Der Erfolg eines Buches hängt davon ab...

  • Als Marketingfuzzi und Autor fragte ich meinen Lektor, meinen Abteilungsleiter und den Verlagsinhaber, wovon denn der Erfolg eines Buches abhinge.
    Ich konnte nicht einsehen, dass manche Romane eine schwindelerregende Auflage erreichten, sogar zu Filmen wurden, die ich als Schwachsinn, gar als Schund empfand.


    Die Antwort war klar und einfach: Wie bekommt man einen 20 Pfund Hammer auf Überschallgeschwindigkeit? Man verpasse ihm nur genug PS.
    Und wie bekommt man einen Schundroman auf über eine Million Auflage?


    Man investiere nur in genügend Werbung. :gruebel :chen


    Das gab und gibt mir zu Denken. Wer spinnt hier? Hoffentlich nicht die Leser? Oder...die kaufen doch irgendwie oder kaufen die Verlage ihre so hoch gelobten Bücher vielleicht selbst wieder?


    Na ja, das mit dem Hammer gefällt mir irgendwie besser :wave

  • Zitat

    Original von hef
    Man investiere nur in genügend Werbung. :gruebel :chen


    Naja, ich schätze, vom Grundgedanken her ist da schon was dran. Wenn man mit Werbegeld genügend Marktpräsenz und Sichtbarkeit erzielt, greift irgendwann der menschliche Herdentrieb und Leute kaufen es, weil sie denken, dass andere Leute es kaufen, weil's ja vorne auf dem großen Stapel liegt (was suggeriert, dass alle Welt es kauft), und tausend Fliegen können nicht irren ...
    Das funktioniert schon ... irgendwie.


    Wenn es dann schundig genug ist, dass sich Leute öffentlich (z.B. in Foren) über den Schund aufregen, generiert das nur noch mehr Käufer, weil die ja alle mitreden wollen.


    Eine Garantie auf Erfolg ist diese Methode aber nicht, auch wenn sie hin und wieder funktioniert. Es gibt auch genug Rohrkrepierer, denen alles Werbegeld dieser Welt nicht auf die Füße geholfen hat. Also muss noch eine andere, mystische Zutat eine Rolle spielen. Zumindest bei den Superbestsellern. Die Dinger treffen irgendeinen Nerv, und plötzlich explodiert der Hype. Ich habe schon oft genug in Interviews gelesen, dass auch die Verlagsleute nicht so genau wissen, warum. Keiner kann einen Bestseller wirklich vorhersagen. Man kann nur die Entstehungsbedingungen möglichst günstig gestalten.


    Ich fürchte aber schon, dass es die Leser sind, die den Schund am Ende kaufen. Weil das besagte Herdenphänomen, hat man es mal geschafft zu aktivieren, wirklich nichts mehr mit dem Inhalt des Produkts äh des Buches zu tun hat. Oder nicht viel. Die Verpackung mag vielleicht noch eine Rolle spielen...


    Ich habe aber auch mal irgendwo gelesen, dass Produkte, die mit viel Kohle zum Bestseller getrieben werden, aber von enttäuschender Qualität sind, Eintagsfliegen bleiben. Der Nachfolger spielt dann nur noch einen Bruchteil ein, egal was man macht. Die Käufer merken sich, wenn es Schund war.
    Schönes Beispiel seinerzeit: Feuchtgebiete.
    Riesenhype, gigantische Verkaufszahlen, um ein reichlich belangloses Büchlein, das mit billigster Provokation am Schund entlang schrammte. Danach kam Schoßgebete, aber hat das noch irgendwen interessiert? Die Stapel in den Läden verschwanden ganz schnell verschämt in die Ecke. Kein Mensch redete über das Buch. Schließe ich daraus auf die Verkaufszahlen, würde ich sagen, das ist nicht mal ansatzweise so gut gelaufen wie der erste Roman.


    Twilight hingegen, um mal ein Gegenbeispiel zu nennen (und ich bin kein Fan von den Büchern, im Gegenteil - aber es gibt genug echte Fans) scheint das gewisse Extra zu haben, das die Massen auch über mehrere Bände hinweg zum Kaufen animiert, und als dann die Filme kamen, gab es ja eh kein Halten mehr. Aber selbst eine Verfilmung setzt erst mal eine gewisse Grundschwungmasse voraus, sonst wird kein Studio darauf aufmerksam...



    Schöne Grüße,
    Andrea

  • Es stellt sich ja auch die Frage, wer die Käufer sind, die eine Millionenauflage zustande bringen. Die Vielleser wohl kaum. Ich fürchte, da gibt es gar nicht so viele. Um auf hohe Verkaufszahlen zu kommen, ist der Gelegenheitsleser gefragt, der sich nicht großartig in Foren tummelt, der keine Rezensionen liest, der sich allenfalls am TopTen-Regal im Supermarkt orientiert und eben am Massengeschmack, bzw. dem, was ihm am häufigsten unter die Nase gehalten wird. Auf diese Käuferschicht zielt Werbung ab und sie funktioniert.


    Und dann gibt es tatsächlich diese unerklärlichen Phänomene wie Twilight, Harry Potter oder Shades of Grey. Die müssen einfach etwas haben, das unwiderstehlich wirkt, ähnlich dem Duft einer läufigen Hündin, der kein potenter Rüde in der Umgebung widerstehen kann.


    Dieser "Duft" lässt sich nicht einfach herstellen. Keine Ahnung, welche Mechanismen da greifen.
    Ich kanns sowieso nicht erklären, weil ich bei solchen Sachen anscheinend unempfänglich bin. Ich teste diese Bücher aus ratloser Neugier und lege sie angelesen wieder weg, ohne vom Strudel allgemeiner Begeisterung mitgerissen worden zu sein. ?(

  • ... so lautete das Erfolgsrezept für Kinofilme in den 1950ern, als es darum ging, sich gegen das zunehmend dominante Fernsehen durchzusetzen. Die Leute gingen nicht mehr so häufig und regelmäßig ins Kino. Das finanzielle Risiko einer Filmproduktion wurde größer und damit auch der Erfolgsdruck, der heute zum Teil extrem alle Branchen durchdringt.


    Verständlich, dass man ein Erfolgsmuster finden möchte, dass den rentablen Absatz sozusagen garantiert.


    Ich denke, gezielte und umfangreiche Werbung ist die halbe Miete, um ein Produkt - ganz gleich ob ein Buch oder etwas anderes - erfolgreich im Markt unter- und an den Mann zu bringen. Je öfter von etwas irgendwo die Rede ist, umso eher prägt es sich ein, und wenn dann der Sowieso auch noch in seiner Kolumne drüber schreibt oder es in der TV-Sendung XYZ erwähnt wird, ist das sicher ziemlich hilfreich. Ebenso wie Vitamin B.
    Eine nette Hintergundsstory (die schon erwähnte Skandalgeschichte etwa) oder ein bestimmter Nimbus (z.B. wegen eines streitbaren Themas, etwas absolut Neuem oder Exklusivität) sowie damit verbundene bekannte Namen pushen auch häufig die Verkaufszahlen.


    Was sonst noch einen Erfolg garantiert, ist meines Erachtens weniger kalkulierbar oder gezielt zu beeinflussen. Das sind die so genannten Massenphänomene, die aus häufig nicht ganz nachvollziehbaren Gründen zum Selbstläufer werden, weil sie durch Mundpropaganda epidemieartig um sich greifen. Die davon betroffenen Produkte müssen dazu nicht unbedingt gut oder qualitativ hochwertig sein, es reicht, dass sie "entdeckt werden" und dann - sozusagen gratis - durch die Verbraucher beworben werden (so gen. Hype).
    Diese Erfolgsfaktoren lassen sich in den meisten Fällen nicht steuern oder vorhersehen.


    Ich würde deswegen zu der Annahme tendieren, dass der Erfolg eines Buchs einerseits von guter Werbung und andererseits von einer guten Portion Glück/Zufall abhängt.


    In diesem Zusammenhang wäre auch die Frage interessant, was einen dauerhaften Erfolg bzw. Evergreen ausmacht? Viele Bücher, Filme oder andere Produkte sind für eine gewisse Zeit der Renner, doch nur wenige halten sich über Jahrzehnte und üben auf mehrere Generationen Faszination aus.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Alice Thierry ()

  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    In diesem Zusammenhang wäre auch die Frage interessant, was einen dauerhaften Erfolg bzw. Evergreen ausmacht? Viele Bücher, Filme oder andere Produkte sind für eine gewisse Zeit der Renner, doch nur wenige halten sich über Jahrzehnte und üben auf mehrere Generationen Faszination aus.


    Ich glaube das ist kaum greifbar. Man schaue nur auf den Film "Casablanca" - dieser Film hat Kultstatus. Und warum? Weil manche Sätze aus diesem Film zu echten Redewendungen geworden sind? Oder lag es an den genialen Ingrid Bergmann und Humphrey Bogart? An der Story als solche kann es dagegen kaum gelegen haben. Die ist eher banal.


    Oder warum haben beispielsweise "Der Fänger im Roggen" und "Steppenwolf" diese unglaubliche Begeisterung - gerade auch bei jungen Menschen - verursacht?


    Warum also diese ganz besondere Faszination? Keine Ahnung..... :-(

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich glaube, "Casablanca" lebt vor allem von seinen Typen und der Atmosphäre (wenn's auch nicht Original-Nordafrika, sondern das Warner-Studio ist). Die Bergmann ist eigentlich blass, aber dafür ist die Besetzung sonst bis in die kleinste Nebenrolle erlesen.
    Hinzu kommt wohl auch der Zeitbezug.


    Die Zuschauer/Leser finden sich bzw. ihre Lebensumstände auf irgendeine Weise in diesen Filmen/Büchern wieder. Das wäre jetzt meine Interpretation.


    Was sagt das dann über solche Kult-Erfolge wie "Clockwork Orange" oder "Terminator" aus? ?(

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  • Zitat

    Original von Alice Thierry
    Ich glaube, "Casablanca" lebt vor allem von seinen Typen und der Atmosphäre (wenn's auch nicht Original-Nordafrika, sondern das Warner-Studio ist). Die Bergmann ist eigentlich blass, aber dafür ist die Besetzung sonst bis in die kleinste Nebenrolle erlesen.
    Hinzu kommt wohl auch der Zeitbezug.


    Die Zuschauer/Leser finden sich bzw. ihre Lebensumstände auf irgendeine Weise in diesen Filmen/Büchern wieder. Das wäre jetzt meine Interpretation.


    Was sagt das dann über solche Kult-Erfolge wie "Clockwork Orange" oder "Terminator" aus? ?(


    .....oder auch "Blow up"?


    Eine Frage, die ich für mich leider nicht beantworten kann. :-(

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  • Es gibt keine nachvollziehbare Erklärung dafür, warum manche Bücher sehr erfolgreich sind/waren und andere nicht. Marketing hilft (echte Verkaufshilfen sind das Fernsehen und das extrem reichweitenstarke Magazin "db-mobil", das in Holtzbrinck-Händen ist, wie übrigens auch "lovelybooks"), ist aber längst kein Garant. Auch enorm beworbene Bücher können floppen, wie Bücher extrem erfolgreich werden können, für die kaum Werbung gemacht wurde - etwa "Der Hundertjährige, der aus dem Fenster sprang und verschwand", Wahnsinnsbestseller im vergangenen Jahr, weit über eine Million verkaufter Exemplare allein der Printfassung.


    Wer wüsste, wie Bestseller sicher funktionieren, könnte einen sehr hoch dotierten Job in der Verlagsbranche abgreifen. Die wissen das dort nämlich auch nicht. Sie agieren nach dem Prinzip Hoffnung - und/oder setzen auf die Nummer Sicher.

  • Tom nimmt mir gerade das Wort aus dem Mund :wow


    Wenn irgendjemand wüsste, sicher wüsste, wie man Bestseller funktionieren, gebe es fast den gesamten Schwanz, der die Verlagsbranche hinter sich her zieht nicht.
    Es gibt auch genug Beispiele für Werbeaktionen bestimmter Titel, die trotzdem gefloppt sind.
    Genauso, wie auch (erfahrungsgemäß) große Autorennamen nicht zwangsläufig einen Erfolg garantieren!


    Die großartige Wahrheit ist; niemand weiß es! :-]



    zufriedene Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Zitat

    Original von Elbereth
    Die großartige Wahrheit ist; niemand weiß es! :-]


    Dem würde ich mich auch anschliessen. Dennoch kann man gewisse Trends verfolgen und so aus Marketingsicht Wege gehen, die mehr Erfolg versprechen als andere.


    Als zum Beispiel die Twilight-Ära begann, blähte sich der Markt um Vampirbücher aus dem Nichts ins Unermessliche. Viele begeisterte Leser waren nun bereit, sich auch andere Vampirgeschichten anzusehen, in der Hoffnung, nochmal ins romantische Träumen zu kommen. Kein Wunder also, daß die Verlage jedes Buch, in dem auch nur ein einzelner Vampir auf einer einzigen Seite des Buches erwähnt wird, plötzlich unter einem "Vampirtitel" verkauft haben. Ein schönes Beispiel ist hier Monings "Im Bann des Vampirs", welches nun mal gar nichts mit Vampiren zu tun hat. Generell ist es sicher vorteilhaft, thematisch auf den Puls der Zeit aufzuspringen.


    Ein anderer guter Weg ist Provokation, also am Rande des erlaubten schreiben. Vor zwanzig Jahren wäre Shades of Grey noch als pervers unterm Tresen im Sexshop verkauft worden. Heute hat sich das Empfinden der Menschen zu sexuellen Spielarten gewandelt und das Buch hat eben genau den richtigen Zeitpunkt erwischt, um hier Kontroversen zu starten. Plötzlich konnte man das Buch kaufen, ohne es verstecken zu müssen und war damit salonfähig.


    Hat man bereits einen großen Namen, hilft einfaches Marketing bestimmt. Dan Brown hat eine große Fangemeinde, wenn man also die Fans über Werbung einfach nur informiert, daß er ein neues Buch geschrieben hat, wird es auch gekauft. Dasselbe Marketing würde bei einem No-Name gar nix bringen.


    Ansonsten sehe ich immer noch die "Persönliche Empfehlung" eines Freundes als stärkstes Verkaufsinstrument, auch wenn es sich nicht steuern lässt. Wenn du Freunde mit ähnlichem Buchgeschmack hast, haben sie dir sicher schon oft Bücher empfohlen oder auch andersherum. So kommen meines erachtens die meisten Buchkäufe zustande. Das funktioniert besonders bei Büchern gut, die der Mainstream interessant findet. Eigentlich reicht es, nur einige Leser zu gewinnen, die dann aber so begeistert sind, daß sie es all ihren freunden erzählen und so weiter - Schneeballsystem. Funktioniert dann auch bei selbstverlegten No-Name Bücher.


    Dabei sollte aber klar sein, daß die objektive Qualität eines Buches hier nichts mit der subjektiven Beliebtheit zu tun hat. Es kann durchaus sein, daß ein Buch, welches Hef nach seinen eigenen Bewertungsmaßstäben als Schund empfindet, viele begeisterte Leser findet, die ganz andere Bewertungsmaßstäbe haben. Bestes Beispiel ist hier doch das Hollywood Blockbuster Kino, daß selbst mit dem größten "Schund" Millionen ins Kino bringt, manchmal auch mich. Nicht jeder Film und nicht jedes Buch muss literarisch wertvoll sein, manchmal reicht es auch, unterhaltsam zu sein, um ein Welterfolg zu werden.

  • Zitat

    Original von Tannenbernie
    Ansonsten sehe ich immer noch die "Persönliche Empfehlung" eines Freundes als stärkstes Verkaufsinstrument, auch wenn es sich nicht steuern lässt.
    ...
    Eigentlich reicht es, nur einige Leser zu gewinnen, die dann aber so begeistert sind, daß sie es all ihren freunden erzählen und so weiter - Schneeballsystem. Funktioniert dann auch bei selbstverlegten No-Name Bücher.


    In Bezug darauf würde mich interessieren, wie hilfreich facebook für Autoren ist. Können sie damit neue Leser generieren? Ich bin nicht auf facebook, habe deshalb keine Erfahrungswerte und würde gerne eure Meinung dazu hören. Habt ihr schon Buchtipps über facebook abgegrast? Wo hoch seht ihr das Streuungspotential?

  • Da gibt es vermutlich so viele Meinungen wie Nutzer - ich für meinen Teil kann mir jedoch nicht vorstellen, über Facebook auch nur einen Leser gewonnen zu haben. Das Tool eignet sich zur Pflege einer vorhandenen Fanbase und gibt dazu Möglichkeiten, die man früher nicht hatte. Aber neue Leser gewinnen - glaube ich nicht.


    Also ich sehe neben der Möglichkeit, mit Freunden in Kontakt zu bleiben, Facebook als amüsantes Entertainment, auf dem man eben täglich umsonst lustigen Quatsch ansehen kann. Zum Kauf von etwas animiert werden - das hats bei mir zumindest auf Facebook noch nicht gegeben.


    Und Buchempfehlungen von Freunden hole ich mir, wenn man mit einem schönen Bier zusammensitzt - da wird dann auch drüber gequatscht. Nen Facebook-Post sehe ich da nicht als gleichwertig.


    Also Fanbase pflegen - ja.
    Aber einen Schneeball starten - ne glaub ich nicht.

  • Zitat

    Also Fanbase pflegen - ja. Aber einen Schneeball starten - ne glaub ich nicht. Rosha


    Dem kann ich nur eingeschränkt zustimmen. Richtig ist meiner Erfahrung nach, dass in Facebook zwar jeder Mist weiterverbreitet wird, aber dort eine Welle mit einem Buch auszulösen ist eher schwierig (will meinen: ein Bild mit einem Kätzchen und einem Wollknäuel drauf kann sich durch das ganze Netz verbreiten, die Information: "Ich habe mein neues Buch veröffentlicht" bleibt aber schnell stecken).
    Allerdings: Ein paar Menschen werden die Nachricht eben doch erhalten. Und insbesondere für Selfpublischer zählt am Anfang jedes verkaufte Buch (auch weil es Rezensionen und Öffentlichkeit nach sich ziehen kann). Wenn ein Verlag sowieso dafür sorgt, dass das Buch in allen Buchhandlungen an exponierter Stelle steht, dann macht diese Mühe möglicherweise nicht mehr so viel Sinn. Ansonsten muss aber nun einmal auch das allerbeste Buch erstmal von irgendwem gelesen und weiterempfohlen werden, bevor ein gesundes Interesse bei einer größeren Leserschaft entstehen kann. Dabei können Medien wie Facebook durchaus eine Hilfe sein.

  • Zitat

    Original von Tom
    Es gibt keine nachvollziehbare Erklärung dafür, warum manche Bücher sehr erfolgreich sind/waren und andere nicht. Marketing hilft (echte Verkaufshilfen sind das Fernsehen und das extrem reichweitenstarke Magazin "db-mobil", das in Holtzbrinck-Händen ist, wie übrigens auch "lovelybooks"), ist aber längst kein Garant. Auch enorm beworbene Bücher können floppen, [...]



    Neulich habe ich von folgendem Fall gehört: Ein großer Verlag brachte ein Buch aus einem angesagten Genre heraus, das Werbebudget lag im Bereich von etwa 150.000 - 200.000 Euro, erreichte also eine Höhe die darauf schließen ließ, dass der Verlag Verkaufszahlen im deutlich sechsstelligen Bereich erwartete.


    Nach vorsichtigen Schätzungen lagen die Verkaufszahlen dann aber nur im gemäßigten fünfstelligen Bereich, erlangten also nicht einmal 10 Prozent des Angestrebten.


    Da ich selbst bald zu einem großen Verlag wechsle (nein, nein, nicht zu demselben), frage ich mich natürlich: Hat des Lektorat den m.E. gravierenden handwerklichen Mängeln des Manuskripts zu wenig Beachtung geschenkt? Oder ist das Marketing davon ausgegangen: Dieses Genre läuft so gut, bei der vielen Werbung sind die Mängel unerheblich. Oder eine Mischung von beidem?


    Und was bedeutet dies für den Autor? Meiner Ansicht nach ist er der wirklich Leidtragende, denn er war in vielerlei Hinsicht nicht gut beraten.


    :wave Nadja


    edit: ottograffie

  • Ich stelle mir gerade vor einVerlag nimmt eine halbe Million Euro in die Hand und macht Werbung für Frau Kaplan. Jeder Erguß erhaltbar für 9,99€. Das zeigt mir, Werbung ist nicht alles.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Ich stelle mir gerade vor einVerlag nimmt eine halbe Million Euro in die Hand und macht Werbung für Frau Kaplan. Jeder Erguß erhaltbar für 9,99€. Das zeigt mir, Werbung ist nicht alles.


    Ein Mal, also, für ein Buch, ginge es vielleicht sogar. Bis sich die Sache herumgesprochen hat. :grin


    Andererseits ist gerade Simone Kaplan auch ein Beispiel dafür, daß du nicht qualitativ gut sein mußt, um Aufmerksamkeit zu erregen. Qualitativ schlecht erreicht denselben Effekt.


    Edit: Buchstaben nachgetragen. Schreckliche Tastatur an diesem PC.

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Josefa ()

  • Zitat

    Original von Nadja Quint
    Da ich selbst bald zu einem großen Verlag wechsle (nein, nein, nicht zu demselben), frage ich mich natürlich: Hat des Lektorat den m.E. gravierenden handwerklichen Mängeln des Manuskripts zu wenig Beachtung geschenkt? Oder ist das Marketing davon ausgegangen: Dieses Genre läuft so gut, bei der vielen Werbung sind die Mängel unerheblich. Oder eine Mischung von beidem?
    Und was bedeutet dies für den Autor? Meiner Ansicht nach ist er der wirklich Leidtragende, denn er war in vielerlei Hinsicht nicht gut beraten.


    Wie Tom schon richtig bemerkte, folgt kommerzieller Erfolg für ein Buch nicht immer rational erklärbaren Regeln.
    Warum dieses mit viel Werbebudget in den Markt gedrückte Buch floppte, kann viele Gründe haben, und höchstwahrscheinlich waren es nicht handwerkliche Mängel oder ein Lektorat, das selbige übersah. Gerade zu Beginn der Autorenkarriere glaubt man, der Verkaufserfolg eines Buches müsse, bei allem Drumherum, doch mit der Qualität des Inhalts verknüpft sein. Man lernt dann nach einiger Zeit, dass dem nicht so ist.
    Bücher, die handwerklich unter aller Kanone sind, auch oder gerade im Selfpublisher-Bereich, entwickeln sich zu echten Granaten. Titel, bei denen man als Leser glaubt, man habe nie etwas Tolleres gelesen, dümpeln traurig in der Ramschkiste vor sich hin und sind auch bald wieder verschwunden. Achte mal drauf, wie oft englischsprachige Lizenztitel nach dem zweiten Band beim deutschen Verlag nicht weitergeführt werden. Das sind in der Regel Rohrkrepierer, die mit großen Hoffnungen und viel Geld eingekauft wurden, bei denen es den ersten nur im Doppelpack mit dem zweiten Band gab (der dann eben auch noch herausgebracht werden musste), und die man dann stillschweigend sterben lässt.
    Ein Verlag kann beispielsweise noch so viel Geld in die Werbung verpulvern, kann das Buch als Spitzentitel bewerben und was noch alles - wenn der Buchhandel nicht dran glaubt und es einfach nicht einkauft, war's das für das Buch. Dann verkaufen sich ein paar tausend Stück über Online-Quellen und die viereinhalb unabhängigen Buchlädchen, die es sich doch ins Regal stellen und eine fünfstellige Investitionssumme ist verbrannt (der Autor danach recht häufig auch - zumindest bei diesem Verlag).
    Viele Flops entstehen schon, bevor das Buch überhaupt erschienen ist.
    Natürlich gibts dann noch die Möglichkeit, dass der Verlag sich mit einem Gutteil dieser Marketinggelder die Schaufenster-Plätze und die Im-Regal-Gesicht-nach-vorn-Plätze und die Büchertisch-Plätze bei den großen Buchhandelsketten kauft, und dann tatsächlich die Leute nicht zugreifen. Auch wiederum nicht unbedingt wegen des Inhalts, sondern vielleicht, weil Klappentext und Titelbild nicht ansprechen.
    Flop wegen inhaltlicher Mängel kommt erst gaaanz weit hinten in der Kette. Dann müssen es viele Leute schon gekauft haben, um ihren Freunden zu sagen, dass sie die Finger davon lassen sollen.


    Was das für Dich als Autor dann heißt:
    Tja, da scheiden sich die Geister. In der Agenturwelt gibt es Stimmen, die für mittlere und kleine Vorschüsse plädieren, damit die Verlagsinvestition nicht so hoch ist, damit der Autor im Falle eines Flops eben nicht gleich als verbrannt gilt. Dann gibt es die anderen Stimmen, die möglichst hoch zu verkaufen suchen, damit der Verlag aufgrund der hohen Anfangsinvestition in den Vorschuss gezwungen ist, auch viel Geld ins Marketing zu stecken, um die Investition möglichst abzusichern, um damit also die Chancen für einen kommerziellen Erfolg zu steigern.
    Kurzum, wenn es klappt, gut für Dich.
    Wenn nicht, wird der Verlag vielleicht kein Folgebuch mit Dir machen wollen und vielleicht sind auch andere Verlage zögerlich, sollte der finanzielle Verlust hoch genug gewesen sein, dass es sich rum spricht.
    Ein Weg, damit umzugehen ist es, das nächste Buch unter Pseudonym anzubieten. Es gibt Autoren, die haben ein halbes Dutzend und mehr Pseudonyme, von denen etliche dazu dienten, das vorprogrammierte Floprisiko nach einem schlecht verkauften Vorgängerprojekt abzuwenden.


    Es ist also nicht das Ende der Welt, aber zumindest sehr ärgerlich und sehr nervenaufreibend. Jedenfalls wünsche ich Dir, dass Dir sowas nicht widerfährt.


    LG, Andrea

  • Hallo Andrea,


    herzlichen Dank für Deine ausführliche Antwort.


    In der Tat: Es fällt mir nicht leicht zu akzeptieren, dass Qualität und Verkaufserfolg offenbar so wenig miteinander zu tun haben. Da drängt sich mir der Gedanke auf: Dann muss ich mir ja nicht so viel Mühe geben. ;-)



    Zitat

    Original von agu


    Ein Verlag kann beispielsweise noch so viel Geld in die Werbung verpulvern, kann das Buch als Spitzentitel bewerben und was noch alles - wenn der Buchhandel nicht dran glaubt und es einfach nicht einkauft, war's das für das Buch.


    Diese Aussage finde ich besonders interessant, weil ich mich frage:


    Woran liegt es, dass der Handel an ein Buch glaubt oder eben auch nicht? In dem gewählten Beispiel hatte sich zumindest eine Buchhandelskette an der Print-Werbung beteiligt. Ich möchte hier die Identität des Buchs nicht preisgeben, aber so viel sei gesagt: Im vorliegenden Fall könnte ich mir durchaus vorstellen, dass der "Glaube" der Händler doch etwas mit der Qualität zu tun hatte.


    Vor allem aber hat mich das krasse Missverhältnis zwischen Werbeaufwand und resultierenden Verkaufszahlen entsetzt. Doch wenn ich Dich und Tom richtig verstehe, kommt so was gar nicht selten vor.


    Dem betroffenen Autor kann ich nur wünschen, dass er beim nächsten Buch (vielleicht unter Pseudonym) erfolgreicher ist.


    Beste Grüße :bluemchen


    Nadja

  • Zitat

    Original von Nadja Quint



    Woran liegt es, dass der Handel an ein Buch glaubt oder eben auch nicht?


    Ich kann nicht für den Handel sprechen sondern nur als Teil desselben, mich - als Buchhändler mit einer gewissen "Verpflichtung" gegenüber meinen Kunden - interessiert das Werbebudget und sonstiger Klimbim nicht im mindesten! u oft habe ich erlebt das der Verlag Unsummen in irgendwelchen (in meinen Augen) Mist investierte um irgendeine massenkompatible Scheiße zu pushen und die wirklich guten Titel von herausragenden Autoren links liegen gelassen wurden.


    Über Geschmack lässt sich nicht streiten, viele Bücher zu verkaufen ist gut für den Buchhandel... all das bleibt unwidersprochen!


    Und so sehr ich zB. den literarischen Wert von "Shades of Grey" in Frage stellen mag, dieses Buch und seine Nachfolger haben uns tatsächlich den Arsch gerettet - finanziell gesehen! Und kein Buchhändler der bei klarem Verstand ist kann sich ernsthaft über so etwas beklagen....


    .... nur wer bei klarem Verstand ist wird kaum Buchhändler..... :gruebel



    Buchhändler lieben ihre eigenen Entdeckungen, Bücher, die etwas besonderes sind und die nicht auf urgendeiner Liste stehen, Bücher, die der Verlag nur aus Versehen herausgebracht hat, die ein Lektor durchgeschummelt hat als der Programmleiter gerade mal pinkeln war....


    Wichtig ist das wir beides haben! Wir brauchen Bestseller, egal wie beschissen wir sie vielleicht finden - wir sind alle kleine, elitäre Literaten - denn damit verdienen wir unseren Lebensunterhalt. Wichtiger ist aber: Die Kunden kaufen es und erfreuen sich daran!


    Man kann och so elitär von seinem hohen Ross auf diese Leute herunterschauen, unser Job ist es die Kunden zufriedenzustellen! Wir sind keine Scheißkreuzritter im Kampf für "gute Bücher", unsere Aufgabe ist es dem Kunden "sein" Buch zu verkaufen, ungeachtet unserer persönlichen, privaten Meinung!


    Doch manchmal sitzen wir da, abends, bei einer Tasse Tee.... und träumen...




    ... das der Verlag mal das richtige Buch pusht!