Klappentext:
Louisiana, 1859. Anabell Arceneaux führt das behütete Dasein einer jungen Südstaatenlady, bis das Familiengut eines Tages zerstört wird und sie mit ihrem Vater nach Kalifornien auswandern muss. Zurück bleibt ihr Verlobter Lewis, der ihr nachzukommen verspricht. Doch ihr neues Leben im Land der Träumer und Goldgräber fordert seinen Tribut und hält einen schweren Schicksalsschlag für sie bereit …
Meine Meinung:
'Der Duft des Weißen Salbei' erzählt die Geschichte der jungen Anabell Arceneaux, die behütet aufwächst, jedoch nach einem schweren Schicksalsschlag mit Facetten des Lebens konfrontiert wird, die ihr gesamtes Wertesystem in Frage stellen.
Nach ihrer Rückkehr auf die prachtvolle Südstaatenplantage ihres Vaters lernt sie zunächst Lewis kennen, einen attraktiven und charmanten jungen Mann, der ihr den Hof macht. Nur eines legt einen Schatten über ihr zukünftiges Glück. Anabell, die zu den schwarzen Sklaven auf der Plantage stets ein familiäres Verhältnis pflegte und von einen starken Gerechtigkeitssinn sowie ausgeprägter Empathie für andere Menschen getrieben wird, beginnt zu ahnen, dass ihr Vater, ebenso wie die anderen Plantagenbesitzer, die Schwarzen eher als Vieh, denn als Menschen wahrnimmt und ihnen entsprechende Behandlung angedeihen lässt. Doch bevor dieser Konflikt sich vollends ausformen kann, passiert eine Katastrophe, die alles andere in den Hintergrund schiebt: Ein Feuer vernichtet die Plantage und zwingt Anabell und ihren Vater, sich ein neues Leben aufzubauen. Sie ziehen nach Kalifornien, zu dieser Zeit ein fernes, gelobtes Land, in dem alles möglich zu sein scheint.
Doch noch bevor sie ihren neuen Grund erreichen, machen sie Bekanntschaft mit kriegerischen Indianern, die ihren Konflikt mit den weißen Siedlern gnadenlos mit Waffen austragen. Und bald erkennt Anabell, wie gerechtfertigt der Kampf der Indianer ist und wie heuchlerisch der Anspruch der weißen Missionare und Landräuber. Zuerst unfreiwillig, dann mit zunehmender Faszination taucht sie ein in eine Welt, die sie nie zuvor sah...
Erin Hamiltons Roman über den Zusammenprall der weißen Siedler mit den indianischen Ureinwohnern zur Zeit des kalifornischen Goldrauschs sticht aus der Masse der derzeit erscheinenden Sehnsuchtsstoffe hervor, weil er weit über die für dieses Genre übliche Sehnsuchtsromantik hinausgreift und die Seite der Indianer in diesem Nordamerika so prägenden Konflikt mit Leidenschaft und Faszination beleuchtet. 'Der Duft des weißen Salbei' ist schwelgerisch und schön und macht Lust auf das Land, aber er ist auch brutal und grausam und eindringlich in den Momenten von Zerstörung und Verlust. Durch die Augen von Anabell, für die Verhältnisse ihrer Zeit ungemein gebildet und liberal, eröffnet sich dem Leser eine fremdartige Welt, in der sich Wärme in unerwarteten Momenten findet. Diese Welt wird fühl- und erlebbar durch eine Fülle von Details, die liebevoll und mit großer Sachkenntnis recherchiert sind. Man spürt das größere Anliegen in diesem Roman, eine Geschichte, die größer ist als nur die Romanze zwischen zwei unterschiedlichen Menschen. Der Brückenschlag, der von schwüler Südstaaten-Üppigkeit über weite Präriesteppen und das Wildwest-Milieu Kaliforniens bis hin in die naturnahe und mystische Welt der indianischen Ureinwohner reicht, ist in dieser Art durchaus ungewöhnlich, funktioniert aber sehr gut.
Hinter dem Pseudonym Erin Hamilton verbirgt sich übrigens die Autorin Rebekka Pax, die hier abseits von bekannten (UrbanFantasy)Gefilden schreibt, und von der als Rebecca Maly bereits das Neuseeland-Epos 'Im Tal des Windes' erhältlich ist.
Das Buch ist in einem leichtgängigen Tonfall erzählt, der die Momente, in denen Frohsinn umschlägt in Tod und Gewalt, umso schockierender hervortreten lässt. 'Der Duft des weißen Salbei' ist eine gelungene Balance zwischen spannender Unterhaltung, historischem Kontext und einem Blick auf Facetten der indianischen Kultur, die weit über das Cowboy-und-Indianer-Klischee hinausreichen.
Absolut empfehlenswert!