Arbeitsbedingungen bei Amazon

  • Ich kann sehr gut nachvollziehen, das viele von euch amazon komplett meiden, aber müsstet ihr dann nicht 90% des Einzelhandels boykottieren?


    Ich habe viele Jahre selber im Einzelhandel gearbeitet, und war auch ein paar Jahre Betriebsrätin. Der Bericht über amazon hat eine Menge Erinnerungen geweckt, und mich nicht überrascht. Das eigentliche Problem, wie hier bereits erwähnt,wurde in den Bericht nicht genannt. Die Gesetze lassen es zu, und es gibt genug verzweifelte Menschen die ein Unternehmen ausbeuten kann.


    Der Lohn der Leiharbeiter war gar nicht mal so schlecht, in Deutschlands Supermärkten arbeiten sehr viele Mensche für deutlich weniger. Die füllen dort ca10 Stunden am Tag die Regale in Akkord auf usw. Bei Rossmann übrigends durch eine Leihfirma, die bekommen dafür 5€! Metro ist auch so ein Fall, bei Edeka darf man/frau eigentlich auch nicht einkaufen. Die Liste lässt sich unendlich weiterführen. Und wenn der Arbeitgeberverband des Handels wirklich, wie angekündigt,alle Tarifverträge kündigt wird es richtg gemütlich.


    Ich bin sehr glücklich nicht mehr im Einzelhandel arbeiten zu müssen, und würde allen Jugendlichen von einer Ausbildung im Einzelhandel abraten.
    Steinigt mich ruhig für diese Aussage!


    Es gibt eine Menge Firmen,die ich komplett meide, aber wo soll man anfangen,wo aufhören. Ich bin auch sicher nicht der Topkunde von amazon, aber diesen Beitrag habe ich mühsam auf meinen Kindle Fire getippt. :yikes

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    Bookworms will rule the world! As soon, as we finish one more chapter...

  • Zitat

    Original von beowulf
    Der Beitrag handelt mit einem Satz von Arbeitsbedingungen bei Amazon. Diese mögen fraglich sein, wie bei vielen Großbetrieben, aber das eine Arbeiterin 17 km in der Schicht laufen muss sagt nichts über Amazon aus. [...]


    Ich habe auch drei Jahre lang in einem Lager gearbeitet und Pakete gepackt. Da gab es einen Bereich, wo ich viel laufen musste, weil sich der Einsatz von Fahrzeugen nicht gelohnt hat. Ich wollte in dieser Zeit immer mal so zum Spaß einen Schrittzähler an die Hose packen, um zu sehen wieviele Kilometer ich pro Schicht laufe. Letztlich habe ich es nicht gemacht bzw. irgendwann aufgegeben, weil ich mit dem Schrittzähler an der Hose einfach nicht arbeiten konnte. Aber ich kann versichern, dass es nicht ungewöhnlich ist, dass man als Lagerarbeiter in einer Schicht viele Kilometer laufen muss.


    Für mich ist klar, dass ich auch weiterhin bei Amazon kaufen werde. Bei den paar Einkäufen, die ich dort erledige, habe ich kein schlechtes Gewissen. Wenn ich etwas dort bestelle sind es meistens DVDs, die ich bei Amazon wirklich viel billiger bekomme und wo ich mir auch sicher sein kann, dass die DVDs, die ich suche, vorhanden ist. Mit einem Vollzeitjob habe ich wie viele andere Eulen auch nicht Zeit im Überfluss, so dass ich wenig Lust habe nach der Arbeit in einen Elektronikmarkt zu laufen, um dann dort festzustellen, dass die DVD nicht vorrätig ist. Bücher kaufe ich meistens beim Buchhändler im Heimatort. Da kann ich ein Buch bis 18 Uhr bestellen und es am nächsten Morgen abholen. Schneller geht es bei Amazon auch nicht. Mittlerweile hat die Buchhandlung auch eine Internetseite, so dass ich auch nicht mehr anrufen muss, wenn ich rasch ein Buch bestellen möchte. ;-)

  • Wenn mein Buchhändler vor Ort Öffnungszeiten hätte, die mit meinen Arbeitszeiten kompatibel sind, würde ich vielleicht dort einkaufen. Vielleicht aber auch nicht. Der bestellt übrigens schon mal gern selbst bei amazon und hat auch einen Shop dort. Und wenn ich zu den großen Buchhandelsketten gehe, ist es dort sicher nicht anders als bei amazon. Hugendubel stellt auch Saisonkräfte ein und die verdienen sicher auch keine 12€ pro Stunde.
    Ich habe übrigens während meiner Schulzeit, vor knapp 30 Jahren, bei Woolworth gearbeitet. Als Aushilfe natürlich nur. Ich hatte die miesesten Arbeitszeiten, immer die stressigste Kasse, und habe umgerechnet anfangs 3,75 € verdient. Ich musste schon eine Stunde pro Tag arbeiten, um das Fahrgeld wieder hereinzubekommen. Ich habe dann wegen der Betriebszugehörigkeit irgend wann 4€ pro Stunde verdient, als die nächste Erhöhung anstand, hat man mich rausgeworfen und einen Frischling eingestellt. Das ist also keine Frage der Zeit, das gabs schon vor Jahrzehnten. Und beim Rausgehen mussten wir einen Knopf drücken, der per Zufallsgenerator rot aufgeleuchtet hat und diejenige musste sich dann die Taschen durchsuchen lassen. Den meisten Einzelhändlern macht der interne Schwund mehr Verluste als die Ladendiebstähle.
    Natürlich kann ich die Praktiken von amazon nicht gutheißen. Genauso wenig wie die von allen Firmen, die ihr Personal nicht anständig behandeln. Aber dann dürfte ich nicht mal mehr mit der S-Bahn fahren, die Lokführer dort sind nämlich auch schon quasi versklavt. Und was bleibt mir dann noch? Daheim bleiben und mich in meine Schneckenhaus verkriechen? Keine Alternative.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Zitat

    Original von Bones


    Mal anders herum gefragt, was fanden denn die Pro-Amazöner an dem Beitrag positiv, sodass sie weiter voller Inbrunst dort einkaufen werden?
    Ich hab mir den Bericht gestern Abend angeschaut und war ziemlich erschüttert.


    Ich bestelle nicht über Amazon, sondern kaufe lieber im Geschäft. Aus Prinzip.
    Wäre ich allerdings begeisterter Amazon-Kunde, so hätte mich dieser Bericht im Fernsehen nicht davon abgehalten weiterhin dort zu bestellen.


    Ich fande den Bericht weder positiv noch schockierend. Ich fand ihn einfach nur grottenschlecht (was die Recherche und dazugehörigen Fakten betrifft) und zudem extrem effekthaschend. So etwas hätte ich von Privatsendern erwartet, aber nicht vom ARD.


    Und nun anders herum gefragt:
    Was finden denn Kontra-Amazöner an dem Beitrag so erschütternd?


    Ich greife mal ein paar willkürliche Beispiele heraus:


    1. Die Arbeiter aus dem Ausland wurden in Feriendörfern (wahrscheinlich kostenlos) untergebracht. Wenn man im Internet nach "Ferienwohnpark Silbersee" googelt, kann man sich die Unterkünfte ansehen. Also ich finde diese Ferienhäuser nicht menschenunwürdig. Und ein 80-qm-Haus ist dort auch für 8 Personen angegeben. Was ist daran menschenunwürdig?


    2. Die Arbeiter wurden mit einem Transferbus zur Arbeitsstelle gebracht und wieder abgeholt. Ich nehme einfach mal an, dass sie auch dafür nichts bezahlen mussten.
    Entfernung vom "Wohnort" zur Arbeitsstelle 30 km. Fahrzeit ca. 45 Minuten.
    Wo ist da der Skandal?


    3. Es wurde eine Pinnwand gezeigt. Zettel mit Öffnungszeiten der Geschäfte, Verhaltensregeln (im Hotel oder in der Anlage), Arbeitszeiten.
    Ich denke, bis auf die Arbeitszeiten, völlig normal in einem Hotel. Die Angabe der Öffnungszeiten der Geschäfte sehe ich sogar noch als Service an.


    4. Die Löhne der Arbeiter waren nicht überragend hoch, aber auch nicht unterirdisch niedrig. Für Deutschland in diesem Sektor (leider) recht durchschnittlich. Viele Fachkräfte in Deutschland (die immerhin eine dreijährige Ausbildung absolviert haben) verdienen in ihren Berufen auch nicht viel mehr.
    Das ist sicherlich ein Skandal. Aber das betrifft eben nicht nur Amazon.


    5. Silvana hatte sich Blasen an den Füßen gelaufen. Das ist nicht schön und tut auch verdammt weh. Ist mir auch schon passiert, weil ich die falschen Schuhe auf der Arbeit getragen habe. Ich wäre aber niemals auf die Idee gekommen meinen Arbeitgeber dafür verantwortlich zu machen.
    Silvana wurde von Amazon geraten ein Krankenhaus aufzusuchen.
    Wie unmenschlich von Amazon! ;-)
    Silvana wird ihr Kinder über Weihnachten nicht sehen. Traurig. Aber hat nichts mit den Arbeitsbedingen bei Amazon zu tun. Viele Menschen in Deutschland müssen über Weihnachten arbeiten. Wo ist da der Skandal?


    6. Die Security-Leute sahen furchteinflößend aus.
    Ich denke, so sollten Security-Leute auch aussehen. Das gehört zu ihrem Beruf. Und ich möchte nicht wissen, was in so einer Ferienanlage mit vielen Bewohnern aus unterschiedlichsten Nationen los wäre, wenn da keiner für Ordnung sorgen würde.
    Skandalös ist, dass sie angeblich in Bungalows eingedrungen waren und die Taschen der Bewohner durchsucht haben.
    Aber hierfür fehlten mir die Beweise in dem Bericht. Ein Foto beweist gar nichts. Da hätte jeder machen können.
    Taschenkontrollen im Bereich des Arbeitsplatzes sehe ich als normal an.


    Man könnte noch viele weitere Beispiele nennen.


    Skandal ist eigentlich nur der allgemein niedrige Lohn in manchen Bereichen.
    Die Zeitarbeitsverträge. Die vielen befristeten Arbeitsverträge.
    Darüber kann man reden. Das bezieht sich aber eben nicht nur auf Amazon.

  • Zitat

    Original von Charlotte


    2. Die Arbeiter wurden mit einem Transferbus zur Arbeitsstelle gebracht und wieder abgeholt. Ich nehme einfach mal an, dass sie auch dafür nichts bezahlen mussten.
    Entfernung vom "Wohnort" zur Arbeitsstelle 30 km. Fahrzeit ca. 45 Minuten.
    Wo ist da der Skandal?
    .


    Mein einfacher Arbeitsweg ist bedeutend länger.

  • Ich habe mir den Bericht jetzt auch mal angesehen und finde ihn auch ziemlich schlecht. Ich habe mir schon vor einiger zeit vorgenommen, weniger bei Amazon zu kaufen, weil ich lieber regionale Geschäfte unterstützen möchte.

  • Zitat

    Original von Charlotte
    2. Die Arbeiter wurden mit einem Transferbus zur Arbeitsstelle gebracht und wieder abgeholt. Ich nehme einfach mal an, dass sie auch dafür nichts bezahlen mussten.
    Entfernung vom "Wohnort" zur Arbeitsstelle 30 km. Fahrzeit ca. 45 Minuten.
    Wo ist da der Skandal?


    Nur zur Klärung:


    laut Kommentator des Beitrags fahren die Busse nur einmal pro Schicht, Hin - und Rückfahrt. Es scheint auch nicht genügend Busse zu geben, sie sind also stark überfüllt. Unklar blieb, on zuweilen ArbeietrInenn nicht mehr mitkommen, weil zu wenig Fahrzeuge eingesetzt werden.
    Es ist nicht sicher, ob die Busse pünktlich fahren, dadurch kann Arbeitszeit verlorengehen, die dann nicht vergütet wird.
    Wenn man vor Schichtende aus dem Werk kommt, kommt man von der amazon-Seite nicht vom Fleck, weil es eben keine Beförderungsmittel gibt. Der Satz, daß die Arbeiter stundenlang herumstehen, fällt einige Male.


    Aber:
    Deine Einwände und Deine Zusammenfassungen sind völlig richtig.
    Sie zeigen, wie vage die 'Dokumentation' de facto ist. Die AutorInnen sind nicht fähig, Schwerpunkte herauszuarbeiten. Es werden z.B. auch Busfahrer zitiert, die sich über die Bedingungen, unter denen ihre Passagiere hier leben und arbeiten, auslassen. Die Fahrer sind durchaus auf Seiten der WanderarbeiterInnen.
    Der Umstand bleibt aber in der Luft hängen, ebenso, wie die Auftritte dieses 'Betriebsseelsorgers', der die WanderarbeiterInnen zu Betriebsratswahlen bringen will, wenn ich das richtig verstanden habe.
    Abartige Idee, wenn es denn stimmt.
    Ich war minutenweise einfach verwirrt, weil die Aussagen und Bilder keine richtigen Informationen lieferten.


    Sehr viel wurde nur behauptet, ohne daß es belegt worden wäre.
    Für mich ist das gesendete Bild - und Tonmaterial nahezu beliebig. Man könnte einen komplett veränderten Text unterlegen, eine ganz andere Geschichte erzählen, die Bilder anders zusammenstellen und wieder etwas anderes erzählen und es würde genauso stimmen.
    Was sagt ein Kamerablick auf einen eingedeckten Tisch aus, bitteschön? Und was genau ein Bild von drei Typen in Wachmänner-Kleidung, die zusammensitzen?
    Je länger ich über diesen ARD-Beitrag nachdenke, desto ärgerlicher finde ich ihn.
    Ein schlagendes Beispiel dafür, wie man eine Dokumentation nicht macht.


    Vor allem macht er es amazon sehr einfach. Der Konzern kann sich problemlos herauswinden. Er tut nichts anderes als andere große Firmen auch, er stellt saisonbedingt LeiharbeiterInnen ein. Das verstößt gegen kein Gesetz. Unterbringung, Versorgung der LeiharbeiterInnen erfolgen durch Fremdfirmen, die auf diesen Geschäftsbereich spezialisiert sind. Das ist auch nicht ungesetzlich.
    Alles im grünen Bereich, also.
    :rolleyes


    Thema versenkt, in meinen Augen.


    Schon der Inhaber des Kleinverlags, der sich von amazon getrennt hat, geht in seinem Schreiben viel weiter.




    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus


  • Doch, das mit den langen Wartezeiten und den überfüllten Bussen habe ich natürlich auch mitbekommen.
    Aber da blieb eben auch vieles im unklaren.
    Werden zu wenig Busse eingesetzt? Und wenn ja, welches Interesse könnte Amazon daran haben, dass die Arbeiter zu spät oder vielleicht überhaupt nicht zur Schicht erscheinen? Und ist es überhaupt die Aufgabe von Amazon dafür zu sorgen, dass die Arbeiter pünktlich zur Arbeit erscheinen.
    Oder ist der Transfer Bestandteil des Arbeitsvertrages oder ein Service von Amazon für die Mitarbeiter?
    Gibt es wirklich keine Möglichkeit das Werk mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen? Und wenn ja, wie kommen dann die anderen Arbeitnehmer pünktlich zu den Schichten?
    Ein Werk mit ca. 5000 Beschäftigten ist mit Sicherheit ans öffentliche Verkehrsnetz angebunden. Und ein Feriendorf ebenso.
    Ungünstig ist dabei wahrscheinlich nur die Schichtarbeit.


    Aber das ist eben auch nicht ein typisches Amazonmitarbeiterproblem.
    Frag mal eine Krankenschwester, wie sie am Sonntagmorgen um 6 Uhr ohne Auto zur Frühschicht kommt. Das kann selbst in einer Großstadt zum Problem werden.


    Dieser Bericht war wirklich sehr ärgerlich, denn man fühlt sich fast gezwungen Partei für Amazon zu ergreifen. Obwohl man das gar nicht möchte.

  • Charlotte


    ja, völlig richtig. Genau so.


    Und weißt Du, was sich hierbei noch zeigt?
    Daß nämlich ganz normalen Leuten, die mit dem ganz normalen Arbeitsalltag der Mehrheit der arbeitenden Menschen hierzulande zu tun haben, auf Anhieb mehr zu dem Thema einfällt und auffällt als den beiden Jung-JournalistInnen.


    :help



    'Partei für amazon' ergreift man aber nicht automatisch, wenn man den Bericht kritisiert.
    Wenn eine Seite schlampig ist, heißt das nicht, daß die andere ordentlich ist.
    :lache



    Ein Boykott von amazon zu Spitzenzeiten, im Weihnachtsgeschäft, etwa, oder auch zu Ostern :grin wäre allerdings eine Überlegung wert.



    :schnellweg

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    K. Kraus

  • 129 Beiträge von 50 Eulen und 3115 Clicks weiter möchte ich mich doch noch einmal zur Sache äußern.
    Würde ein stiller Boykott von Amazon zu Weihnachten u.a. tatsächlich etwas bewirken? Wohl nur, dass für kommende Spitzenzeiten die Kalkulation von Saisonkräften zurückgehen würde.
    An dieser Stelle haben sich einige Eulen Gedanken gemacht, sich Zeit genommen zu schreiben, für Amazon Partei ergriffen und gelobt; andere haben geschimpft.
    Einig ist sich die Mehrheit wohl darin, dass es - obwohl im Rahmen rechtlicher Grenzen - unanständig ist, Mitarbeiter mit Zeitverträgen zu vertrösten und sie irgendwann vor die Tür zu setzen, wie es der Bericht gezeigt hat.
    Der Amazon-Kunde hat meines Erachtens weitere Möglichkeiten, auf das Unternehmen nicht nur einzuwirken, sondern auch etwas zu bewirken. Der Bericht der ARD könnte durchaus zum Anlass genommen, das Unternehmen anzuschreiben und ihnen mitzuteilen, dass man mit ihm als Dienstleister grundsätzlich zufrieden ist, man als Kunde jedoch wert darauf legt, nur dort einzukaufen, wo mit den Schicksalen von Mitarbeitern nicht gespielt wird.
    Keine Drohungen und kein Aufkündigen der Kundenbeziehung, lediglich ein Statement zum Bericht der ARD.
    Man stelle sich vor, dass jeder Forumsteilnehmer, der Amazon-Kunde ist und sich hier geäußert hat, sich am morgigen Sonntag hinsetzt und eine Mail an Amazon schreibt.
    Am Ende ist nicht auszuschließen, dass sich etwas ändert. Wenn der Kunde es denn möchte und sich die Zeit nimmt, nicht nur hier im Forum zu klagen.


    Wer übrigens mehr über das Unternehmen Amazon, seine Umsätze, Entwicklung, Liquidität erfahren möchte, dem empfehle ich die aktuelle brand eins:
    brand eins

  • Bevor ich gleich am die Fasnacht gehe hier noch eine kurze Bemerkung von mir.


    - Ich heisse nicht gut was Amazon macht bezweifle aber das andere Onlineportale diesbezüglich besser sind. Das ist wie mit dem Treibstoff fürs Auto, egal wo ich tanke es kassiert immer ein unsympathischer Konzern mein Geld.


    - Ich akzeptiere das es in Deutschland wegen der höheren Arbeitslosenzahlen schwieriger ist einen neuen Arbeitgeber zu finden als in der Schweiz. Der von mir vorgeschlagene Wechsels des Arbeitgebers ist nur mit viel Mühe zu bewerkstelligen.


    - In Sachen Kundenfreundlichkeit ist für mich Amazon aber spitze! Da kann sich so ziemlich jede Firma, egal in welcher Branche, eine dicke Scheibe von abschneiden.

  • Salonlöwin


    sich hinzusetzen und eien Mail schicken, ist eine sehr guet Möglichkeit, etwas zu ändern.
    Eine von mehreren. Man kann immer etwas tun.
    Das setzt allerdings voraus, daß man sich mit der Sachlage auseinandersetzt und damit, was man eigentlich will. Daran hapert's.
    Von allein kommt nur das bessere Wetter, für den Rest müssen wir schon selber sorgen.


    Was den Boykott angeht: das ist ein altehrwürdiges Mittel der politischen Auseinandersetzung und sollte, ebenso wie Streiks, wohlüberlegt und wohldosiert eingesetzt werden.
    Die heutigen Boykott-Aufrufe sind leider hin und wieder reines Reflexverhalten. Manche wirken durchaus, etwa, wenn Foodwatch erreicht, daß Zusatzstoffe aus Lebensmitteln genommen werden, um nur ein aktuelles Beispiel zu nennen.
    Ich erinnere mich auch gern an die Boykotts von Früchten aus Südafrika (ausgelöst von Initiativen von Frauengruppen der evangelischen Kirchen, btw) in den 1980er Jahren, die tatsächlich ihr Teil zu politischen Veränderungen in Südafrika beigetragen haben.


    Das Leih - und WanderarbeiterInnenproblem ist damit natürlich auf Dauer nicht zu lösen. das muß anders angegangen werden. Ein gesetzlicher Mindestlohn wäre das wirksamere Mittel.


    Was amazon angeht, schadet es allerdings nicht, das eigene KonsumentInnen-Verhalten ernsthaft zu hinterfragen. amazon ist auch Symptom der Konsumgesellschaft, nicht nur Verursacher. Den Schaden richten wir durchaus selbst an. amazon ist eben kein guter Dienstleister, da das, was geleistet wird, auf einer enormen Verschwendung von Ressourcen und menschlicher Arbeitsleistung beruht, früher brutale Ausbeutung genannt.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • @ magali:


    Wie ich oben bereits schrieb, bin ich kein Freund von Einkäufen im Internet.
    Vor langer Zeit habe ich beim Onlineriesen vielleicht eine Handvoll von Sachen bestellt, lange nichts mehr und ich kann mich schlecht einem Unternehmen verweigern, dessen Dienstleistungen ich nicht mehr in Anspruch nehme.


    Über das Thmea Boykott habe ich mir dennoch Gedanken gemacht und bin zu der Auffassung gekommen, dass ich dieses Mittel nicht für gutheiße und niemanden dazu aufrufen möchte.
    Der Grund hierfür ist recht simpel: Steht es mir zu, über Arbeitsplätze und Schicksale zu richten, wenn ich ein Unternehmen boykottiere und möglicherweise durch meinen Appell befristete Arbeitsverträge nicht verlängert werden? Guten Gewissens kann ich für mich diese Frage nicht mit "Ja" beantworten. Und schon gar nicht, solange es mildere Mittel gibt, um Konzerne wie Amazon zum Umdenken zu bewegen.


  • Ich gebe Dir recht, dass Amazon auch ein Symptom der Konsumgesellschaft ist.
    Ob der Bericht nun gut oder schlecht gemacht war, mich hat er doch getroffen und ich fühlte mich an manchen Stellen fast etwas an die Maschinenmenschen in "Metropolis" erinnert.
    Ich frage mich schon länger mit gewissem Unbehagen, was an den Dingen, die wir (nehme mich da nicht aus) zu benötigen scheinen, wirklich echter Bedarf oder nur künstlich erzeugter Bedarf ist. Ob ein Umdenken von Quantität zur Qualität nicht besser wäre und vielleicht sogar eine Steigerung der Lebensqualität zur Folge hätte. Ob künstlich angelegter Verschleiß und das bewusste Konstruieren von Geräten, die nicht reparierbar sind, nicht auch Protest verdienen.

  • Nachdem ich hier so hingestellt wurde, als würde ich nicht wählen gehen und überhaupt in jeder Hinsicht resigniert die Hände in den Schoß legen, wollte ich mich eigentlich aus der Diskussion hier zurückziehen.
    Aber ich stimme Salonlöwin zu 100% zu. Und die Idee mit der E-Mail an Amazon finde ich klasse. Einen Boykott finde ich kein sehr gutes Mittel und auch sinnlos, wenn nur einige wenige dies machen und dann auch noch vorwiegend Leute, die eh nur selten dort bestellen. Das bemerkt doch Amazon überhaupt nicht, wenn jemand, der eh nur 2 mal im Jahr dort bestellt, plötzlich dies nicht mehr macht. Diesen unkoordinierten Aufschrei: da bestelle ich nie wieder, finde ich nicht sehr zielführend. Besser fänd ich, wenn man z.B. im Internet auf irgendeiner Plattform, wo extrem viele Menschen unterwegs sind, gezielt sich auf einen bestimmten Zeitraum einigt und Amazon das auch wissen lässt, dass und warum für einen bestimmten Zeitraum zigtausend Menschen dort nicht mehr einkaufen, damit Amazon das überhaupt mitbekommt, dass die Menschen dort nicht mehr einkaufen wollen, wenn sich die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter nicht verbessern. So ist das doch sinnlos, wenn ein paar einzelne einfach nicht mehr dort einkaufen. Selbst wenn niemand mehr dort einkaufen würde einfach so, dann würde Amazon doch nicht flugs die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter verbessern, dieses groß verkünden und betteln: bitte, kauft wieder bei uns ein. Man streikt doch auch nicht einfach so, sondern stellt Forderungen.
    Auch wenn ich hier eh schon gelte als der Arsch, der trotzdem gerne weiter bei Amazon einkauft. Aber diejenigen, die jetzt verkünden: da kauf ich nie wieder ein!, ich find sowas heuchlerisch, denn nur indem ich dort nicht mehr einkaufe, ändert sich nichts, ich habe höchstens ein gutes Gewissen und verdränge dabei, dass vielleicht gerade durch den Umsatzrückgang sich die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter vielleicht eher noch mehr verschlechtern. Denn unorganisiert kann der Boykott von Amazon gar nicht so ausfallen( dazu gibt es sicher zu viele, die überhaupt nicht wissen, wie die Arbeitsbedingungen dort sind), dass die überhaupt merken: ok, wir müssen was ändern, sonst kauft hier keiner mehr ein.
    Jeder, der Amazon nun deswegen boykottiert, sollte es Amazon wenigstens wissen lassen, warum. Sonst ist es doch sinnlos. Ich jedenfalls werde Amazon morgen mailen.


    Und als edit: also, der Bericht der ARD ist ja schlimmer als jeder Sat1-Film-Film. Kommt ja rüber wie ein mies gemachter Fernsehfilm. Diese Betroffenheit direkt von der ersten Minute an, nur weil die armen Leute im Bus nicht immer sitzen können. Ich bin täglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs auf dem Weg zur Arbeit. Soll vorkommen, dass man dann mal nur einen Stehplatz kriegt. Diese ganze Doku ist für die Tonne. Ich rufe zusätzlich zum Boykott von Amazon zum Boykott der ARD oder gleich der Zwangsgebühren, die man für so einen Unsinn zahlen muss, auf.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Frettchen ()

  • Ich bin 9 Jahre lang 45 Minuten lang in einem überfüllten Bus zur Schule gefahren, in dem ich oft genug die ganze Zeit gestanden habe. Hätte doch mal jemand darüber einen Film gedreht... :rolleyes


    Nein, mal ehrlich, man kann die Zustände im Einzelhadel für schlimm halten (nicht nur bei Amazon), aber viele Menschen sind auf diese Arbeitsplätze angewiesen und wenn es sie nicht gäbe, ginge es ihnen wesentlich schlechter.

  • Ich finde ja, hier wird das Wort "Boykott" etwas inflationär gebraucht.


    Boykottiere ich meine Buchhandlung um die Ecke, wenn ich da nicht hingehe, weil die Buchhändlerin so eine Schreckschraube ist? Boykottiere ich Adidas, wenn ich das nicht kaufe, weil mir die Firma unsympathisch ist oder unterstütze ich sie, weil ich nicht mal gefälschtes Adidas kaufe? Boykottiere ich Nestlé, wenn ich mich weigere, Wasser (!) aus den französischen Alpen zu kaufen, wenn es im Umkreis weniger Kilometer ein Dutzend Mineralquellen gibt?


    Ansonsten ist dieses Herumgehacke auf der ard vollkommen daneben. Es soll sogar schon Tatorte gegeben haben, die lausig waren. Und Musikantenstadl, oha, dafür mein Gebühren! Fußballübertragungen, Verschwendung! Über "Das Hotel unter Palmen" wollen wir jetzt gar nicht reden. Ich schließe mich deinem überaus klugen Aufruf zum Boykott der ard an, Frettchen, klingt ja auch viel besser, als einfach mal die Glotze auszulassen.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle


    Ansonsten ist dieses Herumgehacke auf der ard vollkommen daneben. Es soll sogar schon Tatorte gegeben haben, die lausig waren. Und Musikantenstadl, oha, dafür mein Gebühren! Fußballübertragungen, Verschwendung! Über "Das Hotel unter Palmen" wollen wir jetzt gar nicht reden. Ich schließe mich deinem überaus klugen Aufruf zum Boykott der ard an, Frettchen, klingt ja auch viel besser, als einfach mal die Glotze auszulassen.


    War sowas von vorhersehbar, dass sowas kommt. Ironie rafft hier wohl selten jemand. Und ja, ich lasse die Glotze ständig aus. Muss aber trotzdem für den Mist bezahlen. Und ja, das ärgert mich. Wenn sogar Dokumentationen, für die ich zwangsweise zahlen muss, denn abmelden kann ich mich nicht, ich kann nur die Glotze auslassen, so derart mies sind.
    Und ich checke jetzt nicht ganz, ob Dein Beitrag ironisch gemeint ist. Ich erwarte bei einer Dokumentation von öffentlichen Sendern einfach auch was Sachkundiges. Dass Tatort oder Musikantenstadl mies sind, keine Frage. Aber wenn schon zwangsweise alle dafür bezahlen müssen - klar, das nicht gucken steht mir frei - sollten dann nicht Dokumentationen wenigstens gut sein?

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • Es hilft, Ironie durch einen kleinen Smilie ;-) zu kennzeichnen.


    Auch die privaten TV-Sender werden von uns finanziert. Die holen ihr Geld durch Werbung rein und die Werbekosten werden wieder auf die Preise im Einzelhandel aufgeschlagen. Nichts im Leben ist umsonst und auf Qualität hat man keinen Anspruch. :knuddel