Titel im Original: Disguise
Kurzbeschreibung:
Zeit seines Lebens ist sich Gregor Liedmann nicht sicher, ob er der leibliche Sohn seiner Eltern ist oder nur ein Findelkind, eine Flüchtlingswaise, an Kindes statt angenommen in den Wirren des Zweiten Weltkriegs. Diese Unsicherheit hat sein Leben geprägt, hat ihn zum Einzelgänger gemacht, der seine Frau Mara und den Sohn Daniel eines Tages verlassen hat. Erst Jahre später erkennt er, wie wichtig ihm die beiden sind. An einem Tag im September fährt er auf ein Landgut südlich von Berlin, wo Familie und Freunde zur Apfelernte zusammenkommen, und sucht mit ihnen gemeinsam nach der verschütteten Vergangenheit, nach sich selbst, nach seiner großen Liebe.
Meine Meinung:
Der Literaturverlag Luchterhand ist eigentlich ein Garant für gute Literatur (die gebundene deutsche Ausgabe erschien bei ebendiesem Verlag), so war es auch in diesem Fall, zumindest anfangs.
In „Legenden“ wird abwechselnd in der Gegenwart – Gregor ist in den Sechzigern und sein Sohn bereits erwachsen – erzählt während einer Apfelernte, und in Rückblicken aus Gregors Kindheit und Jugend und aus seinem Erwachsenenleben als vagabundierender Musiker, als er seine Familie verließ, getrieben von seiner Heimatlosigkeit.
Zu Beginn liest sich der Text ganz famos, die Kriegserinnerungen sind überaus plastisch und zeigen eindringlich die Gräuel dieser furchtbaren Zeit; die Gegenwartspassagen zeichnen subtil das Bild einer Familie, die vieles durchgemacht hat und in der nach wie vor einige Ressentiments unterschwellig gären.
Leider konnte der starke Eindruck nicht über die ganzen 300 Seiten erhalten werden, vor allem wegen der großen Distanziertheit, mit der erzählt wird. Sowohl Gregor als auch sein Verhalten seiner Familie gegenüber blieben mir fremd und waren in meinen Augen zwar nicht unglaubwürdig, aber auch nicht verständlich.
Dafür wird aber sehr sensibel erzählt, es wird nicht geurteilt oder gar gerichtet, sondern berichtet.
Sprachlich und stilistisch hat mir „Legenden“ sehr gut gefallen, da ist viel Potenzial vorhanden.