Oliver Wnuk: Luftholen
Fischer/Krüger Verlag 2013. 256 Seiten
ISBN-13: 978-3810523822. 16,99€
Verlagstext
Ein Roman, der einem manchmal den Atem nimmt - über einen, der die Liebe vor sich sieht, aber nicht weiß, wie er sie packen soll.
Josch ist Schwimmmeister. Seit er denken kann, hat ihn das Wasser fasziniert. Am Beckenrand kennt er sich aus, hier weiß er, was zu tun ist. Aber in seinem eigenen Leben weiß er das schon lange nicht mehr. Seit seine Frau ihn verlassen und den gemeinsamen Sohn mitgenommen hat, findet er nur noch Halt im Alltäglichen. Aber als er der 14jährigen Leonie, die jeden Tag ihrer Sommerferien an seiner Seite verbringt, im entscheidenden Moment nicht helfen kann, bleibt ihm keine andere Wahl mehr. Josch muss sich dem Leben stellen. Und so nähert er sich der blinden und lebensfrohen Maria an und begibt sich schließlich mit ihr zusammen auf eine ungewisse Reise: eine Suche nach seinem Sohn, der Wahrheit und dem Leben überhaupt. Endlich geht er den Weg, den er sich nie traute zu gehen.
Der Autor
Oliver Wnuk, Jahrgang 1976, ist in Konstanz aufgewachsen, hat in München Schauspiel studiert und lebt heute in Berlin. Als facettenreicher Schauspieler etabliert, schreibt er seit mehreren Jahren auch für den Rundfunk, fürs Theater und verfasst Songtexte. Nach seinem von Kritikern und Lesern hochgelobten Debüt "Wie im richtigen Film", legt er mit "Luftholen" seinen zweiten Roman vor.
Inhalt
Deutlicher hätte Josch, der Schwimmmeister, nicht werden können. Er findet es eine Schnapsidee, dass Leonie nach ihrem Praktikum im Schwimmbad bei ihm eine Ausbildung beginnen will. Die Vierzehnjährige ist dem mehr als doppelt so alten Mann wie eine herrenlose Katze zugelaufen und gewährt ihm seitdem das Privileg, ihr bester Freund zu sein. Leonie kreist wie ein Planet um ihr Idol, flirtet mit Josch und nutzt ihn als Mentor, wenn ihr in einer fantastischen Welt angesiedeltes Buchmanuskript nicht vom Fleck kommen will. Gegen Leonies Schreibhemmung hilft angeblich nur ein nächtlicher Tauchgang im geschlossenen Schwimmbad. Josch hat keine Qualifikation als Tauchlehrer. Leonie weiß das, dringt verbotenerweise doch ins Bad ein und verunglückt dabei tödlich. Dass Josch sich damals beim ersten verbotenen gemeinsamen Tauchgang nicht gegen Leonies Gequengel duchsetzen konnte, wird er sein Leben lang bereuen. Leonies schwärmerische Tagebucheinträge lassen Josch blöd dastehen; die zu vermutende enge Beziehung zwischen einem Erwachsenen und einem ihm anvertrauten Kind wirkt mehr als sonderbar. Der Unfall erregt erhebliches Aufsehen, dem Josch sich durch Flucht entzieht. Wie wir auf seiner abenteuerlichen Reise entdecken werden, ist Josch vor Forderungen bisher immer nur geflüchtet. Josch trägt nie Schuld an Geschehnissen, im Gegenteil, die Dinge verschwören sich stets gegen ihn. Zusammen mit der blinden Maria macht Josch sich auf den Weg zu seinem 15-jährigen Sohn nach Südfrankreich, zu dem der Kontakt abgerissen ist und für den er seit Jahren keinen Unterhalt mehr zahlt. Maria hat Josch im Schwimmbad kennengelernt, als sie forsch den Gegenverkehr im Sprungbecken verscheuchte - bevor sie selbst vom Sprungturm sprang. Marias selbstbewusstes Auftreten entspricht kaum Joschs Vorstellung von einem behinderten Menschen. Zusätzlich ist Wnuks Held schüchtern und vermeidet deshalb, mit Maria über ihre Behinderung zu sprechen. Der körperlich unversehrte Mann ist so stark mit sich beschäftigt, dass für Maria in diesem Leben kaum Platz bleibt.
Fazit
Schade, dass Josch nicht intensiver über seine Beziehung zu Leonie nachgedacht hat. Als Jammertyp, in dessen Leben von Anfang an die Eltern an allem Schuld sind, hat Oliver Wnuk seinen chaotischen Bademeister gut getroffen. Joschs ungewöhliche Beziehung zu Leonie, die er wie alles andere einfach erleidet, markiert den starken Auftakt eines Romans, der anschließend dem planlosen Chaos seiner Hauptfigur folgt. Wer Lust auf ein Roadmovie mit einem völlig verpeilten Helden hat, sollte hier zugreifen.
7 von 10 Punkten