'Mein Winter mit Grace' - Kapitel 01 - 10

  • Heute Nacht habe ich den ersten Abschnitt in einem Rutsch gelesen.


    Aus einer zufälligen Begegnung heraus hilft Eric der Streunerin Grace und lässt sie im Gartenhäuschen der Familie übernachten.


    Zwar ist dieses selbstgebaute Häuschen als etwas abgelegen beschrieben, aber dennoch ist es sicherlich nicht ganz einfach, den Gast vor der Mutter geheimzuhalten, ganz besonders da Eric ja auch versucht, Grace immer wieder Lebensmittel mitzubringen.


    Was mich irritiert hat ist, dass Eric eigentlich, ausser dass Grace weggelaufen ist, nichts von ihr weiss und auch nicht nachfragt :gruebel Auch in der Schule scheint niemand nachzufragen, warum sie nicht da ist, sie schwänzt, so wie ich es lese ja häufig die Schule. War das zu Beginnder 1960er so ? Konnte ein ca. 14 jähriges Mädchen da einfach von zu Hause abhauen, von der Schule wegbleiben und es passiert nichts ? Sie bewegt sich ja völlig frei in ihem Städchen (Einkaufszrentrum ...)- kann ich mir irgendwie nicht ganz vorstellen.


    Ziemlich zu Beginn musste ich mal diesen Ameisenlöwen googeln, dieses Tierchen war mir so gar kein Begriff und ich hab so ein Tierchen auch noch nie gesehen.

  • Richard Paul Evans zeigt uns mit Mein Winter mit Grace das Leben in Salt Lake City der sechziger Jahre. Das kommt mir ziemlich stimmig vor, die Betrachtungen des jungen Ich-Erzählers sind illusionslos genug.


    Zusätzlich zu den Erinnerungen Erics gibt es vor den Kapiteln Tagebuchauszüge von Grace.
    Richard Paul Evans nutzt dieser Technik der vorangestellten Tagebuchauszüge öfter und erreicht damit eine zusätzliche Note, die die Erzählung fast musikalisch ergänzt, wie bei einem Jazzkonzert, bei dem eine zusätzliche Solostimme den Gesamtsound bereichert.


    Einen kleinen Einwand habe ich auch. Im Prolog von 2006 erwähnt der Ich-Erzähler, dass seine Erinnerungen wie seine Sehschärfe im Laufe der Jahre abgenommen hat.
    Dadurch genehmigt er sich in der folgenden Geschichte eine Entschuldigung für Ungenauigkeiten. Das halte ich eigentlich nicht für statthaft, es sei denn der Autor bezweckt damit etwas Konkretes (z.B. Richtung unglaubwürdiger Erzähler).
    Außerdem widerspricht die Besorgnis des Erzählers hinsichtlich seines Erinnerungsvermögens auch der Detailgenauigkeiten der ersten Kapitel.
    Ich kann darüber hinwegsehen, sofern es sich nicht noch in irgendeinem Punkt der Handlung auswirkt.

  • Ich habe auch die zehn Kapitel gelesen und finde den Schreibstil sehr gelungen. Das Buch liest sich schnell weg.


    "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern" von Hans Christian Andersen berührt mich immer wieder, auch wenn ich es schon so oft gelesen habe. Es stellt sicher den Bezug zu Grace dar und hat mir sehr gefallen. Dennoch ahnte ich gleich, dass dies eine traurige Geschichte werden wird, zumal das Vorwort verrät, wohin sich Grace' Schicksal bewegt.


    Ich finde es sehr schön, wie die beiden Jungs zusammenhalten und was sie alles auf die Beine stellen. Damals war das Leben sicher noch nicht so komfortabel wie heute, aber sie machen das Beste daraus, sind erfinderisch und neugierig.
    Eric ist Grace sogleich verfallen und macht alles für sie. Und sie hat schnell Einfluss auf seine Handlungsweise (z. B. dass er zum ersten Mal in seinem Leben die Schule schwänzt). Da merkt man mal wieder, dass Kinder nicht viel hinterfragen, gewisse Situationen als gegeben hinnehmen und leichtgläubig sind. Erwachsene würden nun sofort wissen wollen, warum Grace weggelaufen ist und was passiert ist.
    Eric gibt ihr Zeit und scheint auch schon an der Schwelle des Verliebtseins zu stehen.


    Zitat

    Original von Sandrah
    Auch in der Schule scheint niemand nachzufragen, warum sie nicht da ist, sie schwänzt, so wie ich es lese ja häufig die Schule. War das zu Beginnder 1960er so ? Konnte ein ca. 14 jähriges Mädchen da einfach von zu Hause abhauen, von der Schule wegbleiben und es passiert nichts ? Sie bewegt sich ja völlig frei in ihem Städchen (Einkaufszrentrum ...)- kann ich mir irgendwie nicht ganz vorstellen.


    Das habe ich mich auch gefragt. Sicher wird es noch geklärt werden, was ich sehr hoffe. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass auch nicht in der Schule darüber gesprochen wird. Nur der Lehrer fragte mal kurz nach.

  • Ich habe jetzt auch die ersten 10 Kapitel durch und bin ebenfalls sehr angetan von dem Buch. Eric und Grace mag ich beide sehr.


    Kapitel 5: Grace hat einige Bücher, darunter "Fänger im Roggen§ von J.D.Salinger. Ein Roman, der die amerikanische Literatur stark beeinflusste.
    Ein Buch über einen aufmüpfigen Jugendlichen mit teilweise vulgärer Sprache, die aber für heutige Verhältnisse doch harmlos wirkt. Dass es damals von der Zensur verboten war, ist ja eigentlich peinlich für die USA. Aber da Bücher in Deutschland aus weit schlimmeren Gründen verbrannt wurden, sollte man wohl nicht urteilen.


    Doch glaube ich sogar, dass der Fänger in Roggen einen Einfluss auf dieses Buch gehabt haben kann. Natürlich nur ein wenig, denn Eric fehlt jeder Sarkasmus, aber eine sozialkritische Komponenten gibt es auch hier und Eric als Erzählstimme bestimmt den Ton des Buches sehr stark.

  • Den ersten Abschnitt habe ich beendet und es lässt sich wirklich gut lesen. Ich als Langsamleser bin doch recht gut durchgekommen.


    Es scheint ja wirklich so zu sein, dass Grace von niemand wirklich vermisst wird. Das kommt mir schon etwas seltsam vor. Ihre Eltern müssten sich doch eigentlich an die Polizei oder die Schule wenden. Naja, wenn man das Vorwort berücksichtigt, kann man sich ja denken auf was das Ganze hinausläuft.


    Eric und auch sein jüngerer Bruder gefallen mir. Sie scheinen das Beste auch ihrem bescheidenen Verhältnissen zu machen.



    Zitat

    Original von Sandrah
    Ziemlich zu Beginn musste ich mal diesen Ameisenlöwen googeln, dieses Tierchen war mir so gar kein Begriff und ich hab so ein Tierchen auch noch nie gesehen.


    Ging mir genauso, konnte mir darunter auch nicht so richtig was vorstellen.

  • Zitat

    Original von Minusch
    Ich finde es sehr schön, wie die beiden Jungs zusammenhalten und was sie alles auf die Beine stellen.


    Die Brüderbeziehung ist wirklich gut beschrieben, ebenso wie die Ankunft in diese heruntergekommene Gegend. Das hat mich danach suchen lassen, ob es vielleicht autobiographische Bezüge gibt und tatsächlich finde ich auf Richard Paul Evans Homepage folgende Bemerkungen:

    Zitat

    In some ways this is the most autobiographical of all my novels. When I was eight-years-old my father lost his job and we moved from our beautiful home in California to a rundown, rat-infested home in a poor neighborhood, like the one I describe in the story.


    The relationship between the two boys (Eric and Joel—named after Eric Joel, the deceased son of a friend of mine) perfectly represents the relationship I had with my younger brother, Barry.


    Diese autobiographischen Elemente erklären mir die hohe Glaubwürdigkeit der beschriebenen Details.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Die Brüderbeziehung ist wirklich gut beschrieben, ebenso wie die Ankunft in diese heruntergekommene Gegend. Das hat mich danach suchen lassen, ob es vielleicht autobiographische Bezüge gibt und tatsächlich finde ich auf Richard Paul Evans Homepage folgende Bemerkungen:


    Diese autobiographischen Elemente erklären mir die hohe Glaubwürdigkeit der beschriebenen Details.


    Danke, für's Finden. Das erklärt so Einiges.

  • Ich muss zugeben, dass ich zuerst kurz überlegt habe, ob ich das Buch wirklich lesen soll, nachdem ich das Vorwort gelesen habe. Ich wusste nicht, dass es um Kindesmisshandlung geht...
    Aber ich wollte mir doch die Freude auf die Leserunde nicht nehmen lassen, also habe ich es angefangen zu lesen.


    Der Schreibstil von Mr. Evans ist wie immer ein Traum. Leicht und flüssig zu lesen, und leicht verständlich. Ich bin wie nicht anders zu erwarten sehr begeistert.
    Das Buch liest sich quasi von selbst – somit waren die ersten 10 Kapitel schnell gelesen, bzw. inhaliert.


    Mir gefällt der Aufbau der Story. Man kann sich alles gut bildlich vorstellen, als würde man einen Film sehen. Die kurzen Tagebucheinträge von Grace sind sehr gelungen, und zeigen gleichzeitig neben dem Schreiben von Eric eine andere Sicht der Dinge, und geben dem eine besondere Note.


    Ich finde die Brüderbeziehung zwischen Eric und Joel toll. Beide halten zusammen und unterstützen sich. Besonders schön fand ich, wie beide die Hütte gebaut haben und eingerichtet haben. Obwohl sie ärmlich leben, haben sie doch Mittel und Wege gefunden, um sich ein hübsches kleines Heim zu schaffen.


    Auch das Näherkommen zwischen Grace und Eric gefällt mir sehr gut.


    Ich freue mich schon darauf weiterzulesen.

  • Zitat

    Original von Leseratte87
    Ich muss zugeben, dass ich zuerst kurz überlegt habe, ob ich das Buch wirklich lesen soll, nachdem ich das Vorwort gelesen habe. Ich wusste nicht, dass es um Kindesmisshandlung geht...
    .


    Ich war im ersten Moment auch davon überrascht und hatte Bedenken, doch ich bin dennoch froh, das Buch gelesen zu haben.
    Richard Paul Evans ist bei diesem Thema stark engagiert zu informieren und zu helfen.




    In beiden Fällen: :write

  • Zitat

    Original von Herr Palomar


    Ich war im ersten Moment auch davon überrascht und hatte Bedenken, doch ich bin dennoch froh, das Buch gelesen zu haben.
    Richard Paul Evans ist bei diesem Thema stark engagiert zu informieren und zu helfen.


    Trotz meiner Bedenken bin ich auch froh, das Buch gelesen zu haben (bzw. es angefangen zu haben). Wunderschönes und berührendes Buch! :-)

  • Zitat

    Original von Leseratte87
    Ich finde die Brüderbeziehung zwischen Eric und Joel toll. Beide halten zusammen und unterstützen sich. Besonders schön fand ich, wie beide die Hütte gebaut haben und eingerichtet haben. Obwohl sie ärmlich leben, haben sie doch Mittel und Wege gefunden, um sich ein hübsches kleines Heim zu schaffen.


    Auch das Näherkommen zwischen Grace und Eric gefällt mir sehr gut.


    Ich freue mich schon darauf weiterzulesen.


    Wirklich sehr bildhaft beschrieben. Und dass sich die Brüder so gut verstehen, finde ich auch toll. Sie geben sich gegenseitig Halt. An solchen Geschichten merkt man, wie wichtig es ist, Familie und Bezugspersonen zu haben. Und zwar solche, die einen auch verstehen und denen man vertrauen kann.

  • Was ich auch so schön finde ist, dass beide so bescheiden sind. Sie jammern nicht rum (gut am Angang vielleicht etwas) aber sie geben sich letztendlich zufrieden mit dem was sie haben. Und wie sie ihre Hütte aufgebaut und eingerichtet haben, fand ich wie gesagt total süß.


    Genrell wie beide miteinander umgehen ist total schön. Da wird einen ganz warm ums Herz. :-)

  • Ich habe heute morgen die letzten Kapitel vom ersten Abschnitt gelesen und mir gefällt das Buch ebenfalls sehr gut. Der Schreibstil ist wirklich sehr gelungen!


    Die Brüderbeziehung gefällt mir auch gut. Wie sie die Hütte gebaut haben war eine tolle Szene und ich konnte nur stauen wie erfinderisch sie sind. Man hat dass Gefühl, dass es dort richtig gemütlich und würde gerne mal hinein schauen. Einfach schön, wie die beiden zusammenhalten!


    Ich finde es auch total süss wie rührend Eric sich um Grace kümmert. Dass sie jedoch nicht vermisst wird ist wirklich etwas komisch. Aber ihrer Mutter ist es scheinbar egal. Vielleicgt hätte sie die Polizei sonst wirklich schon eingeschaltet.


    Jetzt freu ich mich aufs weiterlesen.


    Ach, die Tagebucheinträge aus Grace Sicht, finde ich auch klasse! :-)

    Zündet man eine Kerze an,erhält man Licht.Vertieft man sich in Bücher,wird einem Weisheit zuteil.Die Kerze erhellt die Stube, das Buch erleuchtet das Herz.


    (Sprichwort aus China)

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