Öffne die Augen - Franck Thilliez

  • Klappentext
    Lucie Henebelle, Ermittlerin bei der Kriminalpolizei in Lille, erhält eines Nachts einen mysteriösen Anruf eines Freundes: Er ist voller Panik, denn der leidenschaftliche Filmsammler hatte einen alten Streifen betrachtet – und ist nun vollständig erblindet. Als Lucie den Film selbst in Augenschein nimmt, stößt sie auf verstörende Bilder, deren Botschaft sie nicht entschlüsseln kann. Sie bittet Claude Poignet, einen Restaurator alter Filme, um Hilfe – doch der wird wenig später ermordet aufgefunden. Etwa zur gleichen Zeit trifft Kommissar Sharko am Schauplatz eines grausigen Leichenfundes ein: Fünf Männer sind am Ufer der Seine entdeckt worden, ihnen allen wurde das Gehirn entnommen. Lucie und Sharko ermitteln, und schnell wird klar, dass es einen diabolischen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen gibt.




    Der Autor
    Franck Thilliez, geb. am 15.10.1973, ist Ingenieur und auf neue Technologien spezialisiert. Er lebt irgendwo in Nordfrankreich.




    Das Buch beginnt gleich spannend: ein Fan alter Filme ersteht bei einem Privatkauf einige alte Filmrollen, darunter ein unbeschrifteter Film. Als er ihn anschaut, passiert etwas merkwürdiges: er erblindet. Er kann einen Anruf mit seinem Handy machen und erwischt seine Exfreundin Lucie, die zufällig Polizistin ist. Lucie hat eigentlich Urlaub, dazu liegt eine ihrer Töchter gerade im Krankenhaus. Aber Lucie ist auch mit Leib und Seele Polizistin, und deswegen lässt sie dieser Fall nicht los. Schon bald findet sie mit Hilfe eines alten Filmrestaurators heraus, der der Film Subliminale enthält, also einzeln in den Film einkopierte, verstörende Bilder, die das Auge nicht bewusst wahrnimmt, aber unterbewussst doch vom Hirn verarbeitet werden. Schon bald passieren weitere Morde und Lucie lernt Sharko kennen, der von einer anderen Seite an diesem Fall arbeitet. Sharko, der an Schizophrenie leidet, und Lucie beginnen, immer tiefer in die sich ihnen eröffnende Thematik der menschlichen Manipulation einzudringen.


    Der Autor hat sich da ein wirklich spannendes Thema ausgesucht. Subliminale, bekannt z.B. aus dem Film "Fight Club", weden z.T. wirklich in der Werbung eingesetzt. Sie wecken in uns unbewusst Wünsche und Empfindungen. Hier geht es um viel mehr, um Experimente an Menschen, um direktes Eingreifen in menschliches Empfinden. Das ist eine wirklich interessante und auch beängstigende Sache, und man kann viele Begriffe, die der Autor verwendet, nachschauen und googeln.


    In der ersten Hälfte ist das ungeheuer spannend zu lesen. Das Thema und wie der Autor es verarbeitet, ist wirklich viel zu interessant, um ein Kritikpunkt zu sein. Ich habe mich leider viel mehr an dem Schreibstil des Autors gestört. Zum einen erklärt er unheimlich gerne. Dabei ist er leider etwas ungelenkt und hölzern, vor allem in seiner Figurenzeichnung und bei den Dialogen. Lucie, alleinerziehende Mutter von Zwillingen, von der die eine schwer erkrankt im Krankenhaus liegt, ist fiebrig damit beschäftigt, den Fall zu lösen. Kaum ist sie bei iher Tochter, zieht es sie weg. Ihre zwischendurch vorgebrachten Sorgen, das sie sie doch recht viel alleine lässt, klingen da wie reine Lippenbekenntnisse. Sharko ist etwas vielschichtiger, er hat eine ausgewachsene Psychose, die er mit Medikamenten in Schach hält. Trotzdem kann auch er als plastische Figur nicht so recht überzeugen. Sobald Sharko und Lucie sich kennenlernen, kommt irgendwie ein Sandkorn in den Erzählton. Wie ich schon sagte, krankt es ein wenig an den Dialogen, sie sind meistens sehr hölzern, sehr pathetisch, sehr gestellt. Wenn die beiden Figuren sich unterhalten, klingt es für mich einfach nicht natürlich. Von dem gestelzten Umschreiben der einzigen kurzen Liebesszene in dem Buch ganz zu schweigen.


    Fazit: interessantes Thema, über weite Teile auch spannend und interessant, allerdings empfinde ich den Schreibstil des Autors als zu ungeschmeidigt, um mich weiter mit seinen Bücher zu beschäftigen. Es gibt wohl schon andere Bücher mit den Hauptakteuren, die aber hier wohl zum ersten Mal zusammentreffen. Und dem Ende nach zu urteilen gibt es wohl auch eine Fortsetzung.


    Ich bin ein wenig hin- und hergerissen, ob ich dem guten Thema oder dem hölzernen Schreibstil bei meiner abschließenden Bewertung den Vorzug geben soll. Da alle Kritiken, die ich bisher las, durchweg gut waren, bin ich wohl mal wieder einfach mäkelig. 7 Punkte von mir.

  • Ich hänge mich noch einmal an mit einer Frage, falls sie jemand liest, der Thilliez kennt.
    "Öffne die Augen" habe ich damals nicht ausgelesen, es gefiel mir stilistisch nicht, aber ich kann das nicht belegen, weil ich das Buch nicht mehr habe.
    Aktuell habe ich mir jetzt "Monster" aus der Onleihe geholt, weil ich dachte, ich gebe Thilliez nochmal eine Chance (da es von Grangé ja nix Neues gibt, sein neues Buch ist auf Deutsch noch nicht zu haben ...).


    "Monster" gefällt mir, und ich verstehe jetzt auch, wie die Vergleiche mit Grangé zustande kommen. Das Buch ist über den reinen Krimiplot hinaus hochinteressant (wenn auch die Erklärungen zur Laktoseintoleranz ungenau und z.T. falsch sind).
    Was ich gern wüsste: Ich habe etwas über die Hälfte gelesen und komme gut zurecht. Jetzt sehe ich, dass bei den Amazon-Rezensionen behauptet wird, man bräuchte "Monster" gar nicht anzufangen, wenn man "Öffne die Augen" nicht kennt. Ja nun, ich kenn es nicht. Muss ich jetzt "Monster" erst mal auf Eis legen und doch noch den Vorgängerband lesen, oder kann ich weitermachen? Ich habe die Kenntnis von "Öffne die Augen" bisher nicht vermisst.


    Grüße von Zefira