Der Feind meines Vaters - Almundena Grandes

  • Carl Hanser Verlag
    2013
    übersetzt aus dem Spanischen von Roberto de Hollanda


    Kurzbeschreibung:
    Nino, das Kind eines Polizisten der Guardia Civil, ist neun und lebt in einem Dorf in Andalusien. Im Sommer 1947 lernt er den geheimnisvollen Pepe kennen, der sein Freund und Vorbild wird. Mit ihm entdeckt er seine Leidenschaft für die Abenteuerromane von Jules Verne. Doch was hat Pepe mit dem Freischärler Cencerro zu tun, der in den Bergen gegen die Franco-Diktatur kämpft? Nino gerät mehr und mehr selbst in ein Abenteuer und muss sich entscheiden, auf wessen Seite er steht. Almudena Grandes, „eine der besten Autorinnen unserer Zeit“ (Mario Vargas Llosa), erzählt die Geschichte einer gefährlichen Freundschaft, die „stärker ist als die Liebe“. Ein Meisterwerk voller Lebenskraft und Poesie.


    Über die Autorin:
    Almudena Grandes, 1960 geboren, gehört zu den wichtigsten und erfolgreichsten spanischen Autorinnen der Gegenwart. Ihre Bücher sind in mehr als 20 Sprachen übersetzt worden. Für ihr bisheriges Gesamtwerk erhielt sie u.a. den Premio Julián Besteiro. 2011 wurde ihr Roman Inés y la alegría mit dem Premio Sor Juana Inés de la Cruz ausgezeichnet.


    Über den Übersetzer
    Roberto de Hollanda übersetzte u.a. Rod Rees, Eugenio Fuentes, Jose Luis Sampredo, Rodrigo Rey Rosa, Alberto Vázquez-Figueroa, Adam Haslett, Nicholas Christopher, Tom Robbins und auch Das gefrorene Herz von Almudena Grandes.


    Mein Eindruck:
    Ein anspruchsvoll wirkender Roman mit wichtigen Themen, erschienen im Hanser-Verlag. Die Autorin klingt so interessant, dass ich auch gleich ihre anderen Bücher bestellen möchte.
    Das passiert das überraschende: Der Roman liegt mir überhaupt nicht.
    Mein Haupteinwand liegt in der uninspirierten Sprache der Autorin, die mir so vorkommt als bliebe sie nur an der Oberfläche, ohne Intensität und Tiefe.
    Während des Lesens habe ich mir wiederholt gewünscht, der portugiesische Schriftsteller Antonio Lobo Antunes hätte diesen Roman geschrieben, er hätte ihm Schärfe und entsprechende Bedeutung verliehen.
    Dabei meidet Almudena Grandes nicht unbedingt die Härten, schließlich ist ihre Hauptfigur, der 10jährige Nino, der Sohn eines der Täter in den Nachwirkungen des spanischen Bürgerkrieges in den Jahren 1947-1949. Es ist die Zeit der Franco-Diktatur.
    Sein Vater ist bei der Civil Guardia, die mit größter Brutalität vorgehen. Oppositionelle werden ermordet (meist von hinten erschossen) oder gefoltert, ihre Schmerzenschreie hört sogar der kleine Nino, und das prägt ihn.
    Dennoch schafft es die Autorin leider nicht, ihre Figuren dem Leser nahezubringen. Sie sind nicht gut angelegt, der Vater zum Beispiel bleibt das ganze Buch hindurch schemenhaft.
    Auch der Mythos um den Freiheitskämpfer, der schließlich mit der Aufhänger des Romans sein soll, bleibt nebulös. Schade, so hätte man diese Motive auch weglassen können.
    Mich wundert es, dass Nino als Hauptfigur so schwach funktioniert, da Ninos Geschichte dem Leben eines Freundes der Autorin entspricht. Von ihm hat sie die Geschichte authentisch erfahren. Die Handlung ist im Prinzip auch glaubwürdig, aber ich vermisse manchmal schlüssige Details. Die Figuren verhalten sich deshalb aus meiner Sicht willkürlich, sie erfüllen leider sogar Klischees, z.B. Pepe, der Portugiese.


    Da mir aber letztlich keine der Passagen des Romans gefällt und Rezensionen aus Zeitungen eher positiv ausfallen, liegt das Missvergnügen an diesem Roman vielleicht auch an mir.
    Wenigstens eine Zeitung hat auch die störenden Abschweifungen erwähnt.
    Ich gebe dem Roman max. 4,5 Punkte (von 10 versteht sich!!).


    ASIN/ISBN: 3446241256

  • Herzlichen Dank für diese Buchvorstellung. Über diese Buch habe ich gerade in der taz vom heutigen Sonnabend eine Rezension gelesen. Sie war durchaus positiv. Deine Rezi aber macht mich skeptisch - denn gerade im Gegensatz zu sehr vielen Presseurteilen über ein Buch, die oftmals den Eindruck machen, der Rezensent hat das Buch überhaupt nicht gelesen, kann ich mich auf deine Einschätzungen immer verlassen.


    Langer Rede kurzer Sinn: Das Buch wird erst einmal nicht beschafft.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Auweh, das Buch liegt auf meinem Sub, ich hatte bis dato nur positives davon gehört und mich schon auf die Lektüre gefreut.
    Deine Rezension macht mich jetzt aber skeptisch :gruebel


    irritierte Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Almudena Grandes: Der Feind meines Vaters
    Carl Hanser Verlag 2013. 400 Seiten
    ISBN-13: 978-3446241251. 19,90€
    Originaltitel: El lector de Julio Verne
    Übersetzer: Roberto de Hollanda


    Velagstext
    Nino, das Kind eines Polizisten der Guardia Civil, ist neun und lebt in einem Dorf in Andalusien. Im Sommer 1947 lernt er den geheimnisvollen Pepe kennen, der sein Freund und Vorbild wird. Mit ihm entdeckt er seine Leidenschaft für die Abenteuerromane von Jules Verne. Doch was hat Pepe mit dem Freischärler Cencerro zu tun, der in den Bergen gegen die Franco-Diktatur kämpft? Nino gerät mehr und mehr selbst in ein Abenteuer und muss sich entscheiden, auf wessen Seite er steht. Almudena Grandes, „eine der besten Autorinnen unserer Zeit“ (Mario Vargas Llosa), erzählt die Geschichte einer gefährlichen Freundschaft, die „stärker ist als die Liebe“. Ein Meisterwerk voller Lebenskraft und Poesie.


    Die Autorin
    Almudena Grandes, 1960 geboren, gehört zu den wichtigsten und erfolgreichsten spanischen Autorinnen der Gegenwart. Ihre Bücher sind in mehr als 20 Sprachen übersetzt worden. Für ihr bisheriges Gesamtwerk erhielt sie u. a. den Premio Julián Besteiro. 2011 wurde ihr Roman "Inés y la alegría" mit dem Premio Sor Juana Inés de la Cruz ausgezeichnet.


    Inhalt
    Nino rückte als Neunjähriger in die Gruppe der "Großen" auf, als ihm seine Mutter aus einer Glas-Pfandflasche und einer dicken Stoffpolsterung eine Wärmflasche fertigte. Den "Kleinen" vertraute man in Ninos andalusischem Dorf noch keine kostbare Glasflasche an, sie brachten im Winter jeden Morgen einen aufgeheizten Stein mit in die Schule, damit er ihnen im eisigen Klassenzimmer die Füße wärmte. Nino ist das mittlere Kind eines Guardia Civil Polizisten zur Zeit der Franco-Diktatur im Spanien der Nachkriegszeit. Die Familie lebt in der Polizei-Kaserne, Wand an Wand mit den Räumen, in denen Gefangene gefoltert und Frauen vergewaltigt werden. Die Eltern erklären ihren Kindern die unheimlichen Geräusche damit, dass die Kollegen des Vaters nachts Filme sehen würden. Später einmal wird Nino die schwierige Situation seiner Mutter verstehen, die täglich den verwitweten Nachbarinnen in die Augen sehen muss, deren Männer als Unterstützer der "Roten" von ihrem Mann und dessen Kollegen "auf der Flucht erschossen" oder zu Tode gequält worden sind. Ninos Vater hätte seinen Sohn gern ebenfalls einmal im Polizeidienst versorgt gewusst. Doch Nino wächst so langsam, dass die paramilitärische Guardia Civil ihn vermutlich nicht einstellen wird. Der Vater lässt Nino privaten Schreibmaschinenunterricht geben, damit er zukünftig wenigstens damit seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Zwei Erwachsene geben in der beschriebenen Zeitspanne von zwei Jahren Ninos Leben wichtige Impulse: seine Schreibmaschinen-Lehrerin, die mehrere Obstkisten voller Bücher besitzt und freigiebig an Nino verleiht, und Pepe, "der Portugiese", ein Fremder im Dorf, mit dem Nino sich anfreundet. Der Junge selbst erlebt die Ereignisse wie eine Reihe von Abenteuern. Wie Nino hinter den Notlügen seiner Eltern zum Schutz der Kinder allmählich erkennt, wo quer durch das Dorf und mitten durch die Familien die Linie zwischen Freiheitskämpfern und Polizei verläuft, beschreibt die spanische Autorin sehr berührend. Für den erwachsenen Leser sind ähnlich Kassibern für die Aufständischen in den Bergen in der Abenteuergeschichte zusätzliche Botschaften enthalten u. a. zur Rolle des Vaters, der um seine Familie zu ernähren nur die Möglichkeit hat, Befehle eines Unrechtssystems auszuführen.


    Fazit
    Für einen in der Ichform erzählten Roman aus der Sicht eines Neunjährigen überlädt Almudena Grandes ihre Handlung mit zu vielen Details, für die sich ein Grundschüler in Ninos Lebensumständen vermutlich kaum interessiert hätte. Ein extremes Beispiel dafür findet sich auf Seite 311, wo Nino als Elfjähriger (!) über Liebe, Ehe, Schuld, Ehre und Vaterland monologisiert. Die unglaubwürdige Erzählperspektive ist umso verwunderlicher, weil Almudena Grandes sonst exakt beachtet, welche Informationen Nino zu einem bestimmten Zeitpunkt bekannt sein können und wie er sie aus seiner kindlichen Perspektive interpretiert. Der erwachsenen Leser dagegen kann aufgrund von Ninos Beobachtungen entscheidende Schlüsse viel früher ziehen als der jugendliche Erzähler selbst. Trotz der misslungenen Perspektive bietet der Roman, zu dem die Autorin durch die Kindheitserlebnisse eines Freundes angeregt wurde, neben stimmungsvollen Landschaftsbeschreibungen einen lebendigen historischen Hintergrund, liebenswerte Figuren und eine glaubwürdige Schilderung der Lebensumstände in einem spanischen Bergdorf der 40er Jahre.


    7 von 10 Punkten