Trias-Verlag
ISBN-13: 9783830438519
ISBN-10: 3830438516
Fachbuch/Praxisbuch Gesundheit, Lebensführung
1. Auflage 05/2012
Softcover, 164 Seiten
Verlagsseite http://www.trias-verlag.de
Schätzungen besagen, dass mittlerweile etwa sechs bis acht Millionen Menschen hierzulande Yoga praktizieren. Mehr oder weniger gut und mehr oder weniger ausdauernd steigern sie auf diesem Weg ihr mentales und körperliches Wohlbefinden. Seit einiger Zeit gehöre ich auch dazu, habe ich doch (Hatha)Yoga (und yogische Konzepte nicht nur in Form interessanter Lektüre) für mich entdeckt. Nach Anfängerkursen übe ich mittlerweile zuhause. DVDs helfen mir dabei. Bücher ebenfalls.
Vor einigen Wochen bin ich auf das im Mai 2012 erschienene Buch Medical Yoga aus dem Programm des Trias Verlags gestoßen. Der Verlag hat mir schon mehrere sehr gut umsetzbare Bücher beschert und auch die Entscheidung für Medical Yoga - Anatomisch richtig üben hat sich, trotz kleinerer Schwächen, für mich gelohnt.
Verfasst wurde das Buch von drei Autoren, die sich seit Jahren bzw. Jahrzehnten beruflich mit der Thematik beschäftigen. Dabei verbinden sie ihr praktiziertes Wissen über die westlich-moderne Spiraldynamik® mit überlieferten fernöstlichen Yoga-Kenntnissen.
Für diejenigen, die gerade erst Neuland betreten, möchte ich kurz anmerken, dass es sich bei der von Dr. med. Christian Larsen entwickelten Spiraldynamik® um ein dreidimensionales Bewegungskonzept handelt, das sowohl vorbeugend als auch rehabilitierend angewandt wird. Ein Konzept, das anscheinend noch nicht komplett wissenschaftlich belegt ist, dass aber (wie ich von verschiedenen Bekannten weiß) wirkt. Yoga wiederum ist eine sowohl philosophische wie auch religiöse Lehre aus Indien, die eine ganze Reihe an geistigen wie körperlichen Inhalten umfasst. Nicht nur Meditation, Askese und Ansanas gehören dazu. Letztere sind Übungen, die sich auf unsere aufrechte Haltung ebenso wie auf unsere Beweglichkeit und die innere Balance auswirken. Es gibt zahlreiche Yoga-Arten, was es für Anfänger oftmals erschwert, die richtige Art für sich zu finden.
Die Autoren beschränken sich auf Hatha-Yoga, das sich besonders für Neulinge eignet, die Yoga von Grund auf richtig lernen wollen. Sie kombinieren es wie erwähnt mit Spiraldynamik®. Heraus kommt Medical Yoga, also keine vollkommen neue Yoga-Variante. Wer einen Blick auf die Seiten der Autorinnen Wolf und Hager-Forstenlechner werfen will, findet sie unter christiane-wolff.de bzw. spiraldynamik-yoga.at. Wer mehr über Spiraldynamik® nachlesen will, kann dies unter spiraldynamik.com tun.
Man merkt schnell, dass die Autoren wissen, wovon sie sprechen. Doch an der Umsetzung hapert es etwas. Das Buch variiert zwischen sehr guten Beschreibungen und oberflächlichen Passagen. Scheint sich an gut informierte Praktizierende, vielleicht sogar Lehrende, dann wieder an völlige Neueinsteiger richten zu wollen. Das ist zwar grundsätzlich nicht schlecht, aber was Praktikern zu wenig in die Tiefe gehen dürfte, ist für Einsteiger stellenweise zu viel.
Fatalerweise mussten sich die Autoren prompt den Vorwurf gefallen lassen, ins Esoterische abzudriften. Tun sie das wirklich? Ich meine mich zu erinnern, dass dies beispielsweise mit einem Zitat aus Seite 16 des Buches geschah. Neben der Harmonisierung von Tamas und Rajas, gilt es das Sattva gezielt zu kultivieren. Wer yogische Vorstellungen nicht kennt, wird natürlich wenig bis gar nichts mit diesen Begriffen anfangen können. Allerdings: Kenntnisse yogischer Konzeption sind für die Umsetzung des Buches zwar durchaus praktisch, jedoch nicht unabdingbar. Immerhin erfährt man nur eine Seite zuvor, was mit Tamas, Rajas und Sattva gemeint ist. Weitere negative Reaktionen riefen stellenweise blumige, als abgehoben bezeichnete Formulierungen hervor. Auch dem kann ich nicht wirklich folgen, empfinde ich sie doch zum Thema passend und keinesfalls abgehoben. Schließlich ist das Buch zwar in unserer Sprache abgefasst, Yoga kommt jedoch aus Indien und die indische Sprache kann sehr blumig sein. Nebenbei erwähnt halten sie sich in Grenzen.
Unabhängig davon bietet das Buch interessierten Yoga-Fans eine informative Vertiefung eigener Kenntnisse und Kurse, allein schon durch die gelungene Illustration. Wie viel Neues dann tatsächlich dabei ist, hängt natürlich davon ab, wie intensiv man sich vorab mit dem Thema beschäftigt hat. Für absolute Neulinge bietet Medical Yoga im Vorfeld, während oder nach eines Yoga-Kurses auch eine empfehlenswerte Informationsquelle bezüglich der Ausführung diverser Übungen und deren Wirkweise, die aber noch Ausbaupotenzial birgt.
Eingangs gehen die Autoren zunächst allgemein auf die Thematik ein. Das Hauptaugenmerk ziehen jedoch die auf 114 Seiten präsentierten 20 wichtigsten der eben erwähnten Ansanas und ihre 80 Übungsvariationen auf sich. Neben den hierzulande gebräuchlichen Namen findet man dort auch die Sanskritbezeichnungen. Die Variationen dienen nicht nur der Abwechslung, sondern auch der Modifikation. Zwar kann Yoga grundsätzlich von jungen und alten Menschen, Gesunden oder Kranken praktiziert werden. Doch nicht jeder kann und sollte alle Übungen machen.
Die beiden Autorinnen fungieren im Buch auch als Modelle. Während Fotos im einleitenden Buchteil der optischen Auflockerung dienen, unterstreichen sie im Übungsteil die an sich bereits gut nachvollziehbaren Übungsanleitungen. Dabei beschränken sich die Autoren nicht nur auf Außenaufnahmen des Körpers, sondern stellen diesen bei den 20 Grundübungen jeweils zusätzlich grafisch von innen dar. Auch hierzu gab es negative Stimmen, die anmerkten, dass zu wenig auf die Körperbau-Lehre eingegangen wird. Wer einen detaillierten Anatomiekurs erwartet, sollte also die Finger vom Buch lassen. Oder sich vor Augen führen, dass dies den Rahmen der 164 Seiten einfach sprengen würde. Ich persönlich finde die Darstellung genauso ansprechend wie verständlich-interessant gelungen.
Die Einzelübungen sind in Funktionskapitel eingeteilt. Hinzu kommen, ebenfalls funktional unterteilt, noch Übungsabfolgen für Becken, Hüften, Rücken, Brustkorb, Knie, Schultern und zur Entspannung. Diese Sequenzen beinhalten zwischen fünf und sechs der Einzelübungen.
Wie gesagt können nicht alle Übungen von allen problemlos gemacht werden. Welche Übung zumindest grundsätzlich für bzw. gegen ein bestimmtes Beschwerdebild gemacht werden kann, ergibt sich aus einer dreiseitigen Tabelle ab Seite 156. Sie nennt Ansanas und geht auf Indikationen aber auch Kontraindikationen ein. Gleich im Anschluss findet sich eine weitere Tabelle, die das ganze umdreht und verkürzt Beschwerden und passende Ansanas anführt.
Fazit:
Ein Mischung aus Fachbuch und Praxisbuch für interessierte Laien. Trotz interessant gestalteter, guter Aufmachung ist Medical Yoga nicht zu 100 Prozent gelungen. Wie angedeutet, dürfte es Profis nicht genug in die Tiefe gehen, für Laien jedoch gewisse Stolpersteine beinhalten. Ob man grundsätzlich, wie der Untertitel verspricht, damit anatomisch richtig üben kann, mag dahin gestellt sein. Das hängt mit Sicherheit von der gesunden Selbsteinschätzung ebenso wie von biologischer Individualität und dem persönlichen Übungsstand ab. Doch der Weg zum anatomisch richtigen Üben wird mit diesem Buch sicherlich nicht nur absoluten Neulingen etwas geebnet. Insgesamt lassen sich die Ansanas samt Variationen gut nachvollziehen, sodass ich (als interessierter Laie) das Buch als Bereicherung für mich empfinde und ihm vier von fünf Punkten geben möchte.
Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)