Nach einer großen Katastrophe, die die meisten Menschen getötet hat, wächst Eve zusammen mit vielen anderen Mädchen, die auch keine Familie mehr haben, in einem Wohnheim auf, wo sie unterrichtet und versorgt werden. Die Welt außerhalb kennen sie nicht, denn sie ist gefährlich und bisher hat sich auch noch kein Mädchen aus dem Bereich der Schutzmauern herausgewagt. Bis zur zwölften Klasse üben sich die Mädchen in Fleiß und Gehorsam, wobei die Lehrerinnen ein besonderes Augenmerk auf die körperliche Gesundheit der jungen Frauen haben. Nach der Schulzeit dürfen sie zu einem entfernt und durch einen See getrennt liegenden Wohnheim wechseln, in dem die älteren Mädchen ihre Berufe lernen, bevor sie in die Stadt des Königs entlassen werden. Eve steht kurz vor dem Abschluss und träumt wie die anderen Mädchen von ihrer Zukunft. Sie ist die beste Schülerin ihres Jahrgangs und darf am nächsten Tag die Abschlussrede halten.
Als Eve jedoch Arden, ein eher unangepasstes Mädchen, dass sich durch ihr Verhalten und ihre Erzählungen meist selbst ausgeschlossen hat, bei ihrer Flucht überrascht, öffnet diese ihr zum ersten Mal die Augen und erzählt ihr, was tatsächlich in dem anderen Wohnheim mit ihr geschehen wird. Eve kann dies zunächst gar nicht glauben, doch der Zweifel ist gesät und so bricht sie nachts auf, um sich selbst zu überzeugen. Voller Entsetzen entdeckt sie dabei, dass alles, was Arden gesagt hat, stimmt. Die älteren Mädchen liegen in einem großen Saal an Feldbetten gefesselt und die meisten sind hochschwanger! Sie sollen mehr oder weniger am Fließband Nachkommen produzieren, damit die Bevölkerungsanzahl wieder wächst! Eve ist völlig entsetzt, eilt panisch zurück zu ihrem Schlafsaal und beabsichtigt ebenfalls die sofortige Flucht gemeinsam mit ihrer besten Freundin. Doch ehe sie diese wecken kann, wird sie von einer der Lehrerinnen erwischt, die ihr - und nur ihr - die Flucht ermöglichen will. Doch kann sie ihr wirklich vertrauen? Und muss sie sich dort draußen - so wie man es ihr beigebracht hat - wirklich vor wilden Tieren und Männern fürchten? Was wird sie erwarten?
"Eve und Caleb - Wo Licht war" ist der Auftakt einer neuen dystopischen Reihe von Anna Carey und ist im Loewe Verlag erschienen. Die Geschichte wird aus der Sicht von Eve erzählt, die bisher mit ihrem Leben eigentlich sehr zufrieden war und an den Regeln und Grenzen, die sie umgeben, nicht gezweifelt hat. Doch ihr Weltbild stürzt sehr schnell zusammen, als sie sich vergewissert, dass das, was Arden erzählt hat, auch tatsächlich der Wahrheit entspricht. Ich konnte ihr Grauen förmlich spüren, das sie beim Anblick der gefesselten, älteren Mädchen erfasst hat. Und der Gedanke mein Dasein nur als eingesperrtes Zuchtvieh fristen zu müssen, hat auch mich sehr verstört. Anna Carey hat es hier mit wenigen Worten geschafft, mich zu berühren und damit gleich zum Anfang eine Verbindung zu Eve aufzubauen.
Leider war die Autorin aber nicht in der Lage dies zu halten. Im weiteren Verlauf der Geschichte hätte ich mir mehr Entwicklung für Eves Charakter gewünscht, die zu Beginn als sehr intelligentes und einfühlsames Mädchen beschrieben wird. Verständlicherweise ist es für Eve nicht leicht, der jahrelangen Programmierung durch die Schule zu entkommen, aber gerade in dem Bereich hat die Autorin meiner Meinung nach soviel Potential verschenkt, dass ich einfach keine kontinuierliche Sympathie für Eve aufbringen konnte.
Die weiteren Charaktere des Buches bleiben nach meinem Eindruck ebenfalls eher oberflächlich und einige verschwinden leider viel zu schnell von der Leseoberfläche. Lediglich Arden mit ihren Ecken und Kanten konnte mich überzeugen. Nichtsdestotrotz finde ich die Idee hinter der Dystopie sehr interessant und bin auch neugierig darauf, wie sich die Geschichte weiter entwickeln wird. "Eve und Caleb - Wo Licht war" ist ein interessanter Beginn einer Dystopie, der mich bisher noch nicht so ganz überzeugen konnte, aber durchaus eine Menge Potential hat, so dass ich die Fortsetzung gespannt erwarte.