Rick DeMarinis: Götterdämmerung in El Paso
ISBN: 9783927734449
Verlag: Pulp Master
318 Seiten, 13.80 €
Über den Autor:
Rick DeMarinis, geboren 1934 in New York, lehrte über mehrere Dekaden an der University of Texas in El Paso, bevor es ihn nach Missoula, Montana verschlug. Er ist Autor von nunmehr acht Romanen und sechs Short-Story-Sammlungen und wurde 1999 mit dem Independent Book Publishers Award ausgezeichnet. Auch wenn ihm der große Durchbruch bislang nicht gelingen konnte, wird er doch von Kennern der US-Literarturszene als einer der wichtigsten zeitgenössischen Erzähler geschätzt.
Inhalt:
Rick DeMarinis legt nach KAPUTT IN EL PASO einen weiteren schwarzen Gesellschaftsroman vor, der Hardcore mit Metaphysik versöhnt und sich abermals der US-Grenzregion im Süden widmet, wo ein Hochsicherheitszaun gleichermaßen amerikanische Hilflosigkeit und Front markiert. El-Paso-Homeboy J.P. Morgan will nichts mit den Eheproblemen seines exzentrischen Schrifsteller-Kumpels Luther Penrose, eines Ex-Desert-Storm-Kameraden, zu tun haben. Carla Penrose sei mit einem Mexikaner durchgebrannt, heißt es, und J.P. solle sie suchen und zur Rede stellen. Als Luther in seiner Verzweiflung Profis anheuern will, lässt sich J.P. doch noch breitschlagen, den Turteltäubchen nach Vegas zu folgen. Als ihm plötzlich Kopfgeldjäger, Texas Ranger und Nazi-Schläger auf die Füße treten, dämmert es J.P allmählich, dass es hier um mehr geht als um eine bilaterale Kopulation.
Meine Meinung:
Mit diesem Buch ist Rick DeMarinis ein wirklich guter Detektivroman gelungen. Interessant sind vor allem die vielen kleinen Nebensächlichkeiten, mal heiter, mal ernst. Heiter deswegen, weil Luther ein absolut verrückter Schriftsteller ist, jede Szene mit ihm ist ein echter Genuss. Während er zu Richard Wagners Götterdämmerung diverse Mittelchen aus seiner Hausapotheke einnimmt, arbeitet er an einem Buch mit dem Titel "Der entfesselte Parsifal" und sinniert über die kohäsive Verflechtung disparater Zeitfraktale:
Schwarze Blitze durchzuckten amphetamingesättigte zerebrale Wolken und setzten des Führers Hirn unter Strom, während seine Wehrmacht Polen überrolte.
Dennoch sind es vor allem die ernsteren Töne, welche dieses Buch lesenswert machen. Es geht um die Grenze zwischen den USA und Mexiko, um eine Bürgerwehr, die einen Krieg anzetteln möchte, um Verschwendung von Trinkwasser, Eitelkeiten und Mord. Und letztendlich dreht sich alles um die Frage: Was bedeuten eigentlich willkürlich gezogene Grenzen? Was sind schon Linien auf einer Karte?
Luther und J.P. Morgan sind ein unschlagbares Ermittlerteam. Während sie sich auf die Suche nach der Ehefrau von Luther, Carla Penrose, begeben, werden sie mit allerlei philosophischen und moralischen Fragen konfrontiert, zudem erweist sich die Suche nach Carla als recht kompliziertes Unterfangen. Carla ist eine Bürgerrechtlerin und setzt sich für mexikanische Einwanderer ein, jedoch wird einer dieser Grenzgänger von einer Truppe Nazis verfolgt. Keine Frage, dass Luther und J.P. Morgan nun auch noch die Unschuld des Mexikaners beweisen müssen, der angeblich jemanden aus der Bürgerwehr erschossen hat. Was letztendlich aus diesem Mexikaner geworden ist, will ich nicht verraten, aber es gehört definitiv zu den krankhaftesten Enden eines Buches der letzten paar Jahre.
Fazit: Erschreckend und unterhaltsam zugleich - dieser Detektivroman ist schwer verdaulich, dennoch will man mehr. Pflichtlektüre für alle, die sich dem Mainstream abgeschworen haben.
10 / 10