Amber wohnt in einer deutschen Kleinstadt, zusammen mit ihrer Mutter. Als ihre Mutter an Krebs erkrankt und stirbt, muss Amber dank einer Verfügung zu ihrem Vater nach San Francisco ziehen. Amber ist alles andere als begeistert und fängt an, die Tage bis zu ihrer Volljährigkeit zu zählen. Denn an dem Tag, das weiß sie ganz genau, wird sie wieder nach Deutschland zurückkehren.
Obwohl sich Ambers Vater Ted nach seinen Kräften um sie bemüht, fühlt sich Amber zunächst sehr einsam in San Francisco. Wäre da nicht dieses Haus, das sie irgendwie magisch anzieht. Als sie nach einem Überfall in das Haus flüchtet, kommt es ihr wie ein Zuhause vor und sie fängt an, Sachen zu deponieren, zu putzen und ihre Nachmittage dort zu verbringen.
Eines Nachmittags jedoch begegnet ihr im Haus ein Junge – Nathaniel. Zuerst skeptisch, aber dennoch neugierig beginnt Amber mit Nathaniel zu reden. Es entwickelt sich eine Freundschaft, doch etwas ist seltsam. Nathaniel bewahrt Distanz zu Amber, obwohl sie sich in den Gesprächen schon sehr nahe sind. Was stimmt mit Nathaniel nicht?
Als Amber eines Tages selbst versucht die Initiative zu ergreifen und Nathaniel versucht anzufassen und zu umarmen, greift sie durch ihn hindurch. Da gesteht Nathaniel ihr, dass er eine verlorene Seele – ein Geist – ist, der dazu verdammt ist, seine Vergangenheit zu bereuen, ehe er auf die andere Seite gehen darf. Doch Nathaniel kann nicht bereuen, denn er kann sich an seine Vergangenheit nicht mehr erinnern. Kann Amber ihm helfen? Und wie kann ihre Liebe je funktionieren?
Ich kenne alle Romane der Autorin, die bisher erschienen sind. Mit diesem Buch wagt sich die Autorin auf einen neuen Weg und in ein ganz anderes Genre vor. Waren bisher vor allem die historischen Romane ihr Steckenpferd, so versuchte sie sich jetzt an einem Fantasyroman für jugendliche Leser.
Auf das Buch habe ich mich sehr gefreut. War ich doch neugierig, wie die Autorin die brisante Thematik Tod und die Zeit danach anging.
Vom Klappentext her, erwartet man als Leser gleich den Einstieg bei Amber und Nathaniel sowie einer heißen vergeblichen Liebesgeschichte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Ganz ruhig und sanft wird zuerst die Geschichte von Amber, ihrem Umzug nach San Francisco, die erste Zeit mit ihrem Vater Ted und die ersten Tage an der neuen Schule erzählt.
Dabei erzählt Amber selbst in der ich-Form. Auch von ihren Empfindungen und Gefühlen, während der Zeit als ihre Mutter so schwer erkrankte und wie sie sich nach dem Umzug fühlt. Der Leser wird Teil der Geschichte und leidet mit Amber mit. Es ist ein sehr trauriger, emotionaler Einstieg, der fesselt und die Hoffnung aufkeimen lässt, dass es besser wird, wenn Amber erst einmal in San Francisco angekommen ist und neue Freunde gefunden hat.
Erst nach rund 100 Seiten kommt Nathaniel dazu. Zaghaft, wie Amber selbst, lernt der Leser Nathaniel erst langsam kennen und lieben. Dabei bekommt Nathaniel seine eigene Stimme verliehen, indem er auch in der ich-Form in kursiver Schrift selbst erzählen kann.
Die Charaktere sind sehr bildhaft und ausdrucksstark beschrieben. Sowohl Amber, Ted, Nathaniel, aber auch die Freunde von Amber kann man sich gut vorstellen und ihre Handlungsweisen nachvollziehen. Nach und nach wachsen dem Leser nicht nur die beiden Protagonisten ans Herz, sondern auch die Menschen in Ambers Leben. Gerade bei Amber ging es mir so, dass ich sie manches Mal am liebsten in den Arm genommen und getröstet hätte. So musste ich jedoch zusehen, wie sie ihren Weg in Amerika mühevoll selbst sucht und findet.
Am Schreibstil der Autorin merkt man direkt, dass sie nicht nur vor Ort in San Francisco war. Nicole C. Vosseler hat sich offensichtlich regelrecht in diese Stadt verliebt. Denn mit viel Liebe zum Detail und der Wortwahl lässt sie die Stadt vor den Augen des Lesers bunt und schillernd erstehen. Selbst die Eigenarten und Lesensweise der Amerikaner werden beleuchtet und bildhaft dem Leser nahegebracht.
Obwohl die Autorin im zweiten Satz des Prologs schreibt, dass Amber sterben wird, ist man von der Geschichte so gefesselt, dass man dennoch auf ein gutes Ende für Amber hofft.
Die Geschichte beinhaltet viele Wendungen, Geheimnisse und Spannungspunkte. Die Autorin gewährt dem Leser aber auch Auszeiten, in denen er zur Ruhe kommen und nachdenken kann. Gerade die Sitzungen bei der Psychologin von Amber, die ihr helfen sollen, ihre Vergangenheit zu verarbeiten, stellen deutlich eine Ruhepause dar, ehe es wieder aufregend weitergeht.
Der Spannungsbogen nimmt im letzten Drittel des Buches noch einmal gewaltig zu, ehe die Autorin die Geschichte sanft und ruhig ausklingen und nachhallen lässt.
Sprachlich ist das Buch in der heutigen Sprachgebung geschrieben und daher einfach und leicht lesbar.
Das Buch hat eindeutig den Charakter eines Pageturners und ich habe es sehr bedauert, Amber und ihre Freunde verlassen zu müssen.
Fazit:
Ein tiefgründiger, spannender, aber auch emotional mitreißender Roman, der nicht nur junge Leser begeistern wird.