Die Leute, die sie vorübergehen sahen von Scott Bradfield

  • Über das Buch:


    Die Dreijährige Sal Jensen wird entführt. Doch das Leben bei ihrem neuen Daddy ist erst der Beginn einer seltsamen, atmosphärisch dichten Reise. Selbstständig beginnt Sal, auf der Suche nach einem Zuhause, von Haushalt zu Haushalt zu wandern und begegnet dabei den absonderlichsten Individuen: dem wortkargen Waschsalon Besitzer, der abgehalfterten Vermieterin, einem altjungen Mann … Unsentimental und philosophisch heiter kommentiert Sal diese narzisstische Erwachsenenwelt. Scott Bradfield ist mit seinem neuen Roman ein großer Wurf gelungen. Die Entführung Sals ist keine Opfergeschichte, sondern ein sezierender, weiser, oft auch humoristischer Blick auf die amerikanische Gesellschaft. Mitreißend bis zur letzten Seite!



    Über den Autor:
    Scott Bradfield, 1955 in Kalifornien geboren, studierte amerikanische Literatur in Irvine, California. Heute lebt er in London und Connecticut, wo er an der University of Storrs unterrichtet


    Meine Meinung:
    Einerseits ist dieses Buch ein Meisterwerk, die Gedanken und Gefühle und die Distanz der kleinen Sal kommen so klar aus diesem Text raus, als wäre man selbst dabei, als begleite man selbst dieses kleine Mädchen bei seiner Odyssee bis es letztlich wieder dort ankommt, wo es hingehört.
    Aber gehört es dorthin?
    Der Text wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet, er ist sicherlich nichts für Leser, die eine in sich abgeschlossene Geschichte präsentiert haben wollen, die ein Happy End brauchen. Er ist eher etwas für Menschen die genau das nicht wollen, die ein wenig depressiv auf unsere Welt schauen wollen und die in der Lage sind auch aus Fragmenten eine Geschichte zusammen zu bauen.
    So wirklich wissen, was mit Sal passiert ist oder passieren wird oder sollte oder könnte, tut der Leser nämlich am Ende nicht. Im Gegenteil, die Zweifel an dem, was man da gelesen und gedacht hat werden immer größer.
    Wie gesagt sprachlich und stilistisch ein Meisterwerk, ganz sicher.
    Emotional ein ziemlicher Reinfall, denn mir geht es nach der Lektüre dieses Buches schlecht. Ich habe einen Blick auf unsere Gesellschaft gewonnen, den ich nicht haben wollte und den ich bei dem Buch nicht erwartet habe.
    Außerdem zog es sich an mancher Stelle dann doch ein wenig in die Länge und hier und da bleibt es auch mir unverständlich, was genau der Autor denn nun ausdrücken will.
    Trotzdem, wer Bücher mit Tiefgang, intellektuellem Anspruch mag und der sich nicht scheut auch ein Leseexperiment einzugehen, für den wird dieses Buch genau das Richtige sein.