Hiromi Kawakami - Bis nächstes Jahr im Frühling

  • Klappentext


    Noyuri und Takuya sind seit sieben Jahren verheiratet, als Noyuri erfährt, dass ihr Mann ein Verhältnis hat. Bisher war sie von ihrer Ehe wenig begeistert. Doch jetzt, als Takuya ihr die Trennung vorschlägt, erkennt sie, wie sehr sie an ihm hängt. Auf einer gemeinsamen Reise wird sich entscheiden, ob sie es wagt, auf eigenen Beinen zu stehen. Kawakami, die Meisterin atmosphärischer Liebesgeschichten, erzählt, wie eine Ehe und Liebe zerbricht. Auf lakonische Weise erzeugt sie eine große psychologische Spannung und zeigt, dass sich selbst hinter den alltäglichen Ereignissen ein menschliches Drama verbergen kann. Ein poetischer Roman aus Japan über die großen menschlichen Fragen und die Tragik falscher Entscheidungen.


    Die Autorin


    Hiromi Kawakami, 1958 in Tokio geboren, studierte Naturwissenschaften und unterrichtete Biologie, ehe 1994 ihr erster Roman erschien. Ihre Bücher wurden mit zahlreichen japanischen Literaturpreisen ausgezeichnet, und sie zählt zu den populärsten Schriftstellern Japans.


    Rezension


    Hiromi Kawakami dürfte den meisten Lesern durch ihre Romane »Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß« sowie »Herr Nakano und die Frauen« bekannt sein: beides sehr still erzählte, unaufgeregte Bücher, die handlungsarm daherkommen und sich langsam entfalten. Während das darauf folgende »Am Meer ist es wärmer« leicht surreale Elemente in eine ansonsten ähnliche Geschichte integriert, mich aber nicht ganz so begeistern konnte wie die Vorgänger, so ist der Autorin mit »Bis nächstes Jahr im Frühling« wieder ein ganz wunderbarer, knapper und entschleunigter Roman gelungen.


    Als Noyuri von einer Fremden erfährt, dass ihr Mann sie betrügt, zerbricht das Trugbild ihres geordneten, harmonischen Lebens. Wird Takuya, ihr Mann, bei seiner Geliebten Satomi bleiben? Wird er sich trennen – und wenn ja, von wem? Wird die Liebschaft einfach neben der Ehe herlaufen? Und was will und kann ich eigentlich? Auf einmal wird Noyuri nicht nur vor teilweise vollendete Tatsachen gestellt, sondern muss sich auch allerlei Fragen beantworten, bei denen es für sie gar nicht so leicht ist, darauf eine Antwort zu finden. Und so vergeht die Zeit; nicht selten leidet man ein bisschen mit und auch wegen der inaktiven, unentschlossenen, aber dennoch nicht unsympathischen Protagonistin …


    In einer flüssigen und dabei recht schlichten Sprache gelingt es Kawakami, den Leser in die Geschichte zu ziehen. Bildliche Vergleiche fehlen fast vollständig, auch sonst gibt es nur wenige Schnörkel in ihren klaren Schilderungen. Ebenso lässt sich das Set an Figuren nahezu an einer Hand abzählen. Dennoch weiß der Roman von Beginn an zu überzeugen, sofern man sich auf handlungsarme Geschichten einlassen möchte. »Bis nächstes Jahr im Frühling« ist aus der dritten Person im Präteritum erzählt; mir kam es beim Lesen aber häufig so vor, als handele es sich bei Noyuri um eine Ich-Erzählerin – man kommt dem Geschehen, gefühlt, also recht nah.


    Für mich als Ledigen war es weniger der Komplex Ehe, der mich an dem Buch faszinierte, da er emotional facettenreich durch die Figuren beleuchtet wird, sondern vielmehr eben diese Gefühlsebene: Irgendwo kann man Noyuri verstehen, einerseits möchte man sie aber auch wachrütteln, dann wieder leidet man im Stillen mit ihr.


    Ob es ein Buch für Betroffene ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Es ist aber auf jeden Fall ein Buch für alle, die schon ihre vorangehenden Romane mochten und für jene, die stille zwischenmenschliche Geschichten ohne große Aufregung schätzen, welche dazu eine japanische Grundstimmung erzeugen (Am Ende wird dazu ein dreiseitiges Glossar angefügt, in dem die wichtigsten Begriffe geklärt werden).


    Zur optischen Aufmachung lässt sich noch sagen, dass es, wie die Vorgänger, in einer vergleichsweise kleinen Schriftgröße mit schmalem Zeilenabstand daherkommt, die Seiten dabei aber nicht überfrachtet sind. Absätze sind eingerückt, sehr löblich. Einziges Manko ist lediglich das Material des Schutzumschlages. Ich weiß nicht genau, woran es liegt, aber er fühlt sich unangenehm rau an, ein wenig erinnert die Berührung schon an Schleifpapier auf Fingernägeln – brrrrrr.



    8 von 10

  • Herzlichen Dank für diese sehr aussagekräftige und interessante Rezi. Wieder ein Buch das sofort auf die Kandidatenliste zur Wunschliste wandert. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.