Titel: Gute Leute
OT: Anashim Tovim
Autor: Nir Baram
Übersetzt aus dem Hebräischen von: Markus Lemke
Verlag: Carl Hanser Verlag
Erschienen: August 2012
Seitenzahl: 456
ISBN-10: 3446239693
ISBN-13: 978-3446239692
Preis: 24.90 EUR
Das sagt der Klappentext:
Der eine, der deutsche Werbefachmann Thomas Heiselberg, wird zum Berater der Nazi-Regierung, die andere, die russische Jüdin Alexandra Weißberg, arbeitet für den NKWD. Buch Wie viele andere gute Leute werden die beiden, obwohl an Politik kaum interessiert, zu Wegbereitern größter Verbrechen. Vom Ehrgeiz getrieben, erstellt Heiselberg ein Profil über den Volkscharakter der Polen, das bald grausame Anwendung findet. Weißberg wiederum verrät in der Illusion, ihre Brüder zu retten, die regimekritischen Freunde ihrer Eltern. Bei einem Sonderauftrag treffen die beiden 1941 in Brest unter dramatischen Umständen zusammen und erkennen zu spät die Folgen ihres Tuns.
Der Autor:
Nir Baram, geboren 1977 in Jerusalem, stammt aus einer Politikerfamilie und setzt sich aktiv für die Gleichberechtigung der Palästinenser und für Frieden in Israel ein.
Meine Meinung:
Amos Oz sagt über dieses Buch: "Der Roman ist mit Begabung, Wucht und Brillanz geschrieben." Zudem sieht er im Mittelpunkt dieses Romans ein zutiefst moralisches Interesse.
Die Frage, die über allen steht: Wie hätte man sich in einer ähnlichen oder sogar gleichen Situation verhalten?
Ist das Verhalten der Protagonisten zu tadeln? Kann man ihnen als Außenstehender resp. als Leser irgendwelche ernsthaften Vorhaltungen machen? Wohl kaum.
Die zwei Handlungsstränge des Buches bewegen sich unaufhaltsam aufeinander zu, obwohl man als Leser stets rätselt wo sie (die Handlungsstränge) sich denn wohl letztendlich treffen werden. Baram ist ein meisterhafter Erzähler, der gerade durch seine distanzierte und teilweise sogar kühle Erzählweise eine ganz besondere Atmosphäre schafft. Sein Realismus ist manchmal erschreckend, wirkt dabei aber immer authentisch. Nichts ist aufgesetzt. Mitleidlos erzählt Baram seine Geschichte - und es scheint ihm egal zu sein, ob die Leser ihm folgen oder nicht. Er hat etwas zu erzählen - und er erzählt es; egal ob da jemand ggf. zwischenzeitlich meint aussteigen zu müssen.
Das Buch besticht durch seine erzählerische Intensität, die gerade auch aufgrund der Distanziertheit und Kühle besonders zum Tragen kommt.
Das Buch klagt weder an noch verurteilt es. Es (das Buch) berichtet und die Beantwortung der Frage, wie man selbst gehandelt hätte, mag jedermann/jedefrau für sich ganz allein beantworten. Eine richtig oder falsch gibt es bei dieser Antwort nicht.
Ein sehr lesenswertes Buch.
Es ist leicht anderen moralisches Fehlverhalten vorzuwerfen - es ist aber ganz gewiss nicht leicht, vielleicht fast sogar unmöglich, sich selbst in einer Ausnahmesituation immer moralisch einwandfrei zu verhalten.
Und wie heisst es doch: "Es werfe der den ersten Stein......."
Und - wo beginnt moralische Schuld?
Ein Buch, eine Geschichte, die ganz gewiss noch nachklingen wird.
8 Eulenpunkte