Kurzbeschreibung:
„Komm, Elias, setz dich dorthin. Ich werde versuchen, ein Feuer zu machen, dann können wir unsere Sachen trocknen, und es wird warm.“ „Kannst du das? Feuer machen?“ „Ja“, sagte Miriam. Es war ein gutes „Ja“, keine Lüge, sondern Optimismus, was mitunter das Gleiche ist, aber nicht sein muss. In diesem Moment jedenfalls nicht. Zwei kleine Halbwaisen, durchnässt und verfroren, auf der Suche nach Rettung: In einem abgeschiedenen, winterlichen Wald finden sie eine verlassene Hütte. Es mangelt an allem – kein Essen, kein Strom, keine Heizung, nur ein alter Ofen in der Ecke. Doch die 12-jährige Miriam weiß mit traumwandlerischer Sicherheit, was zu tun ist. Und als Elias krank wird, beginnt sie ihm eine ganz besondere Geschichte zu erzählen. Denn eines ist gewiss: Man kann nicht sterben, wenn man wissen möchte, wie es weitergeht...
Meine Meinung:
Miriams und Elias´ Mutter ist nach der Trennung von ihrem Mann schwer depressiv und will einen erweiterten Suizid mit den beiden Kleinen begehen, indem sie mit dem Auto in ein Gewässer fährt. Miriam rettet sich und ihren Bruder, und die beiden sehen sich unversehens in einem tiefen Wald einer Hänsel und Gretel-Situation gegenüber. Sie finden eine Hütte und dank Miriams Einfallsreichtum haben sie auch ein wenig zu essen und zu trinken sowie einen warmen Unterschlupf. Die philosophisch veranlagte Miriam erzählt Elias eine Geschichte, und als dieser krank wird, will er unbedingt wissen, wie sich die Dinge weiterentwickeln. „Denn man kann nicht sterben, wenn man wissen möchte, wie es weitergeht."
Steinfests Romane sind immer ein Erlebnis, dank ihrer Sprachgewalt und ihren skurrilen Einschlägen. „Das himmlische Kind“ nun fällt aus der Reihe der bisherigen belletristischen Kriminalromane, vor allem inhaltlich, aber auch stilistisch. Die Sprache ist diesmal deutlich reduzierter, da gibt es kaum noch auf den ersten Blick abwegige, bei genauerem Hinsehen punktgenaue Vergleiche und Sprachbilder. Was nicht heißen soll, dass dieser Roman sprachlich reizlos wäre, er ist nur anders als ich es von Steinfest gewohnt bin.
Auch die Skurrilität ist deutlich zurückgeschraubt, bzw. kaum vorhanden. Dafür bekommt der Leser eine Art modernes Märchen und ein Hohelied auf die Macht von Geschichten, fein und sorgsam erzählt, bedächtig vorgetragen und fesselnd von der ersten bis zur letzten Seite.
Ich wollte unbedingt wissen, wie es mit den beiden Kindern weitergeht und auch, wie Miriam ihre für Elias erdachte Geschichte weiterspinnt.
Trotz all dieser positiven Aspekte wird dieser Roman polarisieren, vor allem aufgrund der tragenden Figur Miriam, die mit ihren 12 Jahren einfach zu gewitzt, einfallsreich und vor allem philosophisch daherkommt. Mich störte es nicht wirklich, aber ich denke, manche Leser wird dies abschrecken.
Fazit: Steinfest einmal von einer ganz anderen Seite, reduziert auf das geradlinige Erzählen einer Geschichte wie ein Märchen, in einer prägnanten Sprache und vielen Dialogen.
8 Punkte