Als die Pestepidemie abebbt und die Geflüchteten in die Stadt zurückkehren, verkracht sich Sibylla mit Christine Geith. Als Witwe kommt sie endlich mit Isaak Kopper zusammen, aber nur heimlich, heiraten will sie ihn nicht, weil sie sonst ihr Geschäft verlieren würde.
Um ihr Geschäft zu retten, läßt sie sich von der Zunft einen neuen Ehemann zuteilen, Wolfgang Schieren, einen dummen, häßlichen, brutalen Säufer, der zwei Kinder mit in die Ehe bringt. Das Verhältnis der Eheleute ist erwartungsgemäß schlecht, Sibylla sieht sich auf Haushalt und Küche zurückgedrängt. Als sie herausfindet, daß Schieren Spielschulden hat, ergibt sich für sie eine Möglichkeit, den ungeliebten Mann loszuwerden: Die Zunft soll ihn im kommenden Frühjahr auf eine Handelsreise schicken.
Zuvor wird Sibylla auf seine Betreiben zur Fastnacht vom Gerbergesellen Thomas auf der Straße überfallen, aber Isaak Kopper ist zur Stelle.
Nach Schierens Abreise nimmt Sibylla die von dem Mann geschwängerte maria als Magd in ihrem Haus auf und simuliert selbst eine Schwangerschaft, um sich das Geschäft zu sichern. Den Gerbergesellen Thomas bringt sie in den Verdacht, mit dem Teufel im Bunde zu sein.
Mit dem Wolfgang Scheiren hast du dir meiner Ansicht nach keinen Gefallen getan, liebe Ines. Daß Sibylla einen ungeliebten Mann heiraten muß -- schön und gut, aber mußte das so eine stereotype Kotzbrockenfigur sein, die Verkörperung wirklich aller Häßlichkeiten und Laster, die ein Mann nur haben kann, und das an einer Person?
Uff ...
Nein, tut mir leid, den kann ich dir nicht abnehmen. Der hat mir das Lesen manchmal geradezu vergällt.
Es liegt an mir, und ich gebe zu, daß ich Stereotypen ohnehin sterbenslangweilig finde und deshalb auch weite Teile der "Unterhaltungsliteratur" meide wie die Pest, sobald irgendwo edle Prinzen und häßliche Bösewichter zwischen den Zeilen hervorlugen. Ich bezweifle auch gar nicht, daß es solche Typen in der Realität gibt; immerhin schlurfen schweißmiefige und bierbäuchige Jogginghosenträger mit debil-brutalem Gesichtsausdruck auch in Marburg herum.
Aber solche Figuren in einem Roman empfinde ich immer als Flucht des Autors vor der Auseinandersetzung, die in den Figuren steckt, den eigentlich interessanten Konflikten. Anstatt Sibyllas Konflikt in ihr wühlen zu lassen -- äußeren Erfolg mit innerem Leid zu kombinieren und das Problem so auf die Spitze zu treiben --, verpaßt du ihr ein äußeres Problem, das mit ihrem Verhältnis zu Kopper und ihrem Ehrgeiz nicht viel zu tun hat. Und so kommt es, daß Kopper sie mehr oder weniger zufällig retten muß, um überhaupt noch sinnvoll aufzutreten.
Offen gestanden hätte ich als zweiten Meister einen eher "mittleren Charakter", der auch ein paar Vorzüge hat, wesentlich reizvoller gefunden, weil der die ehrgeizige Sibylla in arge Gewissensnöte gebracht hätte. Auch hätte dann nicht sie ihren Gatten aus dem Weg räumen müssen, sondern er hätte die Reise z.B. selbst antreten können, ihr sturmfreie Bude gewähren ... aber was rede ich! Du wolltest es eben anders, und du bist schließlich die Autorin -- m.a.W.: die Cheffin!