Kurzbeschreibung bei amazon
Therese von Bayern (1850 - 1925), die Tochter des Prinzregenten
Luitpold, darf als eine der bemerkenswertesten Frauen der Moderne
gelten: Statt Erwartungen zu erfüllen, die Familie und Hof an die
Wittelsbacher-Prinzessin richteten, ging sie ihre eigenen Wege. Sie
wurde Naturforscherin, Weltreisende, erwarb akademische Ehrengrade und
gewann politische Einsichten, die der untergehenden Monarchie fremd
waren.
Hadumod Bußmann hat in jahrelanger Forschung viele unbekannte
Quellen ausgewertet und die spannende Biographie einer
außergewöhnlichen Frau geschrieben. In ihrer meisterlichen Darstellung
wird eine Prinzessin lebendig, die nicht bereit war, ihre Gefühle und
Geistesgaben gesellschaftlichen Konventionen zu opfern: Als sich zeigt,
dass Therese ihre Liebe zu Otto von Bayern, dem Bruder von Ludwig II.,
infolge seiner heimtückischen Krankheit niemals würde leben können,
schließt sie für sich dieses schmerzliche Kapitel ab. Sie wählt gegen
massive Widerstände einen Weg, der sie als Naturwissenschaftlerin zu
fremden Kulturen, in entlegene Weltgegenden und zu ganz unzeitgemäßen
Erkenntnissen und Ehrungen führt.
Autorin (Klappentext hintere Umschlagsklappe)
Hadumod Bußmann ist promovierte Literaturwissenschaftlerin, Linguistin,
Publizistin und Kuratorin der Therese-von-Bayern-Stiftung - eines
Programms zur Förderung von Frauen in der Wissenschaft.
Eigene Meinung
Diese sehr gründlich recherchierte Biographie beschäftigt sich mit dem für eine Frau ihrer Zeit ungewöhnlichen Leben der Prinzessin Therese von Bayern (1850 - 1925). Therese war väterlicherseits die Cousine des berühmt-berüchtigten Bayernkönigs Ludwig II und dessen psychisch kranken Bruders Otto, dem ihre große, aufgrund der Umstände unerfüllte Liebe galt.
Die ersten der insgesamt 20 Kapitel berichten über Thereses Eltern und ihre Kindheit in einer harmonischen Familie, in der sie als einziges Mädchen unter drei Brüdern streng, aber liebevoll erzogen wurde. Die Eltern legten großen Wert auf eine gründliche Bildung und christliche Erziehung, das begabte Mädchen erhielt zusammen mit seinem jüngeren Bruder Arnulf intensiven Privatunterricht durch Hauslehrer. Lediglich die höhere Mathematik und das Fach Latein blieben ihr verschlossen, da derartige Kenntnisse bei einer Frau die Heiratschancen verringern konnten. Eine gute, standesgemäße Heirat war natürlich das Endziel im Leben eines Mädchens. Allerdings war Therese in ihren Cousin Otto verliebt, mit dem sie seit der Kindheit eine enge Freundschaft verband. Bereits im Jugendalter trat seine Geisteskrankheit zutage, die man der Öffentlichkeit verheimlichen wollte. Nach einem peinlichen öffentlichen Auftritt Ottos musste dieser aus München "entfernt" werden und lebte bis zu seinem Tod 1916 isoliert und vereinsamt unter der Obhut von Dienern/Wärtern. Therese besuchte ihn dort regelmäßig.
Therese akzeptierte die Unmöglichkeit einer Verbindung mit Otto, weigerte sich aber entschieden, einen der sieben Ehekandidaten zu ehelichen, die ihr immer wieder in aufdringlichster Manier präsentiert wurden. Stattdessen widmete sie ihr Leben ihrer zweiten großen Leidenschaft, dem Reisen und Forschen. Sie eignete sich im Selbststudium Fremdsprachen an, beherrschte schließlich elf Sprachen und war nirgends auf Dolmetscher angewiesen. In den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg unternahm sie immer wieder ausgedehnte und sehr abenteuerliche Reisen durch europäische und vor allem außereuropäische Länder. Besonders fasziniert war sie von Südamerika, doch auch Nordamerika bereiste sie und begab sich dabei auch fernab der großen Städte in die Wildnis. Weder die "Unfälle" (Stürze von Pferden und Mauleseln im unwegsamen Gelände) noch das oft sehr gewöhnungsbedürftige Essen (z.B. Affenfleisch), das ihr vorgesetzt wurde, noch die Tatsache, dass sie selbst Hunderten von Moskitos zum Schmaus diente, hielten sie davon ab, in die entlegensten Gebiete zu reisen, Tiere und Pflanzen zu sammeln und zu katalogisieren. Während der Zeit, die sie zwischen diesen Reisen in München bei ihrem verwitweten Vater verbrachte, schrieb sie über ihre Reisen und über das mitgebrachte Material Bücher: zunächst unter dem männlich anmutenden Pseudonym "Th. von Bayer", später, als sie - sensationell für eine Frau! - zum Ehrenmitglied der rein männlich besetzten Akademie der Wissenschaften und zum Doktor h.c. (honoris causa) ernannt worden war, auch unter ihrem Namen Therese, Prinzessin von Bayern.
Die Biographie berichtet nicht nur über ihre wissenschaftliche Tätigkeit, sondern auch über persönliche Freundschaften und über die Veränderungen, die der Erste Weltkrieg und die Abschaffung des Königtums in Bayern für Therese mit sich brachten. Im gesamten Text kommt Therese häufig selbst zu Wort, die aus ihren Reise- oder Tagebüchern und Briefen zitierten Stellen werden durch Kursivdruck kenntlich gemacht. Dadurch hat der Leser das Gefühl, Therese persönlich kennengelernt zu haben. Der Eindruck einer "persönlichen Bekanntschaft" verstärkt sich noch durch die reiche Bebilderung, denn es gibt 51 Abbildungen von Therese selbst, ihr nahestehenden Personen und für sie bedeutsamen Orten. Zusätzlich enthält die Biographie im Anhang Erläuterungen zu den Fußnoten im Text, eine Zeittafel der wichtigsten Ereignisse im Leben der Familie, einen väterlichen und einen mütterlichen Stammbaum, vier Karten, die Thereses Reiserouten nachzeichnen, ein Verzeichnis der Schriften der Prinzessin, ein Verzeichnis von Quellen und Forschungsliteratur und ein Personenverzeichnis.
Fazit
"Ich habe mich vor nichts im Leben gefürchtet" ist eine gründlich recherchierte, mit vielen Quellen belegte und in ansprechendem (nicht trockenen) Stil verfasste Lebensbeschreibung einer ungewöhnlichen Frau, die gleichzeitig auch interessante Einblicke in die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse des späten 19. und frühen 20.Jahrhunderts gibt.
9 Punkte