'Das Geheimnis der Maurin' - Seiten 100 - 186

  • Zitat

    Original von beowulf


    Nenne mir auch nur einen Krieg, der wirklich etwas mit Religion zu tun hatte oder hat. Das Mäntelchen der Religion dient immer nur dazu Machtinteressen zu verschleiern- oder warum wurden wohl regelmäßig Juden verfolgt und getötet und die Schuldscheine gingen dabei in Flammen auf? Oder Isabella- die wollte beim Papst einen Stein im Brett, weil sie ihre Töchter gut verheiraten wollte, da kam ihr die Vertreibung der Moriskos gerade recht, ausserdem musste sie bei immer damit rechnen, dass erstarkte Morisken Aufstände anzetteln könten um Grenada zurückzuerobern. Null, null ging es da um Christus/Mohammed, da ging es um Macht und Land.


    Nach meinen Recherchen muss ich da widersprechen: Isabella war wirklich eine extrem gläubige Frau, es war ihr schon auch ein inneres Anliegen, ihr Land christlich zu bekommen.
    Fernando war da sicher eher Pragmat: Der wollte das Praktische, das für ihn und seine Interessen Nützliche.


    LG
    Lea

  • Zitat

    Original von Kirsten
    Eigentlich ist es ja unvorstellbar, dass die Christen damals nicht auch schon wussten, dass so eine Taufe unter Zwang nicht zu wahrem Glauben führen kann.


    Na ja, es gibt vieles in der Kirchengeschichte, was mich immer wieder, hm, erstaunt. Z. B. daß die frühe Kirche rund achtzig Jahre nach dem Ende der Christenverfolgungen im Römischen Reich die Methoden, die früher gegen die Christen eingesetzt wurden, nun gegen die „Heiden“ einsetzten.


    Oder die Denke der Offiziellen hier im Buch. Ich weiß, daß man damals wohl so dachte - aber ich kann es weder verstehen noch nachvollziehen.



    Zitat

    Original von LeaKorte
    (...) und ja, der Roman ist aktuell - auch wenn er historisch ist. Leider.


    Ich lese relativ wenige historische Romane, so daß ich kaum Vergleichsmöglichkeiten habe. Aber hier habe ich ständig das Gefühl, als ob eine Geschichte aus der Vergangenheit erzählt wird, um uns heutigen einen Spiegel vorzuhalten und zu warnen, wie man es nicht machen sollte. Nur daß, wenn ich mich in der Welt so umgucke, niemand die Warnung auch nur wahrnehmen möchte.



    Zitat

    Original von LeaKorte
    Das, was sie sagen mussten, war sogar der Originaltext, den mir eine Jüdin besorgt hat.


    :yikes :yikes :yikes



    Zitat

    Original von LeaKorte
    Auch das steht irgendwo im Roman, (sinngemäß) dass die Institution und die Grundidee nicht eins ist.


    Man könnte fast auf die Idee kommen, daß das immer noch so ist ...

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Du bist schon in allem auf der richtigen "Spur", lieber SiCollier .


    Man könnte aus der Historie lernen, gerade derzeit - aber wird man? Dann würde die Welt eine andere werden ... auf Wunder hoffen ist ja nie verkehrt.
    Der Mensch ist, was er ist. Und wie viele Fehler wiederholt man auch im eigenen Leben wieder und wieder?
    Trotzdem: So ein Spiegel kann ja nicht schaden. ;-)
    Und wenn man mit nachdenken aufhört, dann wird es wirklich schlimm. ;-)


    LG
    Lea

  • Zitat

    Original von Lea Korte
    Du bist schon in allem auf der richtigen "Spur", lieber SiCollier .


    Man könnte aus der Historie lernen, gerade derzeit - aber wird man?


    Ich habe längst resigniert: "man" (= der Mensch bzw. die, welche angeblich Verantwortung tragen und die Geschicke der Völker lenken) denken nicht daran, zu lernen bzw. Konsequenzen zu ziehen. Es sei denn, es nützt einem selbst (und schadet damit anderen...)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von Lea Korte


    Nach meinen Recherchen muss ich da widersprechen: Isabella war wirklich eine extrem gläubige Frau, es war ihr schon auch ein inneres Anliegen, ihr Land christlich zu bekommen.
    Fernando war da sicher eher Pragmat: Der wollte das Praktische, das für ihn und seine Interessen Nützliche.


    LG
    Lea


    ..und was waren die Quellen deiner Recherchen? Von Kirchenmännern verfasste Dokumente und von Kirchenmännern verfasste Chroniken. Honi soit, qui mal y pense..

  • Hallo allerseits,
    liebe Lea :knuddel1


    nur ganz kurz als Ergänzung zu dem Thema:
    Atheismus im Mittelalter:



    Das Buch von Dorothea Weltecke:
    "Der Narr spricht: Es ist kein Gott,
    Atheismus, Unglauben und Glaubenszweifel
    vom 12. Jh. bis zur Neuzeit."



    http://hpd.de/node/11174


    Mir ist schon klar, dass die meisten Menschen der damaligen Zeit sich ein Leben
    ohne Glauben und ohne Religion nicht vorstellen konnten.
    Für Zahra bedeutet es ja auch viel mehr, als "nur" Islam - es ist ihre Kindheit, ihre persönliche Geschichte, die Erinnerungen an das Leben in Granada vorher, ihre Identität eben.


    Das verstehe ich schon, auch wenn ich nicht gläubig bin und auch nie war.
    Ich kann die Gefühle nachvollziehen, die in ihr toben, die sie in seelische Konflikte stürzen.


    Dennoch wäre das Leben für alle viel einfacher,
    wenn gerade sie auch mehr Verständnis für Jaime`s Lage aufbringen würde.
    Sie neigt schon dazu, alles nur aus ihrer Perspektive zu beurteilen und die Toleranz, die sie ständig einfordert gegenüber dem Islam, ist sie selber nicht bereit, gegenüber dem Christentum zu gewähren.
    Wie man sieht, gefährdet sie damit den Zusammenhalt innerhalb ihrer Familie, der gerade in diesen turbulenten Zeiten lebenswichtig wäre.


    :wave


  • Die Kleidung war eben unterschiedlich. Er hat seinen Turban eben abgelegt. Verständlich, schon wegen der Gefahren für sich und der Familie.


    Mich hat allerdings gewundert, wo Raschild das Geld her hatte, den Schmuck aufzukaufen. Was macht er eigentlich bei Talavera? :gruebel Büroarbeiten?


    edit meint weiter :lesend - irgendwann kommt Columbus. Die Söhne wurden ja nicht grundlos erwähnt. :lache

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

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  • Zitat

    Original von beowulf


    ..und was waren die Quellen deiner Recherchen? Von Kirchenmännern verfasste Dokumente und von Kirchenmännern verfasste Chroniken. Honi soit, qui mal y pense..


    Ich fand sie eigentlich überall so dargestellt, überwiegend spanische Quellen und anerkannte Historiker (wie Menendez Pidal). Auf jeden Fal ist es das Bild, was sich bei mir dann verfestigt hat.


    LG
    Lea

  • Liebe Emmy,
    ja, das ist alles richtig, aber wer kann schon raus aus seiner Haut? Und für Toleranz war sie ja "vorher" - aber die Umstände sind andere.
    Und es ging mir auch darum, was wohl in jemand, der immer "extremer" reagiert, ablaufen könnte ... damit man sie zwar schütteln wollen kann, aber doch auch irgendwie versteht, dass sie nicht anders kann. Weil es innere Sperren gibt. Denn sie liebt Jaime ja trotzdem, sie ist im Konflikt.
    Und: Hätte sie zu allem genickt und weiter alles verstanden, wäre das Buch auch recht kurz geworden. ;-) Aber so war Zahra auch nie angelegt - sie ist keine, die "abnickt". Auch im ersten Buch schon nicht.
    LG
    Lea

  • Zitat

    Mich hat allerdings gewundert, wo Raschild das Geld her hatte, den Schmuck aufzukaufen. Was macht er eigentlich bei Talavera? :gruebel Büroarbeiten?


    edit meint weiter :lesend - irgendwann kommt Columbus. Die Söhne wurden ja nicht grundlos erwähnt. :lache


    Nein, ich "glaube" nicht, dass der kommt :grin, weil mich die Columbusgeschichte echt "nervt". Ganz weglassen konnte man es aber nicht, und da Juan mit den Söhnen wirklich befreundet war, habe ich sie dann lieber reingenommen. Es ging v.a. um die Orientierung: Ja, das war zu der gleichen Zeit, das zu wissen, ist wichtig - v.a., wenn man bedenkt, was die Spanier dann in Südamerika noch alles "vollbracht" haben (die Auswirkungen sieht man teilweise noch bei "Die Nonne mit dem Schwert")


    Irgendwo im Buch steht, was Raschid tut: Er übersetzt.


    LG
    Lea

  • Es geht ja wirklich Schlag auf Schlag. Die Tochter ist wieder da - dafür verschwindet erst der Mann - und dann auch noch Zahra. Dahinter steckt der Ehemann der Schwester - also eine "reine" Familiengeschichte.


    Deborahs Taufe und der damit verbundene Eid sind schon heftig. Aber die Alternative, die Auswanderung, ist auch nicht wirklich besser. Und da auch das Geld fehlt ist dies vielleicht doch der bessere Weg für sie. Ich bin gespannt, wie es weitergeht - und ich hoffe, daß Zahra bald gerettet wird! :wave

  • Zitat

    Original von Lea Korte
    Und klar macht Zahra es Jaime nicht leicht, aber nicht aus "niederen Beweggründen", sondern weil sie selbst leidet, nicht anders KANN. Sie wurde in eine Ecke gedrückt durch die neuen Umstände und fühlt sich hilfllos, verraten, allein gelassen - und ist dabei sicher ungerecht - von Jaime aus betrachtet. Aber in ihr drin sieht sie ein anderes Bild der Realität.


    Die Zerrissenheit von Zahra fand ich wunderbar geschildert. Ich hätte Zahra zwischendurch am liebsten geschüttelt, habe aber gleichzeitig mit ihr gefühlt, weil sie einfach nicht über ihren Schatten springen konnte und so unter ihrer Situation gelitten hat.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Verstanden habe ich das schon- Verständnis habe ich keines dafür, aber ich bin ja keine Frau.


    Wobei mir, je weiter das Buch voranschreitet, zunehmend auch das Verstehen für Zahra fehlt. Das hätte sie sich früher überlegen müssen. Jetzt, nach vielen Jahren und drei Kindern, ist es zu spät.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Das sie einfach rausrennt um Jaime zu suchen - dafür habe ich auch als Frau kein Verständnis. :fetch Sie weiß doch, dass Jaime von vielen Männern gesucht wird. Sie hätte sich lieber um ihre Kinder sorgen sollen. :pille

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Zitat

    Original von Lesebiene
    Das sie einfach rausrennt um Jaime zu suchen - dafür habe ich auch als Frau kein Verständnis. :fetch Sie weiß doch, dass Jaime von vielen Männern gesucht wird. Sie hätte sich lieber um ihre Kinder sorgen sollen. :pille


    Vorallem, da ihre Tochter ja schon entführt wurde... :nono

  • Ich habe gestern Nachmittag diesen Abschnitt in einem Rutsch gelesen.
    Er hinterlässt bei mir ein zwiespältiges Gefühl. Denn es gab Abschnitte, da stand ich ganz klar auf Jamies Seite und dann gab es Passagen, wo ich Zarah recht gegeben habe. Dennoch glaube ich, dass sie die falsche Entscheidung getroffen haben. Meiner Meinung nach wäre es sicherer für die Familie gewesen, dass die Kinder Christen werden. Ich vergleiche das ein bischen mit dem dritten Reich. Auch dort war es oft ratsamer nach Außen hin, den Nazi zu geben. Was ja nicht heißt, dass man im Inneren auch so gehandelt hat ;-) Aber das ist ein anderes Thema :fetch


    Ich bin sehr gespannt wie es weitergeht, aber ich habe so eine Befürchtung, dass Zarahs Familie noch einiges bevorsteht.


    Bis später :wave