John Niven: Das Gebot der Rache
Klappentext (Quelle: Verlagsseite)
Donald Miller führt ein Leben, von dem man nur träumen kann. Mit seiner wohlhabenden Frau Sammy und seinem kleinen Sohn Walt bewohnt er ein luxuriöses Anwesen in der kanadischen Provinz. Donald kennt keine Geldsorgen, er liebt seine Familie, er ist umgeben von netten Leuten. Doch mit einem Schlag zerbricht diese heile Welt ... Als er seinen abgeschlachteten Hund findet, ahnt Donald, dass etwas in sein Leben getreten ist, das ihn für immer zeichnen wird. Seine bösen Vorahnungen werden schnell zur bitteren Wahrheit. Während eines Schneesturms wird Sammy entführt. Kurz darauf findet man ihren brutal zugerichteten Leichnam. Mit der Präzision eines Uhrwerks zieht sich eine namenlose Bedrohung um Donald zusammen: Er gerät zusammen mit seinem Sohn in die Gewalt eines Feindes, der scheinbar jede Menschlichkeit hinter sich gelassen hat ...
Autor (Quelle: Verlagsseite)
John Niven, geboren in Ayrshire im Südwesten Schottlands, spielte in den Achtzigern Gitarre bei der Indieband The Wishing Stones, studierte dann Englische Literatur in Glasgow und arbeitete schließlich in den Neunzigern als A&R-Manager einer Plattenfirma, bevor er sich 2002 dem Schreiben zuwandte. 2006 erschien sein erstes Buch, die halbfiktionale Novelle Music from Big Pink über Bob Dylan und The Band in Woodstock; 2008 landete er mit dem Roman Kill Your Friends – einer rabenschwarzen Satire auf die Musikindustrie – einen internationalen Bestseller. Es folgten die Romane Coma und Gott bewahre. John Niven schreibt außerdem Drehbücher. Er lebt derzeit in Buckinghamshire, England.
Aufbau/Allgemeines
Originaltitel : Cold hands
"Das Gebot der Rache" erschien am 21.01.2013 als Hardcover Ausgabe mit 304 Seiten im Heyne Verlag. Die Romanhandlung verteilt sich auf einen Prolog, 43 Kapitel und einen Epilog. Der Prolog und der Epilog spielen in der Gegenwart in Florida, die Haupthandlung des Romans spielt zwei Jahre zuvor in Sakatchewan, Kanada, es sind immer wieder Rückblicke in die Jugend des Protagonisten und Ich-Erzählers Donald Miller eingeflochten. Diese Erinnerungen beziehen sich auf Ereignisse, die sich 1982 in Schottland abspielten.
Inhalt
Der Protagonist des Romans, Donald Miller, befindet sich im Prolog in Florida. Im warmen Klima versucht er sich von schweren Verletzungen zu erholen. Um die traumatischen Ereignisse, die seine Familie zerstörten, zu verarbeiten, schreibt er nieder, was zwei Jahre zuvor passierte:
Donnie lebt in Saskatchewan (Kanada), wenige Kilometer von der Stadt Regina. Seine aus einer sehr reichen Familie stammende Frau Sammy ist die Herausgeberin der Regionalzeitung "Regina Advertiser", Donnie schreibt von zuhause aus Film-, Musik- und Literaturkritiken für die Zeitung seiner Frau. Das Ehepaar bewohnt mit dem gemeinsamen Sohn, dem achtjährigen Walt, und dem Labrador Herby ein äußerst luxuriöses Anwesen im ländlichen Gebiet. Ihr Leben ist glücklich, bis Donnie eines Morgens den entsetzlich zugerichteten Kadaver seines geliebten Hundes auffindet. Zunächst glauben Donnie, seine Nachbarn und der Polizist Robertson, dass das Haustier von Wölfen zerfleischt wurde. Der Anblick des Kadavers weckt in Donnie Erinnerungen an seine Jugend in Schottland. Aus einer bildungsfernen Familie stammend und von seinen alkoholkranken Eltern emotional vernachlässigt, gerät er an seiner Schule in schlechte Kreise. Auch seine beiden Freunde Banny und Tommy stammen aus schwierigen Verhältnissen. Die drei Jungen sind im Unterricht verhaltensauffällig, aggressiv und schrecken nicht vor Mobbing und Gewalt gegenüber wehrlosen Mitschülern zurück.
Donnie beschäftigt sich immer mehr mit den Erinnerungen an sein früheres Leben in Schottland, das er vor Jahren hinter sich gelassen hat, als er nach Verbüßung einer Haftstrafe unter einer neuen Identität in Kanada ein besseres Leben begann. Doch erst, als seine Frau Sammy verschwindet und kurz darauf ihr entstellter Leichnam aufgefunden wird, begreift Donnie, dass auch der Tod des Hundes kein unglücklicher Zufall war, sondern dass er ins Visier eines Menschen geraten ist, der ihn mit erbarmungslosem Hass verfolgt.
Eigene Meinung
Die erste Hälfte des Romans liest sich wie eine Erzählung. Der Leser wird Zeuge des harmonischen Familienlebens der Familie. Da seine Frau Sammy beruflich sehr engagiert ist, arbeitet Donnie von zuhause aus und kümmert sich um Walt. Er fühlt sich von seiner Rolle als Kritiker nicht vollständig ausgefüllt und schreibt zusätzlich an einem Drehbuch. Durch den Tod des Hundes wird Donnie an seine wenig glückliche Jugend in Schottland erinnert. Die Beschreibung der Verhältnisse in den bildungsfernen Familien ist ebenso eindringlich wie bedrückend. Auch an den schottischen Schulen herrscht ein rauer Ton, Mobbing und Schlägereien unter Schülern sind nichts Ungewöhnliches und die Lehrer dürfen die Schüler ohrfeigen. In Bezug auf die Schilderung der Zustände an den Schulen hat der Autor nach eigener Aussage (Interview auf der Verlagsseite) persönliche Erinnerungen im Roman verarbeitet. Die Ereignisse in der Gegenwart wechseln mit den Jugenderinnerungen ab, sodass der Leser nach und nach ein Bild von den Dingen gewinnt, die Donnie lange verdrängt hat und die offensichtlich für die Bedrohung seiner Familie von Bedeutung sind. Durch den langsamen Erzählverlauf in den Abschnitten über Donnies Jugend werden Spannung und Ungeduld erzeugt, man möchte endlich wissen, was Donnie sich zuschulden kommen ließ.
Eine ganz andere Art der Spannung packt den Leser in der zweiten Hälfte des Romans zum Zeitpunkt der Konfrontation des Protagonisten mit seinem Todfeind: Jetzt entwickelt sich die Erzählung zum rasanten und sehr blutigen Thriller, in dem die Ereignisse sich überschlagen. Der Kampf auf Leben und Tod zwischen Donnie und dem "Rächer" wird sehr explizit beschrieben. In diesem Teil gibt es Abschnitte, die aus der Sicht des Täters geschildert werden. Auch diese Schilderungen sind sehr bedrückend und werfen Fragen über die psychische Verarbeitung von Tragödien und die Nachvollziehbarkeit von Rachegelüsten auf. Der Themenkomplex um Vergebung und Vergeltung beschäftigt den Autor sehr (siehe Interview).
Fazit
"Das Gebot der Rache" ist ein gut konstruierter und verstörender Roman, der dem Krimi-/Thrillerliebhaber außer Hochspannung auch Diskussionsanreize bietet. Wegen der sehr expliziten Darstellung von Gewalt ist er für sehr sensible Leser weniger geeignet.
8 Punkte