der Herrenhaus-Besitzer, die seit dem Tod ihrer Eltern bei ihrer Tante in St. Irais lebt, ist genauso besessen von dem Haus wie Adrian. Wenn die jugendlichen heimlich in dem Haus herumstreifen, erleben sie verschiedene Facetten einer tragischen Familiengeschichte einer längst vergangenen Epoche. Da ist ein strenger Vater, eine schwerkranke Mutter und zwei Teenager-Töchter, die sich vor einem tödlichen Fluch fürchten. Halluzinationen? Geistererscheinungen? Erinnerungen an ein früheres Leben? Oder steigern sich die beiden Jugendlichen nur in die dörflichen Spukgeschichten hinein?



    Der heruntergekommene Ex-Journalist Milton Skegg will sogar herausgefunden haben, dass die gesamte Gemeinde von dem Vandenbourgh-Deal profitiert hat. Von Krisen und Katastrophen soll St. Irais über die Jahrhunderte weitgehen verschont geblieben sein, sieht man mal von den periodisch auftretenden Vermisstenfällen ab. Ein Phänomen, das gerade in der Familie Vandenbourgh gehäuft auftreten soll. Alles nur dummes Geschwätz hysterischer Dörfler und eines versoffenen Zeitungsschreibers, der sich wichtig machen will? Novas Großmutter, die alte Mrs. Vandenbourgh, nimmt die Geschichten jedenfalls sehr ernst und dringt darauf, dass ihre Enkelin das Dorf so schnell wie möglich wieder verlässt.


    Nova, die außerhalb von St. Irais aufgewachsen ist, weiß nicht so recht, was sie von der Geschichte halten soll. Adrian macht sich einen eigenen Reim auf seine Recherchen. Wenn es diesen Fluch tatsächlich gegeben haben sollte, ist dann nicht Novas Großmutter der lebendige Beweis dafür, dass er längst nicht mehr wirksam ist? Dass er nur die halbe Wahrheit kennt, kann er ja nicht wissen …


    DAS HAUS AM ABGRUND ist eines der modernen Jugendbücher, bei denen man allenfalls am jugendlichen Alter der Hauptfiguren merkt, an welche Zielgruppe es sich richtet. Die düstere und packende Geschichte fesselt durchaus auch erwachsene LeserInnen und ist dazu geeignet, ihnen Albträume zu bescheren. Das Schicksal der „Winterbräute“ ist dermaßen entsetzlich, dass man gar nicht darüber nachdenken möchte, was das für die Mädchen und ihre Familien bedeutet. Und Adrians Perspektiven sind auch nicht gerade berauschend.


    Sind die jugendlichen Leser heute so abgebrüht, dass sie solche grimmigen Geschichten verkraften, ohne anschließend in deprimierende Grübeleien über Krankheit und Tod zu verfallen? Wenn ja, dann erwartet sie hier eine faszinierende Geschichte mit sympathischen und lebensnah fehlbaren Personen. Held und Heldin sind physisch und psychisch angeschlagene Außenseiter und auch ihn ihrem familiären Umfeld gibt es handfeste Probleme.


    Die Story ist noch spannender als ein Krimi, weil in diesem Szenario alles möglich ist. Der Leser kann nie sagen, was Realität ist und was Halluzination und inwiefern tatsächlich Übersinnliches eine Rolle spielt. Daher ist es nicht so einfach, die Ereignisse einzuordnen und die Zusammenhänge sowie den Fortgang der Geschichte zu erahnen. Entsprechend überraschend ist der Schluss. Gleichzeitig ist er aber plausibel. Denn wir man es auch dreht und wendet: Offenbar brauchte es genau diese spezielle Personenkonstellation …


    Wer düsteren Lesestoff nicht scheut und sich gepflegt und anspruchsvoll gruseln möchte ist mit DAS HAUS AM ABGRUND bestens bedient. Auch wenn er/sie längst kein Teenager mehr ist.


    Die Autorin
    Susanne Gerdom lebt und arbeitet als freie Autorin und Schreibcoach mit ihrer Familie und vier Katzen am Niederrhein. Sie schreibt seit mehr als einem Jahrzehnt Fantasy und Romane für Jugendliche und Erwachsene. </p>

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

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