• Moin,


    ich hab da mal eine Frage an die politisch interessierten, denn ich verstehe es nicht:


    Seit dem feststehenden Wahlergebnis wird in diversen Medien darüber berichtet, daß Schwarz-Gelb in Niedersachsen die Wahl vor allem aufgrund der Leihstimmen verloren hat. Jetzt mal abgesehen davon, daß ich gar nicht so sehr glaube, daß es dermaßen viele Leihstimmen gab (bzw. eher andersrum - die Leihstimmen erhielten die Direktkandidaten von CDU und SPD von den FDP- oder Grünen-Wählern), kann ich dieses Argument nicht nachvollziehen, selbst wenn die Leihstimmentheorie stimmt: Wenn also einige Wähler ihre Zweitstimme nicht der FDP sondern statt dessen der CDU gegeben hätten, hätte sich doch am Wahlergebnis, also der Sitzverteilung, meiner Ansicht nach für Schwarz-Gelb nix geändert? Man hätte doch trotzdem, sofern die FDP die 5%-Hürde überspringt, einen Sitz weniger als Rot-Grün, nur eben ein paar CDUler mehr in der Opposition?


    Bitte um Aufklärung - wo ist mein Gedankenfehler (ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß diverse Journalisten verschiedenster Medien allesamt Unsinn erzählen. Und nicht nur Journalisten. Selbst CSU-Chef Seehofer sagte, "dass Leihstimmen innerhalb des bürgerlichen Lagers verlorene Stimmen sind und mit dem großen Risiko behaftet sind, dass man dann in der Opposition landet".)

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Hallo, LeSeebär.


    Das ist - wenigstens, wenn man den Zahlen der Demoskopen vertraut - keine Glaubensfrage. Irgendein Institut hat ermittelt, dass 85 Prozent der FDP-Wähler im Prinzip auch CDU gewählt hätten, was sie aber nicht getan haben, weil sie fürchteten, die FDP käme dann nicht ins Parlament. Dann wären beispielsweise 4 Prozent für die FDP tatsächlich durchs Rost gefallen - und Rot-Grün hätte mit größerem Abstand gewonnen.


    Aber diese Wanderwähler spielen in einer Konstellation, in der beide Parteien ins Parlament einziehen, tatsächlich ein Nullsummenspiel. Wenn sich 48 Prozent beliebig auf FDP und CDU verteilen, spielt letztlich keine Rolle, wie viel davon die eine oder andere Partei bekommt: Es bleiben 48 Prozent. Die Argumentation, diese Leihstimmen würden also dem "bürgerlichen Lager schaden", ist nicht nachvollziehbar. Sie schaden nur der größeren Partei innerhalb dieses Lagers, weil sie im Verhältnis zur kleineren schwächer wird - und das spielt im Fall der Niederlage dann wieder überhaupt keine Rolle. Es handelt sich um Rhetorik, die Stammwähler davon abhalten soll, ihre Stimmen auszuleihen.


    Ein Problem wird das nur bei Wählern, die das mit beiden Stimmen machen, also mit Erst- und Zweitstimmen. Erststimmen an kleine Parteien sind ohnehin verloren, weil mit den Erststimmen der Direktkandidat gewählt wird, und da gewinnt je Wahlkreis genau einer. Wer also beide Stimmen an die FDP "ausgeliehen" und dadurch zugleich den Sieg des CDU-Direktkandidaten verhindert hat, hat - aus Sicht der CDU - tatsächlich den Schwarzen geschadet. Eine Umfrage, die das analysiert, habe ich aber bislang nicht gesehen.

  • Diese Aussage habe ich bisher so noch nicht gelesen.


    Vorab: aus Wählerbefragungen unmittelbar nach der Wahl weiß man, dass viele, die mit ihrer Erststimme die CDU gewählt haben, mit der Zweistimme die FDP gewählt haben. Das und die entsprechende Kampagnie legt den Schluss der vielen Leihstimmen sehr nahe. Viele Wähler haben in den Befragungen angegeben, dass sie mit der Zweistimme für die FDP gestimmt hätten, um die schwarz-gelbe Koalition zu sichern.


    Ich habe lediglich gelesen, dass gerade aus CDU/CSU-Kreisen häufig verlautet, dass Leihstimmen bei der Bundestagswahl kein Thema sein werden, gerade weil wir da mit einem 5-Parteien-Parlament rechnen dürften. Konkret in NDS hätten die Leihstimmen fast für schwarz-gelb gereicht. Auf Bundeswahlebene kann das aber durchaus anders aussehen - denn was, wenn die CDU Zweistimmen an die FDP verliert und die SPD als stärkste Kraft hervorgeht? Unabhängig von der Wahrscheinlichkeit einer solchen Konstellation - beim Thema Große Koalition würde das spätestens für Frust im Unionslager sorgen.


    Edit:


    Wenn man es wie mein Vorredner auf die Erststimmen bezieht, macht es in der Tat Sinn. Spätestens wenn man zu dem unseligen Thema Überhangmandate kommt, sind Erststimmen pures Gold.


    Btw:


    Mal kucken ob es die bei der Bundestagswahl überhaupt gibt. Nachdem wir nach wie vor kein gültiges Wahlrecht haben ...

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  • Danke Tom, genau so hatte ich es auch verstanden - wenn es keine Leihstimmen gegeben hätte und die FDP wäre unter 5% gelandet, wäre das Ergebnis für Schwarz-Gelb schlechter, aber nie besser geworden.


    Die Begründung, daß dies von den Medien so behauptet wird, um Stammwähler bei der CDU zu halten, kann ich nicht nachvollziehen. Wenn Frau Merkel sagt: Wer CDU will, soll auch CDU wählen, verstehe ich das schon. Aber es wurde ja gestern nun diverse Male auch von den Medien berichtet, daß McAllister seinen Posten wegen der Leihstimmen räumen mußte und das ist in meinem Verständnis Unsinn?!?

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  • Zitat

    Original von Susannah
    Diese Aussage habe ich bisher so noch nicht gelesen.


    In der http://www.dradio.de/presseschau/ des DLF gab es z.B. aus der WELT heute: Wohl in keinem anderen Land hätten sich die CDU-Wähler, die man sich ja als stolze und durchaus parteibewusste Menschen vorstellen muss, zu einer derart wuchtigen Hilfsaktion für die darbende FDP hinreißen lassen. Sie waren in ihrer Hilfe für den politischen Partner so folgsam, dass sie sich um ihre Wunschregierung gebracht haben.


    Ähnliche Kommentare gabs auch gestern in diversen Medien.

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  • Vielleicht ist die Aussage wirklich auf jene bezogen, die der FDP auch ihre Erststimme "geliehen" haben - dann ergibt es nämlich durchaus Sinn, vor allem weil die CDU von den Überhangmandaten eigentlich immer am meisten profitiert hat.


    Ansonsten kann ich sie mir auch absolut nicht erklären.

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  • Wobei allein schon der Begriff "Leihstimmen" für sich genommen absoluter Unsinn ist. Da die Wählerinnen und Wähler in geheimer, unabhängiger Wahl abstimmen, können sie auch an niemand ihre Stimme "verleihen". Zudem ist eine Stimme, die nicht geheim abgegeben wird, also außerhalb der Wahlkabine, eine ungültige Stimme.


    Unabhängig davon ist mir von einem Stimmenleihvertrag zwischen FDP und CDU nichts bekannt.


    Übrigens ist es keinesfalls egal, wie die Prozentaufteilung zwischen CDU und FDP ist. Denn nach dem in Niedersachsen geltenden Auszählverfahren (d'Hondt), werden Parteien mit einem höheren Stimmanteil bei der Sitzverteilung begünstigt.


    § 33 Absatz 5 des Landeswahlgesetzes für Niedersachsen sagt dazu aus:


    "(5) 1 Die nach Absatz 4 Satz 2 errechneten Abgeordnetensitze werden den Parteien, die nach Absatz 3 bei der Verteilung von Abgeordnetensitzen auf die Landeswahlvorschläge zu berücksichtigen sind, im Verhältnis der auf sie entfallenen Stimmenzahlen nach dem Höchstzahlverfahren d'Hondt zugeteilt. 2 Über die Zuteilung des letzten Sitzes entscheidet bei gleichen Höchstzahlen das vom Landeswahlleiter zu ziehende Los."

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Tom: Erststimmen an kleine Parteien sind ohnehin verloren, weil mit den Erststimmen der Direktkandidat gewählt wird, und da gewinnt je Wahlkreis genau einer.


    Diese Aussage ist in seiner Absolutheit nur bedingt richtig. Stichwort Grundmandat.


    In Niedersachsen gilt lediglich die 5 Prozentklausel, während in einigen anderen Bundesländern und auf Bundesebene es als ausreichend für einen Einzug ins Parlament erachtet wird, wenn ein oder zwei Direktmandate erzielt wurden. Beispielgebend hierfür dürfte der Einzug der PDS im Jahr 2002 in den Bundestag gewesen sein.

  • Die Diskussion um die Leihstimmen entstand ja - genau wie erste Hochrechnungen um 18:00 Uhr - dadurch, dass die Leute beim Verlassen des Wahllokals gefragt werden, ob man ihr Abstimmungsverhalten und die Motivation dafür erfahren darf. Nach der Wahl darf ja jeder sagen, was er gewählt hat.


    Davon ab dürfte die Diskussion vor allem dadurch entstanden sein, dass die Regierungskoalition in Niedersachsens dazu aufgerufen hat, eventuell der FDP die Zweitstimme zu geben, um die Koalition zu erhalten bzw. die FDP im Landtag zu halten.


    Ins d'Hondtsche Auszählverfahren muss ich mich kurz nochmal einlesen, aber hast Recht, es bevorzugt stärkere Parteien.

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  • Zitat

    Original von Voltaire
    Denn nach dem in Niedersachsen geltenden Auszählverfahren (d'Hondt), werden Parteien mit einem höheren Stimmanteil bei der Sitzverteilung begünstigt.


    Und, wenn ich der heutigen hiesigen Zeitung (HNA/Hersfelder Zeitung, 22.01.2013, Seite P01) glauben darf, ist das der einzige Grund, weshalb Rot-Grün gewonnen hat (meine Formulierung).


    Unter der Überschrift "Wahlrechtsreform ließ die CDU verlieren" heißt es, daß nach dem früher gültigen Bruchzahlverfahren nach Hare/Niemeyer das Ausgleichsmandat an die FDP gegangen wäre. Bei Auszählung nach dem Sainte-Lague-Verfahren (Divisorverfahren, das wohl auch für die Bundestagswahl angewandt wird), wäre das Mandat an die CDU gegangen. Die CDU hat vor einiger Zeit wohl wieder d'Hondt eingeführt. Und deswegen die Wahl verloren.


    Stellt sich (für mich) die Frage, was ist ein Wahlrecht wert, wenn je nach Art der Auszählung ein anderes Ergebnis herauskommt?

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Das Wahlrecht an sich ist jeweils ein anderes - und für ihr Landeswahlrecht haben die Länder nunmal die Kompetenz.


    Wir haben in Deutschland förderalismusbedingt nunmal kein einheitliches Wahlrecht, deswegen kommt es da zu Abweichungen.

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  • Zitat

    Original von SiCollier
    Stellt sich (für mich) die Frage, was ist ein Wahlrecht wert, wenn je nach Art der Auszählung ein anderes Ergebnis herauskommt?


    Als verwalrungsrechtlicher Blindmull, würde ich trotzdem mal behaupten, dass nicht die Auszählung selbst das Problem ist, sondern wie der so erhaltenen Zahl die Anzahl an Mandaten zugeordnet wird. Denn im Ergebnis werden nie glatte Zahlen rauskommen, es wird nie genau aufgehen.


    Wie man also einer Zahl mit zig Stellen hinterm Komma eine diskrete Anzahl zu verteilender Sitze zuteilt, ist dann reine Rechnerei. Und rechnen kann man so oder so.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle


    Als verwalrungsrechtlicher Blindmull, würde ich trotzdem mal behaupten, dass nicht die Auszählung selbst das Problem ist, sondern wie der so erhaltenen Zahl die Anzahl an Mandaten zugeordnet wird. Denn im Ergebnis werden nie glatte Zahlen rauskommen, es wird nie genau aufgehen.


    Wie man also einer Zahl mit zig Stellen hinterm Komma eine diskrete Anzahl zu verteilender Sitze zuteilt, ist dann reine Rechnerei. Und rechnen kann man so oder so.


    An sich gibt es bei diesem Höchstzahlverfahren keine Stellen hinter dem Komma - jetzt auf die Mandate bezogen. Immer wer die nächste jeweils höchste Zahl hat, bekommt ein Mandat.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Salonlöwin :


    Zitat

    Diese Aussage ist in seiner Absolutheit nur bedingt richtig. Stichwort Grundmandat.


    In einem Wahlkreis, in dem eine Partei ein Direktmandat erringt, ist sie keine kleine Partei.


    SiCollier :


    Zitat

    Stellt sich (für mich) die Frage, was ist ein Wahlrecht wert, wenn je nach Art der Auszählung ein anderes Ergebnis herauskommt?


    Na ja, irgendwie muss man aus Prozenten Mandate machen, und die Kombination aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht (Zweit-/Erststimme) auch.


    Das von Salonlöwin erwähnte Grundmandat veranschaulicht einen solchen Fall. Eine Partei, die zwei Direktmandate schafft, aber nicht die 5-Prozent-Hürde, ist im Bundestag vertreten, und sie verschiebt dieserart die Verhältnisse - und dem muss man irgendwie Rechnung tragen, wofür es zig denkbare Modelle gibt. Jedes davon hat seine Stärken und Schwächen. Da diese Modelle aber vor der Wahl bekannt sind, haben sie auch nichts Ungerechtes im Sinn einer nachträglichen Überraschung.


    Aber auch ich verstehe jetzt die Aussagen der CDU-Politiker. Sie haben sich per d'Hondt quasi indirekt selbst ins Knie gef*ckt. ;-)

  • Ich habe überhaupt nie verstanden, wozu man überhaupt unbedingt zwei Stimmen abgeben muss. Reicht es nicht eine Partei zu wählen und dieser damit das Vertrauen zu schenken, geeignete Kandidaten zu nominieren? Oder umgekehrt, würde es nicht ausreichen, einen Kandidaten zu wählen und diese Stimme gleichzeitig für die Ermittlung der Zusammensetzung des Land (Bundes-)Tages zu verwenden? Welchen Sinn hat das seine Stimme zu splitten? Nur dadurch wird doch dieser Unsinn möglich, dass "taktisch" gewählt wird, also dass man einer Partei das Vertrauen schenkt, hinter der man eigentlich gar nicht steht. Der Begriff "Leihstimmen" ist in der Tat Unsinn, denn eigentlich sind das Schenk-Stimmen.

  • Hallo, arter.


    Zitat

    Reicht es nicht eine Partei zu wählen und dieser damit das Vertrauen zu schenken, geeignete Kandidaten zu nominieren?


    Die Erststimme erlaubt es, auch regionale Interessen einfließen zu lassen - wie das Beispiel der "Linke(n)" zeigt. Bundesweit nicht über 5 Prozent, aber in einigen Wahlkreisen so stark, dass sie Direktmandate gewinnen konnten. Damit eine Stimme, die angehört werden muss. Auf diese Art könn(t)en auch Parteien im Bundestag vertreten sein, die es nur in bestimmten Regionen gibt und sich lediglich eine virtuelle Bundesebene geben. Die CSU, beispielsweise. ;-)

  • Naja, der Sinn ist ja geradem dass auch Direktkandidaten gewählt werden können - damit sich der Bundestagsabgeordnete, der von seinem Wahlkreis gewählt wird, sich eben enger "seinen" Wählern verpflichtet fühlt.


    Und ein mehr oder weniger komplexes Rechenmodell brauchst du, sobald du Verhältniswahlrecht hast, egal ob durch Erststimmen personalisiert oder nicht. Runde Zahlen kommen da eben selten bei raus.


    Um sich ein Rechenmodell zu schenken, bräuchte man ein Mehrheitswahlrecht - wie du's z.B. in den USA hast. Das ist zwar einfacher, aber nicht unbedingt demokratischer.

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  • Zitat

    Das ist zwar einfacher, aber nicht unbedingt demokratischer.


    "Demokratisch" ist m.E. ein Adjektiv, das nicht steigerungsfähig ist. Vor allem, wenn man unter dieser virtuellen Steigerung ein "Mehr an Gerechtigkeit" versteht; Demokratie ist ungerecht. Das gilt allerdings für nahezu alle denkbaren politischen Systeme. Mit vielen kleinen Sonderregelungen versucht man, diesen Aspekt möglichst schmerzarm auszugestalten, aber unterm Strich ist Demokratie nicht automatisch "gerechter" als eine konstitutionelle Monarchie oder eine Oligarchie. Nur, weil viele mitreden, heißt das nicht, dass sie recht haben, also gerecht sind.

  • Deswegen sagte ich ja auch "demokratischer" und nicht "gerechter" - ich finde schon, dass man es steigern kann, im Sinne von "mehr am Willen des Volkes orientiert". Nur um jetzt mal das Präsidentenwahlsystem der USA rauszugreifen, wo du durchaus, wenn du nicht die richtigen Staaten gewinnst, mehr Wählerstimmen als dein Gegner hast, der aber trotzdem Präsident wird.


    Und wie gerecht ein System ist, hängt natürlich immer von denen ab, die darin agieren. Aber ein möglichst pluralistisches System ist da, denke ich, doch mal ein guter Anfang, weil es möglichst viele Interessen berücksichtigt. Und ich finde, das kommt einem guten Staat näher als ein Einparteiensystem, kann man aber natürlich drüber streiten.


    Einer unserer Ex-Kanzler (meine ich) sagte mal, die Demokratie sei nicht die beste Variante, aber sie sei immerhin erträglicher als andere. Zumal sich Demokratie und Monarchie ja nicht ausschließen.

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  • Hallo, Susannah.


    Zitat

    ich finde schon, dass man es steigern kann, im Sinne von "mehr am Willen des Volkes orientiert"


    Über den "Willen des Volkes" und seine ... Qualität haben sich schon viele Philosophen ausgelassen. Hin und wieder scheint "das Volk" einen sehr seltsamen Willen zu besitzen. Außerdem einen höchst wandelbaren, zuweilen äußerst egoistischen und kurzsichtigen. Wir haben in einem Thread zum Thema "Plebiszit" einige interessante Diskussionen hierzu gehabt. Mehr Volkswille bedeutet jedenfalls nicht notwendigerweise, dass "bessere" Entscheidungen getroffen würden.


    Aber Du hast natürlich recht damit, dass die Volksbeteiligung theoretisch noch steigerungsfähig wäre, es also "demokratischer" ginge. Letztlich könnte man jede noch so triviale Entscheidung vom Volk fällen lassen - dann wären wir tagein, tagaus mit nichts Anderem beschäftigt als mit Abstimmungen. Ob die Entscheidungen dann irgendwie besser wären, sei dahingestellt. Oder ob es überhaupt eine gute Idee ist, Mehrheiten über alle entscheiden zu lassen.