Tom und Benny Imura sind Brüder und leben in Mountainside, eine der wenigen menschlichen Enklaven im großen Leichenland des ehemaligen Amerikas. Es ist jetzt fast 15 Jahre her, dass die Toten sich in der sogenannten Ersten Nacht erhoben haben und sich gegen die Lebenden gewendet haben. Seitdem verwandelt sich jeder, der von einem Untoten gebissen wurde oder der eines anderen Todes stirbt, unweigerlich in einen Zombie, sofern er nicht befriedet wird. Dies ist Aufgabe der Kopfgeldjäger, die hochgeachte und furchtlose Bürger sind. Tom ist einer von ihnen und er wird von fast allen in Mountainside hierfür bewundert. Eine der wenigen Ausnahmen ist sein kleiner Bruder Benny, der seinen Bruder aufgrund der Erlebnisse in der Ersten Nacht nicht nur verachtet, sondern ihn auch für einen Feigling hält.
Ab dem 15. Geburtstag müssen alle Einwohner von Mountainside sich einen Job suchen, ansonsten wird ihnen ihre zustehende Lebensmittelration gekürzt. Und so macht sich auch Benny auf die verzweifelte Suche. Da ihm aber so gar keine von den Tätigkeiten, die er sich ansieht, zusagt, wendet er sich mangels Alternative an seinen verhassten Bruder Tom, um bei ihm das Handwerk des Kopfgeldjägers zu lernen. Doch bereits der erste gemeinsame Ausflug ins Leichenland verändert nicht nur Bennys Einstellung zu den Zombies, sondern auch zu seinem Bruder. Zum ersten Mal empfindet er so etwas wie Bewunderung für ihn, die von da an stetig wächst. Tom eröffnet Benny eine ganz neue Sicht auf seine Welt, die Untoten und die Menschen, mit denen er lebt.
Als er, zurück in der Stadt, ein seltenes Bild in einem Sammelkartenspiel findet, verändert dies erneut Bennys Leben. Das hier abgebildete "Verlorene Mädchen" übt eine besondere Faszination auf ihn aus. Doch andere Personen sehen jegliches Interesse für dieses Mädchen als eine Bedrohung an, so dass diese letztendlich Bennys beste Freundin Nix entführen, um so Tom und ihn auf eine gefährliche Suche ins Leichenland zu locken. Werden sie Nix retten können? Und was hat es mit diesem Verlorenen Mädchen auf sich?
Jonathan Maberrys Roman "Lost Land - die erste Nacht" ist der Auftakt einer Reihe, den ich ausgesprochen spannend und fesselnd fand. Durch die bildhaften Beschreibungen wird man förmlich in die Geschichte hineingezogen und ehe man es überhaupt bemerkt, ist man leider schon am Ende angekommen.
Während des Lesens wird man Zeuge wie sich der doch eher etwas launische Junge namens Benny langsam, aber sicher in einen Mann verwandelt. Ist er anfangs noch reichlich naiv hinsichtlich der Menschen, die er bewundert und seiner Weltanschauung, zwingen ihn die Ereignisse dazu, seine Einstellung zu überdenken und an den Situationen zu wachsen. Aufgrund seiner Erinnerungen an die Erste Nacht, in der sein großer Bruder Tom mit ihm vor dem untoten Vater geflüchtet ist und dabei seine Mutter zurückließ, empfindet Benny nur Abneigung für seinen Bruder, doch die kommenden Ereignisse vermitteln ihm einen Respekt für Tom, den er sich nicht zu träumen wagte. Dabei wird Benny immer mehr in seinem Denken und Handeln erwachsen und erkennt, dass die Wahrheit oft sehr subjektiv sein kann. Eine große Stütze hierbei war ihm sicherlich auch seine clevere und hübsche Freundin Nix, deren Zuneigung er sich zunächst nicht getraut hat zu erwidern, aber im Laufe der Geschichte erkennt, wie wichtig sie für ihn ist und wie dumm es ist, sich seinen Gefühlen nicht zu stellen.
Besonders gut gefallen hat mir auch der Charakter Tom, der nach außen hin in sich ruhend wirkt und stets den Überlick behält. Durch die Ereignisse der Ersten Nacht hat er bereits mit 20 Jahren die Veranwortung für seinen kleinen Bruder übernehmen müssen und versucht, ihm unter den gegebenen Umständen, ein sicheres und einigermaßen sorgenfreies Leben zu ermöglichen. Dabei hat er stets den unterschwelligen Zorn von Benny gespürt und wahre Größe bewiesen, indem er ihm die nötige Zeit gegeben hat, die er brauchte, bevor er mit seiner bedachten Art und seinen tiefgründigen Fragen, seinen Bruder ganz allein zu einer anderen Einstellung hingeführt hat. Dabei waren insbesondere die Dialoge zwischen den beiden Brüdern ein Genuss, da sie oftmals vor Ironie nur so trieften.
"Lost Land - die erste Nacht" war durchweg spannend und oftmals auch sehr berührend und ich würde sehr gerne lesen, wie die Geschichte weitergeht. Ein Roman, der insbesondere den Wert eines Lebens hinterfragt, ebenso wie die menschliche Natur und unseren Umgang miteinander und mit der Umwelt und, den ich ausgesprochen gerne weiterempfehle.